Es ist so lange her, dass sich schon längst nicht mehr jeder daran erinnert: Früher standen alle Menschen mit Namen und Adressen und Berufen in einem Telefonbuch, wenn sie einen Telefonanschluss hatten. In den fünfziger Jahren waren das eher die wohlhabenden Menschen. Danach wurden das Telefon und das Telefonbuch nach und nach zum Standard in jeder Familie. Das Telefonbuch hatte Konjunktur. Denn eigentlich nur dort konnte man Telefonnummern und weitere Informationen nachschlagen. Die telefonische Auskunft wurde nur selten bemüht, nämlich wenn der gewünschte Telefonpartner ziemlich weit weg war. Die Telefonbücher bezogen sich auf die jeweiligen Telefonbezirke. Wer privat oder beruflich deutschlandweit recherchierte, hatte nicht selten aus dem Kinderzimmer ein Telefonbuchzimmer gemacht. Telefonbücher konnte man zu hunderten mit jeweils tausenden von Seiten erwerben. Telefonbücher waren aber bereits damals eine zweifelhafte Geldanlage. Im Turnus von zwei Jahren wurde sie aktualisiert und neu aufgelegt.
Mit der Verbreitung des Computers, der ja immer schon beim Suchen und Sortieren von Daten Hervorragendes leistet, bot es sich an, das Telefonbuchwesen neu zu überdenken. Zunächst gab es eine postamtliche CD, auf Alle Telefonanschlussinhaber deutschlandweit zu finden waren. Private Anbieter ermöglichten sogar bald eine Rückwärtssuche. Man konnte als auf der Basis der Telefonnummer nachschlagen, wer sie denn hatte. Mit dem Mobiltelefon und seinen privaten Anbietern entstanden aber schließlich Verzeichnisse, die privat erstellt wurden und gänzlich an dem ehemaligen Monopolisten Post vorbei aufgebaut wurden. Mittlerweile finden wir im Internet jede erdenkliche Information über Telefonkontakte in Windeseile, es sei denn, jemand unterbindet das zu seinem persönlichen Schutz und wird dann eigentlich nur von denen angerufen, zu denen er schon lange einen Telefonkontakt unterhält.
Das Telefonbuch selbst erscheint unbeeindruckt von dieser Entwicklung. In gleicher Form und Farbe ist es weiterhin verfügbar. Früher konnte man auf der Basis einer individuellen Benachrichtigung sein persönliches und einziges Telefonbuch bei der Post abholen. Und als der Markt für Telefonbücher nicht mehr da war, wurden in den Postfilialen diese Bücher palettenweise hingestellt mit der Aufforderung, sich davon so viel zu nehmen, wie man will. Aber vermutlich wollte schließlich auch niemand mehr die kiloschweren Verzeichnisse, ältere Traditionalisten einmal ausgenommen.
Jetzt hat die Post reagiert. Sie produziert das Buch immer noch, hat aber nun menschliche Verteiler aus dem Niedriglohnsektor beauftragt, diese Bücher in allen Wohnhäusern zu stapeln. Unnützes und folienverpacktes Papier stapelt sich bundesweit verteilt zigtonnenweise.
Gestern sah ich einen Hausflur, bei dem der Durchgang schon gefährlich zugelegt war. Vor der Tür auf einer Bank, hatten die Bewohner schon ein paar Exemplare ausgelegt, um Wanderern Lektüre zu bieten. Ein Bürger trug auf dem Weg zur Arbeit mal schnell einen Stapel zum Altpapiercontainer.
Ich habe mir gedacht, ich schreibe diese Geschichte mal auf und frage die Post, womit der unbestellte und unerwünschte Segen zu rechtfertigen ist.
Zur Entlastung in einem kommunikativen Zirkelschluss empfehle ich, die Bücher in den Briefkasten der Post zu werfen. Je mehr es sind, um so nachhaltiger wird die Kommunikation sein.
Ich würde auch gern den Energiewert der Telefonbücher einmal ermitteln …