Überraschend macht es Kanzler Merz richtig

In diesen Tagen, im August 2025, hat Kanzler Merz unerwartet doch noch geliefert, was sich alle Welt wünscht, nämlich einen Stop deutscher Waffenlieferungen an Israel ohne Federlesen. 

Ich bin übrigens auch der Meinung, dass der rechtsradikale israelische Ministerpräsident Netanjahu die Basis einer gedeihlichen Zusammenarbeit verlassen hat und wohl aus Eigennutz Katastrophen und den Tod  für bestimmte Menschen in seinem Einflussbereich heraufbeschwört.

Nun hat der Kanzler Merz das einfach so gemacht und es nicht einmal für nötig gehalten, mit mir zuvor über seine Absicht zu sprechen. Da dürfte ich nicht der Einzige sein. Er hat aber etwas Glück, denn ich teile – erstmalig übrigens – seine Entscheidung und sogar seine Erklärung. Da habe ich also nichts zu meckern. Sein politisches Umfeld ist da aber nachtragender. Da wollen sehr viele gefragt worden sein. Sie hätten ihn nicht zum Kanzler wählen sollen. Sie wollen ihn vermutlich gern an ihren Strippen durch die Richtlinienkompetenz des Kanzlers führen und selbst das Gefühl haben, den Souverän würdig zu vertreten. Wenn einmal etwas läuft, dann fühlt sich der Abgeordnete in seiner Selbstgefälligkeit so fürchterlich nutzlos, dass der Souverän selbst an der Mitverantwortung des Abgeordneten zweifelt.

Ich fühle in diesen Tagen geradezu meine innere Verbundenheit mit dem Souverän – und grüße Jean-Jaques Rousseau!

Frieden freilegen – fürchterlich

Wenn ich die heutigen Gespräche zur Befriedung der Ukraine betrachte, die im Refugium des amerikanischen Präsidenten stattfinden, dann kann ich die hohe Kunst der Diplomatie und die gewöhnliche Arschkriecherei nicht unterscheiden.

Demokratieversuche im Endstadium

Jetzt prüft die Uni Hamburg die wissenschaftlichen Qualifikationen von Frau Brosius-Gersdorf und ihrem Ehemann doch. 

Wie es vorauszusehen war,: Die Kandidatin wird vom toxischen Gesabbere der Unionspaten in öffentlich verschimmelter Luft derart zersetzt, damit man ihr mitfühlend rät, sich in Sicherheit zu bringen. Und bei alledem: In der öffentlichen Meinung sahnt nicht die CDU, sondern die AfD ab. Die Koalition hat damit ausregiert und die SPD träumt – ganz tief verunsichert – von den Grünen. Zu spät!

Eigentlich sollte das Parlament eine nach den Regeln vorausgewählte Kandidatin zur Bundesverfassungsrichterin wählen.

Da fehlt ja sogar das allgemeine Verständnis

Herr Dobrindt, der Bundesinnenminister, äußert sich heute auf allen Nachrichtenkanälen über Abschiebeflüge „schwerer und schwerster Straftäter“ (sic!). 

Müssen jetzt Straftäter bemerkenswert schwer sein, damit sie sich nicht so gut verstecken können?

Der Gebrauch der Sprache ist ebenso defizitär wie das ganze Abschiebeprozedere: Ein verkleistertes Showelement gegen jede Vernunft auf dem Rücken von leibhaftigen Menschen

In aller Freundschaft

Nachdem nun Deutschland und England einen „Freundschaftsvertrag“  geschlossen haben, wurde mir die Frage gestellt, was da wohl drin steht.

— Ich vermute, auf Seite drei steht :
„In allen vier Ecken soll Liebe drin stecken.“

Die Klöckner von notre Parlament

Die neu gewählte Bundestagspräsidentin Julia Klöckner mag es gern aufgeräumt und erklärt deshalb die Zuständigkeit von Religionsgemeinschaften allgemeinverbindlich: Sie sollen sich um das Religiöse kümmern! – Was immer das sein mag.

Frau Klöckner möchte sich also eine Welt basteln, wie sie ihr in ihrer neuen politischen Aufgabe gefällt. Deshalb weist sie gesellschaftlichen Institutionen eine von ihr gewünschte Aufgabe zu – und macht daraus eine Reglementierung. Damit begrenzt sie in ihren diesbezüglichen Sprüchen die Vielfalt, die wir zum Leben brauchen und mischt sich in die Autonomie anderer ungefragt ein. Ich finde das ideologisch verwegen und hinderlich für die auch menschenrechtlich abgesicherten Freiheitsmöglichkeiten. Eine theologische Dimension hat das schon deshalb nicht, weil man jeder Institution sagen könnte, was sie machen oder bleiben lassen soll.

