Ein letztes Ding
Ein Wanderer
Länder, die Einwanderer haben wollen, erarbeiten Regeln dafür, wie der Einwanderer zum Bürger wird. Das ist dann ein Einwanderungsgesetz.
Wenn die Einwanderer einfach so kommen, dann könnte man das auch machen, hat aber die Zeit verpasst, als es noch aus freien Stücken möglich war.
In Deutschland ist die Situation einmalig verfahren. Man nutzt das hochgelobte und in der Verfassung verankerte Asylrecht mit seinen hohen Anforderungen, nun alle Flüchtlinge in das langwierige, aufwändige Asylverfahren zu pressen.
Menschen, die politisches Asyl suchen sind häufig Flüchtlinge. Doch Flüchtlinge suchen nur zum geringen Teil politisches Asyl. Zur Abwehr der Einwanderer wurde das deutsche Asylrecht mit Bedingungen ausgestattet, die nur 2% der Einwanderer erfüllen. Dennoch schiebt man nun Hunderttausende von Flüchtlingen durch ein aufwändiges und individuelles Asylverfahren und nennt die Flüchtlinge vorsichtshalber und gegen ihren Willen Asylbewerber. Selbst die Flüchtlinge, die jetzt aus Syrien kommen, erhalten übrigens kein Asyl. Sie erhalten lediglich für eine gewisse Zeit ein Aufenthaltsrecht als sogenannte Kontingentflüchtlinge.
Das Asylverfahren ist also mit seinen bestehenden Vorschriften gänzlich ungeeignet, mit Hunderttausende von Flüchtlingen irgendwie human umzugehen. Die Folge ist, dass die Bureaukratie überfordert ist und alle Einwanderer in einer eher dauerhaften Ungewissheit leben, die eigentlich nur vorübergehend sein sollte. Ihre Ungewissheit betrifft alle Lebensbereiche und führt tagtäglich zu physischen und psychischen grenzwertigen Höchstleistungen, dies zu ertragen.
Die Schweden machen es ganz anders und sind damit in dem Umgang mit Einwanderungen vorbildlich: Jeder Flüchtling erhält einen Ausweis und Hilfen, sich im Land zurecht zu finden und kann fortan überall arbeiten.
Das deutsche Verfahren zeigt sich dagegen brüchig mit einer höchst inhumanen Wirkung. Es ist nämlich nicht sinnvoll, in aller Ruhe ein Formular auszufüllen, wenn die nachdrängenden Flüchtlinge sogar auf dem Boden der EU ein neues Elend am Budapester Bahnhof vorfinden oder in Lieferwagen ersticken.
Dass die Politik vorsagt hat, schreiben gerade alle Zeitungen. Darüber besteht Einigkeit. Vergessen wir aber nicht, dass die Politik in unserem Namen handelt. Es ist an der Zeit, dass der Bürger selbst einen neuen Auftrag ausgibt. Er ist der Souverän.
Dieser Auftrag an die Politik kann nicht bis zur nächsten Wahl aufgeschoben werden:
- Die EU-Länder haben sich unmittelbar auf eine Verteilung aller Flüchtlinge zu einigen. Sinnvoll wäre ein gemeinsamer Fond, aus dem eine Unterbringung an Orten finanziert wird, an denen die Willkommenskultur auch gut zu belegen ist.
- Die Drittstaatenregelung hat sich als sinnlos, unwirksam und protektionistisch erwiesen und ist unmittelbar aufzugeben.
- An Grenzen, Küsten und Wüsten gestrandete Menschen sind unmittelbar an sichern Orten unterzubringen und zu versorgen.
Salat von der Drohne
Es ist ja immer schon so, dass Hunde und Katzen entlaufen und Wellensittiche und Kanarienvögel entfliegen.
In einem unkontrollierten Augenblick suchen sie das Weite. Deshalb wir auch überall und immer wieder nach ihnen gesucht. Die sozialen Netze sind dabei überaus hilfreich.
„Auau“
Dieses Foto habe ich in den späten 80ern fotografiert.
Ursprünglich stand an einer Garage in Oberhausen-Schmachtendorf „Ausländer raus“.
Bereits nach wenigen Tagen hatte ein kreativer Mensch daraus ein „Auau“ gemacht.
Wir sehen hier also einen Dialog zwischen einem Menschen, mit einem neonationalsozialistischen Standardspruch und seinem mahnenden Widersacher.
Gespräche sind das, was wir brauchen.
On TV: Hart aber Herrmann
Gestern ging es in der ARD-Sendung „Hart aber fair“ um Flüchtlinge.
Und wieder einmal war Herrmann dabei. Es kann ja sein, dass ab und zu ein Innenminister eines Bundeslandes in einer Talkshow mitreden soll. Aber es muss doch nicht immerzu der Bayrische Innenminister Joachim Herrmann sein. Er kann das doch nicht.
