Bierdusche

Als besondere Auszeichnung für Trainer bodenständiger Sportarten gilt die überraschende und dann doch nicht so sehr überraschende Bierdusche. Die Bodenständigkeit und Fanverbundenheit verlangt einen besinnungslosen Verzicht auf Sinn und Zweck einer Bierdusche überhaupt und setzt stets auf ein Bier aus heimischer Produktion. Die grassierende Konzentration und Internationalisierung auf dem Biermarkt macht es zunehmend schwer, nun aber ein heimisches Bier zu finden. In Leverkusen konnte offenbar niemand bei der Suche nach einheimischem Bier fündig würden. Da dauerte es beim erstmaligen deutschen Fußballmeisters Bayer Leverkusen wohl einen ganzen Tag, bis der Trainer Xabi Alonso duschen durfte, beziehungsweise musste. Welche Brauerei nun damit werben darf und das Duschbier kostenfrei liefert, das weiß ich bisher nicht. Anstatt das Kölsch aus der Nachbarstadt zu nehmen und Leverkusen gegen den Trend als arg provinziell zu deklassieren, wäre wohl ein Fakebier eher angebracht, als so ein weltweit produziertes Konzernbier, das nirgendwo verortet ist.

Leverkusen lebt in enger Symbiose mit dem Bayerkonzern, der ja mit allen chemischen Elementen, Feuer, Rauch und Geld in allen Aggregatzuständen am Weltmarkt eine Hexenküche betreibt. Es sollte wundern, wenn dort kein veritablen Bierersatz verfügbar ist und das Lokalkolorit manifestiert. Neben Bayer haben Leverkusen und „Bayer Leverkusen“ nun wahrlich allesamt das Zeug zu Weltgeltung. Es bleibt dann nur noch die Verwechslungsgefahr mit den Bayern aus München.

The sun ain’t gonna shine anymore 

Unter der Sonne von Chamonix schlägt ein deutscher Skirennläufer, der sich auf der Rennstrecke verfahren hat, mehrfach mit voller Wucht seinen Skistock auf den Schnee. Der Schnee ist eigentlich gutmütig und hat sich dort saisonbedingt niedergelegt und mit der Sonne arrangiert. Wäre er jetzt eingeschnappt, würde die nächste Skisaison vermutlich bereits erledigt sein. Die sinnlosen Aggressionen der Skirennläufer bedürfen auf alle Fälle einer Regelung, um schöne Bilder in einer strahlenden Kunstlandschaft dauerhaft zu sichern.

Ein Halbzeitfazit im Ticker des Kicker

„Ein schwacher erster Durchgang geht zu Ende. Köln und Bremen kommen kaum in Abschlusspositionen.
Viele Fehler und Ballverluste bestimmen das Spiel. Für einen Sieg müssen sich beide noch ordentlich steigern.“

Ich behaupte dagegen aber, dass sich für einen Sieg nur eine Mannschaft steigern muss. Würde sich die andere Mannschaft gleichermaßen steigern, wäre die Gleichwertigkeit ein Garant für ein höchstwahrscheinlich weiterhin torloses Unentschieden. Je besser eine Mannschaft im Vergleich zur anderen ist, um so wahrscheinlicher ist der Sieg der besseren Mannschaft und um so verdienter ist ja auch der Sieg.

Ja! — So geht Fußball … Philosophie …

Zwischengefunkt

Ein Star des deutschen Fußballs – Jérôme Boateng – ist derzeit ohne Verein. Im Hintergrund ist es nicht ohne Bedeutung, dass ein Gericht noch einmal darüber entscheiden muss, ob er seiner Partnerin gegenüber gewalttätig war. In vorausgegangenem Urteil in dieser Sache wurde er zu einer empfindlichen Geldstrafe verurteilt. Gerichtlicherseits geht es aber nun wohl nicht mehr um unsichere Beweismittel, sondern allein um die Befangenheit eines Richters.

Wie dem auch sei, der FC Bayern will seinen Exspieler jetzt wohl neu verpflichten und argumentiert schräger als vertretbar zwischen „Sport“ und Privat“.

Der Geist der „Unschuldsvermutung“ – ein strategischer Rechtsbegriff, der überhaupt nicht für den alltäglichen Gebrauch kultiviert ist – soll davon ablenkt, dass sich gerade der Nichtjurist auch bei vermeintlich ungeklärten oder unentschiedenen Vorkommnissen ja verantwortbar verhalten muss. Wenn man das geschickt umgehen will, dann kommt das Zauberwort von der Unschuldsvermutung auf den Tisch. Also: laufende Gerichtsverfahren verhindern unsere Meinungsbildung nicht. Das Leben geht weiter.

