Über die Gesundheitskarte

Da hat die Krankenkasse ja lange, aber schließlich erfolgreich daran gearbeitet, von einer Krankenkasse zu einer Gesundheitskasse zu werden. Genau betrachtet, hat sich aber doch nur die Wortwahl geändert. Und damit wird dann das Image ganz einfach auf das Schöne und Gute im Leben ausgerichtet. Mit diesem Image läßt sich also sehr viel erfolgreicher operieren als würde man die Heilung von fiesen Krankheiten im Schilde führen.

Jetzt schrauben die Krankenkassen noch einmal am Image. Dabei haben sie ihre Kunden im Visier und trauen ihnen mittlerweile zu, dass sie ihrer tollen Kasse auch zujubeln. Das festigt das Verhältnis von Kasse und Kunde.

Seit geraumer Zeit sendet mir meine Krankenkasse nun schon Briefe, in denen sie eine ganz besondere Gesundheitskarte anbietet  (eGK) und schmackhaft macht. Es ist stets der gleiche Brief. Diese Gesundheitskarte ist – Kinder bitte weg hören – ELEKTRONISCH — woooow! Nachdem ich mich schon fast nicht mehr traue, „Krankenkasse“ zu sagen, werde ich nun geprüft, ob ich dem Gedankengang der Kasse zur ultimativen Innovation auch schon folgen kann. Man zählt zunächst ganz viele Vorteile dieser Karte auf. Sie speichert unter anderem Krankenakten und trägt mein Bild, damit ich mich davor hüte, auch noch einen Unversicherten damit zum Arzt zu schicken. Ich kann die vermeintlichen Vorteile drehen und wenden wie ich will. Ich mag keine Vorteile erkennen. Verschwiegen wird, dass die seit  2006 immer wieder verschobene Einführung dieser Gesundheitskarte bis zum heutigen Tag umstritten ist, weil weder technische Standard eingehalten werden, noch die uneingeschränkte Nützlichkeit belegt ist.

Nun sagt mir die Krankenkasse, dass sie anbietet, was ich vermutlich schon immer haben wollte. Sie wirbt für die Karte, sehr plump, sonst nichts! Und zum Schluss gestattet sich die Krankenkasse einen Würgegriff auf meine Autonomie: Ich möge doch einen Antrag stellen, damit die begehrte Karte auch zu mir kommt. Fehlt nur noch, dass sie mich zum bemitleidenswerten Zauderer macht, weil man Nachbar diese Karte schon längst hat.

Offenbar will mir die Krankenkasse hier eine wertlose Verpackung andrehen, und mich zum aktiven Zugriff überreden, ohne Argumente aber mit endlosen Wiederholungen.

Nee — liebe Krankenkasse: Wenn du mir die Karte andrehen willst, dann sag das doch so. Ich stelle doch keinen Antrag, weil du mir was aufschwatzen willst. Und wenn ich dein Elekronikum  beantragen würde und erst später als Mogelpackung reklamieren würde, dann würdest du doch verständnislos sagen, dass ich die doch unbedingt so haben wollte und belegst das mit meinem Antrag.

 Ich bin der Herr der Daten und brauche nicht zu raten. Deshalb habe ich notwenige Arztunterlagen (nicht mehr und nicht weniger) bei Bedarf stets auf dem Stick in der Jackentasche. Damit kann ich nachbehandelnde Ärzte gut in Szene setzen und direkt auch mit ihnen darüber sprechen. Sie saugen bei mir keine Karte aus und finden das selbst auch ziemlich cool so.

 Unangenehm finde ich, dass sich nun die Barmer auch noch einreiht in die Wolke von Telefonvermarkter, Pizzaservice, Apotheke und vielen anderen, die um mein Heil besorgt zu sein vorgeben. Da ist mir der gute alte Staubsaugervertreter vergleichsweise ja doch noch ziemlich seriös.

