Entzauberte Weihnacht

Ich bin dabei …

Als Kind glänzten mir wahrscheinlich auch die Augen, als ich auf dem Arm von Vater oder Mutter auf die brennenden Kerzen und das silberne Lametta geguckt habe. Später kamen noch selbst gebastelte Sterne aus Strohhalmen dazu. Damals waren Strohhalme ausschließlich aus Stroh. Die Omas kamen zu Besuch. Es wurde eine Schippe Kohlen extra in den Ofen geschoben und alle freuten sich auf ein sehr gutes, leckeres und reichhaltiges Essen. Dann wurden aber zunächst in endlosen Strophen Weihnachtslieder gesungen. Die eine Oma hatte ein erstaunlich umfangreiches Repertoire und ich konnte bei der Gelegenheit sogar meinen Vater singen hören. Das gab es nur an Weihnachten. Über das warme und leckere Leben hinaus habe ich mich daran gefreut, dass mit der einen Oma sogar deren Fernseher im Auto meines Vaters abgeholt wurde. Weihnachten war also Fernsehzeit. Dann gab es noch Geschenke. In einem Jahr war das Schenken für mich einfach. Ich hatte zufällig einen Vetter meines Vaters getroffen, der mir unverhofft und sagenhaft 10 Mark für Weihnachtsgeschenke gegeben hatte. Meine Mutter bekam also Kölnisch Wasser und mein Vater ein Päckchen seiner Zigarettenmarke. Sonst bekam von mir niemand ein Geschenk. Das war eben so. Dann gab es aber Geschenke von den Erwachsenen an die Kinder. Es waren Spielsachen und auch ein paar Wintersachen, die man wohl auch ohne Weihnachten bekommen hätte. Ganz verrückt war ja, dass man als Junge so etwas wie Schokoladenzigaretten und andere Süßigkeiten bekam. Die Spielsachen haben mich sehr lange begleitet und mir Freude gemacht. Mit 5 Jahren bekam ich so einen „Stabilbaukasten“ mit Metallteilen, Rädern, Achsen, Schrauben usw. Mein Vater hatte einen Schraubenzieher dazu gelegt, der wohl besser war, als der dazugehörige. Ich habe ihn heute noch griffbereit auf meinem Schreibtisch. Späterhin machte mir Weihnachen im Vorfeld zu schaffen. Ich habe mit mehreren Einkaufslisten täglich mehrere lange, mühsame Wege mit einer Einkaufstasche laufen müssen. Allein 2 Liter Milch in der Glasflasche waren so schwer, dass ich zum Tragen ständig die Tasche absetzen und die Hand wechseln musste. Zwischendurch habe ich dann alle Schuhe geputzt oder dann irgendwann eine Kanne Öl für den Ölofen im sonst ungeheizten Wohnzimmer geholt. Die Kirche spielte an Weihnachten eigentlich keine Rolle. Mein Vater hatte in der Kriegsgefangenschaft vollgefressene und predigende Pfarrer erlebt und mit dem Glauben wie auch mit dem Militär abgeschlossen. Das beste Erlebnis in der Weihnachtszeit waren die Essener Lichtwochen. Da lief die Familie staunend durch die ganze Stadt, bewunderte die thematisch aus Glühbirnen und Metallschienen gestalteten Lichtbilder und landete zum Abschluss am Limbecker Platz an einer Wasserorgel. Es war nicht überlaufen, obwohl die Besucher von weit her kamen. Dort spielten Weihnachtslieder, zu denen bunt angestrahlte Fontänen sich rhythmisch bewegten. Manchmal war auch eine Operettenmelodie dabei. Zu Hause gab es dann noch eine Tasse mit warmer Milch mit einem Butterbrot. Als ich dann älter wurde, gab es immer weniger Spielzeug und aber auch immer mehr Kleidung. Ich war 12 Jahre, als mir dieser Wandel zum ersten Mal sogar gefiel. Ich hatte mich – auch entwicklungsbedingt – gewandelt. Damit einher lief eine Entzauberung des Weihnachtsfestes. Ohnehin notwendige und verfügbare Kleidung hat ja auch nichts mit Weihnachten zu tun, wenn man einfach mal von den musikgeladenen Elchsocken absieht, die ich einmal unter weitgehend fremden Leuten aus aller Welt erwichtelt habe.

Die Zwischenbilanz: Das Thema Weihnachten hatte ich so mit 18 Jahren zufriedenstellend bewältigt.

