Geschenke verpacken

Beim Verpacken von Geschenken scheiden sich ja die Geister. Gerade habe ich gelesen, dass da jemand eine Leidenschaft zum Verpacken zur Profession gemacht hat und seine Phantasie in das Anwendungsfeld der Geschenkverpackung umleitet. Ich sehe auch ein, dass eine Kaufware erst zur Geschenkware hergerichtet werden muss. Es kann aber auch sein, dass einmal ein Geschenk angesichts der Verpackung zur Nebensache wird, weil die Verpackung alles überstrahlt und sich anbietet separat archiviert zu werden, weil sie eher Kulturfragment als Sondermüll ist. Das Gegenteil ist der nach Art des Origami gefaltete Geldschein, der nur ohne Verpackung etwas ausstrahlt, aber im engeren Sinn gar kein Geschenk ist und nur eine multisinnlichere Form der Geldüberweisung.

Als Kind hatte ich zu allen Gelegenheiten für den Vater Zigaretten und für die Mutter irgendein Parfüm aus der gleichen Preisklasse als Geschenk. Das war im Rückblick extrem einfallslos, fast schon bösartig. Aber das habe ich erst sehr viel später gemerkt. Jedenfalls war das ja alles bereits schön verpackt und ein weiters Papier darum erschien mir unnötig.

In späteren Jahren hatte ich überzählige Tapetenrollen mit einem quadratischen Muster. Die ließen sich entlang des Musters gut für Geschenke zuschneiden. Ich habe dann das sperrige Papier über dem Geschenk zusammengetackert  und mit dicken Filzstiften alles noch ordentlich aufgepimpt. Über Jahre bestand in meinem sozialen Netz Gewissheit, wie meine Geschenke verpackt waren.

Kommen wir zur Philosophie: Es hat sich rumgesprochen, dass ich niemals verschenken würde, was sich jemand wünscht und auch niemals etwas verschenken würde, was mir selbst nicht überaus gut gefallen würde. Gängige Geschenkphilosophien lehne ich ab, aber ich schenke auf der Basis meines Verständnisses vom Schenken sehr gern.

Als dann meine Standardtapete aufgebraucht war, habe ich die Doubletten in meiner Hundekottütensammlung als Geschenkverpackung entdeckt. Mir ist bekannt, dass etliche Kommunen planen, ihre Hundkottütenspender wieder abzubauen, weil die Tüten häufig zweckentfremdet werden. Der planerische Viersatz, „Kack, Sack, Pack, Zack“, hat wohl mit vielen intervenierenden Variablen zu kämpfen und wird nicht so ganz von den Hundehaltern angenommen. Das alles muss mich aber nicht treffen, weil die Kunst ja frei ist und allein in Deutschland jährlich 500 Millionen solcher Tüten der Anwendung harren. Meine Geschenke finden jedenfalls vergleichsweise eine hohe Beachtung und eine komplexe Verpackungstechnologie ist mit diesen Tüten nicht einmal erforderlich. Die schlichte Eleganz und die bestechende Funktionalität im Bauhausstil sind nicht zu übersehen. Geschenke in Luftballons habe ich auch schon gesehen. Das sind für mich nur Glitzerfürze zur Vermüllung der Weltmeere. Das müssen die erst einmal verpacken.

Winterspiele XL

Es gibt viele Schrauben, um die Vielfalt der Sportarten aufzublasen. Man kann neue Sportarten erfinden und in den olympischen Ablauf aufnehmen, durch Strecken- und Technikdifferenzierungen nahezu beliebig Wettbewerbe neu ins Leben rufen und vieles mehr.

Jetzt hat man sich auch an den Siegerehrungen zu schaffen gemacht. Man hat sie optisch und in der Beachtung aufgewertet und dazu die Medals Plaza geschaffen, damit den Sportlern die verdiente Ehrung im gediegenen Ambiente zuteil wird. Die perfekten Fernsehbilder sind eine selbstverständliche Dienstleistung der Olympiaindustrie. Für jeden Medaillensatz flimmert das gleich mehrmals durch die Sportsendungen und dann auch noch durch die jeweiligen Nachrichtensendungen. Das ist aber noch nicht alles. Weil die Sportler meist einen ganzen Tag auf die offizielle Ehrung warten müssen, gibt es unmittelbar nach dem Wettbewerb noch eine kaum weniger aufwändige „flower ceremony“, die sich allerdings bei den gerade laufenden olympischen Winterspielen als Kuscheltierzeremonie entpuppt, weil Blumen zu empfindlich sind. Jeder weiß ja, dass es in den reichen Industrieländern einen extremen Überschuss an Kuscheltieren gibt. An Kindergeburtstagen schließen Eltern mittlerweile kategorisch Kuscheltiere als adäquate Geschenke aus. Unlängst hat man in den Niederlanden tausende von Flüchtlingskinder auf den Rasen eines Fussballstadions eingeladen, um sie von der Tribünen aus mit abertausenden von Kuscheltieren zu bewerfen. Diese menschenverachtende Entsorgung wurde auch noch als Hilfe für Flüchtlinge inszeniert. Ich denke nun mit Schrecken daran, wie die Olympiasieger vergeblich versuchen, eine Beziehung zum Kuscheltier zu gestalten und die Kinder in ihrer Lebenswelt ihnen nur skeptisch begegnen, weil sie damit rechnen müssen, grundlos beschenkt zu werden.

Es hat sich so eingebürgert, dass die Medaillengewinner auch von Fernsehstudio zu Fernsehstudio eingeladen und dort dann auch noch beschenkt werden. Dabei gibt es angemessene Geschenke, wie zum Beispiel eine Kalligraphie mit dem Namen auf koreanisch. Aber es gibt auch fürchterlich sinnlose Geschenke. Beim ZDF bekommen die erwachsenen Olympioniken tatsächlich ebenfalls Kuscheltiere – wahrscheinlich hergestellt in Bangladesch mit einem eingenähten Fähnchen, das das  Senderlogo zeigt.  Okay das letze habe ich mir gerade ausgedacht. Es würde aber ins Bild passen.