Der Normalfall des Regens

Der normale Meteorologe hat offenbar eine besondere Freude an Spracherfindungen. Er lädt diese Erfindungen dann in der Fachsprache der Meteorologen ab. Da darf man also nur mitreden, wenn man fachlich dazu gehört. Die Zugriffsmöglichkeit eines Meteorologen auf die Allgemeinsprache ist dagegen unbedeutend, denn daran arbeitet jeder unter Gleichen mit, der eine Allgemeinsprache nutzt. Nun will der Standardmeteorologe aber sehr gern, dass sein außerfachliches Klientel seine Spracherfindungen nutzt und wissenschaftsgläubige Anerkennung rüberschiebt.

Ich wettere ja seit Jahren gegen die kommunikationsstörende Erfindung eines spezifischen Beginns der Jahreszeiten, den es überhaupt nicht gibt und eine eigenwillige Kategorisierung des Regens nach Heftigkeit. Ich schließe nicht aus, dass ich hier etwas wiederhole – aber höchstenfalls eine Nebensächlichkeit.

Nun hat der DWD – Deutscher Wetterdienst – den Bürger auf eine vage Bedeutung mit exakten Messspielräumen eingestimmt:

ARD -MIMA(den Wettermann habe mal abgeschnitten)

Dahinter verbirgt sich aber ein Kontinuum. Wenn es regnet, schwankt die Intensität des Regens – ständig. Das ist dem Meteorologen wohl zu variabel, um den Regen in den Griff zu kriegen. Mit willkürlichen Gefrierschnitten durch den Fall des Regens bildet er zum Zweck des Kategorisieres drei unterschiedliche Regen. Dann benennt er sie. Dabei verlässt er einmal kurz sein fachliches Interesse und ringt um Wörter anstatt die Kategorien als Hilfsmitten einfach formal zu benennen, also beispielsweise R1, R2 und R3. In fernen Zeiten käme dann wohl bei einem Jahrtausendregen noch R4 dazu. Der Meteorologe hat also zunächst den Regen, der einfach nur so herumregnet vor Augen. Wenn der Regen aber die bestimmten Kriterien erfüllt und stärker wird, dann heißt er ab einem bestimmten Punkt Starkregen. In einer Unsitte wertet er diesen qualifizierten Regen 1 mit einem neuen Namen auf, indem er das Adjektiv zum Bestandteil des Substantives macht. Das ist gerade so, als ob jemand schön träumt und fortan meint, er wäre ein Schönträumer – der vielleicht schon bald zum Horrorträumer mutiert. Bei der nächsten Stufe – Regen 2 – macht Meterologe den „Starkregen“ in der Wortwahl heftig. Stark und heftig haben dabei keinen merkbaren Bedeutungsunterschied. Wenn man den Heftiggstarkregen so nicht aussprechen mag, dann könnte man wohl verständlicherweise heftiger und starker Regen sagen. Und Regen 3 ist dann also der Extremheftigstarkregen den man so sicher nicht aussprechen mag. Regen 3 soll also ein extrem heftiger und starker Regen sein. Das ist sehr viel verständlicher, aber die drei Adjektive verschwimmen trennunscharf und bedeutungslos ineinander. Ich könnte für Regen 4 auch jetzt schon eins draufsetzen, befürchte aber etwas ganz Schlimmes: Die Kategorien werden schon bald zur weiter differenzierenden Dokumentation und Erforschung des Regens nicht ausreichen und durch ein neues Kategoriensystem, also beispielsweise Re1 bis Re10 ersetzt werden. Dann werden die Meteorologen wahrscheinlich final sprachlos und halten sich von Übergriffen auf die Allgemeinsprache fern.

Und dann noch: Das ZDF kündigt in den Nachrichten dieser Tage „Extrem ergiebigen Dauerregen“ an. – Da weiß ich jetzt auch nicht mehr weiter. Vielleicht kommt das ja übersetzt aus der Wetterkunde der Maori, die das Wetter  traditionell besser kennen als so ein fieseliger Thermo-Joe aus good old Europe mit Sprachstörungen.

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