Die BÄRLAUCHsaison …

Sie  ist fast vorbei. Die Blätter welken schon  sehr. Aber die Fruchtstände haben ihren Höhepunkt. Sie schmecken sehr intensiv. Man kann damit fast alles würzen. Die kleinen Kügelchen – pro Blüte 3 – kann man beispielsweise im Salatdressing verwenden. Wer nicht darauf beißen mag, kann sie kurz mörsern. Man kann sie auch gut konservieren als Pesto oder eingelegt in Öl oder Essig.

Sesam, Sesam – offenbare dich

Schwarzer Sesam hat ja die optische Anmutung von Mausekot. – Ich habe da stets die Angst vor Verwechslungen. Weißer Sesam  ist in jedem Fall verlässlicher Sesam. Schwarzer Sesam ist dagegen im Idealfall geschmackvoller.

Für ein gesundes Leben …

Backtaten mit Splitterbrötchen

Heute war ich beim Bäcker, um Brötchen zu kaufen. Es war wieder so ein Aufbackfilialist im Ausgangsbereich des Supermarkts. Backende Bäcker sind sehr selten geworden. Die Brötchen dort sahen nicht irgendwie extravagant aus. Da sagte die Verkäuferin: „Brötchen hab ich leider nicht da. Sie können aber die Krustis hier haben.“ – und zeigte auf die Brötchen. Da habe ich dann zwei genommen. Sie entsprachen meinen Erwartungen, die ich an Brötchen habe. Eines wog 62 Gramm und beim Aufschneiden flogen mir die Krustensplitter gefährlich um die Ohren. 

 Aber: Das Brötchen kostete etwas mehr als doppelt soviel, wie das gelistete, aber nicht vorrätige Brötchen, nämlich einen ganzen Euro. Das Gewicht könnte man ohne Probleme auch noch den Normalbrötchen zuordnen. Und zwei kleine Brötchen hätten gemeinsam ohnehin erheblich mehr Oberfläche zur Verkrustigung zum letztendlich günstigeren Preis. Ich hatte doch etwas Angst, mir beim Biss ins Brötchen die Mundwinkel zu verletzen. Aber da habe ich dann doch Glück gehabt.

Wenn ich darüber nachdenke, ist ja doch kaum damit zu rechnen, dass das Kernprodukt aller Backwaren, das Brötchen, nicht verfügbar ist. Ein Substitutionsbrötchen kommt dem Backunternehmer dabei nun aber gelegen. Er macht damit den Mangel schnell vergessen und verdient doppelt und mehr zu Lasten des Kunden. Das ist ein betriebswirtschaftlich genialer Schachzug. 

Ich gehe da aber wohl nicht mehr hin, zumal mir auch die Sprachinnovative Kraft nahezu aller Backunternehmer nervt, die selbst für traditionelle und gut eingeführte Produkte Eigennahmen erfinden und damit auch Unbedeutendes grenzenlos auffächern und den Kunden darauf prägen, die vorgegebene Wortwahl fortzuführen.

Und weil es irgendwie dazu gehört, hier noch ein fertiger Text aus den letzten Wochen:

•Der Name des Brotes•

Brote sind mit gutem Grund ein nur schwer verzichtbares Lebensmittel. Die Brotsorten gehen in die Tausende. Früher wurden Brote nach dem Herstellungsverfahren, nach den Zutaten und später dann oft nach den Orten bezeichnet, an denen sie ursprünglich besonders viel Beachtung fanden. Es war bei der Verständigung im Bäckerladen alles noch sehr einfach. Selbst Zugereiste aus fernen Ländern konnten ohne weitreichende Probleme mitreden.

