Hit it

Es gibt eine wohl eher kurze Lesung von Torsten Sträter, dem Kabarettisten, mit einer deutschen Übersetzung des James Brown Hits mit dem Titel „Sex Machine“ aus den frühen 70er Jahren. Das ist sehr, sehr witzig. Die Langversion von James Brown – immerhin der „Godfather of Soul“-  dauert wohl ganze 11 Minuten. Sie lebt von Wiederholungen. Für James Brown war das eine gute Möglichkeit, seine bemerkenswert kraftvolle Stimme so sehr zur Entfaltung zu bringen, dass das Publikum gar nicht merkte, dass der Text sich endlos wiederholte, gerade so wie bei einem phantasielosen Geschlechtsverkehr. In der gelesenen Übersetzung wirkt auch die Langfassung tatsächlich sehr witzig. Sie bindet aber die Zeit und beansprucht das Publikum im Übermaß. Sie ist eher unzumutbar.

Ich habe zum Beleg einmal die Langversion von der künstlichen Intelligenz übersetzen lassen. Die fragwürdige Übersetzungsqualität schadet dem Text bestimmt nicht. Es lässt sich synoptisch gut lesen.

„Leute, ich bin bereit, aufzustehen und mein Ding zu machen (ja, macht weiter!)

Fellas, I’m ready to get up and do my thing (yeah go ahead!

Ich möchte mich darauf einlassen, Mann, weißt du (mach weiter!)

I wanta get into it, man, you know (go ahead!)

Wie eine, wie eine Sexmaschine, Mann, (ja, mach weiter!)

Like a, like a sex machine, man, (yeah go ahead!)

Sich bewegen und es tun, wissen Sie

Movin‘ and doin‘ it, you know

Kann ich es abzählen? 

Can I count it off? 

(Fortfahren)

(Go ahead)

Eins, zwei, drei, vier!

One, two, three, four!

Steh auf, (steh auf)

Get up, (get on up)

Steh auf, (steh auf)

Get up, (get on up)

Bleib am Tatort (steh auf), wie eine Sexmaschine, (steh auf)

Stay on the scene, (get on up), like a sex machine, (get on up)

Steh auf, (steh auf)

Get up, (get on up)

Steh auf, (steh auf)

Get up, (get on up)

Bleib am Tatort (steh auf), wie eine Sexmaschine, (steh auf)

Stay on the scene, (get on up), like a sex machine, (get on up)

Steh auf, (steh auf)

Get up, (get on up)

Bleib am Tatort (steh auf), wie eine Sexmaschine, (steh auf)

Stay on the scene, (get on up), like a sex machine, (get on up)

Warten Sie eine Minute!

Wait a minute!

Schütteln Sie Ihren Arm und verwenden Sie dann Ihr Formular

Shake your arm, then use your form

Bleiben Sie wie eine Sexmaschine am Tatort

Stay on the scene like a sex machine

Man muss schon bei der Geburt das Gefühl haben, sicher zu sein

You got to have the feeling sure as you’re born

Bringen Sie es zusammen, richtig, richtig.

Get it together, right on, right on.

Steh auf, (steh auf)

Get up, (get on up)

Steh auf, (steh auf)

Get up, (get on up)

Steh auf, (steh auf)

Get up, (get on up)

Hah!

Hah!

Steh auf, (steh auf)

Get up, (get on up)

Steh auf, (steh auf)

Get up, (get on up)

Steh auf, (steh auf)

Get up, (get on up)

Steh auf, (steh auf)

Get up, (get on up)

Du hast gesagt, du hast gesagt, du hast das,

You said, you said you got the,

Du hast gesagt, das Gefühl,

You said the feeling,

Du hast gesagt, das Gefühl, das du bekommen musst

You said the feeling you got to get

Du bescherst mir Fieber und kalten Schweiß.

You give me the fever ’n‘ a cold sweat.

