Nabucco ist italienisch und heißt Schinken

Ich war gestern in der Oper Nabucco. Verdi, kennt man doch.

Alle kamen nur wegen des Gefangenenchors im 3. Akt. Davor hat mich vor allem beeindruckt, wie auf der Bühne aus dem Nichts alle fiesen Gefühle dieser Welt sich in kollektiven Stimmungen niederschlugen. Ich meine, man kann das ja vielleicht im Libretto nachlesen, worin die äußerst dramatische Gefühlslage begründet ist. Aber wer macht das schon? Das bei mir eigentlich sehr beliebte Regietheater machte es unmöglich, voraussetzungslos zu erkennen, dass die Oper die Babylonische Gefangenschaft zum Thema hat. Da ist dann also von diesem und jenem Gott die Rede und welcher besser ist und man fragt sich als unvorbereiteter Theaterbesucher doch schon, um welche Götter es denn da so geht. Im Bühnenbild stand auch zeitweise BAB. Hätte ich günstiger gesessen, hätte ich ja wahrscheinlich auch noch YLON gelesen und wäre von der Idee abgekommen, es ginge auch um Kölsche Tön. Babylon wäre ja ein plumper Hinweis gewesen. Jede Stadt hat ja eine Disco gleichen Namens.

Der Gefangenenchor hat erwartungsgemäß dann dafür gesorgt, dass es allen gefallen hat. Bis zum Ende nahm die Dramatik gewaltig zu und ich konnte die ganz tiefen und breiten Bühnengefühle dann auch etwas nachvollziehen. Abigaille hatte einige Probleme, die Übergänge zwischen laut und leise, hoch und tief zu modulieren, sang aber trotzdem sehr gut, wie alle anderen auch. Für meinen Geschmack war der Gefangenenchor allerdings etwas zu leise. Aber in der Gefangenschaft gebrochene Menschen singen ja auch nur notgedrungen und unperfekt.

Der Gesang war übrigens in der Sprache der Uraufführung italienisch mit deutschem Obertitel. Man konnte also mehr verstehen, als es bei der Verwendung der deutschen Sprache ohne Obertitel möglich gewesen wäre. Allerdings hat es mich gewundert, dass der spärliche und floskelige Text in derart lange Gesangspassagen umgesetzt wurde.

Ein Erlebnis war – wie oft im Theater – die Pause. Jemand überlegte laut, was Nabucco eigentlich sei. (Es ist selbstverständlich der italienische verkürzte Name des Babylonischen Königs Nebukadnezar II.) Da blieb mir, als vermeintlichem Publikumsnesthäkchen nur zu sagen: „Nabucco ist kein Frischkäse. Es ist italienisch und heißt Schinken.“

Kommentar

Diese Website verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahre mehr darüber, wie deine Kommentardaten verarbeitet werden.