Alles Elektro

So mancher kleine Flughafen lässt in seiner Pressearbeit Elektroflüge als Quantensprung in den Himmel schieben.

Elektroflüge? – Das ist wohl so ähnlich wie ein Elektroei, das nämlich auf dem Elektroherd gekocht wird.

Der Quantensprung hat sich allerdings aus der Atomphysik weggeschlichen. Er ist heutzutage nichts anders als die Leugnung kontinuierlicher Entwicklung.

Positionierte Kinder

Auf einer obskuren Fanpage sehe ich demonstrierende Kinder auf Plastiklandmaschinen vor dem Kölner Dom. Die Parolen auf den Fahrzeugen kann ich mangels Bildqualität nicht entziffern.

Das, was dem Bürger ein Verfassungsrecht ist, für oder gegen etwas zu demonstrieren, gilt nicht für Kinder.

Der Gesetzgeber weiß es sehr wohl – wie die Eltern aller Kinder eigentlich auch – dass Kinder erst einen an die Entwicklung gekoppelten Schutzraum brauchen, bevor sie mit den Rechten und Pflichten des Bürgers belastet werden. Das eigenständige Demonstrieren hat eine erste Grundlage, wenn man sich aus der engen Bindung an die Eltern gelöst hat. Dann ist man – je nach Entwicklungsstand – aber schon 12 Jahre alt oder älter. Dann kann man zu bestimmten Themen seine Position auch auf Demonstrationen selbst vertreten.

Was ich auf dem Foto sehe, ist das Ergebnis eines generalstabsmäßigen und instrumentalisierenden Missbrauchs von Kindern für die Interessen Erwachsener. Kinder teilen ursprünglich und entwicklungsbedingt die Positionen der Eltern ohnehin – bis sie eben erwachsen werden.

Die Circe

„Mit eurem Charme werdet ihr die Händler becircen.“ sagt ein gewisser Horst Lichter in der Moderation der ZDF-Sendung „Bares für Rares“. Ich halte den Satz ja für extrem geschlechtsdiskriminierend. Mir tut das schon fast so weh, dass ich geneigt bin, mich zu schämen.

Ich sag mal so: Hier geht es ja eigentlich um Geschlechterrollen. Das Rollenverständnis unterliegt – wie vieles andere auch – der Entwicklung. In wohlintegrierten mittelalterlichen Gesellschaften herrschte für Kinder und Erwachsene eine eher leicht erlernbare Rollenidentität vor. Bestimmend waren relativ feste Vorstellungen von den Geschlechtern, die im normalen Alltag keine Abweichung duldeten und die gegebenenfalls sanktioniert wurden. Dieses Modell funktioniert heute noch bei Kindern bis zur Adoleszenzkrise, bei Entwicklungshemmnissen auch darüber hinaus. Mit der Industrialisierung und der Auseinandersetzung um Menschenrechte ist es allerdings in der steigenden Vielfalt von Erwartungen erforderlich, eine flexible ich-geleitete Identität zu verfolgen, um in der zunehmend komplexen Welt zurecht zu kommen. Man spielt also wagnisreich mit den nicht mehr kompatiblen Erwartungen der anderen und gleicht sie ständig mit den Erwartungen an sich selbst ab. Die Identität ist also nie im sicheren Besitz, so wie es die Rollenidentität sein konnte. Wer die aktuell erforderliche Entwicklung nicht erreicht, bleibt vorerst in einer Rollenidentität verhaftet. Man merkt es ja auch nicht sofort, wenn jemand Wahrheitsangeboten hinterher hechelt oder sich mit 40 Jahren immer von der Mutter bekochen und bebügeln lässt.

Jetzt komme ich zu den Menschen, die nicht gleichermaßen flexibel und prinzipiengeleitet mit Rollen umgehen können: Man erkennt sie also an mittelalterlichen, respektive kindgerechten Mustern von gut und böse, richtig und falsch. Bei dem Geschlechterrollenverständnis wird das besonders deutlich, weil die Entwicklung seit 200 Jahren läuft aber bis heute nicht abgeschlossen ist. Denn  viele sehen sich nicht in der Lage oder sind auch nicht in der Lage, diese Entwicklung autonom zu meistern. Es sind nicht nur Reichsbürger und andere Bewahrer, sondern eben auch sympathische Kinder mit 50 Jahren.

Was der Herr Lichter da gesagt hat, ist in den Rückzugswehen aus einer männerdominierten Gesellschaft entstanden und hat wohl bis heute zunächst in Kneipen und Betrieben, dann aber auch in Familien und der Volksfestkultur überlebt – und in unglaublich vielen Nischen der digitalen Selbstfindung. Nun könnte das ZDF dem Herrn Lichter Entwicklungshilfe geben oder ihn ganz einfach vor die Tür setzen. Aber er ist ja mutmaßlich ein wertvoller Sympathieträger und Quotenkönig, der alle zusammenhält, die, aus welchen Gründen auch immer, gern ihre Unmündigkeit beibehalten und fröhlich fortsetzen.

Es ist ja richtig, dass eigentlich jeder Mensch im Prinzip becircenden Charme einsetzen kann. Wenn man dann aber nach dem erkenntnisleitenden Interesse fragt, bleibt das Ergebnis aber mager. – Und hier geht es ja auch eher um das Reden über becircen und nicht um das Becircen selbst.

Mit Freude in den Krieg: Warum?

Ich erkläre einmal kurz, was immer wieder in den Medien gefragt, aber nie beantwortet wird:

Warum gehen junge Männer und Frauen mit Freude in einen Krieg?
Gesellschaften und Individuen unterliegen einem Entwicklungserfordernis. In der gut integrierten mittelalterlichen Gesellschaft lebte das Individuum in einer freiraumarmen Rollenidentität. In der aktuellen Gesellschaft überlebt das Individuum nur dann ohne Schaden und mit Gewinn, wenn es eine flexible Ich-Identität (Lothar Krappmann) gelernt hat.
Die Statuspassage vom Kind zum Erwachsenen entspricht dem Wandel von der mittelalterlichen zur modernen Gesellschaft. Deshalb erinnert die Pubertät auch sehr stark an die französische Revolution.
GelingtdieStatuspassage nicht, dann gibt es sehr verschiedene individuelle,leidbegleitete Lösungen. Eine Lösung wäre es, eine mittelalterliche Gesellschaft aufzusuchen, die als das Neue erscheint, aber zu praktizieren erlaubt, was das Kind gelernt hat, nämlich ineinerRollenidentität zu leben. Diese Versuche eines islamischen Staats bietet so etwas an. Sie werden eine Episode, weil sich gesellschaftliche Entwicklungen nicht umkehren lassen. Das stört ihre Protagonisten nicht.

Die Sprache drückt solche Entwicklungen aus: Wenn Papa und die heiligen Bücher nicht mehr Recht haben, dann habe ich vielleicht schon bald eine Meinung.
Das ist die Fassung für die eingefleischten Kurztextleser.
Die langen Fassung muss ich noch etwas ausarbeiten.