Latte vernagelt

Um den richtigen Kaffee bestellen zu können, braucht man ja ein vom Anbieter geschultes Fachwissen, dass sich schon beim nächsten Anbieter als unverständlich erweist. Den Kaffeefachsprachen ist gemeinsam, dass die Substantive sehr häufig auf -latte, -chino und -chiato oder so ähnlich enden. Doch damit nicht genug, jetzt werden von Humorliebhabern, die nicht zwangsläufig Kaffeeliebhaber sein müssen, massenweise Kaffeenamen erfunden, denen noch gar kein Kaffee zugeordnet werden kann, etwa der  Claramel Schumachiato. Mein Beitrag könnte der Ihr-habt-se-nich-mehr-alle-auf-der-Latte sein. Aber das wäre zu provokativ …

Jetzt hast du bestimmt – als letzter in deiner Umgebung – so eine Maschine mit der Anmutung eines Profigeräts zu Weihnachten bekommen. Du bist also ebenfalls aufgefordert, als Kaffeedesigner Profil zu gewinnen und deinen Kreationen sinnfällige Namen zu geben. Ich bin gespannt darauf. Mit Verachtung betrachtet ihr die Omas und die Hipster, die mit historischen Filtertüten dem Kaffee das Finish zu geben versuchen. Aber nicht mehr lange!

Gotteshaus auf der Fußmatte?

Stell dir einmal vor, du könntest nach deinen Vorlieben die Angebote im Einzelhandel weltweit reduzieren. Das würde dir das Leben vereinfachen und du wüsstest plötzlich nicht mehr so recht, wo der gute und der schlechte Geschmack geblieben sind, nachdem du die Maßstäbe verschoben hast.

Stell dir weiterhin vor, deine Nachbarn und schließlich alle anderen Menschen auf der Welt könnten das dann auch. Dann gäbe es plötzlich wahrscheinlich nur noch ein paar unentbehrliche Gegenstände, die in ihrem Massengeschmack unansehnlich sind.

Jetzt gibt es einen Streit darüber, ob das Einrichtungshaus POCO – es arbeitet eher mit einem preiswerten Sortiment – eine Fußmatte namens Istanbul anbieten soll, die eine Moschee zeigt. Zahlreiche Menschen muslimischen Glaubens nähren nun eine Kampagne, die das Einrichtungshaus bewegen soll, diese Matte aus dem Sortiment zu nehmen.

Es ist von Skandal, Respektlosigkeit, Beleidigung und Islamophobie die Rede. Bei dem Anbieter liest man dies.

Im Internet kursierten Hinweise wie dieser:Poco

Das erinnert etwas an eine Kampagne gegen die Drogeriekette DM. Jetzt ist also POCO dran, und die Kampagnen ähneln sich sehr.

Mir gefällt diese Fußmatte auf keinen Fall. Aber das steht  auch nicht zur Debatte. Es geht um grundlegende Freiheitsrechte. Die beinhalten selbstverständlich auch das Recht zur Geschmacklosigkeit. Alle Religionen müssen damit leben, dass sie zum Gegenstand von Kritik, ironischer Überhöhung und jeder Form von Gegenrede gemacht werden. Bei der Fußmatte „Istanbul“, die eine Moschee zeigt – und diese Matten sind überall im Angebote – geht es aber noch nicht einmal darum. Da hat lediglich jemand gemeint, eine Marktlücke gefunden zu haben. Blasphemie erkenne ich nicht im Ansatz.

Und dennoch wird in den Sozialen Netzen eine Kampagne los getreten, in der eher aufgeklärte Moslems als Scheißdreck oder Hure tituliert werden und ihnen der baldige Tod vorausgesagt wird. Die Firma POCO gewährleistet verständlicherweise kein Forum für Störenfriede. Deshalb findet die Kampagne an anderen Stellen statt. Respekt vor dem Grundgesetz kommt darin nicht vor. Allerdings verbreitet sich ein Angst vor Allah. Den seltenen christlichen Mitdiskutanten wird vorgeschlagen, sich doch einstweilig sexuell den widersprechenden Moslems zuzuwenden.

Es herrschen also ganz in unserer Nähe eine üble Geschmacklosigkeit und eine Intoleranz, die selbst vor den Grundrechten respektlos ist und abseits der großen Themen unserer Welt Streitereien vom Zaun bricht – für was eigentlich?


Ein kleiner Nachtrag im November 2017:

„Was würdest du denn tun, wenn jemand auf einer Fußmatte eine christliche Kirche zeigt?“ ist eine Frage, die ich in dem Zusammenhang immer wieder höre.