So wie ich es mag, es ist wie es ist,

The way i like, it is the way it is,

Ich habe meins und mach dir keine Sorgen um seines

I got mine ’n‘ don’t worry ‚bout his

Steh auf, (steh auf)

Get up, (get on up)

Bleib am Tatort (steh auf), wie eine Sexmaschine, (steh auf)

Stay on the scene, (get on up), like a sex machine, (get on up)

Steh auf, (steh auf)

Get up, (get on up)

Steh auf, (steh auf)

Get up, (get on up)

Bobby! 

Bobby! 

Soll ich sie zur Brücke bringen?

Should I take ‚em to the bridge?

(Fortfahren!)

(Go Ahead!)

Bring sie auf die Brücke!

Take ‚em on to the bridge!

(Bring sie zur Brücke!)

(Take em to the bridge!)

Soll ich sie zur Brücke bringen?

Should I take ‚em to the bridge?

(Ja!)

(Yeah!)

Bring sie zur Brücke?

Take ‚em to the bridge?

(Fortfahren!)

(Go Ahead!)

Schlag mich jetzt!

Hit me now!

Aufleuchten!

Come on!

Bleiben Sie am Tatort, wie eine Sexmaschine!

Stay on the scene, like a sex machine!

So wie es mir gefällt, ist es so

The way I like it is, is the way it is

Ich habe meins (versteh es!), er hat seines

I got mine, (dig it!), he got his

Bleiben Sie am Tatort wie eine Liebesmaschine

Stay on the scene, like a lovin‘ machine

Bleiben Sie am Tatort wie eine Liebesmaschine

Stay on the scene, like a lovin‘ machine

Bleiben Sie am Tatort

Stay on the scene

Ich möchte es jetzt noch einmal abzählen

I wanna count it off one more time now

(Fortfahren!)

(Go ahead!)

Willst du es so hören, wie es die Top-Typen taten?

You wanna hear it like it did on the top fellas?

(Ja!)

(Yeah!)

Hören Sie es wie oben?

Hear it like it did on the top?

(Ja!)

(Yeah!)

Jetzt zuschlagen!

Hit it now!

Steh auf, (steh auf)

Get on up, (get on up)

Steh auf, (steh auf)

Get up, (get on up)

Steh auf, (steh auf)

Get up, (get on up)

Steh auf, (steh auf)

Get on up, (get on up)

Bleib am Tatort (steh auf), wie eine Liebesmaschine, (steh auf)

Stay on the scene, (get on up), like a lovin‘ machine, (get on up)

Steh auf, (steh auf)

Get up, (get on up)

Schmecke, (steh auf)

Taste, (get on up)

Bein‘, (aufstehen)

Bein‘, (get on up)

Schmecke, (steh auf)

Taste, (get on up)

Bein‘, (aufstehen)

Bein‘, (get on up)

Steh auf, (steh auf)

Get up, (get on up)

Steh auf, (steh auf)

Get up, (get on up)

Bleib am Tatort (steh auf), wie eine Sexmaschine, (steh auf)

Stay on the scene, (get on up), like a sex machine, (get on up)

Du musst das Gefühl haben, (aufstehen)

You gotta have the feelin, (get on up)

Sicher, wie du geboren bist, (steh auf)

Sure as you’re born, (get on up)

Bringen Sie es zusammen, richtig, richtig

Get it together, right on, right on

genau richtig, genau richtig, (genau richtig, genau richtig)

right on, right on, (right on, right on)

genau richtig, genau richtig, (genau richtig, genau richtig)

right on, right on, (right on, right on)

genau richtig, genau richtig, (genau richtig, genau richtig)

right on, right on, (right on, right on)

Steh auf, (steh auf)

Get up, (get on up)

Steh auf, (steh auf)

Get up, (get on up)

Und dann schütteln Sie Ihren Geldverdiener,

And then, shake your money maker,

Schütteln Sie Ihren Geldverdiener,

Shake your money maker,

Schütteln Sie Ihren Geldverdiener,

Shake your money maker,

Schütteln Sie Ihren Geldverdiener,

Shake your money maker,

Schütteln Sie Ihren Geldverdiener,

Shake your money maker,

Schütteln Sie Ihren Geldverdiener,

Shake your money maker,

Schütteln Sie Ihren Geldverdiener

Shake your money maker

Steh auf, (steh auf)

Get up, (get on up)

Steh auf, (steh auf)

Get up, (get on up)

Steh auf, (steh auf)

Get up, (get on up)

Steh auf, (steh auf)

Get up, (get on up)

Steh auf, (steh auf)

Get up, (get on up)

Huh!

