Irrtum

Wenn es darum geht, dem Gebilde IS – islamischen Staat – den Krieg zu erklären, ist immer wieder die Frage zu beantworten, ob es sich dabei tatsächlich um einen Staat oder um eine Verbrecherorganisation handelt. Das Völkerrecht macht unter Umständen zur Legitimation eines Kampfeinsatzes zur Voraussetzung, dass es ein Staat ist. Daraus leitet so mancher Politiker eine windige Definition ab, in dem er gern von Kampfeinsatz, nicht jedoch von Krieg spricht, weil angeblich Kriege nur zwischen Staaten geführt werden.
Damit macht er der Gemeinschaft der Sprechenden nicht nur das Privileg streitig, über Wortbedeutungen selbst zu entscheiden. Er verfolgt zudem eine eigenwillig fehlgeleitete Rechtsinterpretation.
Ob also dieser IS ein Staat ist, hängt tatsächlich nicht vom Belieben der Widersacher ab. Ein formaler Akt der Anerkennung ist also ebenso unbedeutend, wie eine de facto Anerkennung durch schlüssiges Handeln, wie also die Verwendung des Wortes Krieg. Vielmehr ist von einem Staat die Rede, wenn das in Frage stehende Gebilde bestimmte Eigenschaften aufweist. Diese Eigenschaften sind nicht normiert. Nach allgemeinem Verständnis gehören aber wohl ein Staatsvolk, ein Staatsgebiet und eine Staatsmacht auf alle Fälle dazu. Es ist also auch völkerrechtlich nicht unwahrscheinlich, dass der IS ein Staat ist, ohne dass jemand daran etwas ändern kann. Man kann es nur feststellen.
Wichtig ist mir also, der Sichtweise bestimmter Widersacher entgegen zu treten, sie könnten über die Rechtshandhabung selbst bestimmen und auch noch die Wortwahl vorschreiben.
Um es einmal relativ zu formulieren: Eigentlich merkt ja der Dümmste, dass der militärische Einsatz von Truppen immer sehr viel mehr Krieg ist, als der Frieden.

Frage mich besser nicht!

Ein Teil meiner Antwort würde dich verunsichern. – So lautet die gerade vielbeachtete Kernaussagen des Innenministers de Maizière.

Üblicherweise hilft der Umgang mit Fragen und Antworten, um etwas Neues zu erfahren. Es ist der tiefere Sinn einer Frage, dass man die Antwort nicht kennt und deshalb nicht vollständig auf sie vorbereitet ist. Unsere Lehrer haben jedoch unverständlicherweise immer gegen diese grundlegende Weisheit gearbeitet und Fragen gestellt, deren Antworten Ihnen vermutlich bekannt waren. Allein deshalb kann ich fragende Lehrer nicht leiden. Es wäre gerechtfertigt, aber auch ziemlich sensationell gewesen, wenn ich in der Schule gesagt hätte: „Ein Teil meiner Antwort würde sie verunsichern!“ Und trotzdem steht mir der Herr Minister nicht nahe. Er weicht nämlich nur einer Frage samt einer erhellenden Antwort aus, indem er Angst verbreitet. In seiner Unbeholfenheit erinnert er mich an die Übergriffigkeit gegenüber Kindern mit dem Standardsatz: „Du brauchst keine Angst zu haben!“ Kaum ist es ausgesprochen, stellt sich auch schon eine Angst ein, die das Vertrauen ablöst.

Weil es – wie gesagt – der Sinn jeden Fragens ist, zu neuen Erkenntnissen zu kommen, gibt es auch keine guten und schlechten und schon gar keine bestellten Antworten. Mit jeder Frage gehen wir das Risiko ein, von der Antwort mehr oder weniger überrascht zu werden. Ja, eine Antwort kann uns tief treffen. Das Leben mit einer bestimmten Antwort kann sich sogar entscheidend ändern.

