Der Ring der Flaschen

Flaschensammler gehören zum Straßenbild. Sie deuten darauf hin, dass der arme Mensch weniger denn je in der Armut überleben kann. Jetzt drängen Unternehmer in den Markt, die den Kommunen sogenannte Flaschenringe anbieten, in denen Flaschensammler einen menschenwürdigeren Zugriff haben sollen und ganz nebenbei auch noch wichtig sind, das Recycling praktisch wirksam abzuwickeln. Zudem wird der öffentliche Anblick von Müllmenschen etwas aufgehübscht. Der Erfinder soll wohl ein Designer namens Paul Ketz sein. Die Schöpfungshöhe scheint mir allerdings nicht sosehr hoch, um von einer Erfindung ausgehen zu können. Eine Großstadt will das Ding auch gar nicht, weil sie vermutet, die Flaschen würden dann als Waffen eingesetzt. Andere Städte spielen mit.
Flaschenring
Dagegen steht die Überzeugung, dass auch diese Ringe die Arbeit der Flaschensammler so wenig grundlegend ändert, wie der Karneval, der für wenige Tage Pfandflaschen im Überfluss ausspuckt. Im der Armut wird man wohl auch auf die Quelle im tiefen Müll zwischen Kackerlsackerl und angebissenen Brötchen nicht verzichten. Weil der Flaschenring den mitdenkenden Menschen erfordert, wird dieser aber den Ring mit seiner leeren Bierflasche selbstverständlich nicht bestücken, sondern selbst die Pfandflasche zurück bringen, wie es sich gehört und das Pfandgeld möglicherweise sozial nützlich verwenden. Der Flaschensammler selbst würden sich ja über säuberlich abgelegte Flaschen im Ring freuen, aber die Flaschen sind offenbar immer schon weg, wenn er vorbei kommt. Eine Vermutung macht die Runde, die sich zwangsläufig aus der weltweiten Jagd nach Geld ergibt: Es könnte ja erste Syndikate geben, die mit industriellem Geschäftsprinzip schnell und mobil diese Ringe abernten. Sie hätten mit ihrem Konzept einen erheblichen Vorsprung vor dem armen Menschen, der als Betriebskapital neben viel Zeit, einen alten Stock und ein paar ebenso alte Plastiktüten hat. Ich habe sogar die Gewissheit, dass die Flaschenringvertreiber direkt auch die Logistik haben, die von Ihnen montierten Ringe wieder abzuernten. Das ist winwinmäßig äußerst clever!
Wenn man also die Würde des Menschen hoch bewertet, dann tut man das in der Begegnung von Mensch zu Mensch und nicht mittels intelligenter Geschäftskonzepte.
Die Würde des Menschen ist ohnehin unantastbar. sie ist also schon da, bevor ein Würdeoptimierer in Erscheinung tritt. Und bei alledem bleibt ein elitärer süßer und schleimig ekelig Geschmack zurück, wenn man speziellen Müll produziert, der den Armen ernähren soll.

Wahrheitswendung

Hilfe!!!

Die Zeitungen mit speziell eingerichteten Satire- und Unwahrheitsseiten kreuzen sich mit den unfreiwilligen und den freiwillig schlechten Komikern in den sozialen Netzen und stoßen dort auf diejenigen, die keinen Spaß verstehen und andere Verschwörungstheoretiker.

Es ist ein Trauerspiel!
Man kann niemandem so recht trauen und ist auf sich selbst zurückgeworfen.

Schleierhaft bleibt die Kraft der Symbole

Einer Juristin in Berlin entgeht ein Arbeitsplatz, weil sie ein Kopftuch trägt. Immer wieder geht es um die Präsentation des Kopfes und es schließt sich ein langer Schwanz von Ungereimtheiten an. Das passiert nicht, weil wir nichts Besseres zu tun haben, sondern weil wir die Annäherung an Menschen zunächst von bestimmten sichtbaren und fehlenden Symbolen ableiten. Manche Symbole verunsichern mehr als andere. Das Kopftuch ist so ein Symbol.
Schleier und Kopftuch sind Werkzeuge. Es kommt darauf an, welchen Zweck man damit verfolgt. Sowenig, wie der Hammer per se dem Mord dient, dienen Schleier und Kopftuch der Unterdrückung. Das Werkzeug weist also zurück auf seinen Benutzer und eventuell auch auf Machtkonstellationen. Als Symbol muss es gedeutet werden.

In Alltagsbegegnungen pauschalieren wir zunächst gern. Das erlaubt uns eine erste Annäherung. Wenn wir es dabei zu toll treiben, laufen wir vor jedem Handwerker und jeder Kopftuchträgerin weg, bevor wir eine Differenzierung vornehmen können. Wer solchen Differenzierungen ausweicht, sieht gern überall Feinde.
Meine Erfahrungen mitkopftuchtragenden Frauen sind nicht zu beanstanden. Meine Erfahrungen mit verschleierten Frauen sind dagegen schlecht. Die differenzierte Wahrnehmung des Gegenüber war stets derart eingeschränkt, dass weder die Beziehung gestaltet noch das anstehende Sachthema erörtert werden konnte.

