Adieu

Der am 29. September 2024 zurückgetretene FDP-Generalsekretär Djir-Sarai will mit diesem Rücktritt irgendeine Glaubwürdigkeit retten. So sagt er es. Er hatte die Inhalte eines internen FDP-Papiers falsch dargestellt, obwohl die Presse bereits das Papier zur Verfügung hatte. Eigentlich hat er schon damals (vor 12 Jahren) mit seiner gefaketen Dissertation seine Glaubwürdigkeit eingebüßt. Damit war er in der FDP offenbar gut gelitten. Jetzt ist hoffentlich der Lindner im freien Fall, der die FDP zu Tode taktiert hat. Er fragt tatsächlich immer noch in der Öffentlichkeit, was die Presse denn überhaupt Erhebliches zu melden hat über ein Papier das in der FDP angeblich kaum jemand kennt, aber doch in seinem Nebenzimmer verfasst wurde.

Die generalstabsmäßige Sabotage und Auflösung der Regierungskoalition  durch die FDP – wie sie in dem jetzt diskutierten Papier vorbereitet war – war eine üble Show, die jede politische Absicht und Verantwortung vermissen lässt und in ihrer Geschmacklosigkeit wohl als letzte Zuckung einer Partei zu werten ist. Zum Glück hat unter demokratischen Bedingungen der Bürger das letzte Wort. Der Bürger ist auf jede einzelne Partei nicht angewiesen, die Parteien auf den Bürger aber schon.

Da capo: Volkspartei

Dieser Bedeutungsverschiebung der letzten Jahre, dass Parteien mit abnehmender Wählerschaft irgendwann keine Volksparteien sein sollen, folge ich nicht. 

Der Begriff Volkspartei ist in der soziologischen Würdigung von Parteien entstanden, die keine Klientelparteien (mehr) sind und drauf ausgerichtet sind, für alle Gruppen der Gesellschaft politische Antworten zu liefern. Volksparteien können klein oder groß sein, beides ist aber nebensächlich. In der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts gab es nämlich hauptsächlich reine Klientelparteien. Sie bedienten ihre Zielgruppe ohne gesamtpolitische Verantwortung. Heute sind Klientelparteien die Ausnahme, obwohl – oder gerade weil – ihre Programme vergleichsweise scharfgezeichnet und besonders verständlich sind, aber die Vielfalt auf der Strecke bleibt.

Okay – das Thema hatte ich schon – aber ich werde nicht müde …

Lügen kann vorteilhaft sein

Politiker, die lügen, sind schwer gelitten. Dabei ist weder im Alltag, noch auf den Bühnen der Welt das Lügen verboten. Im Bereich der sprachlich dargebotenen Kleinkunst ist das Lügen gang und gäbe. Viele Kleinkunstprogramme bauen auf Lügen, oder besser gesagt, auf einer phantasiegeladenen Neuinterpretation ausgesuchter Vorkommnisse. Wenn also der Präsidentschaftskandidat Trump in den USA sagt, dass in Springfield (Ohio) die Flüchtlinge aus Haiti den Bewohnern ihre Hunde und Katzen wegessen, merkt man ja sofort, dass ein solcher „Fakt“ nicht dazu da ist, im beliebten Faktencheck überprüft zu werden. Er wird sofort als Phantasiegeschichte interpretiert, die eine gefühlte Wahrheit bildreich vermitteln soll. Und so ist es auch. Der gut entwickelte Mensch lacht sich schlapp und der sozial wie materiell abgehängte Zeitgenosse fürchtet um den letzten Hund, der ihm geblieben ist. In der Politik sind diese Räuberpistolen sehr beliebt. Man fordert Dinge, die gar nicht möglich sind und strickt dann – wie im Stegreiftheater – Geschichten, die es als geradezu unabdingbar hinstellen. Die Vorschiebefigur der CDU, namens Merz, hat es  beispielsweise besonders gut drauf, im Brustton der Überzeugung Räuberpistolen zu konstruieren, die der Grundlage entbehren und trotz allen Widerspruchs, sogar wegen des Widerspruchs aus Politik und Wissenschaft, große Anerkennung finden. Solcherlei Populismus mag zwar an den Rändern des politischen Spektrums begonnen haben, salonfähig wird er aber dort, wo Besitzstände verteidigt werden, nämlich in der Mitte. An den Rändern des politischen Spektrums bleibt zumindest die Möglichkeit, mit Innovationen zu überzeugen – wenn sich denn nun jemand überzeugen lässt.

