Während der klassische Rundfunkreporter in der gebotenen Geschwindigkeit alles in Sprache übersetzt hat, was er gesehen hat, führte das mitgelieferte Bild der audiovisuellen Medien vierzig Jahre später zu einer gewissen Verkommenheit in der Reporterpraxis, die ratlos macht. Man konnte ja nicht über etwas berichten, was jedermann viel besser im Bild selbst sehen konnte. Die ehemals hoch geschätzten Fußballreporter befanden sich zwischenzeitlich in einer Situation, in der sie stoisch etwa die Namen der ballführenden Spieler von vorn bis hinten emotionslos aneinander reihten. Sprachinnovationen blieben in dieser Zeit bescheiden: „Er schlenzt das Leder!“. Mit zunehmender Qualität der Bilder war auch das Sprechen selbst weitgehend überflüssig. Fortan veranstalteten die Reporter jeweils eigene Huckepackshows und verknüpften erwartende Bilder mit gut recherchierten oder hilfreich fantasierten Hintergrundberichten und Fachsprachenschnipseln. Das brachte Hinweise hervor, dass der Protagonist im Bild bestimmt an seine Oma denkt, die auf dem heimischen Sofa mitfiebert und dass Geld keine Tore schießt. Die argentinische Rückhand lag oft in der Luft. Solange es eine gedankliche Brücke zum Bild gab, war möglicherweise alles erlaubt, was den Zuschauer veranlasst, nicht abzuschalten.
Es gibt heutzutage Reporter, die bereits jede Andeutung von Gefühlen in ein emotionales Drama übersetzen, das die ganze Welt mittels vorgeführter weinerlicher Schnappatmung in Schwingung versetzt und beispielsweise, das innigste Verhältnis von Reiter und Pferd in der aristokratischen Dressur zum Thema hat. Die Rücksichtslosigkeit gegenüber dem Bild macht sich breit. Das gesprochen Wort schickt sich an, die Bilder zu überlagern. Der Lucky Punch wird jetzt am Ende jedes Sportwettbewerbs vom Reporter ins Spiel gebracht. Und schließlich darf man rücksichtslos sagen, was man will, ohne dass die Bilder mitkommen. Man sagt dann beispielsweise, dass die Marathonläuferin gerade schwer zu kämpfen hat. Das Ergebnis sind immer mehr aus der Reporternot geborene Fakenews. Irgendwann können die Bildhersteller auch nicht mehr liefern, was die Reporter vorsprechen. Es wird am Ende mit reinen Symbolen bebilderte Hörspiele mit Zwischenexplosioneninszenierungen im Schwimmbecken geben. Die schnöde Wirklichkeit bleibt eine abgedunkelte Kulisse in der Abstellkammer. Bei der naiven Beobachtung bleibt das Glück, dass endlich jeder sagen kann, was er will, auch wenn es unerheblich ist. Dass Fakenews glücklich machen, ist unwahr. Es lässt sich aber empirisch belegen, etwa die „Emotionalexplosion am Eiffelturm“ (Zitat aus der ZDF-Berichterstattung am 3. 8. 2024)