Doch dann kam Weihnachten zu mir zurück. Eingebunden in soziale Lebenswelten kann man sich dem nicht entziehen. Die eigenen Kinder wurden beschenkt. Ab und zu gab es hinter dem Haus eine Lichterkette. Und weil an den Tagen ohnehin alle frei hatten und man rechtzeitig einkaufen musste, lud man auch gleich die Verwandten ein, für die sonst wenig Zeit blieb. Dann wurde der Weihnachtsmann gegen das Christkind platziert und er kurbelte die Geschäfte an. Weihnachten wurde mit zahlreichen untraditionellen Elementen ausgestattet, blinkendem, buntem Licht und dem Geruch von Printen und anderem süßen Naschwerk, der seinerseits im Geruch von Bratwürsten und exotisch aufgemachten Kartoffeln in Alufolie versank. Der Weihnachtsmarkt war geboren und erinnerte mit bewegten Pappfiguren am Rand an die ergreifend würdevolle Armut der Geburt Christi. Es gab verkaufsoffene Sonntage und die Paketboten schufteten sich krank und arm durch das Leben. Auch im Fernsehen brannten viele Kerzen und jeder Musiker hatte dort einen würdevollen Beitrag, den Konsum zu verkleistern. Die Trendartikel der Elektronikbranche gingen gut weg. Rezepte mit Weihnachtsausrichtung überschwemmten die heimische Küche und dekomäßig musste eh alles stimmen. Keine Serviette war ohne aufgedruckte Rentiere und Tannengrün weihnachtswürdig. Und die armen Menschen spendeten für die noch ärmeren Menschen in der Welt und ließen die Charitybewegung auf dem Weihnachtstrittbrett aufblühen wie noch nie.

Ich bin ja fest der Meinung, dass die Entwicklungen der letzten 50 Jahre wohl unvermeidlich waren, dass sie aber in keiner Weihnachtstradition stehen. Man darf es sich nicht so leicht machen, dass man die eine oder andere Wiederholung für Tradition hält, nur weil sie sich gut rechnet. Selbst der gute Tannenbaum, ein Kernpunkt aller Feierlichkeiten, der in großen Städten heutzutage gigantisch hoch aufgeschichtet wird, wurde erstmals im 19. Jahrhundert erwähnt.

Jetzt – AD 2020 – erfordert der Coronavirus die Vernunft, zwischenmenschliche Kontakte zu reduzieren, um Menschenleben zu retten. Vom Weihnachtsfest bleibt nur der Kern zurück. Das ist nicht unsympathisch. Alle Weihnachtserrungenschaften der letzten Jahrzehnte sind jetzt der Nährboden für den Coronavirus. Weihnachten ist irgendwie abgesagt, weil jede Form von Geselligkeit tötet.

Mich ärgert sehr, dass sich Menschen dagegen wehren und ihr subjektiv gültiges Bild von Weihnachten unbedingt retten wollen, notfalls auch gegen Viren. Da hilft selbst beten nicht. Ich bin heilfroh, dass die grenzenlose Auffächerung von vermeintlichen und unbedeutenden Weihnachtsaccessoires ein Ende hat. Und ich bin geneigt, Weihnachten wieder neu zu entdecken.

Fröhliche Weihnachten! • AD 2020

Leitkultur

In den Versuchen einer Debatte zur Leitkultur höre ich nur banale Selbstverständlichkeiten und Vorgedachtes, das der Bürger so ohne weiteres nicht nachdenkt und das bei ihm auch keine Debatte auslöst. Die Idee dahinter ist es wohl, aus einer höchst dynamischen Kultur eine statische Kultur zu formen, die unwidersprochen für irgendwelche Neulinge zu gelten hat. Das muss ja scheitern!

Integration ist in Wahrheit Inklusion! Da wird nicht jemand in eine unbeschreiblich vielfältige Kultur eingebaut, sondern es treffen sich schon lange viele Kulturen mit je und je eigenen undurchschaubaren Parametern, die tagtäglich ihre Verständigung aushandeln.

Zu integrieren wäre bestenfalls der fehlgeleitete Deutsche, der die Bundesdienstflagge auf den Balkon gehängt hat und anstatt sich als Deutscher zu präsentieren, eine Ordnungswidrigkeit begeht.

  • Krass, solche Typen!

Migranten am Bahnhof

Bereits die Gastarbeiter der ersten Generation trafen sich gegen Ende der 50er Jahre in ihrer Freizeit am Bahnhof. Dafür gab es zwei Gründe.

Sie kannten den Bahnhof als Zentrum der Stadt und meistens auch noch von ihrer Anreise und hatten dort eine große Chance dem spartanischen Leben in Deutschland auszuweichen, sowie Landsleute und ein geschäftiges Leben anzutreffen.

Es gab damals kaum einen anderen Ort wo sie hätten hingehen können. Eine Infrastruktur für Gastarbeiter musste also erst noch aufgebaut werden.