In der öffentlichen Diskussion nehmen die Institutionen des Religiösen allerdings trotzdem eine religiöse Dimension im Klöcknerschen Statement zum Anlass einer Gegenrede, wehren sich gegen die angedachte Verortung und sagen einmal mehr, was sie selbst in der Welt bewegen sollen, wollen und werden.

Eine diesbezügliche Meinungsäußerung ist zwar grundsätzlich positiv denkwürdig, aber nicht, wenn sie mit einer ordnungspolitischen Attitüde regierungsnaher Kräfte vorgetragen wird.

Wovon so ein Minister oder eine Ministerin Ahnung haben muss

Wenn neue Regierungen gebildet werden – wie in diesen Tagen das Kabinett Merz – liest man in den Medien immer wieder, es wäre besser, wenn diese Ministerin und jener Minister eine Fachexpertise hätten. Wie ein Echo wird das verstärkt durch unzählige Bürgermeinungen in sozialen Medien. 

Ich halte das für überaus naiv. Wenn so eine Fachexpertise wirklich erforderlich wäre, müsste man aus dem Kreis der erfahrenen und höchstqualifizierten Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern des jeweiligen Ministeriums auch die Ministerin oder den Minister rekrutieren. Es ist kaum vorstellbar, dass ein gewählter Volksvertreter oder eine Volksvertreterin mit Fachexpertise glänzen könnte. Unter ihnen gibt es zwar mancherlei Expertinnen und Experten für alle politisch relevanten Wechselfälle des Lebens, aber beileibe keine, die die vielfältigen Tätigkeiten in so einem Ministerium abbilden. 

Die Aufgabe als Minister oder Ministerin schafft keine zusätzliche Expertise, sondern verbindet die gegebene Fachperspektive mit dem politisch in der Regierung ausgefeilten politischen Willen und den Willensbekundungen aller anderen politischen Kräften. Daus ergeben sich Aufgabenverschiebungen im Ministerium und eine sich immer wieder wandelnde politische Diskussion im Parlament. Es ist unter demokratischen Verhältnissen ein Risiko Abgeordnete oder Abgeordneter zu sein. Bei jedem Minister ist das Risiko aber weitaus größer. Ihre Zeit in der Politik ist nach jeder Wahl immer wieder begrenzt.

Meine Nachdenkung zur Kanzlerwahl

Bei den Auftritten des Kanzlerkandidaten Merz habe ich von jeher eine selbstgefällige und rücksichtslose Arroganz gesehen. Es war auch über die Jahre nicht zu merken, dass er beeindruckt war, wenn es Widerspruch gab. Lediglich kurz vor der angestrebten Kanzlerschaft hat er kleine Taktiken installiert, anderen den Glauben zu machen, er sei nahe an den Menschen dran und würde für Verfehlungen irgendeine Buße tun – um dann weiter zu machen wie bisher.

Die Widersacher in den Reihen der jetzt neuen Koalition sahen sich angesichts der bedrohlichen Rechtsradikalität im Parlament bei der Kanzlerwahl zunächst genötigt, eine konstruktive Mine zum bösen Spiel des Merz zu machen. Das hat nicht zuletzt dazu geführt, dass die angestrebte Koalition durch zahlreiche Probeabstimmungen in beiden Parteien die Gewissheit herbei gearbeitet haben, dass die Mehrheit schon zustande kommen wird und auch alle der erfundenen Agenda glauben, dass die Weltlage urplötzlich Schulden erforderlich macht, die zuvor brüsk abgelehnt wurden.

Letztendlich haben die abgegebenen Stimmen im ersten Wahlgang für Merz aber trotzdem nicht gereicht. Beide Koalitionsparteien sind sich sicher, dass die fehlenden Stimmen nicht von ihnen zu verantworten sind. Die große Einigkeit ist also perdu. Nun suchen die beiden Parteien in alter Tradition intern und mutmaßend bei den Partnerpartei nach den Abweichlern. Diese Abweichler sind gut beraten, ihre geheime Stimme auf keinen Fall zu offenbaren. Denn würden sie das tun, würde nicht über das Talent und die Zukunft von Merz nachgedacht, sonders die Abweichler würden selbst zu Sündenböcken. Das Grundgesetz sieht für das Wahlverfahren gottzeidank nur die geheime Abstimmung vor und schützt die Abgeordneten vor An- und Übergriffen, nur weil sie eine abweichende Position vertreten.