Mittlerweile ist es anders. Man verlässt mit dem Eintritt in den Bäckerladen seinen angestammten Sprachraum weitgehend und lässt sich mit Backwerkbezeichnungen eindecken, für die es kein allgemein gültiges Wörterbuch gibt. Man ist also sprachlos zwischen Weltmeisterbrot, Fitnessbrötchen, Mini-Sonne, scharfem Griechen, Nonnenfurz und Ostblock. Es ist offenbar so, wie es auf Speisekarten schon länger üblich ist: Es werden Kosakenzipfel kreiert und sie dürfen vom Foodartisten dann so ausgerufen werden. Er bastelt also, um es dann im Jargon der Betriebswirtschaft zu sagen, einen Namen als Alleinstellungsmerkmal. Perfide wird die ganze Sache, wenn der Kunde an dieser Bezeichnung nicht vorbei kommt. Das beliebteste Brot ist deshalb seit Jahren das Das-da. Der emanzipierte Gesprächsteilnehmer verweigert es also, den Sprachgebrauch um sinnlose Vokabeln zu erweitern und stößt damit auf Unverständnis im Bäckerladen. Er steht zwischen den anderen Kunden in einer Sackgasse und versteht nichts mehr. Dem Menschen aus einem fernen Land wird auch der Mönchsstengel nur schwer zu vermitteln sein. Ich habe mich entschlossen, eine präzise Zeigefingergestik einzuüben und arbeite damit. Die Antwort war heute: „Meinen sie die Bauernwecken? – mit oder ohne?“

Ich bin uneingeschränkt dafür, dass der Kunde sagt, was er will und ihm nicht vorgegeben wird, was er sagen soll. Der Rest regelt sich von allein: „Geben sie mir bitte ein Onjeschwedde!“ Meine Höchststrafe wäre es, wenn ich zu einer unbekannten Bäckerei mit dem Auftrag geschickt würde, ein Radlerbrot mitzubringen.

Da fällt mir noch eine Geschichte ein: Vor vielen Jahren war der Hans aus Düsseldorf auch dabei, als wir mit einer großen Gruppe in den Schwarzwald fuhren. Wir waren so sehr gebildet, dass wir wussten, dass Holländer Kirsch in Düsseldorf Tusnelda heißt. Hans war aber offenbar die Ausnahme. Er bestellte im Café also eine Tusnelda und war fortan in ein erkenntnisleeres Gespräch verwickelt, das noch andauerte, als alle anderen bereits jeweils ein Stück Schwarzwälder Kirsch gegessen hatten. Übrigens: Man sollte stets das Bier trinken, das am Ort gebraut wird.

Spoiler für die nächsten Tage:
„Ich möchte 10 Brötchen.“
„Wir haben nur noch 9.“
„Dann nehme ich die.“
„Ich berechne ihnen trotzdem nur 10, weil 9 teurer wären, weil 5 im Angebot sind.“

Ich bin verhältnismäßig reich

Eine bestimmte Nachricht überrascht mich in jedem Jahr irgendwann im April. Sie erfüllt mich mit Freude. Der frische hiesige Spargel startet in seine Saison. Er ist bei langsam steigendem Angebot zunächst verdammt teuer. Während ausgebeutete Tagelöhner aus fremden Ländern den Spargel stechen, kramen alle Medien wieder die alten Spargellieblingsrezepte der Deutschen hervor. Mir ist der Spargel gleichgültig. Ich esse ihn zur Not, finde aber geschmacklich keinen außergewöhnlichen Gefallen daran. Würde man ihn mit Eierlikör pimpen, könnte ich schwach werden, weil ich seit Jahrzehnten  erfolgreich an einem Image als verwegener Eierlikörliebhaber arbeite. In der Spargelzeit lebe ich also weiterhin als Querulant in der Spargelwelt und kann das Geld für nichtgekauften Spargel auf die hohe Kante legen. Damit sammelt sich dann doch ein gewisser Reichtum an. Wenn mir die Leute allenthalben sagen: „Dir geht es wohl zu gut!“ ,dann haben sie sich ja vielleicht nur mit Spargelkrediten verschuldet und laufen in Lumpen, während ich meinen Reichtum zelebriere.