Ich habe dann letztens in einen Hausflur eine wohl intensiv genutzte Fußmatte mit der Silhouette des Kölner Doms gesehen.

Und ich muss sagen: Mich hat das in keiner Weise emotional berührt. Und gewiss wird der Gott aller Christen eher Freude an der Fußmatte haben als dass er danach trachtet, mit strafender Absicht den Besitzer der Matte ausfindig zu machen.

Brutale Bakterien besiedeln besonders buschige Bärte

 

So eine Besiedlung war ja nach der Kaiserzeit gar nicht möglich, weil jede Individualität arschglatt weggestutzt wurde. Erst in den späten 60ern wurde die Befreiung eines jeden Haares auch zur Anarchie der Bärte und Haupthaare und so weiter genutzt. Mit der kommerziellen Einnordung abweichenden Verhaltens kurz darauf, wurde das Haar an sich als Störenfried jeder Intimität ausgemacht und aus dem Erscheinungsbild gezupft oder wenigstens strähnenweise gezähmt.
Die Hipster kultivieren gerade neuerdings das Leben am Beispiel des urbanen Baumfällers mit üppigem Bartkleid. Selbst den Damenbart zieht es in die Öffentlichkeit. Schließlich könnten 34% aller Frauen genetisch locker mithalten. Das jüngst angebotene Weihnachtsglitzerzeug für den Bart deutet bereits eine ideologische Fremdbesiedlung aller Bärte an. Es ist also kein Wunder, wenn jetzt plötzlich jemand Fäkalbakterien als Standardbesiedlung der Bärte entdeckt haben will. Die Presse berichtete darüber. Dem Nikolaus hängt der Bart ja bisweilen in der Kloschüssel. Ich habe es selbst erlebt, Irgendwie ist ja immer schon Leben im Bart. Die Deutung der Welt und die Bedeutung ihrer Erscheinungen gehen unergründliche Wege.
Ich küsse euch!

stigma

Frohes Fest!

Texte der Nazis im Schulunterricht

Ich bin dafür!

Seitdem das Lesenkönnen kein Privileg mehr ist, gibt es immer wieder Versuche mit verbotenen Büchern, das eine oder andere vom Bürger fern zu halten. Es dient seiner Entmündigung, wird aber stets so begründet, dass es zu seinem Schutz dient. Offenbar gibt es zu jeder Zeit bevorzugte Besserwisser, die die sündige Welt schon einmal vorgekaut und vorverdaut haben.
Mit der Hinwendung zu den Menschenrechten hätte bereits klar sein müssen, dass der mündige Bürger es selbst in der Hand haben muss, Texte zu lesen und sich ein Urteil über die Welt zu bilden. Aber es dauert nach vielen Exzessen der Bevormundung bis in die heutige Zeit, dass gegen jede Erkenntnis und Erfahrung der Mensch vor dem Menschen bewahrt werden soll. Ursprünglich galten pauschal alle neuen Ideen als gefährlich. Über Bücher vermittelte Flausen wurden gern, wenn man sie hochrechnete, als gefährdend für überkommene Herrschaftssystem und Herrscher gebrandmarkt. Heutzutage gibt es das in dieser Form wohl noch in Saudi-Arabien und einigen anderen Ländern. Eine eigenwillige Interpretation des Koran kann dort tätliche Folgen haben. Wir haben dagegen gelernt, dass man viele gute Theateraufführungen sehen kann, ohne es direkt zu merken und bei einer schlechten Aufführung erst lernt, was ein gutes Theaterstück überhaupt ausmacht. Wir lesen die Bücher, die wir wollen und gewinnen Kategorien, diese Bücher auch zu beurteilen. Aber leider ist es doch nicht immer so. Es kann sein, dass wir durch Medien für Sichtweisen angefixt werden, die uns beim besten Willen nicht mehr los lassen. Wir tauchen ein und legen unsere Selbstbestimmung ab, in der die Kritik an anderen und an uns selbst aufgehoben ist. Das wird bei dem besagten zweifelhaften Bestseller vergangener Epochen wahrscheinlich nicht so sein. Ihn aus dem Weg zu räumen, bedeutet aber, das alltägliche Feld der Auseinandersetzung so zu begradigen, dass der erstbeste Scharlatan eine Chance bekommt, weil uns das Werkzeug fehlt, ihm zu begegnen. Wenn nun Hitlers „Mein Kampf“ zum Gegenstand es Schulunterrichts wird, dann werden die Werkzeuge zum Umgang damit direkt mitgeliefert. Das sind nicht nur die Werkzeuge der Textanalyse und Textinterpretation, es ist auch das Werkzeug des herrschaftsfreien Gesprächs. Das ist ja noch viel besser, als wenn das Buch einsam bewältigen muss. Und – wie angedeutet – man liest viele gute Bücher, ohne es zu merken. Mit einem schlechten Buch erfahren wir plötzlich, was ein gutes Buch ist.