Der kleine Donny geht zum Beginn des Schultags zu seiner Lehrerin und sagt betroffen: Mein Hund hat meine Hausaufgaben aufgefressen und dann kam ein Ausländer und hat meinen Hund aufgefressen. – Ich habe das einmal aus einem gerade kursierenden Comic nacherzählt.

In den USA: Wer wählt wen und warum?

Die anstehende Präsidentschaftswahlen in den USA scheitert wohl nicht mit dem anstehenden Wahlergebnis, sondern an der Qualität der Kandidaten. Beiden Kandidaten mangelt es an einer Qualifikation, die nicht vom Alter überschattet werden. Der eine ist ein selbstgefälliger und über die Jahre verhärteter Alltagslügner, der sein Selbstbild schon lange Zeit nicht mehr überprüft und sich vor laufender Kamera rücksichtslos in die erste Reihe boxt. Der andere ist körperlich und geistig derart hinfällig und müde, dass er ohne externe Stützen eine politische Position kaum noch behaupten kann. Ich kritisiere weder den einen noch den anderen. Sie zollen nur dem Zahn der Zeit Tribut.

Es erscheint mir aber bedenklich, wenn ein demokratisches Gemeinwesen auf ganzer Linie die Zeit verschläft und potentiell fähige Politiker lieber als erfolgreiche Businesspeople wegschiebt, und die Politik selbst den Greisen überlässt.

Weltweit gibt es schon genug Versuche, den mühsamen aber lehrreichen Weg der demokratischen Willensbildung einem einsamen Autokraten zu schenken. Viele kämpfen dagegen. In den USA erscheint mir eine breite Mehrheit nur uninteressiert. Die lauernden Autokraten sehen sie nicht als Gefahr.

Über das Verbieten

Der erwachsene Mensch lässt sich nichts verbieten und sieht grundsätzlich auch keinen Sinn in Verboten. Lediglich die im Strafrecht traditionell aufgelisteten Verbote sind eine Ausnahme, obwohl auch sie einem Wandel unterliegen: Man reagiert zunehmend durch Einsicht und weniger aus Angst vor Strafe.

Nun hat es sich aber in der Vielfalt der bürgeroffenen Kommunikationskanäle über die Jahre eingebürgert, dass man seiner Meinungsposition nicht in der Analyse des Sachverhaltes schärft, bevor man sie loslässt. Man sagt einfach irgendwas. Und es ist ja meist auch niemand von Angesicht zu Angesicht in der Lage Paroli zu bieten. Die sozialen Netze zerplatzen mittlerweile in einer stattlichen Welle ungefragter Meinungen. Stellungnahmen zu geäußerten Meinungen sind selten. Meinungen, die Shitstorms auslösen, sind auch selten, finden aber wenigstens Beachtung. Die Vielzahl der unbeachteten Meinungsäußernden fühlt sich daraufhin gern als eine Randgruppe, die systematisch übergangen wird.

Wenn sie zufällig Bauer sind, fahren sie plötzlich nicht mehr mit dem Traktor über den Acker, sondern durch die große Stadt und prahlen mit ihrer Meinung auf Papptafeln, die den Traktor zum Hingucker werden lassen.