Huh!

Steh auf, (steh auf)

Get up, (get on up)

Steh auf, (steh auf)

Get up, (get on up)

Steh auf, (steh auf)

Get up, (get on up)

Können wir es noch einmal schaffen, von ganz oben?

Can we hit it like we did one more time, from the top

Können wir noch einmal so zuschlagen?

Can we hit like that one more time

(Ein Mal noch!)

(One more time!)

Ein Mal noch!

One more time!

Lasst uns durchstarten und aufhören! 

Let’s hit it and quit! 

(Fortfahren!)

(Go ahead!)

Können wir es schaffen und aufhören? 

Can we hit it and quit? 

(Ja!)

(Yeah!)

Können wir es schaffen und aufhören? 

Can we hit it and quit? 

(Ja!)

(Yeah!)

Können wir es schaffen und aufhören? 

Can we hit it and quit? 

(Ja!)

(Yeah!)

Schlag zu!

Hit it!“ 

Ach – wenn das alles gar nicht bis hier hin gelesen wird?

Ich schreibe das nur, um zu erzählen, dass ich in den 70er Jahren einmal im Kaufhof war. Dort gab es in jenen Jahren auch eine prächtige Schallplattenabteilung. Während ein Vater per Kopfhörer eine Platte hörte, rief sein etwa zehnjähriger Sohn, der durch die Platten wühlte,  plötzlich ganz laut: „Papa, Papa – Sex Machine!“ und hielt die Platte hoch. Er musste wohl so laut rufen, um seinen Vater akustisch zu erreichen. Ach – war das schön, damals im Kaufhof. Es ist mir sogar in Erinnerung geblieben.

Ich zweifle nicht daran, dass es irgendwo einen vergleichbaren Vorfall gab, als Tom Jones den Hit Sex Bomb gegen Ende des letzten Jahrtausends unter die Völker brachte. Dazu erspare ich mir nun aber mangels Schöpfungshöhe die Arbeit am Text.

Knallkörper

Durch Beobachtungen in der Vorsilvesterzeit kommt man schnell zu der Erkenntnis, dass gerade Menschen, die immer wieder finanzielle  Engpässe zu verkraften haben, auch eine Vorliebe für Knallkörper haben. Wenn sie diese Vorliebe zu dem Verkauf von Feuerwerken aller Art führt und sie zum Fest gegebenenfalls auch reichlich Tabak und Bier brauchen, dann wird es finanziell doch sehr eng. Ich habe in dieser Neujahrsnacht beobachtet, dass sich der Bürgersteig bereits 15 Minuten vor Mitternacht mit Menschen füllte. Es gab dabei keine zwischenmenschlichen Kontakte mit besten Wünschen, wie sie zum Jahreswechsel üblich sind. Etwa 10% der Leute waren selbstzündelnde Hauptfeuerwerker, die anderen Hilfsfeuerwerker oder angstfreie Schaulustige. Die Hauptfeuerwerker hatten nichts anderes im Sinn, als noch vor dem Jahreswechsel erste Geschossbatterien auf der Straße anzuordnen und zu zünden. Da war es mal grade fünf vor zwölf. Alle Feuerwerker hatten Material für eine Stunde Knallerei ohne Unterbrechung. Die Hälfte von ihnen aber für jeweils zwei Stunden. Bierkästen dienten teilweise als Startrampen. Autofahrer mussten mutig sein, um die Straße zu passieren. Überall lagen sich entwickelnde oder sterbende Silvesterartikel in den merkwürdigsten Zuckungen herum.