Mal angenommen: Der Jupp verprügelt ständig seine Frau. Und ich spiele mit ihm regelmäßig Karten. Und jetzt soll ich eine zweckentfremdete Unschuldsvermutung ins Spiel bringen, damit alles so weiter läuft, wie bisher? – Schmuddeliger kann man kaum argumentieren.

Aber jetzt (einige Wochen später): Boateng hat nun wohl in den USA einen Verein gefunden. 

Schnee satt

„Weil es zu viel Schnee hat, kann auch das zweite Rennen in Val di Fassa nicht stattfinden.“ steht in der Zeitung.

In der Folge des Klimawandels rechnet man ja ständig mit nie dagewesenen Kapriolen. Dass dem Wintersport der Schnee ausgeht, gibt es ja bereits sehr häufig. Dass zu viel Schnee da so rumliegt und damit die Sportveranstalter ausbremst, ist aber zutiefst widersinnig. Offenbar liegt es daran, dass der Wintersport normiert ist und nur wenige Toleranzen kennt. Beim Profisport sind die Grenzen noch enger, um die Wettkampfgerechtigkeit zu erhöhen. Am liebsten hat man – das ist aber nur meine Vermutung – den aus Wasser hergestellten Normschnee, den man so herrichten kann, dass er alle Wünsche erfüllt. So betrachtet, findet der optimierte Wintersport ohne jeden Schneefall in einer Halle statt. Wenn der Schnee stört, dann stellt sich doch die Frage, ob der Wintersport überhaupt in den Winter gehört. Die sagenumwobenen Olympischen Winterspiele 2014 in Sotschi sind ein Beispiel dafür, dass man an allen möglichen Orten alles mögliche veranstalten kann, wenn man nur die Geldströme entsprechend lenkt und sich die Sache rechnet.

Eine Grenzen des Sports

Gehören Berichte über Sportfunktionäre eigentlich ins Sportressort der Medien oder doch viel besser in das Ressort der Politik und in weniger schweren Fällen ins Feuilleton?

Wenn also der ewige Olympiafunktionär Bach an der Unvergessbarkeit seiner Amtszeit arbeitet, dann spielt der Sport doch nur eine leidende Rolle. Bei allem Respekt davor, dass der verbindliche Überbau der Sportverbände auch erstklassigen Sport hervorruft, wenn der Sportler das Zentrum des öffentlichen Interesses verlässt, dann wird der Sport auch uninteressant. Nun gehört ja alles rund um den Sport als eine Bedingung zum Sport dazu. Aber es nimmt überhand. Das Fußballspiel oder die Turnübung landet im Business und der naive Sportsfreund neigt dazu sich abzuwenden.

Die Grundzüge

Ich erkläre gerade die Grundzüge des Fußballspiels. Wann, warum und wie die Akteure in die Räume gehen, versetzt meine Zuhörer in ein erwartungsgeladenes Erstaunen.

Morgen werde ich die  Halbfeldchips ins Nichts erklären.

Und – angeregt durch die laufende Weltmeisterschaft – noch etwas:

Ich habe gerade entwickelt, wie eine Fußballmannschaft in einem Turnier bestehen kann, obwohl sie nach aller Erfahrung nicht zu den Topmannschaften zählt: Wenn man vergleichsweise sehr schnell laufen kann und in Bedrängnis den Schuss ins Seitenaus beherrscht – vorzugsweise mit einer unvermeidlichen Berührung durch den Gegner -, dann hat man schon die halbe Miete, die man noch mit punktueller und ungezügelter Leidenschaft anreichern kann. 

Die Regierung in Peking wird zweifelsfrei in ein paar Jahren eine Topmannschaft ins Feld schicken.

Im Eifer des Gefechts

In einem Achtelfinale der Fußballweltmeisterschaft der Frauen kommt es zu einer denkwürdigen Szene. Am Ende eines harten Zweikampf setzt sich die Engländerin Lauren James zunächst auf die Nigerianerin Michelle Alozie, steht dann auf und steigt auf das Gesäß ihrer Gegenspielerin, bevor sie den Rasen wieder betritt. Zunächst gab es dafür die gelbe, danach dann doch die rote Karte. Dann war der Star der Mannschaft ganz schnell verschwunden.

Ich sehe das einprägsame Bild als ein Symbol des Kolonialismus. Man macht es, weil man meint, es sich leisten zu können. Im Fußball wird so etwas stets individuell geahndet. Dabei basiert der Kolonialismus auf einer gut verbreiteten Idee, dass man selbst phantasierte Überlegenheiten wirtschaftlich nutzt. Die Idee verdichtet sich schnell in einer Ideologie, die Staaten erreichen und Gesellschaften dominieren kann. Mit der roten Karte werden die Zusammenhänge leider abgeschnitten. Man gewinnt den falschen Eindruck, dass mit der roten Karte der Fall abgeschlossen sei. Lauren James wird das so sicher von vorn herein nicht bedacht haben. Kolonialismus verwirklicht sich punktuell im kollektiven Eifer.