Auch der verdorbene Teil der Presse fragt ohne Unterlass, wer die „Schuldigen“ sind. Die öffentliche Antwort ist immer ein Hinweis auf große bevorstehende Aufgaben, die wichtiger sind, als aussichtslos zu fahnden. Der Idee der Demokratie würde an dieser Stelle Respekt und Dankbarkeit für jede Stimme beinhalten, die in ihrer Gesamtheit ausdrücken, dass der Merzweg und seine Taktiken äußerst befremdlich bleiben und durch ein neues Narrativ nicht geheilt werden können.

Nun hat es durch den punktuellen Verzicht auf die Unterscheidung von Regierung und Opposition flugs eine Entscheidung gegeben, die die erfolgreiche Kanzlerwahl möglich machte und für einen Moment gegenseitige Beschuldigungen außer Kraft gesetzt haben. Aber nur für einen kurzen Moment war man den Grünen und den Linken dankbar. Der politische Alltag beendete das sofort wieder. Der Tagespolitik fehlt fortan wieder die Luft zum Atmen, weil Unvereinbarkeitsbeschlüsse über Jahre mit Beschimpfungen gerechtfertigt und fortgesetzt werden und weit weniger zur Debatte gestellt werden, als scheinbar hinderliche Vorgaben des Grundgesetzes. Die vielgescholtene Vorgängerregierung hatte den Start besser hingelegt, was den Protagonisten der neuen Regierung nur dazu bringt, ganz, ganz viel Gutes für die Zukunft zu versprechen — alles nur Schall und Nebel!

Über selbstgemachte Heilsversprechen 

Wenn man 75 Jahre investiert, einem  immerwährend treuen großen Bruder zu huldigen, der transkontinentalen verankert ist und alle Eisen aus dem Feuer holt, dann fällt man aus allen Wolken, wenn er sich unübersehbar als egomanischer Scharlatan entpuppt. Man muss dann 75 Jahre verschlafener Emanzipation nachholen. Am besten im Zeitraffer. Aber den gibt es bei komplexen Entwicklungen nicht. Das Leiden an der selbstverschuldeten Unmündigkeit nimmt seinen Lauf und gebärt laufend neue, unechte Heilsbringer, bis die Entwicklung abgeschlossen ist.

Wir haben die Wahl

Heute war ich mal wieder wählen. Ich habe wohl zeitlebens an allen Wahlen teilgenommen, an denen ich teilnehmen konnte. Ich bin da ein alter Hase.

Weil der Wähler der Souverän ist, kommt es ja nicht darauf an, dass er immer brav wählen geht, sondern dass er mühsam wie freudig an einer eigenen Position arbeitet, die seine Wahlentscheidung begründet. Wenn es so ist, kann man dem Wähler seitens der zur Wahl stehenden Parteien nichts vormachen. 

Ich bin also heute mit meiner selbst erarbeiteten politischen Position zum Wahllokal gegangen. Ich konnte nicht umhin, so ein laternenumhüllendes Sandwichplakat der CDU mit dem Merz und dem Ortskandidaten Krings auf meiner Augenhöhe wirken zu lassen. Auf dem Weg zu meinem Wahllokal hatte der Wähler keine Chance, dem Plakat gedankenlos aus dem Weg zu gehen. Die Vorschrift, dass Parteienwerbung in der Bannmeile von Wahllokalen nichts zu suchen hat, blieb wohl unbeachtet. Ich brauchte nicht lange, um der Aufforderung der CDU, ihr direkt beide Stimmen zu geben, eine begründete Absage zu erteilen. Dem geblendeten Souverän, wird das Plakat wohl den letzten Schubs geben. Der selbst- und mitverantwortliche emanzipierte Souverän wendet sich nur angewidert ab. Von Rechts wegen hätte der Wahlvorstand das Plakat bereits vor 8 Uhr entfernen müssen.

Zu Hause habe ich lange überlegt, ob ich noch einmal zum Wahllokal gehe, um diese Übergriffigkeit der CDU vorzutragen und um Abhilfe zu bitten. Meine Erfahrungen mit Bureaukratie haben mir abgeraten. In eine Querulantenecke abgeschoben hätte ich bestenfalls als Beschmutzer einer CDU geprägten Lebenswelt den schriftlichen Bescheid bekommen, dass die Werbung ganz knapp außerhalb der (nicht näher definierten) Bannmeile befestigt ist.

Ja, ja – die Bürgerverdrossenheit von Verwaltung und Politik wird fälschlicherweise so gedeutet, als sei der Bürger seinerseits politikverdrossen. Das war freilich noch nie so.