Es ist ja weitestgehend erforscht, dass eher arme Menschen eine andere Prioritätensetzung haben, als man es von ihnen im Mainstream erwartet. Ein Budget für Spaß und Freude wird ihnen nicht zugestanden. Man erwartet sogar, dass sie von dem errechneten Kulturanteil im Bürgergeld ihren Kindern gesundes Gemüse kaufen. Die Praxis ist es aber, dass arme Leute sich eher vermeintlich lustige Erlebnisse erkaufen. Damit markieren sie ihren Anteil in der Welt der Konsumenten auch dann, wenn sie einmal kostenfrei einen Spaß haben, für den man eher Phantasie braucht.

Wenn nun die allgemeine Preisentwicklung von ihnen nicht mehr aufgefangen werden kann, was sich empirisch belegen lässt, dann kaufen arme Menschen ihr Feuerwerk auf Kosten ihrer eigenen Grundversorgung. Insofern wäre es sinnvoll, die nach amerikanischem Muster sprießenden Tafeln mit einem kulturfördenden Zweck auszugestalten und aber zunächst die milden Gaben zur Speisung in das Bürgergeld überzuführen und diesen Bedarf gesetzesgerecht auszugestalten.  Das ist längst überfällig. Fortan könnten die Tafeln als Agenturen zur Ausgestaltung des kulturellen, nichtmateriellen und kommunikativen Lebens ausgebaut werden. Um die bösen Geister in den rauhen Nächten zwischen den Jahren mit Freude und Zuversicht auszutreiben, bedarf es keiner Feuerwerksindustrie für Amateure.

Heute Morgen sah ich aus dem Fenster eine Gruppe Kinder mit Plastiktüten, brauchbare Teile aus dem Müll der Nacht aufzuklauben, bevor der Wagen der Stadtreinigung kommt. Die Kinder hatten scheinbar einen fachmännischen Optimismus, die fehlgezündeten Anteile zu finden. Ich bilde mir ein, dass es die Kinder der Väter waren, die noch am Vortag mit dem großen Peng in den Augen ihr kostbares Geld für die F3 Polenböller über die Verkaufstheke geschoben haben. Ich befürchte das Schlimmste. In der Vergangenheit hatte ich keinen Erfolg, solche Kinder zu schützen und von der Sammelleidenschaft abzubringen.

Hier kämen jetzt logischerweise noch die guten Vorsätze für AD 2025.

Duell zu dritt

Duellum (lateinisch) ist nichts anderes als Krieg. Weil Kriege nicht prinzipiell, aber ab und zu mit zwei Kontrahenten stattfinden, hat ein oberflächlicher Volksmund eine Zwei (lateinisch duo –  italienisch due)  im Wort Duell vermutet und zur praktischen Gewissheit werden lassen. Aber das ist so eine Geschichte, die etymologisches völlig falsch ist. Wenn nun die Medien – allen voran die öffentlich rechtlichen Anstalten – ein „Triell“ aus der Taufe heben, arbeiten sie derart blindpopulistisch, dass es mit ihrem öffentlich-rechtlichen Auftrag beim besten Willen nicht zu vereinbaren ist. Wenn einmal mehr als zwei Kanzlerkandidaten aufeinander losgelassen werden, bleibt es stets ein Duell, wenn man es überhaupt so martialisch ausdrücken will.

Über die Weihnachtsgurke

Was – um Gottes Willen – hat die Weihnachtsgurke mit Weihnachten zu tun?

Weihnachten ist ein optimaler Christallisationspunkt (sic!) für Legenden. Es gibt mittlerweile die Gewissheit, dass nahezu alles, was aus kommerziellen Gründen oder nur zur Verschönerung das Weihnachtsfest anreichert, gern ohne Abschiebung integriert wird und in kürzester Zeit den Traditionsstempel aufgedrückt bekommt. Alles das lässt sich in allen Kombinationen gut vermarkten und wird nur sehr selten wieder aussortiert. Wir stellen also einen Baum in die Behausung und verzichten darauf, im Austausch vielleicht einen alten Weichholzschrank zurück in den Wald zu stellen. Um die diversen Zuordnungen zum Weihnachtsfest auch fest mit ihm zu verbinden, werden Ausflüge in die Geschichte unternommen, um alle diese Erscheinungen dort irgendwo in der Vergangenheit aufzuspüren oder hilfsweise eine Legende zu stricken. Legenden sind nichts Schlechtes, zumindest aber das Gegenteil von einem historischen Beleg. Betrachten wir den Weihnachtsmarkt: Den ältesten gibt es angeblich seit dem Jahr 1296 in Wien. Allerdings war es ein Markt im Dezember und die Nähe zu Weihnachten ist mehr als vage. Weihnachtsmärkte heutiger Art dienen dagegen dem Vergnügen mit etwas Volkskunst, die sich oft als billige Importware aus armen Ländern entpuppt. Dazu gehören auch viel Essen und Trinken mit reichlich fetter Fastfood und süßlichem Alkoholgepansche ohne jede Tradition sowie Musik von der Speicherkarte.

