The sun ain’t gonna shine anymore 

Unter der Sonne von Chamonix schlägt ein deutscher Skirennläufer, der sich auf der Rennstrecke verfahren hat, mehrfach mit voller Wucht seinen Skistock auf den Schnee. Der Schnee ist eigentlich gutmütig und hat sich dort saisonbedingt niedergelegt und mit der Sonne arrangiert. Wäre er jetzt eingeschnappt, würde die nächste Skisaison vermutlich bereits erledigt sein. Die sinnlosen Aggressionen der Skirennläufer bedürfen auf alle Fälle einer Regelung, um schöne Bilder in einer strahlenden Kunstlandschaft dauerhaft zu sichern.

Schnee satt

„Weil es zu viel Schnee hat, kann auch das zweite Rennen in Val di Fassa nicht stattfinden.“ steht in der Zeitung.

In der Folge des Klimawandels rechnet man ja ständig mit nie dagewesenen Kapriolen. Dass dem Wintersport der Schnee ausgeht, gibt es ja bereits sehr häufig. Dass zu viel Schnee da so rumliegt und damit die Sportveranstalter ausbremst, ist aber zutiefst widersinnig. Offenbar liegt es daran, dass der Wintersport normiert ist und nur wenige Toleranzen kennt. Beim Profisport sind die Grenzen noch enger, um die Wettkampfgerechtigkeit zu erhöhen. Am liebsten hat man – das ist aber nur meine Vermutung – den aus Wasser hergestellten Normschnee, den man so herrichten kann, dass er alle Wünsche erfüllt. So betrachtet, findet der optimierte Wintersport ohne jeden Schneefall in einer Halle statt. Wenn der Schnee stört, dann stellt sich doch die Frage, ob der Wintersport überhaupt in den Winter gehört. Die sagenumwobenen Olympischen Winterspiele 2014 in Sotschi sind ein Beispiel dafür, dass man an allen möglichen Orten alles mögliche veranstalten kann, wenn man nur die Geldströme entsprechend lenkt und sich die Sache rechnet.

Lost Garage

Es gibt Garagen, die es gar nicht gibt. Sie stehen gern in stark verdichteter Innenstädten mit ziemlich alter Bebauung. Man erkennt sie daran, dass sie für neuzeitliche Autos nicht die erforderliche Höhe und Breite haben, meist eine sehr alte zweiflügelige Holztür besitzen und eigentlich niemals geöffnet werden. Das angebrachte Schild „Ausfahrt bitte freihalten“, wird aber wohl öfter geputzt. 

Wenn ich nun jemanden unterstütze, der durch mehrere Handicaps lange Stadtwege nicht machen kann, dann parke ich in unmittelbarer Nähe, manchmal eben vor einer solchen Ausfahrt und warte dort. 

Heute kommt so ein EdelSUV und hält neben mir. Der Fahrer macht mir Zeichen, dass er meinen Parkplatz beansprucht. Bei heruntergedrehten Fenstern sagt er dann, dass er auf meinen Parkplatz will und begründet das mit den bezeichneten Schild. (Bild 1) Die ganze Straße ist zugeparkt. Ich sage ihm dann, dass ich den Parkplatz freigebe, wenn er die Garage öffnet, um dann da rein zu fahren. Er kündigt an, dass er mich mit meiner Zustimmung nun blockieren wird. Er fährt also zwei Meter vor und öffnet seinen Kofferraum. Er braucht zehn Minuten, um zehn Säcke Trockenputz auszuladen und durch einen zweiten kleinen Eingang ins Haus zu tragen. Blockiert war ich nicht wirklich. Ich hätte mit meinem smarten Cabrio da locker rausrangieren können. Dann setzt er seinen SUV auf einen anderen freigewordenen Parkplatz, nicht ohne wüste Mutmaßungen über mich und mein Seelenleben von sich zu geben und ohne mich anzugucken oder anzusprechen. Als er dann im Haus verschwindet, bekomme ich das Zeichen, um mein Auto wieder in Bewegung zu setzen.

Mir ist die Angelegenheit nicht so sehr gleichgültig, dass ich darauf verzichte, die Situation zu dokumentieren. In jeder Stadt gibt es vermutlich die eine oder andere „lost garage“ die ein Privatjudiz befeuert und für Unannehmlichkeiten sorgt. Ich kenne auf Anhieb fünf solcher Garagen, darunter eine Arztausfahrt (Bild 2), obwohl es den Arzt schon ewig lange nicht mehr gibt und am Garagentor die Wildkräuter wuchern, sowie ein als Garage getarntes Handwerkerlager in bester Verkehrslage.

Bild 1
Bild 2 „Arztausfahrt Tag u. Nacht freihalten“
Bild 3 – Da hat sich offenbar ein Kleinunternehmer ein innenstadtnahes Lager aufgebaut

Eine Baumarktgeschichte

In der Outdoor-Gartenabteilung sprach ein älterer, wohl etwas desorientierter Kunde halb für sich und halb für mich.