Über den Sex mit Nazis

„Kein Sex mit Nazis“ – liest man ja immer wieder auf großen Plakaten.
Das gilt nach meiner Ansicht aber allein für den Sex, den Nazis untereinander veranstalten. Wer sonst, hätte gegen Sex mit Nazis nichts einzuwenden?
Auch die geschlechtliche Vermehrung der Nazis ist damit nicht mehr unumstritten produktiv.
Und nun kommt die Botschaft des Grauens: Dass Hitler in seiner Behodung einseitig benachteiligt war – wie jetzt die Presse berichtet -, wirft mich nicht um, aber ein eher düsteres Licht auf das neonationalsozialistische Sexszenario. Es ist eigentlich ganz einfach, als Evolutionsbremse seinem Vorbild nachzueifern, indem man sich einfach irgendeinen Hoden abbindet. Aber mich würde es nicht wundern, wenn die Neonazis sich mit halben Sachen in dieser Angelegenheit nicht zufrieden geben.

Kaufen im Advent

Als Weihnachtsgeschenk habe ich in den letzten Tagen ein Puppenbett gesucht. Leider hatte ich das aus Kant- und Sperrholz selbst zusammengeleimte Puppenbett aus den 80er Jahren irgendwann entsorgt. Nun gibt es aber landauf und landab keinen Laden, der etwas anders anbietet, als Puppenbetten in den bekannten grellen Mädchenfarben. Fieser geht es nicht! Und das sieht die zu beschenkende Freundin nicht anders. Sie bevorzugt mit ihren 3 Jahren sogar Oliven gegenüber Popcakes. Wenn man in den Geschäften fragt, dann heißt es oft, dass das, was käuflich ist, so ist, wie der Kunde es will. Offenbar ist unser kollektives Bild von den Kindern kräftig verschoben und vereinheitlicht: grellpink uns süß und mit Applikationen aus dem Kindermarkendschungel. Ich habe dann die Vielfalt im Internet gefunden und ein passendes Puppenbett ist bereits geliefert. Es ist also nicht so, dass früher alles besser war.

Rechtsruck

Ohhh, wie war der Erdkundelehrer böse, als wir Schweden oben und Italien unten auf der Landkarte gefunden haben und er hat uns für alle Zeiten die Himmelsrichtungen ins aktive Vokabular geschrieben.

Jetzt lese ich, dass ganz Frankreich nach rechts gerückt ist (Der Spiegel). Ich bin erstaunt.
Ist das nicht Osten?
Mit Erziehung und Bildung wäre das sicher nicht passiert.

Ein guter Tip

Jetzt ist wieder die Zeit, in der Tips von Psychologen hoch gehandelt werden. Sie sollen sagen, dass man in dieser Zeit der Terrorgefahr machen soll, was man gern macht, also zum Weihnachtsmarkt gehen. Sie formulieren das sehr unbestimmt. Das mit dem Weihnachtsmarkt wird nur als ein Beispiel angedeutet oder in Zeitungen redaktionell hinzu gefügt.

Ach, ich nehme die Psychologen sehr gern ernst. Ich habe diese Weihnachtsmärkte noch nie gemocht, weil sie die unbedeutenden Dinge dieser Welt so grenzenlos auffächern und Kaufkraft vernichten. Ich gehe lieber woanders oder nirgendwo hin. Und wenn mich nun jemand zu den tollen Weihnachtsmärkten locken will, dann weise ich darauf hin, dass ich lieber mache, was ich will, um der Terrorgefahr adäquat zu begegnen.

Kleinigkeit

Sibylle Berg (deren Texte zu lesen sich immer lohnt) schlägt zurecht vor, diesen IS in Die-mit-den-kleinen-Pimmeln umzubenennen, damit diese Gruppierung für junge Männer und dann auch Frauen unattraktiv wird.

All diejenigen, die jetzt mit Bombern Krieg veranstalten, ohne dass es eine Expertenposition gibt, die darin den Weg zum Frieden sieht, könnte man jetzt sinnvollerweise auch als Die-mit-den-kleinen-Pimmeln bezeichnen.

Es wird also schwer, die mit den großen Pimmeln überhaupt noch zu finden.
Sie sollten mal Eier zeigen!