Die Weihnachtsgurke ist nun der heisse Scheiß, der einfach nur dem Weihnachtsmann auf dem Weg durch die Welt folgt.

In Deutschland kennen die Weihnachtsgurke bisher nur zwei Prozent der Bevölkerung, allerdings mit zunehmender Tendenz. Im Laden für Weihnachtszubehör sind sie aber auch bei uns längst etabliert. Diese Gurke kommt aus den USA und ist dort ein Weihnachtsvolksgut. Sie wird, gleich einer Weihnachtskugel, als Baumschmuck verwandt, aber an einer eher unauffälligen Stelle. Im Tannengrün sticht sie in ihrer grünen Farbe nicht so einfach ins Auge. Der amerikanische Brauch ist es nun, dass am ersten Weihnachtstag zur Bescherung ein Kind, das als erstes die Gurke entdeckt, bevorzugt wird. Es darf zuerst die Geschenke auspacken und ihm wird für das folgende Jahr sehr viel Glück zugesprochen. Derartige Rituale kommen ohne eine Legende nicht aus. Heutzutage sagt man, die Gurke bedarf einer Erzählung, in der Sprache der Sozialforscher, eines Narrativs. Das Narrativ geht so: Die Gurke am Weihnachtsbaum kommt aus Deutschland und wurde von deutschen Einwanderern nach Amerika mitgebracht. Das reicht für die Gurkentruppe in den USA vollkommen aus. Man kann sich aber auf die Spur der Glasgurke an deutschen Weihnachtsbäumen begeben. Dabei kommt dann heraus, dass möglicherweise einmal eine Weihnachtskugelfabrik wegen der Eintönigkeit ihrer Produkte auf Gemüse umgestiegen ist, um den Markt anzukurbeln. Dazu wurde auch die Glasblastechnologie erweitert. Neben der mundgeblasenen Kugel gab es bald Formen, in die das Glas hineingeblasen wurde. Dass irgendwo der eine oder andere Weihnachtsbaum mit so einer Gurke verziert worden ist, ist höchst wahrscheinlich. Dass solche Gurken nach Amerika gelangt sind und nun mit Ritualen und Erzählungen nach Deutschland zurück kommen, ist mehr als wahrscheinlich. Diese Gurke teilt ihr Schicksal – wie gesagt – mit dem Nikolaus, der in die neue Welt kam und plötzlich als roter Weihnachtsmann mit Rauschebart und Mütze aus Amerika zurück kommt. Was heutzutage so alles aus aller Welt am Baum hängt, gehört für die Geschichtsschreibung in einen eigenen Bildband mit Ortsangaben. Denn die ganze Welt ist mittlerweile mit dem Weihnachtsschmuck befasst.

Ich sage das alles nur, weil ich ein einziges Mal für meine flapsige Wortwahl um Entschuldigen bitten will. – Ich finde es aber gut, wenn meine Bitte um Entschuldigung nicht angenommen wird.

Lucky Punsh

Wenn ein Fußballspiel unansehnlich wird und dann möglicherweise so auch noch in die Verlängerung geht, überhöht der an sich gelangweilte bis schläfrige Reporter das Geschehen auf dem Platz und träumt dann vom möglichen lucky Punsh, den er oft beiden Mannschaften als finale Lösung anbietet.