Er wies auf eine unspezifische Werbetafel hin, nach der Rindenmulch gegen Unkraut nutzt. Er fand nun aber keinen konkreten Rindenmulch, der auf der Verpackung dieses Spezifikum aufweist. Ich habe ihm erläutert, dass das Mulchen grundsätzlich die Erde abdeckt und damit verhindert, dass irgendetwas keimt. Es ist ja eigentlich auch unvorstellbar und wohl auch unzulässig, dass Mulch mit Unkrautbekämpfungsmitteln aus dem Giftschrank aufgepimpt wird. Seine Erkenntnis war: „Das hilf mir ja alles nicht. Ich will Mulch, der Unkraut verhindert!“

Das ist mir mal wieder ein Beispiel dafür, wie richtige Informationen abwegige Assoziationen auslösen, die man auch vorbeugend nicht verhindern kann. Wo das Ende so einer Denkspirale ist, das weiß ich nicht. Es kann sein, dass das nur der Anfang des sich immer mehr verdichtenden Grumpy-old-man-Syndroms ist.

Bienen im Hotel

«Da es dem König aber wenig gefiel, dass sein Sohn, die kontrollierten Strassen verlassend, sich querfeldein herumtrieb, um sich selbst ein Urteil über die Welt zu bilden, schenkte er ihm Wagen und Pferd. ‚Nun brauchst du nicht mehr zu Fuss zu gehen‘, waren seine Worte. ‚Nun darfst du es nicht mehr‘, war deren Sinn. ‚Nun kannst du es nicht mehr‘, deren Wirkung.» (Günter Anders, Die Antiquiertheit des Menschen, 1956)

Und nun bieten sogar die für ihren Schotter bekannten Baumärkte allesamt Bienenhotels als fernöstliche Bastelarbeit an. Und die Biene selbst denkt nicht einmal an Hotels, da hat der voreilige Naturfreund schon ein Pauschalangebot hergerichtet, damit die bienenfeindliche und kultivierte Naturwüchsigkeit fortleben kann, während die Gräber der Menschen mit Kunstrasen oder Marmorplatten abgedeckelt sind und das Wort Hotel auf alle Fälle und sinnlos überlebt.

Die ortsübliche Miete gerät in Bewegung

Irgendwo auf der Welt ist so eine Art Kreuzfahrtschiff mit Eigentumswohnungen im Bau. Damit war zu rechnen. Wer also bereits Homeoffice beim Arbeitgeber gebucht hat, kann sich auch direkt die passende Wohnung dazu suchen. Ja und dann ist da noch das Finanzamt. Steuerberater in der Fachdisziplin Offshorewohning haben schon entsprechende Geschäftsmodelle vorbereitet. Die ganze Sache rechnet sich! – 

Ich aber sage euch: Sie werden zwischen Sumba und Viti Levu ihre Seele verkaufen, nachdem ihr Display in die Welt unter der gleißenden Sonne kapituliert hat.

Mulchen

Schottergärten sind im Gerede. Es stellt sich die Frage, ob denn nicht wenigstens Rindenmulch okay ist.

Rindenmulch statt Schotter bringt aber kaum ökologischer Gewinn. Es sollen ja Pflanzen wachsen und nicht behindert werden. Man nutzt das gern auf Friedhöfen. Da wachsen dann einige Pflanzen aus der Vormulchzeit und der Rest ist tot wie Schotter, hat aber die Anmutung einer wasserdurchlässigen Wüste.

Rindenmulch ist also der Schotter der Friedhofsgräber. Er ersetzt dort übrigens den im Gartenbau geächteten Torf. Rindenmulch im Vorgarten hat für mich immer etwas von Friedhofsästhetik, in der gern die Natur der Kontrolle des Menschen unterworfen ist, ohne dass der Mensch so richtig in in Erscheinung tritt. Es gibt – ganz nebenbei – aber auch Gräber mit Kunstrasen. Mulch war ursprünglich ja auch nicht aus der Tüte im Baumarkt, sondern lag da so rum, nachdem der Gärtner seine Wünsche aktiv umgesetzt hatte. Er hat Pflanzen entfernt und beschnitten und die Teile dem Boden wieder zugeführt, aus dem sie erwachsen waren und den erwünschten Pflanzen damit zur Dominanz verholfen. Für Rindenmulch hätte er Bäume fällen müssen. Das ist alles nicht so sehr schlimm und der Mulch wärmt sich auch nicht so stark auf, wie Steine, aber es ist doch nachdenkenswert.

