Verkehrsgerecht

Wenn es um den Straßenverkehr geht, beraubt uns die Idee vom ewigen Stau von allen Notwendigkeiten, den Verkehr zu regeln. Denn wo kein Fortkommen ist, ist auch streng genommen kein Verkehr, der geregelt werden könnte. Mit dem Verkehr sind wir also vor allem dann befasst, wenn der Stau kurz bevorsteht. Es gibt unübersehbar viele Fahrzeuge auf Straßen und Brücken, die ständig überfordert werden. Dabei hat das ganze Verkehrschaos damit angefangen, dass der Fußgänger seinen angeborenen Vorrang verloren hat, in dem Rücksichtnahme auf Schwache und Hilfsbedürftige direkt eingebaut ist. Bürgersteige und Fußgängerzonen sind die Versuche, den Fußgänger als lästigen Verkehrsteilnehmer abzuschieben und ihm gleichzeitig zu sagen, dass es nur zu seinem besten ist. Nach und nach ist der Radfahrer an die Stelle des Fußgängers getreten. Das ist ein weitaus größeres Problem, weil man dem Radfahrer augenscheinlich nicht so einfach mit einer Spielwiese vom Verkehr ausschließen kann, obwohl ja das motorisierte Fahrzeug bis zum nächsten Stau vom Radfahrer nur eingebremst und belästigt wird. Nur in kleinen Nischen wird das Radfahren mit seinem wirtschaftlichen Mobilitätsradius als große Innovation gesehen. Dass Autohersteller zum Teil exklusive Fahrräder als Zusatzausstattung ihrer Autos anbieten führt eine Friedfertigkeit vor, die es nicht gibt. Der Radfahrer folgt dem Fußgänger widerwillig in eine eigene Nische und gerät dort dann wieder an den Fußgänger, der ihm trotz älterer Rechte meistens unterlegen ist. Es entwickelt sich ein Kampf. Der Radfahrer nutzt Gehwege mittlerweile wie selbstverständlich, auch ohne an jeder Haustür anzuhalten, um die Kollision mit denen zu vermeiden, die gerade das Haus verlassen. Sie umfahren ampelbewehrte Kreuzungen gern auch mit einem energischen Wechsel auf den linksseitigen Bürgersteig und reklamieren oft eine Vorfahrt, weil sie eben Radfahrer sind. Die Ordnungsbehörden und die Polizei haben es mittlerweile aufgegeben Verkehrsverstöße von Radfahrern zu ahnden und die Begegnungen von Radfahrern mit anderen Verkehrsteilnehmern irgendwie zu ordnen.

Offenbar leidet das gesamte Verkehrssystem daran, dass die Orientierungsnorm Autobahn für die Begegnung mobiler Menschen ungeeignet ist. Der Radfahrer macht das offenbar pragmatisch Sinnvolle und bastelt sich seine eigene egoistisch überhöhte Norm und Rechtfertigung. Am besten lässt sich das Städten mit einem hohen Anteil radfahrender Hochschulangehöriger beobachten. Ich kann sie verstehen. Dem Fußgänger kann das aber trotzdem nicht recht sein, weil er ja weitgehend unbeschadet sein Ziel erreichen will.

Offenbar ist es erforderlich, das Verkehrssystem so lange mit Ordnungswidrigkeiten und deren Ahndung, Widersprüchen und Klagen zu überfordern, bis die Infrastruktur an der Priorität des Fußgängers ausgerichtet ist und die Verkehrsregeln daran angepasst werden. Letztens habe ich vorbeugend „Buhh“ gerufen, als ich durch das Haus verließ. Und tatsächlich steuerte ein Radfahrer unvorbereitet auf ein parkendes Auto, das ihn vor dem Straßenverkehr auf der für ihn falschen Straßenseite rettete.

Großspurig ins Nadelöhr

Wenn es zur Hauptverkehrszeit in der Großstadt einspurig wird, dann gilt das Reißverschlussverfahren (7 Abs.4 StVO). Nun erhitzen diese Engstellen in Verbindung mit dem Gebot, das Reißverschlussverfahrens anzuwenden, allerorten die Gemüter.
Jetzt ist es wieder so weit auf der Mülheimer Straße in Oberhausen. Allmorgendlich gibt es eine lange einspurige Schlange an der immer wieder Autos bis zum eigentlichen Engpass vorbei fahren. Die in der Schlange sind überwältigt und sehen die Gerechtigkeit verdrängt. Sie äußern danach gern ihre eigenwilligen Vorstellungen vom vorgeschriebenen Verfahren und planen den Tumult.
An all diese richtet sich meine Botschaft:

In einer kooperativen Nachschulung aller Oberhausener Fahrschulen frühmorgens auf der Mülheimer Straße könnte man die mobile Wohnbevölkerung der Stadt nachhaltig befrieden.

— Mich faszinieren diese eigenwilligen Regelauslegungen nachdrücklich und ich empfehle zur Vorbereitung der Schulung, einfach nur einmal den Reißverschluss an der Jacke zu schließen und dabei den Reißverschluss auch genau zu beobachten.
Ich weiß nun nicht wie stark das Reißverschlussverfahren international verankert ist.
Hilfreich wäre es es, den Fahrern mit Fahrzeugen aus dem nichtdeutschen Raum, bei geöffnetem Fenster in ihrer vermeintlichen Landessprache Hinweise auf das Reißverschlussverfahren zuzurufen, also beispielsweise: „Ritsen!“ – Sollten die Niederländer weniger Probleme mit dem Reißverschlussverfahren haben?

Verkehrszeichen

Verkehrszeichen werden kaum noch ernst genommen. Das kann fatale Folgen haben. Es stellt sich also die Frage, wie man die Beachtung der Verkehrszeichen verbessern kann.
In Mönchengladbach ist man nun auf die Idee gekommen, die Verkehrsschilder direkt so aufzustellen, dass deren Zweck durch die Art der Aufstellung an Gewicht gewinnt.
Am Beispiel des Schildes „103-20 Kurve (rechts)“ sieht man deutlich, dass es nun keinen Zweifel mehr daran gibt, dass es lediglich rechts herum geht. Das erscheint doch als ein Weg in die richtige Richtung.

 

103-20 Kurve (rechts)