Wechseln wir in die Endphase eines beliebigen Boxkampfes. Dort wird der lucky Punsh nämlich als eigene Erfindung vermarktet. Einer der Kontrahenten trifft am Ende seiner Kräfte eher zufällig als gezielt einen der Knock-out-Punkte seines Gegner. Dieser geht zu Boden und bleibt liegen. Dann ist der Kampf zu Ende.

Zurück zum Fußball: Ein Tor erlöst das ganze Spiel aus der deprimierenden Erfolglosigkeit mit einem lucky Punsh im Stil eines angeschlagenen Boxers. Der Sieg ist zum Greifen nahe, aber eben noch nicht sicher. Die zurückliegende Mannschaft nutz die letzten Sekunden des Spiels für einen letzten Angriff. Tor! Das war  offenbar auch ein lucky Punsh. Die Jubelszenen auf beiden Seiten lässt den Schiedsrichter nachspielen. Der dritte lucky Punch liegt in der Luft. 

Ich frage mich immer schon: Wie viele lucky Punches verträgt ein Fußballspiel? Oder: Ist  die Anzahl auf einen lucky Punch beschränkt. Mir tun die Reporter leid, die immer wieder auf das Gespenst lucky Punsh zurück geworfen werden.

Dieses und jenes Brot

Das recycelte Brot ist jetzt der heiße Scheiß im Bäckereigewerbe. Der handwerkliche Bäcker, der auch immer schon altes Brot im neuen Brot verarbeitet hat, bleibt meist außerhalb der Betrachtung, weil er schon fast ausgestorben ist, wenn er sich nicht rechtzeitig den Weg in die industrielle Produktion gebahnt hat. Der industrielle Bäcker hat sehr viele Verkaufsläden und nutzt die künstliche Intelligenz, um einerseits im Laufe des Jahres die Kundenwünsche punktgenau zu bedienen und anderseits keine Lebensmittel zu verschwenden. Er nutzt die komplexen Algorithmen, damit fast nichts übrig bleibt und trotzdem jeder kaufen kann, was er will. So weiß er etwa ganz genau, welche Backwaren am Silvestertag von wem bevorzugt von welchem Kunden gekauft werden. Wenn es um Lebensmittel geht, überlagert eben die Aufgabe des kostengünstigen Wirtschaftens die Aufgabe der gerechten Nutzung von Ressourcen. Also sagt der Industriebäcker gern, dass man zum Wohl der Menschen nichts verschwendet und meint damit vor allem, dass er mehr verdient, wenn er keinen Bioabfall produziert. Dass er auch noch seine Backstube als Fabrik hergerichtet hat und der großen Palette der Lebensmittelchemie täglich die Tür öffnet, versteckt er hinter seinem Verkaufsbooster namens Oma Trudes Streuselkuchen, der immer mit so einem Sepiabildchen von Oma Trude hinter der Theke liegt. – Noch schmecken wir, dass Oma Trude ihre Hand überhaupt nicht im Spiel hat. Schon bald brauchen wir aber den Lebensmittelchemiker um zu erfahren, was wir denn da überhaupt essen.

Das ist ein Symbolbild für BROT

Tennis am Tisch

Tischtennis hat ja bereits den Abstandhalter von 274 cm (DIN EN 14468) automatisch eingebaut. Moderne Netze sind mittlerweile sogar als Virenfänger ausgerüstet. Tischtennis gilt bereits unter Kennern als Coronasport.

Wenn nun die Tischtennisverbände den Ligabetrieb einstellen würden, wäre das an Willkür ja gar nicht mehr zu überbieten. Dass die Topspinbewegung mit dem Ball zu viele Aerosole mitreißt, ist selbst alternativfaktisch nicht belegt.