Mehr Trainer als sonswatt

Das Fußballspiel findet für jeden Akteur stets zwischen Sieg und Niederlage statt. Anderenfalls gäbe es ja auch kein Publikum. Bestimmte Dauersieger leben in einer Epoche, die dem Publikum abverlangt, eine Niederlage zumindest für möglich zu halten. Für jede Mannschaft gibt es gute und schlechte Zeiten, die mit der Zeit verklären. Damit bleibt allen ruhmreichen Mannschaften ein ewiger Glanz. Die Beliebtheitsführer haben meist die Niederlagen und Verletzungen jeder Art gut genutzt, um für ein erfolgreiches Spiel zu lernen.

Die deutsche Nationalmannschaft der Frauen ist nun als gehandelter Favorit nicht zufällig in der Vorrunde der Weltmeisterschaft gescheitert. Die Kontrahenten in der Welt haben aus emanzipatorischem, finanziellem und sportlichem Interesse den Abstand zu den wenigen Weltmarktführern sichtbar verkürzt. Die Versuche, auch hierzulande den Fußballsport weiter zu optimieren und die Premiumrolle zu behalten, haben dazu geführt, dass eine Phalanx von Experten für jedes erdenkliche Detail Pläne entwickelt hat, die in Verhaltensvorschriften für alle Akteure auf dem Platz und abseits davon münden. Damit ist man auf alles vorbereitet, aber nicht auf die Wechselfälle des Spiels. Im Spiel kann sich mit diesem Hintergrund sehr schnell Hilflosigkeit und eine Irritation zwischen Plan und Wirklichkeit breit machen. Bei fast allen vermeintlich großen der Branche erlebt man in großen Turnieren mittlerweile stets, dass sie gegen  vermeintlich kleine Gegner schlecht aussehen. Sie werden mit einem unbedingten Siegeswillen und mit einer ausgesucht einfachen Taktik überrascht und können dann ihr Spiel nicht mehr aufziehen. Hätte die Elf, deren Qualität ja nicht anzuzweifeln ist, auf dem Platz den Instinkt und die Freiräume von Hobbykicker, wäre so ein Spiel eher zu gewinnen. Man würde blitzschnell neue Wege finden, ohne sich treu bis zum Ende an einen Schlachtplan zu halten, der sich mitten im Spiel überlebt hat. Die ganz großen Fußballhelden machen in solchen Situationen ihr Ding und verschwistern sich auf dem Spielfeld in Windeseile mit allen Teilen der Mannschaft. Plangerecht unterzugehen oder mit einem ungeplanten Impuls die Siegerstraße zu betreten ist eine Entscheidungsfrage, die eher den großen Mannschaften vorenthalten wird.

Ich bin ja schon lange von der Frauennationalmannschaft sehr überzeugt und aber auch auf Niederlagen vorbereitet. Es wäre nur gut, wenn die Öffentliche Berichterstattung nicht zur Lobhudelei verkommt und infolgedessen das Publikum dem Sieg auf ganzer Linie für realistischer hält als er ist. Das führt nur zur umfassenden Enttäuschung, über die dann auch wieder kritikhudlerisch berichtet wird.

Ich bin überzeugt, dass die Fans schon bald wieder gute und siegreiche Spiele erleben werden.

Aus einem Heldenleben

Da geht nun der Held von Wimbledon am heutigen Tag für eine Weile ins Gefängnis. Sein Leben geht jetzt nicht mehr so recht weiter, wie er es bisher gestaltet hat. Wer den Insolvenzverwalter auf verlorenem Posten mit unzureichenden Angaben dilettantisch linken will, der hat auch nichts besseres verdient. Da lacht der Profi.

Auf die Strafmaßverkündigung musste das Publikum entgegen der Ankündigung des Gerichts ein paar Stunden warten. Ein Gerichtsreporter meinte, das Strafmaß zeige, dass es vor Gericht eben keinen Promibonus gebe. Das sehe ich anders: Der Rechtsstaat unterscheidet von vornherein nicht nach der jeweilen Prominenz des Angeklagten. Diese stundenlange Verzögerung ist dann aber doch ein Promibonus, und wird für die Weltöffentlichkeit standesgemäß zelebriert. 

Wenn der Held nach guter Führung vorzeitig aus der Haft entlassen wird, werden wohl viele Talkshows auf den Helden Boris Becker warten und sein Privatierskonto für die Wechselfälle des Lebens wieder auffüllen. Eigentlich sollte ja jeder Sträfling irgendwann in eine Talkshow entlassen werden. Aber daran besteht wohl kein wirtschaftliches Interesse. – Schade!