Doping: Mensch Sportsfreund

Jetzt steht eine gesetzliche Regelung bevor, die das Doping bestrafen soll. Der Entwurf eines Anti-Doping-Gesetzes liegt bereits beim zuständigen Innenminister. Das Gesetz soll die dopenden Sportler und ihre Helfer treffen. Es handelt sich um eine seit Jahrzehnten verzögerte Reaktion auf die ungleichen Bedingungen von Sportlern.

Dabei wird zunächst nicht beachtet, dass es weitere Ungleichheiten zwischen Sportlern gibt, die trotzdem weiterhin über Sieger und Verlierer mit entscheiden, ohne dass sie justiziabel sind. Dabei geht es vor allem um mehr oder weniger begünstigende genetische Bedingungen und um mehr oder weniger belastende Lebens- und Trainings- und Förder- Bedingungen. Die Ungleichheiten im Leben und auf der Welt spiegeln sich in gewisser Weise auch im Erfolg von Sportlern.
Es sind nicht nur die Spitzensportler in ihrer geldwerten (Selbst-) Vermarktung herausgefordert, der käuflichen Leistungssteigerung mittels Doping zu widerstehen. Bereits bei jungen Amateursportlern ist es nämlich üblich, einen Leistungszuwachs mit Drogen möglich zu machen. Häufig wird das Doping bedenkenlos als Teil des Sports eingeschlichen und schmackhaft gemacht.
Eigentlich darf sich jeder Mensch mit Bezug auf die Menschenrechte bis zum Tod selbst zugrunde richten. Insofern ist das Interesse des Staates an einem Dopingverbot zweifelhaft. Offenbar sind der Sport und seine Großereignisse, wie die Olympischen Spiele und die Weltmeisterschaften und die ganze Zulieferindustrie für den Sport mittlerweile ein Wirtschaftszweig mit gigantischen Umsätzen und weltpolitischer Bedeutung. Der Sport führt mittels seiner Vereine, Liegen und Verbände ein Eigenleben und versucht weltweit so viel Geld wie möglich zu generieren. Schon längst werden die Sportarenen auch in armen Ländern vom eher armen Steuerzahler finanziert und die Großverbände des Sports setzen zweifelhafte moralische Maßstäbe, die ihre Selbstgefälligkeit und die Selbstgefälligkeit ihrer Funktionäre absichern. Kritik ist nicht erwünscht.
Bereits seit Jahren werden Fachwissenschaftler mit Hektolitern von Urinproben überschüttet. Man würde ihnen eine erfülltere Tätigkeit wünschen, anstatt Urinproben in einem Pool zusammenzuführen, weil sie mit der Einzeldiagnose nicht mehr nachkommen. Sie setzen jedoch pseudowissenschaftliche Maßstäbe zur Bestimmung der Grenze zwischen Doping und unbedenklichem Sport. Sportwissenschaftler und Sportmediziner verlieren immer mehr den gesunden Menschen aus dem Auge und versuchen lieber die überforderte Sehne des Zehnkämpfers bis zum Sieg zu stabilisieren oder – um im Bild zu bleiben – generieren nachweisresistente Urinproben. Die Überwachung der Sportler alarmiert bereits die Datenschützer. Wer im Psychodrom des Hochleistungssport ganz nach oben will, der wählt die Interpretation, dass das alles zu seinem Wohl so eingerichtet ist. Er reklamiert keine Freiheitsrechte. Das bringt Geld und ist systemkonform so vorgeschrieben.
Die aktuelle Initiative des Gesetzgebers steht offenbar in einem Rechtfertigungszusammenhang mit der skizzierten aktueller Sportwirklichkeit und folgt der vorformulierten, aber falschen Hypothese, die perfekte Grenzziehung und Kontrolle würde dem Sport zur überdauernden Glaubwürdigkeit mit gerechten Messergebnissen und zum ungebremsten Zuspruch der Massen verhelfen. Denn es ist ja nun seit langem klar, dass gegen die Droge hier und dort kein Kraut gewachsen ist, das den Gebrauch von außen kontrolliert anstatt der Vernunft des Einzelnen zum Durchbruch zu verhelfen.

Ich spreche dafür, dass der Staat dem Doping gleichgültig gegenüber tritt. Es kann sein, dass sich irgendwann eine nekrophile Minderheit am tödlichen Kollaps kurz vor dem Ziel erfreut. Der Radsport bietet sich ja mit seinen Großereignissen bereits dafür an. Insgesamt wird allerdings der Breitensport, bei dem jeder gegen sich selbst und nicht gegen einen irgendwie bevorteilten Gegner kämpft, dadurch an Zulauf gewinnen. Der Breitensport bleibt zudem preiswert und gesund.
Die Paralympics zeigen mit ihrem immer mehr zu differenzierenden und grotesken Leistungsklassensystem, dass individuelle Voraussetzungen stets so unterschiedlich sind, dass sie gar nicht sinnvoll klassifiziert werden können. Deshalb ist jeder ein Sieger. Und das ist auch gut so!

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