Buch genuch

Der Sternverlag in Düsseldorf war einstmals mit 9000qm Verkaufsfläche die größte Buchhandlung Deutschlands. Es war ein Paradies! Allerdings gingen im großen Umkreis sehr viele höchst qualifizierte Fachbuchhandlungen pleite, weil die Kunden den Sternverlag bevorzugten. Nach neun Jahren Leerstand wird das Gebäude im Dezember 2024 abgerissen. Gebaut wird dort nun ein Hotel mit Tiefgarage … – wahrscheinlich ohne Bücher. Die Bücher sind zwischenzeitlich auf praktische Lesegeräte emigriert worden. Man kann sie um Mitternacht noch vereinzelt im Fernseher (Literarisches Quartett) sehen. Dort werden sie zum Tode gelobt.

Ramses Superstar

Krokodilsarg – so etwas ist kaum noch in Gebrauch …

So heißt die aktuelle Ausstellung mit archäologischen Fundstücken in Köln zwar nicht, sie ist aber als ein Objekt der Begierde so aufgebaut, als ob es genau darum gehen würde. Man gerät in der Ausstellung sehr schnell in eine Situation, die als Überfall mit haufenweise selektiven Informationen, dudeliger bis welterschütternder Musik, ständiger Bewegung greller Bildanimationen aus dem Colt der Multimediabefeuerer angerauscht kommt. Davon ab setzen sich mit brauchbarem Licht inszenierte Artefakte, denen bereits über 3000 Jahre derartige Inszenierungen vorenthalten waren. Sie halten das stoisch aus, auch wenn – aus ihrer Sicht – gänzlich aus der Zeit gefallene Menschen nicht aufhören, sie auf Fotos in die heimischen Datenbanken zu tragen. Ich bin nicht einmal sicher, ob die Objekte der Ausstellung wirklich so alt sind. 

Die würdevolle Schlange an der Stirn ist unverzichtbar.

Mir ist bekannt, dass bei ausgewählten Prunkbauten des geldbeschwerten Adels der teure Marmor aus Italien nicht hochwertig genug war und durch mühsam veredelten Handwerksputz ersetzt wurde, der die Macken der Natur ausmerzte und einen Marmor suggerierte, der wirklich makellos gleichförmig und aber teurer war, als der echte Marmor selbst. Es geht dabei um eine Handwerkstechnik, die bei fälligen Renovierungen immer wieder verschollen sind und mühsam neu erlernt werden müssen. 

Der Skarabäus – also der Mistkäfer – war der Star im alten Ägypten und hat die Jahrtausende überdauert.

Warum sollte man also nicht täuschend echte Mumien, Särge und alle anderen gestaltete Materialen wie Schmuck und Steine mit neuesten Technologien nachgestalten? Es würde kein Auge vor der Showvitrine beleidigen und die Versicherung von unbezahlbaren Ausstellungsobjekten preiswert und akzeptabel gestalten. I‘m fine with that. Überprüfen kann ich es in der Ausstellung eh nicht. Am Ende der Ausstellung sagte aus dem Off eine bedeutungsgeladene sonore Männerstimme über Hern Ramses: „Nach seinem Tod war er unsterblich!“ Da wusste ich, dass die ganze Show mit einer derart heißen Nadel gestrickt worden war, dass es ungewollt sogar lustig rüberkommt. Nach dem Ende gab es – mit  einer erheblichen Verzögerung in einer Schlage von Ausstellungsbesuchern – zum Aufpreis noch ein „immersives VR- Erlebnis“ als Aperçu auf einem bewegungsgesteuerte Sessel mit passendem Sehgerät und Kopfhörer: Die wohlgeformte Frau Ramses führte vor 3000 Jahren durch zahlreiche Räume mit ein paar Erschreckungseffekten. In den engen Durchgängen von Raum zu Raum hatte ich wohl stets die Angst, ich würde mir an den Mauerecken die empfindlichen Knie aufschlagen. Puhhhh – es ist noch mal gut gegangen.

Ach – das muss ich noch sagen: Den dramaturgisch erforderlichen Feind mussten übrigens leider mal wieder die Hethiter abgeben. Sie wurden von den heroisch überlegenen Ägyptern übelst massakriert. Deshalb konnte der Rest als reines Gold, zumindest aber wirklich sehr, sehr schön rüber kommen. In einer Ausstellung über die Hethiter wäre es sicher andersrum. Aber dazu fehlen ausreichend Fundstücke.