Ich bin verhältnismäßig reich …

Dieses und jenes Brot

Das recycelte Brot ist jetzt der heiße Scheiß im Bäckereigewerbe. Der handwerkliche Bäcker, der auch immer schon altes Brot im neuen Brot verarbeitet hat, bleibt meist außerhalb der Betrachtung, weil er schon fast ausgestorben ist, wenn er sich nicht rechtzeitig den Weg in die industrielle Produktion gebahnt hat. Der industrielle Bäcker hat sehr viele Verkaufsläden und nutzt die künstliche Intelligenz, um einerseits im Laufe des Jahres die Kundenwünsche punktgenau zu bedienen und anderseits keine Lebensmittel zu verschwenden. Er nutzt die komplexen Algorithmen, damit fast nichts übrig bleibt und trotzdem jeder kaufen kann, was er will. So weiß er etwa ganz genau, welche Backwaren am Silvestertag von wem bevorzugt von welchem Kunden gekauft werden. Wenn es um Lebensmittel geht, überlagert eben die Aufgabe des kostengünstigen Wirtschaftens die Aufgabe der gerechten Nutzung von Ressourcen. Also sagt der Industriebäcker gern, dass man zum Wohl der Menschen nichts verschwendet und meint damit vor allem, dass er mehr verdient, wenn er keinen Bioabfall produziert. Dass er auch noch seine Backstube als Fabrik hergerichtet hat und der großen Palette der Lebensmittelchemie täglich die Tür öffnet, versteckt er hinter seinem Verkaufsbooster namens Oma Trudes Streuselkuchen, der immer mit so einem Sepiabildchen von Oma Trude hinter der Theke liegt. – Noch schmecken wir, dass Oma Trude ihre Hand überhaupt nicht im Spiel hat. Schon bald brauchen wir aber den Lebensmittelchemiker um zu erfahren, was wir denn da überhaupt essen.

Das ist ein Symbolbild für BROT

Mein ehrlicher Kuchen

Ein Kuchen ohne Hilfe eines professionellen Bäckers kann vorteilhaft sein.

Ich habe heute einmal einen Kuchen gebacken.  Es ist nichts besonderes: Hefeteig, Kirschen aus dem Glas und Streusel. Dass besondere ist aber, dass ich so viel Hefeteig verarbeitet habe, wie üblicherweise für zwei oder drei Bleche gebraucht wird. Es ist eine unsägliche Entwicklung in der Praxis der Profibäcker, dass man den Teig knapp hält und dann aber den Kuchen mit viel feuchtem Zeug und viel Zucker  und etwas Farbe hochpimpt. Der Konsument muss sich darauf einstellen, dass er auf süß und nass abfahren muss, um solchen Kuchen zu mögen. Bäcker verschweigen gern, dass sich ihre feucht-süßen Kuchen eine verhältnismäßig lange Zeit verkaufen lassen. Das ginge bei meinem Kuchen nicht, aber ich verkaufe ihn ja auch nicht. Besser ist es, wenn ein Kuchen frisch gegessen wird. Bei einem Hefekuchen ist das am besten an Tag des Kuchenbackens.

Also mein Kuchen schmeckt mir fabelhaft. Weil er aus kommerziellen Zwängen befreit ist, kann ich ihn überhaupt backen.  Es ist eine Freude, den Standardbäcker einfach mal abzuschalten. 

Übrigens gilt die Unsitte nass auch für gekochte Speisen. Dabei kommt anstatt süß die Eigenschaft knackig als weitere Unsitte hinzu. In Soße ertränkte Speisen und knackige Salate  sind mir ein Gräuel, wie auch die vertikale Anrichtung der Speisen und alle Geschmacksexplosionen.

Der scharfe Freitag

Nachdem der Koch Björn Freitag in einer seiner zahlreichen alltagsnah konzipierten Kochsendungen davor gewarnt hat, die Pfeffermühle zwischendurch auch mal rückwärts zu drehen, weil sie dabei angeblich kaputt geht, glaube ich dem kein Wort mehr. Die Pfeffermühle geht davon selbstverständlich nicht kaputt! Es bleibt also nur eine bedeutungsmächtige und drohwarnende Allüre, die der Koch besserwisserisch inszeniert, weil er wohl nichts Besseres zu bieten hat. Und der WDR träumt als zuständiger Sender einfach mal an den lecker eingebundenen Fakenews vorbei und ergötzt sich mutmaßlich zum wiederholten Mal an wachsweich gekochten Eiern, die obenauf liegen und allererst mit dem Essbesteck angestochen werden, um in einem Erguss sämtliche Pfefferpartikel bei aller Frische zu umschmeicheln.
Verstehst du das?