ßSeine menschenverachtende Klassifizierung von Flüchtlingen kann kaum noch als freie Meinungsäußerung durchgehen, weil sie rassistisch aufgeladen ist. Er ist also ein Wegbereiter auch der dumpfsten Rassisten, gegen die er ins Feld zu ziehen behauptet. Wenn er Roberto Blanco als „wunderbaren Neger“ ins Feld führt, gehört er nolens volens ins rechtsradikale Haudraufkabarett im Hinterzimmer und nicht ins öffentlich rechtliche Fernsehen.
Sprachspiel
Ich dokumentiere hier einmal einen bemerkenswerten Dialog aus der Kölner Südstadt.
Die zweijährige K. unterhält sich mit der Oma.
K.: „Oma, du bist alt.“
Oma: „Ja – und du bist jung.“
K.: „Nein, ich bin ein Mädchen!“
Hinweis für Nichtrheinländer: Bekanntlich verwendet der Kölner als Anrede lediglich Jong. Es ist überaus sympathisch, dass er dabei weder Geschlecht noch Alter unterscheidet.
Der Dialog ist deshalb wahrscheinlich auch nur in Köln möglich, wo Jong in nahezu jedem Satz vorkommt und Jong und jung nur durch den Sinnzusammenhang zu unterscheiden sind.
Über den Roman
Was macht einen guten Roman aus?
Es werden viele Fragen gestellt, die bisher unbekannte Bewegungen des Denkens und Fühlens auslösen und es werden keine Antworten gegeben.
Mein Lieblingsroman hat den Inhalt: Vorsicht! Baustellenfahrzeug. Sonst nichts. Man kann ihn bequem auf einen Muldenkipper schreiben.
Um nur einige Fragen anzudeuten:
Was in aller Welt ist ein Baustellenfahrzeug? Was machen Baustellenfahrzeuge auf der Autobahn? Ist nicht jedes Fahrzeug eine ewige Baustelle? Warum ist Vorsicht geboten? Das berührt mich alles sehr stark und lässt mich nicht mehr los. Die unterschiedlichsten Szenarien bevölkern meine Gedankenwelt.
Mein neuer Roman lautet: Calm your tits. Aber das ist wieder eine andere Geschichte. Ich habe noch Bedenken, ob er in einer deutschen Übersetzung nicht doch an Qualität einbüßt.
Schönheit kann sich doch jeder leisten
Ey – rück die Kohle raus!
Man stellt sich das in der Bundespolitik gern so vor, wie bei dem unverhofften Lottogewinn eines Familienvaters: Frau und Kinder bekommen ein dickes Eis und der Rest von den 100 Euros versickert im Haushaltsgeld.
In der Politik ist es aber ganz anders: Haushalte werden vom Parlament als Gesetze verabschiedet. Das Parlament entscheiden darüber, ich welcher Rangfolge welche Vorhaben wie stark finanziert werden. Und es sind gute Argumente und Mehrheiten erforderlich, ein bestimmtes Vorhaben zu bevorzugen.
Wenn nun also gesagt wird, das vom Verfassungsgericht einkassierte Erziehungsgeld und die ungeplanten Steuermilliarden müssten in die Kindertagesstätten oder die Flüchtlingshilfe gesteckt werden, dann entspricht das dem Denken zur Verteilung eines kleinen Lottogewinns. In einem öffentlichen Haushalt geht das ganz anders. Dort werden mit gutem Grund Einnahmen und Ausgaben zunächst getrennt betrachtet. Hätte man einen Automatismus, der beispielsweise Einnahmen aus der Kfz-Steuer dem Straßenbau zuweisen würde, wäre das Parlament seiner wichtigsten Aufgabe beraubt und der Manipulation durch populistische Argumente und windige Steuern Tür und Tor geöffnet. Die Regierung, die eigentlich Parlamentsentscheidungen umsetzen soll, hätte das Parlament selbstgefällig entmachtet.
Zu fordern ist also, was dem Bürger auf der Seele brennt. Solche Forderungen sind ebenfalls gut zu begründen, um bevorzugt beachtet zu werden. Zu entscheiden hat das Parlament, das dem Bürger erklären muss, wo seine Forderungen geblieben sind. Ob der Bürger das durchgehen lässt, bleibt seine Sache.
Auf keinen Fall ist es aber so, dass der Bürger seine Forderungen direkt auch an Finanzierungsvorschläge koppeln muss. Forderungen sind in sich zu begründen. Finanzierungsvorschläge erhöhen nur den argumentativen Ablehnungsspielraum der Parlamentarier. Sie fordern deshalb solche Finanzierungsvorschläge allzu gern ein und werden regelmäßig von großen Teilen der Presse bedient. Dem Bürger wird damit populistisch vorgeführt, die Haushaltspolitik könnte eigentlich auch jeder unbedeutende Lottogewinner ganz allein machen.
Ob wir uns bei anstehenden Wahlen wundern werden, entscheidet ganz allein der Bürger.