Das Klima ist heute wieder protoprima

Die Welt pfeift mit seinem Klima aus dem letzten Loch. Experten warnen davor seit den 70er Jahren (Club auf Rome) und die Analysen haben sich bis heute bestätigt und werden immer mehr verfeinert. Wann der Point-of-no-Return erreicht ist und das Klima politisch unbeeinflussbar wird, ist nicht so sehr klar. Er steht aber unmittelbar bevor. Es ist also unumgänglich, jetzt etwas zu tun. Die Zeit der Planungen des Klimawandels ist nutzlos verstrichen. Das ist auch die Ausgangslage, der sich die Bewegung „Fridays for Future“ verpflichtet sieht.

Während die Graswurzelbewegung zeigt, wie man nun handelt, setzt die weltweite Politik auf Konzepte, Planungen und Einstimmigkeit. Der Weltklimagipfel in Madrid hat jetzt wieder einmal gezeigt, dass der Weg einer global konzertierten Aktion nicht funktionieren will. Wenn sie die UNO aus autonomen Staaten zusammensetzt, von denen jeder sein Ziel egozentrisch verfolgt, geht da ja auch nicht. Solange also Einstimmigkeit gefordert ist, wird es keine weitreichenden Veränderungen im Klima geben, lediglich fälschlicherweise als gerecht eingestufte Sonderrechte, sich an kleinste Fortschritte nicht halten zu müssen.

Es hilft also nur, punktuell mit gutem Beispiel voran zu gehen ohne zu prahlen. Jeder Schaden am Klima war bisher nach dem kapitalistischen Paradigma kostenlos.  Wenn sich ein realistischer Preis eingependelt hat, dann werden wir erst merken, dass derjenige besonders gut wirtschaftet, der wenig Kollateralschäden produziert oder zwischenzeitlich dafür so tief in die Tasche greift, dass er planen muss, es besser zu machen. Der Ressourcensparsame wird zum Trendsetter.

Selbst in dem noch halbwegs homogenen Bereich der EU scheitert es bisher, Abgase, Plastikmüll und irgendwelche Burnouts teuer zu machen. Da bleibt es doch nur noch, nach der Graswurzelmethode kleine notfalls kleinste Segmente auszusuchen, um klimaschädliche Entwicklungen an den sensiblen Stellen zu bremsen und dabei auch noch gut zu verdienen. Es wird nicht lange dauern, bis die Nachahmer einen dauerhaften Gefallen daran finden.

Also, plant nicht länger ohne zu handeln. Das ist wirksamer. Die Zeit läuft und weg.

Der Rezo und die Fridays-for-Future-Bewegung leuchten die Leerstellen aus

Es gibt ja immer wieder Sachen, die man beiseite schiebt oder erst gar nicht wahrhaben will. Das macht die eine und der andere. Es werden damit Leerstellen produziert. Sie sind irgendwie da, aber man sieht sie so wenig, wie das Chaos im Wäscheschrank. Es ist wie mit Bielefeld oder wie mit dem Dornröschenschloss: Die Hecke gehört zum Alltag und das dahinter ist außerhalb aller Denkhorizonte praktisch ausgelöscht. Die Welt ist dann so, wie sie gefällt, aber eben teilweise unsichtbar. Astrid Lindgren und Andrea Nahles haben schon frühzeitig darauf hingewiesen, dass es so etwas in Pippi-Langstrumpf-Manier geben sollte oder auch nicht. Leerstellen sind jedenfalls Altlasten nach dem Badbank Modell, die das  Leben scheinbar schöner machen. Es werden alle medialen Verfahren eingesetzt, dass es auch so bleibt. Das Ergebnis ist eine ritualisierte Politik mit inszenierten Auseinandersetzungen und Lösungen, die so stark propagiert werden, dass man auch einen Entscheidungsstau als dynamische Politik verkaufen kann wie ein E-Auto. So wird endlos über die Erfolge der Klimapolitik berichtet, obwohl sie sträflich vernachlässigt wird.

Der YouTuber Rezo mit seinem Film „Die Zerstörung der CDU“ und mit seiner bemerkenswerten Reichweite ist in die Welt der Politik ohne Vorahnung und Vorwarnung eingebrochen. Obwohl – man hätte wissen können, dass so etwas kommen kann. Rezo ist der lang erwartete, liebende Prinz, der mit zurückbebender Leidenschaft und scharfem Schwert die Leerstellen offenlegt und großartige Denkgebäude hinter den Hecken offenlegt. Die FFF-Bewegung hatte bereits in den letzten Monaten fachlich und emotional vorgearbeitet. Die Zeit war reif. Die Politik kann weder den FFF-Aktivisten noch dem Rezo etwas entgegensetzen. Darauf sind die meisten Parteien nicht vorbereitet. Aber der Bürger freut sich über die verlorengegangene Themen und Blickpunkte auf die Welt. Es kann also nicht mehr so weitergehen und Rezo ist das Aufbruchssymbol, so wie die FFF-Bewegung auch. Die Chancen stehen gut wie lange nicht mehr, dass die tradierte Politik nicht mehr selbst die Themen wählt oder verschüttet.

Die Wahl zum Europaparlament 2019 zeigt jedenfalls überdeutlich, dass der Stolz auf Besitzstände vom Wähler nicht mehr honoriert wird, auch nicht die Aufrechnung konstruierter Erfolge und ihre Verlängerung in Pläne, die den Weg ihrer eigenen Realisierung verstopfen. Es zählt allein die Umsetzung in erlebbare politische Ergebnisse und ein kleiner Vertrauensvorschuss, den es bei schlechten Erfahrungen einfach nicht gibt. Mit den Stimmanteilen kann es also, schneller als bisher gedacht, ganz scharf nach oben oder nach unten gehen. Die Demokratie lebt!