Das Salz der Suppe

Wenn im Essen etwas fehlt, dann ist es fast immer das Salz. Salz schmeckt man sofort. Bis zu einer gewissen Grenze wird dadurch das ganze Gericht schmackhaft und nicht nur salzig. Salz ist kein Hexenwerk. Es ist ursprünglich einfach nur Natriumchlorid (NaCl) eine simple chemische Verbindung. Wenn wir nun 500 Gramm Speisesalz für 19 Cent oder für  300 Cent kaufen, dann müssen wir uns doch fragen, was den Preisunterschied ausmacht. An der Kochsalzformel NaCl kann es ja nicht liegen. Es liegt also an den Verunreinigungen und speziellen Zugaben. Zugegeben werden meist Rieselhilfen und Jod. Die Rieselhilfen sind nur praktisch. Sie erhalten die meist gewünschte  Salzkonsistenz, auch wenn das Salz Feuchtigkeit aus der Luft aufnimmt und ohne dies verklumpen würde. Wenn man Salz aber in geschlossenen Behältnissen aufbewahrt, braucht man auch keine Rieselhilfen. Sie sind zudem gesundheitlich höchst umstritten. Mit dem Jod ist es anders. Wenn man nicht gerade mit Seeluft verwöhnt ist, stellt sich ein Jodmangel ein, der mit der Zeit zu gesundheitlichen Beeinträchtigung führt. Weil am Konsum des Kochsalzes niemand vorbei kommt, gab es die gesundheitspolitische Idee, das Jod ohne Aufwand und nennenswerte Kosten in lebensnotwendigen Mengen mit dem Salz zu vermischen. Das gibt es seit den 1924. Es gibt aber wahlweise immer auch jodfreies Salz.

verunreinigungsresistenter Salzstreuer

Das Problem sind allerdings Verunreinigungen, die – je nach Salzgewinnungsart – bis zu 3 Prozent betragen. In der Werbung werden diese Verunreinigungen bisweilen als lebenswichtige oder doch zumindest gesundheitsfördernde Bestandteile beworben und werden dann auch teilweise erheblich teurer gehandelt. Da stellen sich die Fragen, ob sich tatsächlich ein höherer Gesundheitswert einstellt und ob dann diese Bestandteile dann doch nicht besser separiert oder in anderen Zusammehängen verköstigt werden sollen. Die Verbraucherzentalen führen die Diskussion über diese Stoffe schon lange und sehen keinen Nutzen in diesen beworbenen Zusatzstoffen, sie sind bestenfalls unbedenklich. Bedenklicher ist da schon das im Salz angereicherte Mikroplastik, vor allem, wenn es aus dem Meer gewonnen wird. Wer nach dem Geschmack geht, wird das Mikroplastik so wenig wie bei seiner Zahnpasta herausschmecken. Wer sein Essen würzen will, der sollte auf Gewürze anstatt auf Verunreinigungen setzen.

19 Cent

Wenn ich Salz essen mag, dann nehme ich eines, das dem NaCl so nahe kommt wie möglich. Es kostet schon sehr lange 19 Cent pro 500 Gramm.

Reine Chemie ist oft sehr präzise – nicht so schlecht, wie man denkt!

Brüderlein trink

Kürzlich waren wir zu viert im Liedberger Landgasthof zum Essen, Trinken und zum gepflegten Gespräch. Ich habe Malzbier getrunken, was ich immer sehr gern mag, auch wenn ich noch fahren muss. Nach dem ersten Fläschchen habe ich dann noch ein zweites bestellt, um mich bei der Gelegenheit dem freundlichen Personal gegenüber als Malzbiersommelier vorzustellen und dann Folgendes vorzutragen: Das Malzbier der ortsansässigen Brauerei  Bolten schmeckt um Länger intensiv malziger als die  leicht bräunliche und wässerige Lösung der Marke Kandi. Da war das Personal mit mir sogar einer Meinung. Da stellt sich die Frage, warum ich – was das Malzbier betrifft – kein erstklassiges Produkt bekomme, obwohl ich es erwarten können müsste. Ich habe da nicht so sehr weitergefragt, weil der Malztrunk an diesem Abend eine Nebensache bleiben sollte.