Der Wohlfühlbürger, der sein bisheriges Leben kritiklos für die Zukunft hochrechnen will, kann getrost auf Fragen und möglicherweise verunsichernde Antworten verzichten. Der Umgang mit Fragen und Antworten gehört allerdings zur Grundqualifikation, um die Wechselfälle des Lebens und eine bereichernde Vielfalt zum Wohl und zur Freude entwicklungsoffen zu gestalten. Schwierig wird es für den gerade aufgestandenen Typus des Wutbürgers. Er hat erlebt, dass es als Wohlfühlbürger nicht überleben kann, weil ihm die Ressourcen abhanden kommen und ihm das Gestaltungswerkzeug für eine offene Gesellschaft fehlen. Ihm bleibt vor allem die fundamentale Emotion der Wut. Schenken wir ihm doch das, was man mit Fragen und Antworten so alles machen kann. Aber das ist leicht gesagt, wenn schon ein Minister vor Antworten warnt, weil sie verunsichern könnten.

„Es ist schon so:  Die Fragen sind es, aus denen das, was bleibt, entsteht. 
Denk an die Frage deines Kindes: „Was tut der Wind, wenn er nicht weht?“
Erich Kästner

Der WDR ist auf Hymne

Der WDR legt ja sehr viel Wert auf den Kontakt zu den Hörern und Schauern, also zum Konsumenten. Deshalb nutzt er ja auch die sozialen Medien, um dort immer wieder Fragen zu stellen, die mutmaßlich jedem eine Antwort erlauben. Das ist die hohe Schule der Kundenbindung.

Dummerweise sind das stets Fragen, deren mögliche Antworten die Welt nicht braucht.

Ich nenne ein Beispiel:

Unter dem Eindruck der Anschläge von Paris wird die Frage gestellt, ob man denn nicht vor dem nächsten Länderspiel gegen die Niederlande die Europahymne spielen sollte. Das erfährt in den Konsumentenkreisen natürlich viel Zuspruch und erlaubt jedem, noch einen persönlichen Akzent zu setzen. Manche wollen die französische Hymne hören, andere die Europahymne und dann die französische Hymne, wieder andere wollen neben diesen beiden Hymnen auch noch die deutsche und die niederländische Hymne hören, und noch ganz andere wollen die libanesische, die syrische, die eritreische, die afghanische und die nepalesische Hymne hören. Eigentlich gibt es keine Hymne, die explizit ausgeschlossen wird und es gibt unzählig viele unterschiedliche Arrangementvorschläge.

Der Erkenntnisgewinn der Frageaktion ist minimal. Der WDR sollte dem Fußballspiel ein mehrtägiges Konzert vorschalten. Aber was die Konsumenten wirklich wollen, das weiß man dort immer noch nicht.

Lecker Ayran

Die völkerübergreifende Dehnbarkeit des Begriffs Beleidigung ist bemerkenswert.

An manchen Orten gibt es gar keine Beleidigung. Selbst wenn man es will, geht es nicht. Man kann also sagen, was man will und bekommt eine passende Antwort.

Die Entkriminalisierung solcher Ehrdelikte ist weit fortgeschritten.

In der Türkei kann man dagegen derzeit sogar Ayran, das türkische Yoghurtgetränk, beleidigen. Das ist aber sehr, sehr teuer! 

Es wäre doch wirklich gut, wenn wir uns alle ein kleines bißchen mehr beleidigen könnten: Du beleidigst meine Schwester und ich beleidige dein Ayran!

Und so weiter …

 

Der Beleg: Lügenpresse nicht nachweisbar!

Ich begründe gern, warum es keine Lügenpresse geben kann.

Das Leben gelingt nur dann zufriedenstellend, wenn wir die Gegebenheiten, Sichtweisen, Meinungen, Stimmungen und Beziehungen nutzen, an einer für uns belastbaren Position arbeiten. Je vielfältiger die Lebenswelt ist, um so besser. Darauf zu warten, dass jemand das für uns macht, um uns dann zu sagen, was „richtig“ ist, führt uns zurück in vertrauliche Autoritätsverhältnisse: Wir verzichten darauf, erwachsen zu werden.

Wir müssen eben lernen, die Vielfalt der Welt und damit auch die Vielfalt der Presseberichterstattung so zu sortieren, dass uns eine Erkenntnis bleibt. Zugegebenermaßen ist das ein schwere und ständige Aufgabe. Wenn sie uns aber gelingt, dann haben wir keine „Lügenpresse“ mehr, sondern unterschiedliche Medien, denen wir unterschiedliche Wertschätzung entgegen bringen.

Das Reden von der „Lügenpresse“ steht also für einen Verzicht darauf, erwachsen zu werden.

