Was kostet das Essen?

Jetzt stellen Politiker fest, dass im internationalen Vergleich die Lebensmittelpreise in Deutschland sehr gering sind. Das stimmt. Aber der Unterschied zu anderen Ländern ist nicht besonders auffällig. Arme Menschen haben durch die Geschichte letztlich erfolgreich dafür gekämpft, dass sie sich vielfältiges und gesundes Essen leisten können. Der Freischütz wurde als bösartiger Wilderer gebrandmarkt, obwohl er nur mit revolutionärer Attitüde den Überfluss der Waldbesitzer in die Mägen hungernder Familien umgeleitet hat. Vielleicht haben die Menschen gerade in Deutschland besonders erfolgreich gekämpft. Wer die Absicht hat, an den Preisen zu drehen, muss also mit Widerstand rechnen, der auch in der Geschichte begründet ist.

Es stimmt aber nicht, dass heutzutage der Lebensmittelhandel als Wohltäter armer Leute agiert. Geschäftliches Handeln hat anderes im Sinn. Solange die Einkommen für viele Menschen keine Gestaltungsspielräume haben, haben Handelskonzerne jeglicher Art leichtes Spiel, der Menschen Geld zu ihrem Wohl in ihre Kassen zu schleusen. Das unterdimensionierte Einkommen hat aber auch noch andere Trittbrettfahrer der Wohltätigkeit, nämlich die „Tafeln“(!?), die die Produktionsüberhänge auch noch kostenfrei raushauen und dem Staat ersparen, Rentner und prekär Beschäftigte mit so viel Geld auszustatten, dass man davon würdig und selbstbestimmt leben kann.

Davon abgesehen gibt es nur wenige Möglichkeiten, so etwas wie Lebensmittel einfach mal teurer zu machen. Und die Qualität würde dadurch auch nicht unbedingt besser, wenn man mehr bezahlt, so wie es die Bauern fordern, die gerade mit überdimensionierten Dieselaggregaten durch die Republik düsen. Wie der Bauer es sich vorstellt, funktioniert die Volkswirtschaft nicht. Ich werde einen Teufel tun, denen, die in der Foodbranche Gewinn machen, freiwillig noch mehr Geld zu geben für nichts. Wir können handeln, mehr aber auch nicht. Angebot und Nachfrage kann man nur durch begleitende Vergünstigungen und Erschwernisse an zahlreichen Stellen des Wirtschaftssystems und auf gewandelten Märkten mit neuen Impulsen ausrichten, wenn die zugleich vom Bürger und Verbraucher als gerecht erlebt werden. Fehlentwicklungen können also nur sehr langsam korrigiert werden. Den Preis für Grundlebensmittel zu erhöhen – egal wie -, das hat zudem schon immer die Menschen auf die Barrikaden getrieben. Der Versuch der Superfoodlabelwirtschaft, bestimmte Produkte so zu präsentieren, dass der Verbraucher allein im Vertrauen auf solche Label mehr bezahlt, hat bisher nicht gewirkt. Diejenigen, die trotzdem Labeln folgen, haben nur ihre Verbraucherpflicht abgegeben, selbst die Qualität der Produkte zu begutachten.

Als ich letztens in der Filiale einer Bäckereikette war, gab es dort diese preiswerten Brötchen, die noch billiger sind, wenn man 10 Stück davon kauft. Sie sahen mitleiderregend aus und schmeckten auch so. Separiert wurden Edelbrötchen zum 3-fachen Preis der billigen Brötchen angeboten, die besser waren, aber längst nicht so gut wie zu den Zeiten, als es diese Upgradebrötchen noch nicht gab. Mir ist klar, wie die Preise kalkuliert sind. Einen Einfluss darauf habe ich aber nicht. Eine Frage danach hat bäckereikettenübergreifend stets zur Antwort: „Der Kunde will das so!“ – und ich bin charmant in die Ecke des Außenseiters gedrängt, obwohl ich doch in meinen Gedanken absolut im Mainstream schwimme. Das einfache Brötchen guter Qualität ist zur Illusion geworden. Es wird also gar nicht erst verkauft. Wir werden die Erinnerung daran bald vergessen haben.

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