Komplexität als Geschäftsmodell

Jetzt stellen wir in dem aufsehenerregende Prozess zum Unglück auf der Loveparade fest, dass es ein unentwirrbares Geflecht von Institutionen und Fehlentscheidungen in diesen Institutionen gegeben hat und dass in der Folge kaum konkreten Menschen dingfest gemacht werden können, die mehr als einen winzigen Teil zur Katastrophe beigetragen haben.
Das erscheint gerade so, als brauche man nur gehörig viel Komplexität, um sie aus der juristischen Verantwortung zu stehlen.
Die internationalen Finanzmärkte sind voll davon. Dort wird Geld generiert und niemand weiß so recht, wo das Geld herkommt und wer es rangeschleppt hat. Die juristischen Folgen sind immer schon unbefriedigend.
Erinnern wir uns an den Atomgau in Tschernobyl. Da gab es zwischen vielen Knöpfen ein menschliches Versagen, aber der ganze technologische und politische Überbau hatte direkt mitversagt. Man hätte es wissen können, hat aber nur für die Devise der Macher gearbeitet. Dass weiterhin ausrangierte Schiffe mit Atomantrieb verrotten und in den Weltmeeren alte Atomuboote auf Grund liegen, wird trotzdem weiterhin als Gefahr ausgeblendet. Hier in der Gegend ist das marode Atomkraftwerk von Tihange. Es ist abzusehen, dass bei einer Katastrophe die Verantwortung ebenfalls in der Komplexität verschwindet. Und wie ist das mit dem Stuttgarter Bahnhof, dem Brexit oder mit dem massenweise völkerrechtswidrigen Flüchtlingssterben? Das ist alles viel zu komplex um juristisch vermessen und ausgeleuchtet zu werden.
Offenbar müssen die Rechtsnormen ganz allgemein an der Komplexität ausgerichtet werden. Und wenn Komplexität unbeherrschbar und zum Geschäftsmodell wird, müsste man ja ganz andere Seiten aufziehen.

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