Ich habe dafür ein Beispiel.
Gestern berichteten Medien über einen tödlichen Unfall bei dem Bau einer Autobahnbrücke. Manche Medien berichten, das Baugerüst sei abgestürzt und andere berichten, die Brücke selbst sei in einem Segment abgestürzt. Die Bilder zeigen jedenfalls, dass wohl auch das Brückensegment selbst abgestürzt ist und das Gerüst dann wohl mitgezogen hat. Nun ist es aber so, dass eine bereits fertige Brücke so einfach gar nicht abstürzen kann. Deshalb habe ich die Vermutung, dass die Verschalung, in die der Beton gegossen wird fehlerhaft war und dem Druck des Betons nicht standgehalten hat. Dadurch sind dann wohl die Verschalung, das noch nicht ausgehärtete Brückensegment und die Gerüstteile in die Tiefe gestürzt.
Letzteres ist nur eine plausible Vermutung, denn ich habe darüber nichts gelesen. Die Presse könnte bei einer Recherche mehr heraus bekommen und auch Experten befragen. Das tut sie aber nicht. Überall liest man nun unfertige und lückenhafte Mutmaßungen über den Unfall, denen bereits die erste die Plausibilität fehlt.
Jaja, so ist das mit der Presse, sie ist nie perfekt, sondern so fehlerhaft wie der Mensch. Es wäre beiden zu wünschen, dass sie etwas mehr Selbstoptimierung betreiben.
Und doch ist die Presse ganz gut. Einzelne Presseberichte vermitteln immer nur einen perspektivischen Zugang, weder die Wahrheit noch die Unwahrheit. Das, was es zu übernehmen oder abzulehnen gilt, entsteht erst im Kopf des Medienkonsumenten. Alles zu glauben wäre naiv. Alles als Lüge oder sonst etwas zu etikettieren, würde gleichbedeutend sein mit der Verweigerung, am Leben teilzunehmen.
Der Erkenntnisgewinn geht eher dialektische Wege. Man reimt sich eine möglicherweise richtige Theorie zusammen, wenn man mehrere falsche ausgewertet hat. Das zeigt das Beispiel vom Brückeneinsturz deutlich. Das dialektische Denken ist unter dummen Menschen nicht weit verbreitet. Ich betone aber ausdrücklich, dass ich dumme Menschen nicht verurteile. Die Menschen in Ihrer Gesamtheit sind mit der Dummheit normalverteilt ausgestattet. Es gibt also viele, die nur ein bisschen dumm sind, aber eher wenige, die sehr dumm oder eben überhaupt nicht dumm sind. Die dummen haben aber gern einmal die Tendenz, sich monokausal ausgestalteten Weltdeutungen anzuschließen, die immer nur zwischen richtig und falsch oder Lüge und Wahrheit unterscheiden und es aussparen, den Graubereichen dazwischen – also dem Leben – auf der Spur zu bleiben.
Wer also direkt mehrere unterschiedliche Medien liest und hört und dabei prinzipiell nichts ausgrenzt, kommt der Wahrheit auf die Spur. Wer die Zeitung der Wahrheit sucht hat es aus der Hand gegeben, sich ein realitätsgerechtes Bild zu machen. Eine Lügenpresse gibt es also nicht.