Im übrigen ist das Lügen (bis auf wenige Ausnahmen (vor Gericht beispielsweise) nicht verboten. Es gehört zu den Freiräumen, die wir uns zur Entfaltung offen halten müssen.

Flüchtlinge sind immer mal wieder leidtragend

Government is the Entertainment division of the military-industrial complex.
Frank Zappa

Mit der EU fing alles 1957 als EWG an, der europäischen Wirtschaftsgemeinschaft. Es ging dabei um das reibungslose Geldverdienen. Das ist bis heute so geblieben.

Damit auch der Wähler so eine Sache unterstützt, wird die EU so angeboten, dass dabei auch wirtschaftliche Vorteile für den ganz normalen Bürger herausspringen sollen. Edel ummantelt wird die EU mit der großen Idee der Völkerverständigung nach den traumatischen Ereignissen der zurückliegenden Kriege in Europa. Die EU wird als Instrument angeboten, friedliebende Völker zu versöhnen und europäische Werte der Demokratie und der unbedingten Solidarität zu verwirklichen. Als die EU zur Erfolgsgeschichte wurde, ging es eigentlich nur um das entgrenzte Wirtschaften. Pizza von Lissabon bis Tallinn wurde zur Wirklichkeit, so dass der reisende Bürger der EU noch am ehesten den Freiheitszuwachs selbst erleben konnte. Die Freiheit des Reisens wurde deshalb auch genutzt, die Idee Europa in die Welt zu tragen.

Wenn Ideen Gestalt annehmen, wird selbstverständlich wenig überlegt, was dagegen spricht oder woran sie scheitern können. Alles wird viel lieber zur Erfolgsgeschichte ausgestaltet. Auf Bewährungsproben ist man deshalb kaum vorbereitet. Widersprüche im System werden in sturer Regelmäßigkeit mit dem Hinweis auf den steigenden Wohlstand einfach so stehen gelassen. Wenn in kleineren Ländern beispielsweise die Sorge besteht, dass die Einführung des Euro und die vorgegebene Verregelung ganzer Lebensbereiche, die sensible Kultur im Land existenziell bedroht, dann bleibt sie unbeachtet und wird durch den Schein eines glänzenden Wohlstandsgewinns in den Städten überlagert. Das Elend bleibt außen vor und das Image bleibt tadellos.

Die offenen Grenzen Europas und das Europaparlament, das sich erst langsam aus der Fernsteuerung der Mitgliedsländer und ihrer egoistischen Interessen befreit, zeigen allerdings, dass nebensächlich inszenierte Schauplätze an Dynamik gewinnen können, die das reine Wirtschaften überschreiten. Der EU wurde sogar der Friedensnobelpreis verliehen.

Aber offenbar werden die offenen Grenzen bei der ersten großen Bewährungsprobe nicht als Stärke der EU interpretiert und genutzt, sondern als Bedrohung des herrschenden Selbstverständnisses der EU. Der Andrang von Flüchtlingen aus aller Welt, die nichts mehr zu verlieren haben, werden in Politik und Gesellschaft gern populistisch als kollektive Grenzverletzung gehandelt und münden in der Forderung, durch Reaktivierung und Verteidigung aufgegebener Grenzen weitere Hürden aufzubauen. Auch ohne die zurückgelassenen Bedrohungen an Leib und Leben in der Heimat wird ein menschenunwürdiger Hindernislauf veranstaltet. Die hochgehängte Wurst wird damit zur Herausforderung für physikalische Leistungen. Die Humanität veröden.

Es wird höchste Zeit, dass sich die EU als Wirtschaftsvereinigung verabschiedet, oder aber die Ethik der Grenzenlosigkeit als höchstes Kulturgut ernst nimmt und pflegt.

Offenbar gibt es zahlreiche EU-Länder, in denen nicht mehr angekommen ist, als die Bereitschaft, den Reichtum der EU abzuschöpfen. Sie zeigen deutlich, dass es auch in der EU etliche versteckte Wartelisten auf dem Weg zur grenzenlos vielfältigen und humanen Gesellschaft gibt. Sie lassen sich auch nicht verstecken, wenn man einen Grenzzaun als „Tür mit Seitenteil“ ins Spiel bringt.