Pizza Chicago Style

Die Pizza ist so eine Sache, die auch ohne Rezept oft zu schmackhaften Ergebnissen führt. Sie bietet sich geradezu für Innovationen an.

Mit einem autoritären Charakter ausgestattet, sucht man trotzdem unweigerlich nach einem „Original“.   Das fängt schon damit an, dass man vorträgt, die Pizza würde im Plural Pizze heißen. Da die  Pizza seit der Mitte des letzten Jahrhunderts weltweit eingebürgert wurde, gibt es eine unüberschaubare Vielfalt, die sich nicht nur auf den Belag beschränkt. Trotzdem ist die italienische Pizza die Referenzpizza für alle Abweichungen. Das liegt vor allem an den traditionell bodenständig wie weltläufigen Italienern, die nahezu weltweit Filialen für italian Food eingerichtet haben. Wohl deshalb wird auch die Geschichte weitergereicht, die italienische Grammatik würde auch den Plural  von Pizza festlegen. Das ist aber nicht so. Jede Sprache hat ihre eigene Grammatik, die immer auch für die Einbindung ausgeliehener Wörter gilt. Gerade gebildete Menschen mit autoritärem Charakter lassen das nicht gern gelten. Ihnen sind mehrere richtige Grammatiken suspekt und sie verlieren damit auch ihr Selbstverständnis, polyglott zu sein. Genauso wenig mögen sie alle Abweichungen von der „original italienischen Pizza“, die selbst in Italien bereits regionale Besonderheiten aufweist. 

Ich verfolge gerade die deutsche Debatte darüber, ob die Pizza Chicago Style, eine umgedrehte Abfolge der Beläge der italienischen Pizza etabliert. Dazu muss man wissen, dass die deutsche Pizza von Deutschen in der Regel für eine Pizza gehalten wird, die mit der italienischen identisch oder sogar besser ist. Dabei ist es so, dass in Italien der Käse in der Regel direkt auf die Tomaten kommt. Das bietet sich auch an! Denn anderenfalls würden die weiteren Zutaten abgeriegelt im Käse kochen, anstatt obenauf zu garen, Geschmack und eine angenehme Textur zu entwickeln. Der Deutsche neigt dagegen dazu, in einer Überbacken-Hysterie, den Käse obenauf zu platzieren – oft doppelt. Ich nenne das mal, wegen der großen Verbreitung in deutschen Haushalten, die deutsche Pizza. Ich mag die ja nicht. So gesehen ist die Pizza Chicago Style eigentlich eine Umkehr der deutschen Pizza: Der am Rand hochgezogene Boden wird üppig mit Käse gefüllt. Darauf kommen Tomaten und dann weitere Zutaten. – So vielfältig ist die Pizza. Man wird sie nicht in allen Varianten mögen.

Was ich auf keinen Fall mag, ist die unaufhaltsam gehandelte Auftaupizza und die Fastfoodpizza, die mit einem Aufpreis von 1 €  pro Zutat auch eine weitere Schicht von einem Zentimeter hervor bringt. Weniger ist mehr Geschmack und bessere Konsistenz – wenn Oregano dabei ist.

Müll Special

Die dünnwandigen Plastikeinmalflaschen zerkrausen sich unweigerlich beim letzten Schluck aus der Pulle. Um keine Fehlversuche  am  Flaschenrücknahmeautomaten zu provozieren, sind wir gut beraten, einmal mit einem kräftigen Luftstoß aus dem Mund die Flasche wieder mit dem dafür typischen begleitenden Knistergeräusch in eine annehmbare Form zu bringen und dann fest zu verschließen. Diese Aufbereitung vor der Zerstörung ist mit dem meist günstigen Kaufpreis ausgeglichen.

Für Ungläubige biete ich gern Kurse an. Sie finden mich als Dienstleister direkt am Rückgabeautomaten.