Sie sind damit in einer Kehrtwende angekommen und deuten die ursprüngliche Nichtbeachtung als Verbot, das ihnen zuversichtlich schon bald nichts mehr anhaben wird. Wenn wir von der repräsentativen Demokratie absehen oder sie geringschätzen, nennen wir alle gern dazu mächtige Landmaschinen ins Feld zu führen und damit unsere Meinung durchzusetzen. Es ist dann gleichgültig, was wir einmal gewählt haben. Und schließlich haben die Volksvertreter ihre Diäten wohl auch nicht verdient, weil wir jetzt wieder alles fein selbst machen.

Aktive Sprachverwirrung

Ich habe aus dem putinschen Sprachgebrauch einmal das Wort „Spezialoperation“ ausgeliehen, das er gegen „Krieg“ eintauscht und volksverbindlich macht.

Die anstehende Wahl in Russland nenne ich jetzt auch Spezialoperation. Eine Wahl wird es – das kann man jetzt schon sagen – nicht sein, sondern ein ebenso krasses Herrschaftsinstrument wie es ein Krieg oder ein schlichter Einzelmord auch sind.

Waffenverbot

Irgendwann war die Waffe in der Welt und entwickelte sich immer raffinierter im Zeitgeist. Solche Entwicklungen lassen sich nicht einmal rückgängig machen. Das ist das Wesen von Entwicklungen. Also müssen wir lernen, mit den Waffen menschenmöglich gut umzugehen. Das ist möglich, aber alles andere als selbstverständlich. Denn mancher Waffenbesitzer wähnt sich als Waffenträger auf der sicheren Seite. Ohne Waffen kann es bekanntlich auch gewalttätig zugehen. Mit Waffen sind Gewalttätigkeiten aber nicht selten tödlich. Wir kommen also wirklich nicht daran vorbei, die Waffen so gut zu kennen, dass wir mit gutem Grund auf ihren Einsatz verzichten. Das, was für Kampfsportler selbstverständlich ist, gilt auch für die Besitzer der unzähligen kleinen und großen Waffen auf dieser Welt.

Dass mit Waffen auch ab und zu das falsche gemacht wird lässt sich durch verbindliche Regelungen minimieren, aber nicht verhindern. Es kommt in jedem Fall darauf an, dass auf der Basis von Ethik und Moral über einen Waffengebrauch entschieden wird.

Deutungshoheit

Von der Satirepartei „Die Partei“ wurde argumentiert, dass hinter „Nazis töten.“ ein Punkt und kein Ausrufezeichen stehe und es daher keine Aufforderung sein könne. Sie hatte damit ihre Wahlwerbung pointiert.

Es geht ja eigentlich um eine Zweideutigkeit, die man für den mündigen Bürger bestenfalls ja auch ohne Anweisung ausliefert. Der Streit darüber befeuert nur die Absicht, solche Zweideutigkeiten bloß nicht aufzugeben. Im direkten Gespräch wäre die Zweideutigkeit schnell weg, weil man sich dann notgedrungen zu einer Variante bekennt. 

Schade! – Insofern ist es das Optimum, wenn man dem Zweiwortsatz auch noch den Punkt wegnimmt.

Im Januar 2024

Die Teilnehmerzahlen der Demos gegen Nazis sind überwältigend. Die Idee vom Allgemeinwillen zeigt ihr wahres Gesicht und öffnet den Blick für kommende Zeiten mit Zuversicht.

Mönchengladbach versammelt sich zur demokratischen Selbstvergewisserung gegen nationalsozialistisch Bestrebungen aller rechtsradikaler Gruppierungen.
Mir missfällt aktuell aber, dass der nationalzozialistische Sprachgebrauch das Wort „Remigration“ ideologisch neu besetzt und in diesen Tagen über die Medien als Unwort des Jahres mit der menschenfeindlichen Bedeutung in aller Munde verpflanzt und dass die Harmlosvariante von Nationalsozialismus, nämlich „Fachismus“, zu viel Gemütlichkeit provoziert, die nicht angemessen ist.
Sehen wir uns auf dem Sonnenhausplatz?