Es ist national überhöht, menschenrechtsleer und sogar abseits des lange gepflegten gemeinschaftlichen Wirtschaftens, wenn  Grenzen gefördert werden, andere EU-Länder mit Grenzen allein gelassen werden und immer wieder Kapazitätsgrenzen ins Feld geführt werden, anstatt das logistisch und finanziell notwendige zu tun, um den Flüchtlingen die Flucht am Ende zu vereinfachen und an ihrem Zielort für Sie und mit ihnen ein humanes Leben einzurichten.

Der Friedensnobelpreis ist ja immer schon eine fragwürdige Sache, weil er mit guten Grund nicht nur für das Ende einer Entwicklung belohnt, sondern auch Ausgangspunkt und Ansporn dafür ist, an einer friedfertigen Idee weiterzuarbeiten.

Aktuelle Entwicklungen befeuerte die Idee, dass man so einen Preis wieder zurückgeben kann. Aber gerade in der EU wird das bureaukratisch vermutlich nicht zu entscheiden sein.

 

Wer hat dem Attentäter von Köln das Messer geführt?

In der Presse werden in diesen Zeiten des Flüchtens und der faschistischen Weltdeutung alle aufgezählt, die das Messer geführt haben, das ein vermeintlich stark beeinträchtigter Mensch aus der Neonaziszene ins Ziel geführt hat. Das Attentat hat die aussichtsreiche Kandidatin bei der Oberbürgermeisterwahl in Köln getroffen. Ich bin mit diesen Aufstellungen sehr einverstanden.

Sie haben aber zwei Mängel:

  1. Offenbar agieren die Brandstifter in einer unspezifischen Nähe zum Problem. Während die Wutbürger und geächtete Autoren, wie Sarrazin und Konsorten schnell genannt werden, werden die Namen der auffälligen Leute aus den etablierten Parteien schon sehr viel seltener genannt und zum Schluss bleibt es beispielsweise ziemlich unklar, ob der bayrische Ministerpräsident Seehofer dazu gehört oder doch nur ein humoristischer Selbstdarsteller ist. Selbst die Polizeigewerkschaft, die jetzt Grenzzäune gegen Flüchtlinge fordert, müsste als Institution der Brandstiftung gebrandmarkt werden. Anstatt die ewig Verdächtigen zu benennen, wäre es sinnvoll, sich gedanklich langsam in die konzentrische Ferne zum Problem zu bewegen und auszumachen, was wirklich gespielt wird. Offenbar entwickelt sich ein umfassender Zeitgeist, der klammheimlich gerufen wurde und die Ideen von Vielfalt und Demokratie verstopft und  ab und zu aufsehenerregend über konkrete Menschen in Erscheinung tritt.
  2. Es gibt eine sehr große Gruppe vor allem auch prominenter, sachgerechter Kritiker gegen Nazis und gegen Gewalt an Flüchtlingen. Sie liegen mit ihrer Kritik meistens richtig, richten aber ihre öffentliche Präsenz mit viel Zuspruch an der Idee vom sehr, sehr dummen Nazi aus. Dieser Kunstgriff macht die Kritik einfach und lustig. Er hat aber den Haken, dass man Dummheit niemandem vorwerfen kann. Der Effekt ist, dass dem abgehängten Proletariat im Dunstkreis der Naziideologie der Rückweg in demokratische Vollzüge damit gänzlich abgesperrt wird. Was machen wir mit dummen Menschen, die sich nicht radikal betätigen? Wir fördern sie!!! Es ist angesichts der skizzierten Brandstifterszene zugegebenermaßen schwer – aber alles andere verschärft nur die Distanz. Und das kann auch so gedeutet werden, dass hier den Nazis in der Aussichtslosigkeit einmal mehr das Messer geführt wird.

Flüchtlinge an die Tafel!

Das Arbeitslosengeld II – im Volksmund Hartz IV genannt – sichert das Existenzminimum, nicht mehr aber auch nicht weniger. Der Namensgeber Peter Hartz ist im Übrigen ein wegen Veruntreuung  verurteilter Verbrecher.

Nun ist die Grenzziehung problematisch und deshalb strittig, wIe das Existenzminimum im Laufe der Zeit einzurichten und anzupassen ist. Es ist aber klar, dass in jedem Fall mehr als das Existenzminimum wünschenswert wäre.

