Memes ohne Weisheit

Unweigerlich lesen wir Memes. Sie gehören zur Netzkultur. Wir lesen sie, weil sie griffig kurz sind und unmittelbar die Essenz scharfer Gedanken versprechen. Abstracts zu Fachbüchern haben den gleichen Zweck, sind aber doch länger und an den Ursprungstext zurückgebunden. Und siehaben sich vor und neben dem Internet etabliert. Sie können auch etwas schlecht sein, aber eben nicht so sehr wie es Memes sein können.

Manchmal sind Memes Zitate und weisen damit den Weg der Erkenntnis hinter dem Zitat. Viele Zitate haben aber einen unbekannten Autor. (Einen Autor haben sie ja immer.) Meist ist der Autor genannt, aber dann selten belegt.  Zum Großteil sind diese Memes Fälschungen. Man liest ja gern zweimal, wenn beispielsweise Albert Einstein zitiert sein soll. Legendär sind gerade eben die Zitate von Einstein. Sie stimmen fast nie. Sie werden ihm nur großzügig in den Mund gelegt.

Ich habe gerade ein beliebiges Zitat zur „Seelenpflege“, einer beliebte Memekategorie. 

„Glücklich ist nicht der, der alles hat,
was er will, sondern der,
der zu schätzen weiss, was er hat.“
Autor unbekannt
Sprüche für die Seele 

Ich kommentiere den Text kurz, um ihn ins Licht zu zerren:
Da wollen wir erst einmal beide Protagonisten fragen, den Reichen und den Armen im materiellen Sinn.
Solche Sprüche kommen aus der Zeit, als man eine weit verbreitete und ungerecht verteilte Armut zum Lebensideal gemacht hat, damit die Reichen und die Armen auf unterschiedliche Weise zufrieden waren. Der Arme freute sich an dem, was ihm geblieben war. Der Reiche freute sich, dass ihm der Arme nicht auf der Tasche lag und seinen Reichtum in Frage stellte und er genoss die Annehmlichkeiten seines Reichtums.

Solche Memes verstopfen nur die Kommunikationskanäle, seitdem sich viele, dank der freiheitsgewährenden technischen Entwicklung, aufgefordert fühlen, ihre eigenen Programmdirektoren zu sein.

Ich schreibe meine Memes selbst und beziehe meine Aufmerksamkeitswendungen aus meinem Leben, auch vom Hörensagen.

Kommentar

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