Wenn nun noch die ganzen Mitläufer dieser Welt dazu kommen, wird für AfD und Konsorten die Luft dünn. Wir treffen uns auch wirklich gern mit allen Mitlaufenden zum Schnuppertag auf dem weltbewegenden Feld von Vielfalt, Schönheit, Wohlbefinden und Gerechtigkeit und gestalten den Boden der Menschenrechte.


Nachtrag: Oje – ich habe Zweifel, ob ich mitgezählt werde. Ich war – wegen eines Vortermins – veranlasst, mich per Auto zur Demo für die Demokratie zu bewegen. Jetzt geht es nämlich darum, diese rechtsradikale Selbstgefälligkeit der letzten Jahre auf dem Boden demokratischer Daseinsbewältigung neu zu erden. 

Ich bin mit guter Ortskenntnis zum Veranstaltungsort aufgebrochen und hatte mir schon mögliche Parkplätze überlegt. Das Demonstrationsinteresse war noch überwältigender, als ich es erwartet hatte. Ich hätte im Nieselregen wohl einen Weg von 30 Minuten in Kauf nehmen müssen. Unter Abwägung aller Gesichtspunkte …

Was hier und dort so rumfährt

Für einen Hersteller von Waren – nehmen wir ruhig die Elektromobile – ist es unumgänglich, einen Markt zu haben und zu pflegen. Es ist schlecht vorstellbar, dass der Laden läuft, wenn der Kunde ausbleibt. Gewährleistet der Staat eine erhebliche Teilfinanzierung, dann kann das durchaus über Startschwierigkeiten hinweg helfen. Es ermöglicht aber Käufern und Verkäufern, sich kommod einzurichten und den Geldsegen zu nutzen, um eine marktwirtschaftliche Preisgestaltung so lange zu verzögern, wie es geht. Man sagt dann gern, wie lange man noch braucht, um das preiswerte Elektromobil anbieten zu können, während konkurrierende Anbieter, die außerhalb des Geldsegens produzieren, Tag für Tag mit einem Preis konkurrieren können, der die Ware realitätsgerecht abbildet. Dass der Staat ausländischen Herstellern mit subventionierten Preisen das Leben schwer macht, ist dabei sicher nicht ausgeschlossen und sogar sinnvoll. 

Die Pro-Stück-Finanzierung durch den Staat beinhaltet zudem eine deutliche soziale Ungerechtigkeit, weil die großen und teuren Elektromobile der reichen Menschen gänzlich unbegründet ebenfalls in den Genuss der Staatsfinanzierung kommen.

Der wirtschaftlich und gerecht agierende Staat, der ohne Überfluss existiert, sollte deshalb jede Möglichkeit nutzen, das Geld einzusparen, das Hersteller faul werden lässt und ungerecht verteilt wird.

Mit dem ins Gerede gekommenen Bauerndiesel ist es nicht anders. Offenbar wird die Förderung für die Nachfrage zunehmend aufgerüsteter und stärkere Traktoren genutzt. Die Begründung ist die gleiche, die für überdimensionierte Personenwagen ins Feld geführt wird. Wer diese Traktorenmonster mit blinkenden Lichtern und Weihnachtskrippe in der Frontschaufel auf ihren „Lichterfahrten“  beobachtet, denkt unweigerlich an die Poserszene in den Innenstädten und jedenfalls nicht an arme oder wenigstens spritsparsame Bauern. Zudem bleiben die erheblich gestiegenen Lebensmittelpreise im rechnerischen Nachgang ganz erheblich bei den Bauern hängen. Arme Bauern sind nicht die Regel.

Die spontanen Forderungen der Elektromobilisten in spe und der Traktorenfreunde spiegeln ja eigentlich nur die wirtschaftlichen Interessen der Warenproduzenten. Die wollen gut verdienen, sonst wohl nichts.

Wer hätte das gedacht? – Die ersten Elektromobilhersteller geben schon Rabatte in Höhe der in diesen Tagen eingestellten Förderung. Es geht doch! Der sparsamere Traktor wird auch kein Hexenwerk sein.