Ich weiß aber, dass gastronomische Betriebe seit alters Verträge mit Brauereien aushandeln müssen, bei denen es nicht selten um die Existenz des Gastronomen geht. Oft ist die Brauerei auch der Eigentümer des Lokals und kann weitgehend sogar diktieren, in welchem Spielraum etwas verdient werden darf. Aber auch sonst geht es in den Verträgen um Preise, Kredite, Mindestmengen, ein vollständiges Getränkesortiment, Teile der Inneneinrichtung und unverzichtbare Werbemittel wie Gläser und Sonnenschirme und die Erlaubnis, vielleicht noch Getränke anzubieten, die mit den Brauereiprodukten konkurrieren.

Und so muss ich dann das oberflächliche und schlechte Malzbier aus dem Bitburgerkonzern trinken, weil es mit der ortsansässige Brauerei aus Gründen keinen Vertrag gibt.

Mir war es trotzdem ein gemütlicher Abend.

Ganz nebenbei: Der Bitburgerkonzern ist mir letztens schon einmal unangenehm aufgefallen: In einem Getränkemarkt gab es einmal ein vorzügliches Eifeler Landbier der eher kleinen Gemündener Brauerei. Plötzlich stand an gleicher Stelle ein Produkt der Bitburger Brauerei, ein Eifelbräu Helles Landbier. Die Aufmachung war zum verwechseln ähnlich, die Farben des Etiketts und die Schrift  waren nicht zu unterscheiden, zumal man beide Produkte nicht einmal nebeneinander sehen konnte. Bitburger stand auch nur ganz klein auf den Etikett. Und wie es der Teufel will, musste auch ich erst schmecken, dass ich das falsche Bier nach Hause getragen hatte. Es schmeckte deutlich weniger gut als das, was es nun nicht mehr gab. Die Frage nach dem einen Bier wurde im Getränkemarkt stets mit einem Hinweis auf das andere Bier beantwortet.

Ich vermute auch dort einen sehr überwältigenden Machtzirkel, der den Getränkehändlern zu schaffen macht: Wenn sie auf ein gehandeltes Premiumprodukt wie Bitburger nicht ganz verzichten können, müssen sie auch dort die ganze Produktpalette bieten und gegebenenfalls auch auf bestimmte Konkurrenzprodukte verzichten.

Es kann sein, dass wir Bitburger gut finden, weil besseres Bier nicht mehr gehandelt wird. Unser Geschmacksvermögen wäre dann überflüssig und würde unweigerlich das Handtuch werfen.

„Fritten verkaufen wir nicht einzeln!“

Das soll wohl angeblich in einer Frittenbude plakatiert worden sein. Die Fritten sind zu wenig vereinheitlicht, um sie zum Verkauf sinnvoll abzählen zu können. Was aber geht – und ja auch in bestimmten Ländern gemacht wird – ist, den Preis nach Gewicht zu bestimmen. Anfang der 90er Jahre auf Radtouren durch Polen, da kamen die Frytki immer zunächst auf die Waage. Das fand ich erstaunlich aber gerecht. Vorbeugend sage ich: Pivo war in Flaschen.

Die Kundenabfrage

Der Heinemann ist überregional beliebt für den erstklassigen Kuchen. Mir schmeck er auch. Die Filialen haben exquisite Standorte und man zahlt dort auch gern einmal einen Euro mehr.

Heinz-Richard H. kommt überall und tagtäglich vorbei, um am Puls der Zeit die neuesten Depeschen zu lesen. Den Schlüssel hat er ganz allein und gut in der Kleidung versteckt. Da kommt sonst niemand ran, wenn nicht gerade das Publikum – gern etwas älter und mit Hut – etwas abseits sitzt. Wenn einmal wieder die Preiserhöhung von einer Kuchenstückverkleinerung abgelöst wird, soll der Kasten schon mal überquillen. Ich habe das aber noch nie gesehen. Also: Ich hab den Herrn auch noch nie gesehen. Meine Hand passt sehr gut in den Lüftungsschlitz.

Was kostet das Essen?

Jetzt stellen Politiker fest, dass im internationalen Vergleich die Lebensmittelpreise in Deutschland sehr gering sind. Das stimmt. Aber der Unterschied zu anderen Ländern ist nicht besonders auffällig. Arme Menschen haben durch die Geschichte letztlich erfolgreich dafür gekämpft, dass sie sich vielfältiges und gesundes Essen leisten können. Der Freischütz wurde als bösartiger Wilderer gebrandmarkt, obwohl er nur mit revolutionärer Attitüde den Überfluss der Waldbesitzer in die Mägen hungernder Familien umgeleitet hat. Vielleicht haben die Menschen gerade in Deutschland besonders erfolgreich gekämpft. Wer die Absicht hat, an den Preisen zu drehen, muss also mit Widerstand rechnen, der auch in der Geschichte begründet ist.