Die Tafeln haben sich Anfang der 90er Jahre zunächst in den Großstädten sehr schnell etabliert, weil sie einer einfachen und unmittelbar einsichtigen Idee folgen: Sie verteilen einen Überschuss (Reichtum) an Bedürftige (Armut). Dabei geht es mit einem Schwerpunkt um Lebensmittel. Sie sind also eine Anlaufstelle für Menschen am Existenzminimum außerhalb zuständiger Behörden.

Eigentlich erweitern die Tafeln mit kostenlosen Lebensmitteln das Existenzminimum und müssten, wenn man gesetzestreu denkt, auf Leistungen des Staates zur Sicherung des Existenzminimums angerechnet werden. Dagegen werden die Gaben der Tafeln bei der Berechnung jedoch ausgespart, weil sie anderenfalls erst gar nicht genutzt würden. Es wäre auch dem Bürger nicht zu vermitteln, wenn private Initiativen zur gerechten Verteilung von Wohlstandsüberschüssen im Endeffekt nur die öffentlichen Haushalte begünstigen würden. Trotzdem ist es so, dass die zuständigen Behörden sich verstärkt eine reduzierte Flexibilität und sogar fehlerhafte Entscheidungen zu Lasten der Hilfebedürftigen leisten können, weil sie sich irgendwie auf die ausgleichende Gerechtigkeit der Tafeln verlassen können. Auch der Gesetzgeber neigt dazu, bei der Neuberechnung der “HartzIV“-Sätze die Tafelzuwendungen klammheimlich mitzudenken. Insofern ist und bleibt die Tafel ein Fremdkörper im Hilfesystem, der sich für eine Instrumentalisierung geradezu anbietet und ihr kaum ausweichen kann. Wenn man sagt, dass der arme Mensch auf die Tafel angewiesen ist, dann bedeutet das eben auch, dass die öffentlichen Leistungen ganz praktisch unterhalb des notwendigen Bedarfs liegen.

Angesichts der aktuellen Versorgung von Flüchtlingen aus aller Welt gilt das Gleiche: Der langjährige Streit darüber, ob Flüchtlinge ein reduziertes Existenzminimum haben, ist beigelegt. Es musste dazu aber auch erst vom Bundesverfassungsgericht festgestellt werden, dass in dieser Beziehung alle Menschen gleich zu behandeln sind. Das Asylbewerberleistungsgesetz regelt für Flüchtlinge die Einzelheiten analog zum Arbeitslosengeld II – allerdings mit Einschränkungen. Wenn nun Flüchtlinge an die Tafel drängen, dann ist ihre Versorgungssituation nicht besser als die eines Einheimischen, der Arbeitslosengeld II bezieht. Es kann allerdings sein, dass der eine oder andere Flüchtling in der Erkundung seines neuen und bisher unbekannten Lebensraums schnell auf die Tafel stößt, ohne deren skizzierte Bedeutung zu verstehen und nachvollziehen zu können und nach langer Entbehrung von den Leistungen der Tafel besonders angezogen wird.

Wenn nun – wie es in einigen Städten erwogen und bereits praktiziert wird – Flüchtlinge von den Tafeln ausgeschlossen werden, gibt es dafür keinen nachvollziehbaren Grund, denn sie teilen die Bedürftigkeit mit anderen armen Menschen. Als Hilfsargument wird jetzt vorgetragen, man wolle mit so einem Ausschluss die Flüchtlinge zur Selbständigkeit erziehen. Offenbar ist das aber nur eine rassistisch angehauchte Schutzbehauptung. Integration erfolgt über Beziehungen und nicht über Regelungen.

Wenn die Vorräte der Tafeln zur Neige gehen würden, und ihre traditionellen Nutzer fürchten müssten, mit den Flüchtlingen um Ressourcen zu kämpfen, dann gäbe es zumindest einen Regelungsbedarf. Das ist aber nicht der Fall! Überwiegend haben die Tafeln eher zu viel als zu wenig zu verteilen und die Hilfsbereitschaft ist weiterhin groß. Vielerorts ernähren die Tafeln in der Not sogar ganze Gruppen von Flüchtlingen, weil die Behörden mit ihren Leistungen nicht rechtzeitig da sind.