Das TTIP und die Öffentlichkeit

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Es ist ein Freihandelsabkommen namens TTIP zwischen den USA und der EU geplant.

Die Kritik daran kann ich bis zum heutigen Tag nicht nachvollziehen, weil man nicht kritisieren kann, was es noch gar nicht gibt. In den aktuellen Entwürfen stehen die meist unvereinbaren Positionen der Verhandlungspartner nebeneinander. Das habe ich aus so erwartet. Dass beide Verhandlungspartner ihre Interessen durchsetzen wollen, das ist immer so und nicht besonders erwähnenswert. Die Verhandlungspapiere machen aber auch deutlich, was der eine oder andere nicht will. Was dabei heraus kommen wird, wissen im Moment nur die Götter.

Wenn man denn nun berichten will, bietet sich als Ausgangspunkt ein Szenario an, in dem es Gewinner und Verlierer gibt und die Befürchtung besteht, dass die Anderen sich – wieder einmal – durchsetzen werden. Und weil man den Händlern für die eigene Position nicht die Absicht unterstellen will, dass sie gern verlieren, schwimmen in Gedanken ganze Armeen von Lobbyisten mit, die nicht anderes wollen als reich zu werdend andere übers Ohr zu hauen.

Die Verhandlungen bekommen auch einen ganz und gar mysteriöse Einschlag, weil die Verhandlungen äußerst geheim sind. [Und die Rechtschreibkorrekter beharrt darauf, dass geheim „gemein“ geschrieben wird.]

Wenn wir darüber sprechen, ob und wann wir heiraten, dann machen wir das auch hinter verschlossenen Türen. Einen Roman schreibe ich auch erst einmal für mich allein und ich wäre schlecht beraten, meine Übungen für ein alternativlos geniales Kleinkunstprogramm rücksichtslos in der Öffentlichkeit zu veranstalten.

Wenn ein Freihandelsabkommen ansteht, bei dem man sich den Handel miteinander wechselseitig erleichtert, dann ist erst einmal nichts dagegen einzuwenden. Das hat es zum Wohl aller Beteiligten schon sehr oft gegeben.

Allerdings muss das Ergebnis des ganzen Prozederes der öffentlichen Stellungnahme und der parlamentarischen Zustimmung zugeführt werden. Es besteht Grund zur Annahme, dass das Ergebnis irgendwann so verhandelt worden ist, das es dem Wohl des Volkes usw. entspricht. Wenn das nicht so ist, wird der Auftrag sinnvoll sein, das Ergebnis in weiteren Verhandlungen zu verbessern.

Ich hielte es beispielsweise für höchst verfehlt, wenn – wie es derzeit diskutiert wird – private Schiedsgerichte vermeintliche Verletzungen des Abkommens mit hohen Geldstrafen und ohne demokratische Zuständigkeit bereinigen und mit die Institutionen ausgeschaltet würden, die unter demokratischen Verhältnissen für Recht und Gesetz zuständig sind. Aber noch steht so etwas ja nicht zur öffentlichen Debatte, nur weil die Gegenseite es so in die Verhandlungspapiere geschrieben hat.

Die Veröffentlichung der Verhandlungspapiere durch Greenpeace bringt in der Sache nichts Unerwartetes, zeigt aber doch, dass so manch einer das kurz bevorstehende Ende der Verhandlungen gewünscht oder befürchtet hat, obwohl es noch gar nicht abzusehen ist.

Offenbar sind etliche NGOs – also die weltweit operierenden Organisationen außerhalb der traditionellen internationalen Politik  – gerade damit befasst, zur eigenen Beachtung und Wertschätzung das fies zurecht gemachte TTIP durch die Medien zu treiben. Dagegen hilft offenbar nur Gelassenheit und eine öffentliche Diskussion, wenn es etwas zu diskutieren gibt. Jetzt gilt es, den Vertretern im EU-Parlament und Länderparlamenten zu vertrauen und demnächst besser zu wählen, wenn sie das Vertrauen nicht rechtfertigen. Ihnen im Vorfeld die schlechteste aller möglichen Ergebnisse zuzutrauen, weil sie wahrscheinlich einknicken, ist nichts als eine Variante des Wutbürgertums, in dem jeder Akteur tausendmal besser zu agieren glaubt, als die Volksvertreter, die er im Zweifelsfall nicht gewählt haben will.

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