Es stimmt aber nicht, dass heutzutage der Lebensmittelhandel als Wohltäter armer Leute agiert. Geschäftliches Handeln hat anderes im Sinn. Solange die Einkommen für viele Menschen keine Gestaltungsspielräume haben, haben Handelskonzerne jeglicher Art leichtes Spiel, der Menschen Geld zu ihrem Wohl in ihre Kassen zu schleusen. Das unterdimensionierte Einkommen hat aber auch noch andere Trittbrettfahrer der Wohltätigkeit, nämlich die „Tafeln“(!?), die die Produktionsüberhänge auch noch kostenfrei raushauen und dem Staat ersparen, Rentner und prekär Beschäftigte mit so viel Geld auszustatten, dass man davon würdig und selbstbestimmt leben kann.

Davon abgesehen gibt es nur wenige Möglichkeiten, so etwas wie Lebensmittel einfach mal teurer zu machen. Und die Qualität würde dadurch auch nicht unbedingt besser, wenn man mehr bezahlt, so wie es die Bauern fordern, die gerade mit überdimensionierten Dieselaggregaten durch die Republik düsen. Wie der Bauer es sich vorstellt, funktioniert die Volkswirtschaft nicht. Ich werde einen Teufel tun, denen, die in der Foodbranche Gewinn machen, freiwillig noch mehr Geld zu geben für nichts. Wir können handeln, mehr aber auch nicht. Angebot und Nachfrage kann man nur durch begleitende Vergünstigungen und Erschwernisse an zahlreichen Stellen des Wirtschaftssystems und auf gewandelten Märkten mit neuen Impulsen ausrichten, wenn die zugleich vom Bürger und Verbraucher als gerecht erlebt werden. Fehlentwicklungen können also nur sehr langsam korrigiert werden. Den Preis für Grundlebensmittel zu erhöhen – egal wie -, das hat zudem schon immer die Menschen auf die Barrikaden getrieben. Der Versuch der Superfoodlabelwirtschaft, bestimmte Produkte so zu präsentieren, dass der Verbraucher allein im Vertrauen auf solche Label mehr bezahlt, hat bisher nicht gewirkt. Diejenigen, die trotzdem Labeln folgen, haben nur ihre Verbraucherpflicht abgegeben, selbst die Qualität der Produkte zu begutachten.

Als ich letztens in der Filiale einer Bäckereikette war, gab es dort diese preiswerten Brötchen, die noch billiger sind, wenn man 10 Stück davon kauft. Sie sahen mitleiderregend aus und schmeckten auch so. Separiert wurden Edelbrötchen zum 3-fachen Preis der billigen Brötchen angeboten, die besser waren, aber längst nicht so gut wie zu den Zeiten, als es diese Upgradebrötchen noch nicht gab. Mir ist klar, wie die Preise kalkuliert sind. Einen Einfluss darauf habe ich aber nicht. Eine Frage danach hat bäckereikettenübergreifend stets zur Antwort: „Der Kunde will das so!“ – und ich bin charmant in die Ecke des Außenseiters gedrängt, obwohl ich doch in meinen Gedanken absolut im Mainstream schwimme. Das einfache Brötchen guter Qualität ist zur Illusion geworden. Es wird also gar nicht erst verkauft. Wir werden die Erinnerung daran bald vergessen haben.

Unverpackt

Ganz ohne Verpackung gehts ja nicht. Ein Stück Käse kriegt man händisch nicht so leicht vom Einkaufsladen in die Wohnung. Neuerdings werden trotzdem Wege kultiviert, eine verpackungsfreie Zeit einzuleiten. Zurückliegend war es allerdings so, dass sich jeder selbst um die Verpackung kümmern musste. Selbst der servicebeflissene Händler hat bis in die 50er Jahre des letzten Jahrhundert nichts anderes gemacht, als der Käufer auch gemacht hätte. Die ausgelesenen Zeitungen lagen als Verpackungsmaterial an den Marktständen. Der Käufer hatte für alle Fälle immer ein Einkaufsnetz dabei. Obst und Gemüse wurde meistens einfach nur aus dem Behälter der Waage direkt in die Einkaufstasche gekippt. Allein Fish und Chips, die in der Times serviert werden, haben aus dieser Zeit überlebt.

