Alles ist politisch, nur der ESC nicht

Mich beschäftigt gerade die Frage, ob der ESC eine politische Veranstaltung ist. Von mir aus wäre ich auf diese Fragestellung nicht gekommen. Aber nun gibt es nach Vorkommnissen bestimmte Presseberichte, die das behaupten.

Der ESC war in seinen Anfängen seit 1956 ein biederes Schlagerfestival mit guter Laune, geschöpft aus eher seichten Texten und mit einem Ambiente, das die Stimme der Sänger mit der Musik verband und schnörkellos darbot. Die Punktevergabe zur Siegerermittlung war langweilig, hielt das Publikum aber durch so eine Art Volks- und Experten-Abstimmung bei Laune. Daraus wurde mit den Jahren – seit ABBA – eine Showveranstaltung mit Kultstatus und Fangemeinde in ganz Europa und darüber hinaus. Gerade die abweichende Optik mit einem sympathisch aufgemotzten abweichenden Verhalten wirkte bombastisch, was nicht unbedingt gut bedeutet, aber stärker als je zuvor beachtet wurde. Man merkte durch die Jahre schnell, wie es um die länderübergreifenden Freundschaften bestellt war, die bei kühler Beleuchtung dann auch eher als eine Abhängigkeiten zu erkennen waren. An der Punktevergabe von Land zu Land konnte man das ablesen. Der ESC wurde politisch benutzt, obwohl die Darsteller samt Entourage mit der Politik nie etwas im Sinn hatten auch wenn sie ab und zu auch mal für den Weltfrieden im großen Theater gesungen und die Lampen immer wieder an und aus geknipst haben. 

Im Jahr 2024 war der ESC so schrecklich unpolitisch wie zuvor. Aber gerade deshalb bot er sich  an, für fragwürdige politische Botschaften genutzt zu werden und die breite mediale Öffentlichkeit damit aufzuladen. Aus dem Islam heraus wurde in zahllosen Demonstrationen in zahllosen Ländern, auch in der Veranstaltungsstadt Malmö vorgetragen, die israelische Sängerin dürfe nicht auftreten, weil Israel mit kriegerischen Mitteln gegen Palestinenser vorgeht. Dabei wurde durchgängig verschwiegen, dass dem israelischen Angriff ein beispiellos tödlicher und wahlloser Überfall an israelischen Bürgern durch die im Gasa regierenden Hamas vorausgegangen war. Bei aller berechtigten Kritik an der israelischen Regierung wurde in den Demos auch verschwiegen, dass Israel seit seiner Gründung als demokratischer Staat sehr gut funktioniert. In den mit der Hamas verschwisterten Ländern und Bewegungen ist das jedoch nicht so. Dort wird die Vernichtung Israels gefordert und angestrebt. Diese neuerlichen Demos im Umfeld des ESC stehen für eine ausgedachte Wahrheit, die mit allen Mitteln radikal verwirklicht werden soll und überall Aufmerksamkeit sucht, wo sich ein Trittbrett dazu anbietet.

Ich habe an keiner Stelle gesehen, dass der ESC politischer geworden ist. Die weltweit organisierten Fans wollen allesamt Spaß haben und in Ruhe gelassen werden, wenn es um mehr geht als einen Showpotpourri mit geringer Schöpfungshöhe.

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