Bis zum heutigen Tag hat sich daran nichts geändert. Dies gilt vor allem für Neuankömmlinge. Wenn nun in der Silvesternacht der Bahnhofsvorplatz voller Menschen aus anderen Ländern ist, dann ist das nicht verwunderlich. Dass sich in diesem Bahnhofsszenario auch eine Halbwelt etabliert und sogar professionalisiert, ist seit langem bekannt. Allerdings ist daran die Vielzahl der Menschen aus anderen Ländern nicht beteiligt. Dass die Szene der Diebe, Hehler und Drogenhändler sich gerade in Köln etabliert hat, ist unbestritten. Jeder Strafverteidiger in der Stadt kennt aus seiner Arbeit die Vielzahl der Delikte und Verurteilungen. Dass die Szene derart gewachsen ist, dass sie in der letzen Silvesternacht die Herrschaft auf dem Platz übernommen hat, deutet auf eine etablierte Koexistenz von Räuber und Gendarm hin, so dass die Polizei plötzlich auf verlorenem Posten stand. Es wäre schön, wenn nun bald wieder die Polizei die Platzhoheit übernimmt. Dazu reicht es allerdings nicht, wenn man öffentliche Gelder zur Polizei verschiebt, wie es die gern interviewten Vertreter der Polizeigewerkschaften immer so gern fordern. Es ist vor allem erforderlich, polizeiliche Konzepte und Strategien zu entwickeln und einzusetzen, die den Polizisten wie den Banditen zeigt, dass die Arbeit der Polizei wirksam ist und Straftaten bis zur Klagereife aufgeklärt werden. Das ist viel Arbeit, weil das eben nicht um ein gänzlich neues Phänomen geht, man hatte lediglich über lange Zeit eine unangemessene Polizeiarbeit.

Zudem bleibt die Aufgabe, eine Infrastruktur für Menschen aus anderen Ländern dezentral zu etablieren, damit von Angesicht zu Angesicht die etablierten und importierten Kultur- und Normen-Systeme neu sortiert werden können. Bei einem Kulturwechsel ist es immer so: Die mitgebrachte Kultur und ihre Normen sind eine Bereicherung und die vorgefundene Kultur mit ihren Normen bestimmt maßgeblich den Alltag. Man benötigt also keine homogenen Nischen für Menschen aus anderen Kulturen, sondern Orte, um mit vielen anderen alles Lebenswerte auf den Prüfstand zu stellen und neu zu sortieren. Das machen wir am besten nicht am Bahnhof.

Frisch vom Markt

Der Markt ist ja seit altersher der Ort der Kommunikation und unverzichtbarer Bestandteil für öffentliche Kultur.
Am vergangenen Samstag war ich auf dem Markt zum einkaufen. Ich habe ja eigentlich immer eine Kamera dabei und nutze sie ständig. An diesem Tag hatte ich sie dummerweise vergessen.

Besonders bemerkenswert sind für mich zwei Episoden, die ich auch gern in Bildern dokumentiert hätte. Aber es geht auch so.
Episode 1:
Es gab einen Stand für Kulturkram. So stand es da. Er war begehbar, aber auch wuselig belagert. Man sah Stellwände mit Bildern und Texten und reichlich Kaffee und Kuchen, Tische und Stühle auf engstem Raum und das Angebot zum Gespräch.
Ein älteres Paar ging nur am Stand vorbei. Sie: „Was ist das denn da?“ Er: „Das ist bestimmt wieder was mit Asylbewerbern und Flüchtlingen. —- Die sollen bleiben, wo sie herkommen!“
Episode 2:
Am Rand des Marktes, aber exponiert, stand eine auffällig adrett gekämmte Frau, die dem Anschein nach das Berufsleben schon hinter sich hatte. Neben sich hatte sie eine aufgezogene Leinwand angelehnt. Solche Leinwände gibt es für den Hobbymaler in den großen Drogerieketten. Auf der Leinwand stand in großen Buchstaben: „Dies ist nicht mehr mein Land.“ Sie stand da gänzlich unbeachtet über lange Zeit.

Offenbar bereichert sich das Marktleben wieder um nonmaterielle Bestandteile, wie sie auf historischen Märkten üblich waren. Die größten griechischen Philosophen hatten ihre Auftritte gerade auch auf solchen Märkten und im Mittelalter sogar die Ärzte.
Offenbar gibt es aber heutzutage erhebliche Kommunikationsstörungen im Umgang mit solchen Innovationen am Markt.
Im ersten Erlebnis bedauert der unbeteiligte Beobachter, dass es nicht zu einem Gespräch gekommen ist. Es hätte ermöglicht, aus allen Wolken zu fallen.
Im zweiten Fall wundert sich der unbeteiligte Beobachter nur, dass sich niemand mit einer zweiten Leinwand spontan daneben gestellt hat: „Und warum bist du noch hier?“

Ich kenne dich

Die Zeitschrift „Brigitte“ berichtete unlängst über eine vielbeachtete Rede der Schauspielerin Sibel Kekilli zum Weltfrauentag und speziell über die freie Frau in der türkischen Kultur.
Beeindruckend, weil genau bezeichnend, sind zwei aufeinander bezogene Postings dazu bei Facebook.
Ihnen ist deshalb nichts hinzu zu fügen.
A

Ich glaube auch christliche Eltern hätte  was gegen eine Tochter die Pornos dreht und zwar Hardcorefilme mit echt schlechter Qualität wie bei Sibel Kekilli.

B

Falsch! Christliche Eltern haben vermutlich etwas gegen die Tatsache, dass die Tochter Pornos dreht, aber nicht gegen die Tochter! Das ist ein verdammt großer Unterschied!