Die Verpackungsindustrie hat das Gefüge durcheinander gebracht, denn die neuen praktischen Verpackungen, vielfach aus Plastik, konnte man im Verkaufspreis kaum nachweisen. Es gab sie scheinbar umsonst. Erst seitdem Verpackungen als umweltbelastend eingestuft sind, werden bestimmte Verpackungen kostenpflichtig und oft auch durch vermeintlich umweltfreundlichere ersetzt, was sie nicht immer sind. Damit ist es an der Zeit, die Einmalverpackungen zunächst wieder durch Verpackungen zu ersetzen, die überdauernd genutzt werden können. Mit viel Phantasie findet man schnell neue Möglichkeiten, eigentlich alle herkömmlichen Verpackungen zu vermeiden oder zu ersetzen. So gibt es beispielsweise neuerdings biologisch unbedenkliche, fast unsichtbare Beschichtungen, die Avocados und Zitrusfrüchte doppelt solange frisch halten.

Ich wage die Prognose, dass die Wertschätzung unverpackter Waren bald auch auf den Onlinehandel übergreift. Es ist ja anachronistisch, wenn Kaufverträge vollkommen Papier- und verpackungslos im Internet abgeschlossen werden, die Auslieferung aber mit einer Begleitorgie aus Wellpappe, Plastik und falsch geparkten Auslieferungsfahrzeugen unter Einbeziehung zur Freundlichkeit gezwungener Nachbarn abgewickelt wird. Dem geliebten Unboxing erfolgt dann stets eine Extrafahrt zum Rohstoffcontainer. Das Weihnachtsfest der Verpackungen ist bereits zum Alltag geworden. Freude setzt unverständlicherweise vielfach Verpackung voraus.

Zum Untergang des Brötchens

Brötchen aus der marokkanischen Wüste …

Dass früher alles besser war, trifft nicht zu, außer bei Brötchen! Früher hatte man so seinen Lieblingsbäcker der sich auf Brötchen verstand. Dann irgendwann musste man ihn wechseln, weil der Niedergang des Brötchens Fahrt aufnahm. Bei weich aufgeblasener Krume zerbrach die Kruste immer laut im Biss und hinterließ hässliche Blutspuren an den Mundwinkeln. Ich bin dann vorsichtig geworden, habe um mich herum einen Splitterschutz aufgebaut und zur Not auch manchmal auf der Straße gegessen, um dem wertvollen Teppichen die scharfkantigen Splitter zu ersparen.

Man sagt ja, dass mit dem Aufkommen der Backkonzerne mit deren branchenüblichen Halbfertigprodukten nach und nach auch die kleinen Bäckereien geflutet werden. Hinter der Handarbeit verstecken sich der Preisdruck und eben haufenweise Industrieprodukte. In der Praxis wird das gute Brötchen umdefiniert, weil die Erinnerung daran verblasst. Manchmal kann man zum Höchstpreis Spezialbrötchen kaufen, die etwas besser sind, aber den Normalverdiener vom Kauf abschrecken. Ich bin nun in einer Phase, in der ich bei jedem unbekannten Bäcker ohne nachzudenken Brötchen kaufe. Danach bin ich bisher immer stärker verletzt, innerlich und äußerlich. In der nächsten Phase werde ich die Brötchen dann selbst backen.

Meine Erinnerung geht zurück an die unmittelbare Nachwendezeit. Auf einer Radtour habe ich im Raum Dresden eine kleine Bäckerei gefunden. Die Brötchen waren klein und kompakt, aber auch schwer. Nach meinen damaligen Ansprüchen waren sie unansehnlich. Doch dann ging es um Mundgefühl und Geschmack: Ich habe nie zuvor und auch nicht danach Brötchen gegessen, die leckerer und besser waren. Zudem waren sie auch noch preiswert.

Ich sage das jetzt alles nur, weil ich gern das Bild eines Brötchens aus der marokkanischen Wüste zeigen will.

Ein Tipi beißen

Der Sandwichtoast
Das gleichschenklige, rechtwinklige Dreieck
Das Tipi
Der aus zwei Tipis konstruierte Weihnachtsbaum

Wenn ich mit meinen vier Freunden frühstücke, dann ist das immer ein Ereignis. Denn alle vier leben in ihrer Alltagswelt ohne Sandwichtoaster. Und der Sandwichtoaster hat es allen angetan. Es gibt also stets Sandwiches mit Käse und wahlweise weiteren Zutaten.

Wir haben das dekorative dreieckige Toastbrot in keinem Laden gefunden. Deshalb schneiden wir den quadratischen Toast nach der Zubereitung an der vorgezeichneten Stelle von Ecke zu Ecke in zwei Teile, also in gleichschenklige und rechtwinklige Dreiecke.

