Kleiner Memesalat

Wenn man etwas zum Meme zurechtkürzt, dann muss man vorsichtig zu Werk gehen.

Das Wort Hass unterliegt sehr stark dem Bedeutungswandel und wird vollkommen unspezifisch eingesetzt. Es hat jedenfalls gerade Konjunktur und wird liebend gern in volkstümlichen Texten zur Politik verwandt. Welchen Hass es in NRW gab, gibt und geben wird, ist noch völlig unerforscht.

Beim Rassismus ist es anders: Auch im Bereich des heutigen NRW hat Rassismus eine jahrhundertealte Tradition, die insbesondere in NRW bis in die jüngste Gegenwart vor der Thematisierung bewahrt wurde.

Wenn man sich gegen Rassismus ausspricht, wäre es eigentlich der erste Schritt, den real existierenden Rassismus zu markieren. Erst damit wird man wissen, was zu tun ist.

Fazit: Ich halte den Text (offenbar einer ungenannten Werbeabteilung) für unseliges Gequatsche. Selbst der Rassist wird wissen, dass er hier eine Heimat hat. Man kann das ändern, muss es dann aber auch tun …

Und anstatt „hat“ muss es „haben“ heißen. Das merkt man spätestens, wenn man überlegt, was man denn da geschrieben hat.

Hass vom Hater

Der diesjährige Evangelische Kirchentag endete in einer Pressemitteilung mit der Überschrift „Hass ist keine Meinung“, die wieder einmal die Rede vom Hass in die Öffentlichkeit trug. Das war einfach zu viel.

Niemand hat je ernsthaft behauptet, dass Hass eine Meinung sei. Aber der Hass hat jedenfalls Konjunktur und gehört mittlerweile in jeden Text, der wichtig sein will. Seitdem Gefühle aus dem Innersten als gesellschaftlich relevant konnotiert sind, suchen wir sie zusammen, erfinden auch Worte, um sie – oft erstmalig – zu benennen und sortieren sie, um unsere Welt zu optimieren. Gefühle deuten wir positiv, stören uns aber daran, dass sie unübersehbar oft auch negativ zu deuten sind. In der Sprachlosigkeit über Gefühle sind die Cluster der negativen Gefühle wahre Kramkisten. Da kommt das Wort Hass gerade recht, um die Kramkiste erst gar nicht zum Gegenstand einer Untersuchung zu machen. „Wir hassen es alle zu verlieren.“ sagte Robin Gosens am 18.6. 2023 nach einem verlorenen Fußballländerspiel und findet sich unweigerlich direkt neben dem Evangelischen Kirchentag in der Kramkiste Hass.

Eine Meinung ist eine begründete Stellungnahme, die der Nachdenklichkeit bedarf, um in die Welt zu purzeln. Nachdenklichkeit ist bei dem Gebrauchswort Hass vermutlich nicht sehr verbreitet. Das belegt immer sehr gern Martina Hill in ihrer Comedy als Youtuberin Larissa mit dem Satz: „Isch hasse disch – ehrlisch!“

Hass scheint mir ein Wort für eine Kiste zu sein, in die niemand gern reinguckt und die auch keiner aufräumen will. Unserem historisch verschütteten Umgang mit den Gefühlen fehlen eben die Worte. Wir äußern Gefühle, die wir nicht haben – der Klassiker lautet „Mama ist traurig…“ und wir haben für den Privatgebrauch nicht einmal den Ansatz einer kleinen Bibliothek. Wenn nun tagtäglich in unzähligen Medien Hass entdeckt und eingeordnet wird, dann geht es wild durcheinander. Freude, Angst und Hilflosigkeit sind weitaus gefühlsnäher als Hass.  

Hass ist mir ein Placebo. Es wirkt gegen jede Vernunft. Im Fall des Hasses muss ich also lange überlegen, was dahinter steckt. Dabei ist der Erfolg nicht garantiert. Um die Situation eines vermeintlich Hassenden zu beschreiben, benötigt man das Wort Hass nicht.

Ein bißchen Hass muss sein …

Der Hass wird ja nicht größer, wenn jetzt in allen Medien irgendetwas mit Hass gekennzeichnet wird.
Der Hass ist ein sehr intensives Gefühl.

Wenn nun vor allem Formulierungen wie: „Ich hasse allen Leute, die …“ die Runde machen, ist mir gewiss, dass die Wortwahl nach den Charts der beliebtesten Wörter getroffen worden ist und dass das jeweils zugeordnete Gefühl in Wirklichkeit so oberflächlich ist, dass man es pimpen muß, um beachtet zu werden.

Dazu Roberto Blanco in einer hier leicht gefälschten Fassung eines vielgesungenen Liedes:

„Ein bisschen Hass muss sein,
dann ist die Welt voll Sonnenschein. 
So gut wie wir uns heute verstehen, 
so soll es weitergehen.“