hot dog station

Aus Berlin hört man viel über einen Streit, an dem Hunde in der Stadtlandschaft beteiligt sind. Überall liegt Hundekot herum, auf Straßen, deren Mittelstreifen und Fußwegen, in Parks und in Badeseen. Jetzt ist der Kot sogar auch häufig in bunten Tüten verpackt. Sie setzen Farbtupfer und warten auf eine Abfuhr, die es nicht gibt.
Je urbaner der Lebensraum der Menschen gestaltet ist, desto eher stoßen der Hund und sein Frauchen / Herrchen an Grenzen: Alles ist notdurftgedrungen reglementiert und verpflanzest und die Freiheit des Hundes konfligiert unmittelbar mit dem läufigen Menschen. Der Mensch sieht die Stadt an, als wäre sie allein für Menschen gebaut. Dabei weiß jeder, dass die Einsamkeit in den Städten eines zuverlässigen Freundes bedarf. In Japan gibt es sogar schon mehr Hunde als Kinder. Hunde sind preiswerter, bleiben auf Wunsch auch wohnungsgerecht klein und bergen vorbeugend ein geringeres Risiko als Kinder. Also kommt man auch hier am Hund nicht vorbei. Alles, was es für den Menschen gibt, wird deshalb nach und nach auch für den Hund installiert. Der Unterschied besteht darin, dass aber nicht der Hund eigenmächtig die Dogstation aufsucht, sein Besitzer ist nämlich stets führend dabei. Der Hund selbst würde, wenn schon nicht anarchistisch, also doch rücksichtslos gegenüber menschlichen Ansprüchen, seine Notdurft schamlos in der Öffentlichkeit verrichten.
Die Kontroverse bleibt ein Spiel zwischen Hundebesitzern und denen, die sich vom Hund irgendwie in die Enge getrieben fühlen. Der Hundebesitzer fordert immer wieder irgendwie und irgendwo Toleranz an und entschuldigt sich beiläufig und routiniert für die vielen anderen, die verantwortungslosen Hundebesitzer. Sein Widersacher mag Hundekot einfach nicht und sieht seine Toleranz nicht darin, Hundekot selbst aus seinen Profilsohlen zu kratzen oder einen Service damit zu beauftragen. Eltern von freilaufenden Kindern sehen sich gar mit suchendem Blick als lautstarke Warnmelder im Einsatz und bleiben im Gelände von der Schönheit der Stadt abgelenkt. Selbst wenn der unbeteiligte Beobachter sieht, dass eine vornehme Hundebesitzerin den Kot vorschriftsmäßig mit einer Tüte aufklaubt, sie dann auf links zieht, verknotet und schließlich in die Manteltasche steckt, wendet er sich angewidert ab und kämpft mit einem ungewollt üblen Speichelfluss. Eine große Sensation war es, als so ein unbeteiligter Beobachter einmal mit einer Bekannten aus einer anderen Kultur in einem hundeverrückten Bezirk der Stadt immer wieder auf angeleinte Hunde traf. So etwas kannte seine Bekannte gar nicht und spekulierte lange darüber, was ein Hund in der Stadt zu suchen habe und warum er an einer Leine ist.
Das Ich-hab-nichts-gegen-Hunde-aber erinnert etwas an die Einleitung eines Rassisten, seine Ideologie schmackhaft zu machen. Ich möchte es aber trotzdem nutzen, denn wir planen und betreiben unsere Städte ja grundsätzlich hundefrei. Allein um die Stadt weiterhin hundefrei betreiben zu können, gibt es ein Behelfsregularium, den Hund möglichst rückstandslos durch die Stadt zu schleusen. Den Hotdogstationen vis à vis liegt die Dogstation so geschickt, dass sie nicht weiter auffällt. Die öffentlichen hundbezogenen Dienstleistungen gibt es also nicht zur Freude der Hunde, sondern allein zur Aufrechterhaltung des human unbeschmutzten Lebens. Der Hundebesitzer, der nicht vorsorgend ausgestattet ist, findet am Rand aller Hundebewegungszonen kostenfreie Tüten in Entnahmebehältern, deren einziger Zweck aufgedruckt ist.
Hund
Ich leiste mir etwas besonderes, obwohl ich mich dafür etwas schäme. Auf Kosten der Allgemeinheit hole ich mir unbemerkt immer einmal wieder so eine Tüte, um sie als Geschenkverpackung einzusetzen. Das kommt immer wieder gut an, mit Pralinen und mehr. Das ist wenig aufwändig, preiswert, originell und stiftet einen Gesprächsanlass.
Man muss ja nicht gleich Hundebesitzer anzünden, um im Dschungel der Großstadt, den Überlebenskampf mit einem Fanal zu krönen.

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