Die Essgewohnheiten haben sich so entwickelt, dass wir zunächst in den rechten Winkel beißen und uns dann geradlinig bis zur Mitte der Hypotenuse voressen. Die verbleibenden beiden Teile kann man dann so zurecht beißen, dass die 45°-Ecken  senkrecht auf dem Teller stehen können.

Dann sagen wir immer:
„Guck mal –
ich habe ein Tipi gebissen!“
–Und schon sind wir auf der Spur der Indianer.

Ich sage das nur, weil wir so stolz sind, jetzt erstmalig einen aus Tipis zusammengestellten Weihnachtsbaum konstruiert zu haben.

Bereits ein einzelner Kürbis kann dich aus der Bahn werfen

Es gab ja mal Zeiten, in denen Lebensmittel nicht weggeworfen wurden. Es war die Zeiten des Hungers, aber auch die Zeiten des Überfressens bei günstiger Gelegenheit.

Dabei ist die Natur ohne den Menschen so extrem verschwenderisch, dass sie sich gar selbst weg wirft und sich sogar notfalls ökologisch sinnvoll entsorgt. Der Weizen käme mit sich selbst klar. Die Bucheckern und Kastanien warten massenweise auf zyklisch gute Lebensbedingungen und gehen, ob vernascht oder nicht, irgendwie den Weg alles irdischen.

Bei den Kürbissen ist das wohl anders, denn der Ablauf gerät ins stocken. Stell dir vor, du hast so ein tonnenschweres Teil im Garten, was ja wohl öfter mal so ist. Du findest, wie von weiser Hand vorbereitet, immer und überall Kochrezepte und Bastelanleitung für den Kürbis. Du stattest deine Küche mit einem Kran und diversen Motorsägen, Messgeräten, Elektromessern, Zerschnitzelmaschinen und Hochöfen aus. Du beschaffst dir tonnenweise Gewürze, um die blöde Masse geschmackvoll und in divers eingestellten Texturen auf den Tellern herzurichten. Deine Küche gleicht einem Industrieschlachthof. Dein Esszimmer ist auf mitesserfreundliche Gastlichkeit getrimmt. Und wenn dein Ranzen nach dem Essen spannt, ist nicht viel gewonnen.

Der Kürbis wird trotzdem noch auf Jahre deine Küche dominieren und dich vom kochen leckerer Gerichte fern halten. Dabei warten im Garten und im Handel noch überwältigende Kürbisreserven. Sie quellen unübersehbar ins öffentliche Bewusstsein. Aber du hast ja mittlerweile eine unendliche Breite der Kürbiszubereitung im Portefeuille und erzählst zur Not sogar im Fernsehen, wie geil und vielfältig so ein Kürbis ist und schiebst mit Freude noch dein Lieblingsrezept nach. Und so weiter.

Ich bin derweil in die Fritte verliebt, weil sie ohne Federlesen guten Geschmack und Sinnlichkeit vermittelt. Eine große, heiße Tüte Fritten in kalter Nacht zwischen den Fingern, die würde ich für nichts in der Welt eintauschen. Dagegen ist der Kürbis eben nur eine blöde Masse, die letztlich nur unverrückbar platziert ist.

Der Knusperich, der Knusperich, das war ein arger Wüterich

Die Brötchentests der 70er Jahre haben das Merkmal der Knusprigkeit erstmalig verbindlich definiert und im Bewusstsein der Menschen nach oben gespült. Fortan ging es eigentlich immer nur um die Knusprigkeit aller möglichen Speisen und der gute Geschmack wurde undifferenziert beiseite gelegt. An Ende bin ich mehrmals täglich aufgeschreckt, wenn wieder jemand das ultimative Verständnis irgendeiner Sache in der Knusprigkeit münden ließ. Zum Selbstschutz habe ich dann das Wort geächtet. Doch die Knackigkeit – von Salaten – wurde schnell hinterher geschoben. Das war nicht besser. Warum in aller Welt muss ein Salat knackig sein — und was ist das überhaupt?

Heute habe ich für das Frühstück Brötchen gekauft. Sie waren sehr unangenehm überknusprig, so dass ich zum Essen ein Tablett nehmen musste, damit die umherspritzenden Krümel wenigstens notdürftig eingefangen werden konnten. Die Krümel waren laut und haben auch noch meine Lippen aufgerissen und die Mundschleimhaut malträtiert. Sie konnten nur mit Kaffeegaben abgemildert werden.

Mein Gott, — womit habe das verdient? Denn die Welt ist doch im wesentlichen bunt und vielleicht auch etwas weich.