Nachtrag:
Zum Datenschutz berichtet ZDF-Heute am 24.6.2015 folgenden Ablauf, um ihn einfach und effektiv zu umgehen: Sie rufen für einen anderen Menschen bei dessen Krankenkasse an und geben sich auch als dieser aus. Sie sagen, dass sie umgezogen sind und deshalb eine neue Gesundheitskarte brauchen. Und schon wird die Karte ohne jede Identitätspberprüfung an die angeblich neue Adresse versandt. Sie brauchen nur die Karte auslesen und haben damit einen exklusiven Zugang zu denKrankendaten des anderen.

Tierschützer greifen den Zirkus an

Zum wiederholten Mal machen sie es sehr pauschal. Sie behaupten, dass im Zirkus Tiere gequält werden.

Ich sage aber: Diese Behauptung ist falsch! Vernünftig ist es, dieser Behauptung zu widersprechen. Man schützt Tiere nicht mit dumpfer und pauschaler Aggression mit total verfehltem Thema. Auch mit bester Absicht sollte man sich hüten, derart leicht widerlegbare Behauptungen aufzustellen.

Aus dem Grundseminar Wissenschaftstheorie: Die These „Zirkus ist Tierquälerei“ ist dann widerlegt, wenn ein einziger Zirkus gefunden wird, in dem keine Tiere gequält werden.

Solche Zirkusse finden gerade in letzter Zeit regen Zuspruch. Zirkus ist gerade dort eine uralte Kunstform, die uns aus dem Alltag entrückt und doch ständig auf ihn hinweist ohne zu belehren. Künstlerischer geht es kaum.

Wenn man nun beklagen würde, dass Zirkus mit Tieren unverantwortlich in das Leben der Tiere eingreift und unterbleiben soll, dann ist schon viel gewonnen. Wir wollen ja eine vielfältige Welt. Dazu gehört selbstverständlich der Zirkus.

Am liebsten bin ich im Zirkus FlicFlac.

Et hät noch emmerjootjejange – doch der Fan an sich ist behandlungsbedürftig

Nun ist das Sportgeschäft schon lange nicht mehr der Händler mit den Trainingshosen. Der Sport ist selbst ein Geschäft und pflegt Produkte, die sich blendend vermarkten lassen. Wer hätte damals gedacht, dass allein der Fussball das Geld sprudeln läßt? Allein Bayern München machte 2011 einen Umsatz von über  321 Millionen Euro und der Jahresverdienst der Fussballer ist mehr als ein Inflationsausgleich. Lionel Messi erhält im Jahr 31 Millionen Euro, das sich aus Gehalt und Werbeeinnahmen zusammen setzt.

Der Fan spielt jedoch ebenfalls eine große Rolle im Marketing aller Ligen und Vereine. Er füllt die Stadien, füttert die Presse, futtert Würste, kauft Devotionalien, Bier und Bengalos, macht Stimmung und wird genutzt, das gewünschte Image des Vereins zu leben und zu bestätigen. Er ist eigentlich unbezahlbar, zahlt aber selbst noch drauf und die Bettwäsche in den richtigen Farben bekommt er zum Geburtstag. Er merkt nicht mehr, dass die „Raute im Herzen“ auch in Mönchengladbach kein empirischer  Befund ist.

So lange der Fan mitspielt, werden keine Sorgen markiert. An dieser Stelle wird es brenzlig: Wir erwischen immer wieder Fans, die dem strategisch vorgegebenen Wunsch-Image einen Bärendienst erweisen, weil sie sich partout nicht an die Regeln halten. Sie werden deshalb kategorisiert. Für die Polizei sind Fans der „Kategorie C“ die schlimmste Sorte. Sie erfüllen aber trotzdem ihren Zweck und füttern sogar die Presse mehr als uns lieb sein kann.