Unverpackt

Ganz ohne Verpackung gehts ja nicht. Ein Stück Käse kriegt man händisch nicht so leicht vom Einkaufsladen in die Wohnung. Neuerdings werden trotzdem Wege kultiviert, eine verpackungsfreie Zeit einzuleiten. Zurückliegend war es allerdings so, dass sich jeder selbst um die Verpackung kümmern musste. Selbst der servicebeflissene Händler hat bis in die 50er Jahre des letzten Jahrhundert nichts anderes gemacht, als der Käufer auch gemacht hätte. Die ausgelesenen Zeitungen lagen als Verpackungsmaterial an den Marktständen. Der Käufer hatte für alle Fälle immer ein Einkaufsnetz dabei. Obst und Gemüse wurde meistens einfach nur aus dem Behälter der Waage direkt in die Einkaufstasche gekippt. Allein Fish und Chips, die in der Times serviert werden, haben aus dieser Zeit überlebt.

Die Verpackungsindustrie hat das Gefüge durcheinander gebracht, denn die neuen praktischen Verpackungen, vielfach aus Plastik, konnte man im Verkaufspreis kaum nachweisen. Es gab sie scheinbar umsonst. Erst seitdem Verpackungen als umweltbelastend eingestuft sind, werden bestimmte Verpackungen kostenpflichtig und oft auch durch vermeintlich umweltfreundlichere ersetzt, was sie nicht immer sind. Damit ist es an der Zeit, die Einmalverpackungen zunächst wieder durch Verpackungen zu ersetzen, die überdauernd genutzt werden können. Mit viel Phantasie findet man schnell neue Möglichkeiten, eigentlich alle herkömmlichen Verpackungen zu vermeiden oder zu ersetzen. So gibt es beispielsweise neuerdings biologisch unbedenkliche, fast unsichtbare Beschichtungen, die Avocados und Zitrusfrüchte doppelt solange frisch halten.

Ich wage die Prognose, dass die Wertschätzung unverpackter Waren bald auch auf den Onlinehandel übergreift. Es ist ja anachronistisch, wenn Kaufverträge vollkommen Papier- und verpackungslos im Internet abgeschlossen werden, die Auslieferung aber mit einer Begleitorgie aus Wellpappe, Plastik und falsch geparkten Auslieferungsfahrzeugen unter Einbeziehung zur Freundlichkeit gezwungener Nachbarn abgewickelt wird. Dem geliebten Unboxing erfolgt dann stets eine Extrafahrt zum Rohstoffcontainer. Das Weihnachtsfest der Verpackungen ist bereits zum Alltag geworden. Freude setzt unverständlicherweise vielfach Verpackung voraus.

Das Klima ist heute wieder protoprima

Die Welt pfeift mit seinem Klima aus dem letzten Loch. Experten warnen davor seit den 70er Jahren (Club auf Rome) und die Analysen haben sich bis heute bestätigt und werden immer mehr verfeinert. Wann der Point-of-no-Return erreicht ist und das Klima politisch unbeeinflussbar wird, ist nicht so sehr klar. Er steht aber unmittelbar bevor. Es ist also unumgänglich, jetzt etwas zu tun. Die Zeit der Planungen des Klimawandels ist nutzlos verstrichen. Das ist auch die Ausgangslage, der sich die Bewegung „Fridays for Future“ verpflichtet sieht.

Während die Graswurzelbewegung zeigt, wie man nun handelt, setzt die weltweite Politik auf Konzepte, Planungen und Einstimmigkeit. Der Weltklimagipfel in Madrid hat jetzt wieder einmal gezeigt, dass der Weg einer global konzertierten Aktion nicht funktionieren will. Wenn sie die UNO aus autonomen Staaten zusammensetzt, von denen jeder sein Ziel egozentrisch verfolgt, geht da ja auch nicht. Solange also Einstimmigkeit gefordert ist, wird es keine weitreichenden Veränderungen im Klima geben, lediglich fälschlicherweise als gerecht eingestufte Sonderrechte, sich an kleinste Fortschritte nicht halten zu müssen.

Es hilft also nur, punktuell mit gutem Beispiel voran zu gehen ohne zu prahlen. Jeder Schaden am Klima war bisher nach dem kapitalistischen Paradigma kostenlos.  Wenn sich ein realistischer Preis eingependelt hat, dann werden wir erst merken, dass derjenige besonders gut wirtschaftet, der wenig Kollateralschäden produziert oder zwischenzeitlich dafür so tief in die Tasche greift, dass er planen muss, es besser zu machen. Der Ressourcensparsame wird zum Trendsetter.

Selbst in dem noch halbwegs homogenen Bereich der EU scheitert es bisher, Abgase, Plastikmüll und irgendwelche Burnouts teuer zu machen. Da bleibt es doch nur noch, nach der Graswurzelmethode kleine notfalls kleinste Segmente auszusuchen, um klimaschädliche Entwicklungen an den sensiblen Stellen zu bremsen und dabei auch noch gut zu verdienen. Es wird nicht lange dauern, bis die Nachahmer einen dauerhaften Gefallen daran finden.

Also, plant nicht länger ohne zu handeln. Das ist wirksamer. Die Zeit läuft und weg.