Ich will trotzdem gegen den Schleier nichts sagen, sage aber gern, dass es schade ist, wenn sich jemand eines Werkzeuges bedient, um sich aus dem sozialen Miteinander auszuklinken und dass es nicht zu vertreten wäre, wenn fremde Mächte da mitspielen. Ich weiche dann gern – wenn es geht – auf gesichtzeigende Menschen aus und bleibe aber unsicher, ob das da ein begrenzter und bemitleidenswerter oder ein grenzenloser und autonomer Mensch hinter dem Schleier war.
Ich gestatte mir noch einen kleinen Exkurs über die beliebte Behauptung, dass Kopftücher ein Zeichen der Unterdrückung sind:
Zur empirischen Beweisführung, wie sie in der Wissenschaft gilt, ist eine Behauptung dann falsch, wenn es auch nur ein einziges Gegenbeispiel gibt. Als Standard wird immer angeführt, dass die Behauptung „Alle Schwäne sind weiß.“ dann als widerlegt gilt, wenn ein einziger schwarzer Schwan nachgewiesen wird. Das gilt auch für Kopftücher! Die Behauptung: „Kopftücher sind ein Zeichen der Unterdrückung“ ist falsch, wenn man einen Fall dokumentiert, in dem die Unterdrückung einer Kopftuchträgerin ausgeschlossen werden kann.
Eine Kollegin aus dem Deutsch-türkischen Kulturkreis ist stets bemüht zu erklären, dass sie das Kopftuch trägt, weil sie aus einer Laune der Natur heraus nur ganz wenige Haare auf dem Kopf hat und sich das Kopftuch bewährt hat, die Haare unauffällig zu verstecken.
Meine Lieblingsbehauptung ist aber:
„Unter Verschleierungen verbergen sich lediglich Männer, die unerkannt bleiben wollen.“ –
Jetzt bist du dran!

Das Zertifikat – ein schlechter Rat!

Zunächst galt der Pilot der Flugmaschine, die von ihm vor eine Felsenwand gesteuert wurde als 100% tauglich, so eine Maschine zu steuern. Jetzt wissen wir, dass er 0% tauglich war, also ohne Einschränkung untauglich. Wir fragen uns, warum es nach bestem Wissen und Gewissen zwei so sehr gegensätzliche Einschätzungen gibt.

Ich verdächtige den Zertifizierungswahn: Er setzt falsche Maßstäbe. Der Konsument wird der Aufgabe enthoben, sich selbst ein Bild zu machen und veranlasst, einfach nur dem Zertifikat zu vertrauen. Das erlaubt auf der anderen Seite, ein differenziertes Urteil auszusparen und aus wirtschaftlichen Interessen mit fragwürdigen Parametern zu prüfen.
Hinter einem glänzenden Zertifikat verbirgt sich also stets eine differenzierte Wirklichkeit mit allen Höhen und Tiefen, bisweilen sogar Untiefen. Nur der ungebundene, der Aufklärung verpflichtete Experte, stellt den Kontakt zu den tatsächlichen Wirkparametern wieder her.
Wir sollten die Deutungshoheit rechtzeitig zurück erobern.

Theorien sind nicht immer richtig, also meistens falsch

oder:

Frohe Pfingsten!
Tief im Westen, der Mittagsonne entgehen auf der A 61 an den Pfingstfeiertagen kommt man auf dumme Gedanken.
Zwischenzeitlich verdichtet sich der Verkehr zur Gewissheit: Die Nachtwölfe, die immer mal wieder als Rocker Putins in Erscheinung treten, haben sich zur ersten Ablenkung niederländische Motorradkennzeichen besorgt, um Vorbereitungen zu treffen, die Rheinlande, wie einst die Krim, zu annektieren.

In der Nähe von Köln wird mir dann auch klar, dassdas Blödsinn ist!

Ich schreibe das hier auch nur, weil es im Kontext der gerade beliebten Verschwörungstheorien die witzigste sein dürfte. Aber auch das kann falsch sein.

Salutderivat

Eigentlich schreibe ich das hier für die Werkszeitung von Heckler&Koch. Vorsorglich poste ich es aber schon einmal hier.

Die Salutschüsse für verdiente wie unverdiente Würdenträger sind von jeher nach Status und Anlass gestaffelt. Der König kriegt 100 Kanonenböller, sein Deputy lediglich eine schmale Gewehrsalve zur Ehre.
Wenn nun der nordkoreanische Verteidigungsminister – weiß der Deibel, wie er an den Job gekommen ist – hingerichtet wird, dann gilt eine Analogie, die sich aus dem gleichen Begründungsmuster speist: Ein ausgewachsenes Flugabwehrgeschütz hat ihn stehenden Fußes unter seiner Dienstmütze pulverisiert.
Mir fallen gerade die Momentaufnahmen von deutschen Spitzenpolitikern ein, die mitten im politischen Geschäft gedöst haben. Sie fallen mir ein, weil der jetzt ehemalige nordkoreanische Verteidigungsminister auch gedöst haben soll. Er soll auch an entscheidender Stelle Widerworte gegeben haben. So weit ist es Gott sei Dank bei deutschen Spitzenpolitikern noch nicht gekommen.

Dieser und jener Neger

Das Logo der Mainzer Dachdeckerfirma Neger ist neuerdings umstritten.

Der verstorbene Firmeninhaber und Karnevalssänger  Ernst Neger
– „Allein die Erstaufführung des „Humba Täterä“ 1964 führte zu einer einstündigen Überziehung der Übertragung, weil sich das Publikum nicht beruhigen konnte.“ (aus: Wikipedia) –
hat es in den 50er Jahren selbst entworfenen.
Wem das Logo rassistisch ist, der kann ja zum Dachdecker Farbiger gehen.

Hätte der Ernst Neger sich seinen Namen von einem Namenforscher erklären lassen, dann wäre für sein Logo ohnehin ein Näher – mit Nadel und Faden – dabei herausgekommen.