Nun ist der Fan – gleichgültig welcher Kategorie – von vornherein bereit, sich in die Situation einer sozialen Masse zu begeben, in der tendenziell die Individualität aufgegeben wird und in der das ganz große Gefühl der Gemeinsamkeit über Rituale und Symbole auf die Spitze getrieben wird. Es bedarf nur kleinster, auch zufälliger Impulse und die Restindividualität geht den Bach runter und es kommt zu kollektiven und unkalkulierbaren Grenzüberschreitungen und Stimmungswechseln. Wenn also Fans vor dem Ende des Spiels die Wiese stürmen und sogar auch den Elfmeterpunkt als Devotionalie in Sicherheit bringen — wie am 15. Mai 2012  beim Relegationsspiel zwischen den Fußballmannschaften aus Berlin und Düsseldorf — dann sieht man doch klar, dass hier der Verstand aussetzt und man zur Norm des Handelns lediglich das zur Verfügung hat, was die Masse gerade macht. Alles andere ist ausgeblendet. Das Massenverhalten ist archaisch geprägt und läuft einfach so ab.

Dem Einzelnen gegenüber, der sich in solchen Situationen befindet, ist es also ungerecht, ihn als dumm, blöd, egoistisch und als Totengräber des lustigen Fussballs und der Fankultur zu bezeichnen, wie es in der veröffentlichen Meinung dominierend ist. Es ist auch nicht sinnvoll, ihn individuell zur Rechenschaft zu ziehen, wenn er überhaupt nicht individuell gehandelt hat. Der Fan kann nicht anders!

Er kann allerdings vor den Ereignissen, an denen er als Fan üblicherweise beteiligt ist, darüber nachdenken, ob er sich Situationen aussetzen will, in denen seine Individualität in der Masse aufgeht und in denen er sein Steuerungsvermögen einbüßt. Wendet er sich nicht ab, könnten spitzfindige Juristen über seine Gefährdungshaftung für Massenphänomene nachdenken.

Es ist nichts dagegen einzuwenden, wenn jemand über den Durst trinkt. Es ist allerdings bedenklich, wenn er nicht aus der Erfahrung lernt. In der Fankultur ist es nicht anders. Die Fans werden mit sehr vielen Annehmlichkeiten  bei der Stange gehalten und für das Wirtschaftsunternehmen Sport ausgenutzt. Und sie werden allein gelassen, wenn sie in Situationen in und vor dem Stadion so viel Individualität einbüßen müssen, dass es zu unvertretbaren Übergriffen kommt.

Dem leidenden Fan sollte vom Nutznießer des Fanwesens eine günstige Therapiemöglichkeit vermittelt werden. — Wat wells de maache?

Die Aufstellung

Alle stellen sich auf.

Sie sind gut aufgestellt oder gar schlecht aufgestellt.

Warum eigentlich? Waren wir nicht froh, als wir vor Unterrichtsbeginn nicht mehr in Zweierreihen aufgestellt in die Schule geführt wurden?

Die Aufstellung ist eigentlich vor langer Zeit als die räumliche Positionierung von Soldaten in einer Schlacht kultiviert worden. Hätte diese Sichtweise eine Bedeutungsverschiebung erfahren, wie Maus oder geil (nicht jedoch geile Maus), würde ich mich sicher auch gern einmal neu aufstellen. Es ist aber so, dass die militärische Grundidee des Aufstellens die Strategie der Betriebsführung genau so erobert, wie die Personaldisposition in Parteien, Verbänden und Vereinen. Sie alle wollen immer häufiger erfolgreich bis siegreich am Markt zur richtigen Zeit an der richtigen Stelle stehen, also gut aufgestellt sein.

Wenn eine Fußballmannschaft aufgestellt ist, dann ist die Verbindung zur Schlacht – freilich unter humaneren Regeln – ja gegeben. Aber eine Familienaufstellung — das geht ja nun gar nicht!

Mein Fazit: Der Pazifist ist nur unaufgestellt erfolgreich. Der freiheitlich denkende Mensch sichert seine Integrität gegen den Modetrend der Aufstelleritis und nimmt Abschied von diesem fiesen Wort.