Der Friseur

Ich habe Lust auf so eine ganz verrückte Frisur.

Soll ich da mal rein gehen?

Da fehlt ja sogar das allgemeine Verständnis

Herr Dobrindt, der Bundesinnenminister, äußert sich heute auf allen Nachrichtenkanälen über Abschiebeflüge „schwerer und schwerster Straftäter“ (sic!). 

Müssen jetzt Straftäter bemerkenswert schwer sein, damit sie sich nicht so gut verstecken können?

Der Gebrauch der Sprache ist ebenso defizitär wie das ganze Abschiebeprozedere: Ein verkleistertes Showelement gegen jede Vernunft auf dem Rücken von leibhaftigen Menschen

Das Ohr ist nur ein Korridor

Wenn ich einmal nichts zu tun habe – das ist vorzugsweise bei verordneten Wartezeiten –  dann dokumentiere ich gern ausgesuchte Lebenswelten, meistens als Text, manchmal als Foto.

Ein typisches Beispiel folgt hier:

Wenn die Ohren verstopft sind, dann ist das ein dummes Gefühl. Meist ist ein Ohr besonders stark verstopft. Wenn man dann das andere Ohr zuhält, dann merkt man, dass das Hörvermögen auf der anderen Seite kaum noch eine Kommunikation zulässt und stattdessen das Hören sich nach innen wendet. Man hört also eigentlich alles, was im Kopf passiert, wie zum Beispiel knisterndes Stroh. Ich gehe dann zum Facharzt, der das Problem in wenigen Minuten gelöst hat. Er bot bisher früh morgens eine offene Sprechstunde an. Vor wenigen Jahren hat der Arzt noch mit mir über Gott und die Welt diskutiert zum Abschied gesagt, wenn es wieder so weit ist, solle ich ganz unproblematisch vorbei kommen.

Vor zwei Jahren gab es dann das Problem, dass die offene Sprechstunde gerade abgelaufen war, als ich kam. Die Diskussion dauerte eine Viertelstunde, bis ich als Ausnahme ins Wartezimmer durfte, nachdem der Arzt im Vorbeilaufen festgestellt hatte, dass niemand weggeschickt wird. 

Heute stand ich in geselliger Runde bereits vor der Praxis, bevor sie um 8 Uhr geöffnet wurde. Dann wurde mir gesagt, dass die offene Sprechstunde nur für Notfälle gilt und das auch nur für maximal zehn Personen. Der elfte Notfall ahnt also nicht, was ihn in seiner Not erwartet. Des Friedens Willen habe ich nicht gesagt, dass ich die Logik dieser Vorgabe nicht verstehe. Denn Notfälle sind ja so gelagert, dass in der Not niemals nach Termin gehandelt werden kann. Nach einer Beratung unter den Fachkräften wurde dann für mich eine Ausnahme gemacht, denn ich habe mich nicht abwimmeln lassen. Ich fühlte mich jetzt in die falsche Rolle des eingebildeten Kranken gedrängt, um eine Chance zur Behandlung zu bekommen. Dann gab es den Hinweis, ich solle demnächst rechtzeitiger kommen „Wir empfehlen alle drei Monate eine Reinigung“ (Zitat). Ja und dann durfte ich nach der weltfremden Ansprache mit Sondergenehmigung ins Wartezimmer und bin ganz hinten in einer nicht näher definierten Warteliste.

Mein Nachbar auf den Wartestühlen hustet, schnauft und schnieft auf das Schärfste und hat gerade wartezimmeröffentlich verkündet, dass er an einer schlimmen Allergie leidet und nicht anders kann. Ich glaube trotzdem nicht, dass seine kontaminierten Ausstoßwolken für die Mitmenschen so harmlos sind, wie er meint.

Nun denke ich darüber nach, ob ich mir beim nächsten Mal nicht von der Feuerwehr die Ohren ausspritzen lasse, wie es mir mein Opa damals empfohlen hat.

Auf der Website des Arztes taucht übrigens die offene Sprechstunde schon gar nicht mehr auf. Jetzt werden reihenweise Patienten kaltschnäuzig freundlich weg geschickt. Gerade kommt die Bundesgesundheitsministerin Warken in die Praxis, wohl um sich nach meinem Wohl zu erkundigen. — Oh, sie geht vorbei, tuschelt an der Theke und ist bald schon wieder weg. Schade! Aber vielleicht hat sie ja auch die Ohren verstopft oder sie ist eine Doppelgängerin.

Es sind zwei Stunden vergangen. Die ärztliche Behandlung war gut, schnell und erfolgreich. Bemerkenswert ist nur, dass das nicht merkbar betroffene Ohr auch absolut sauber war. Das führt ja auch den abermals formulierten Vorschlag ad absurdum, man solle die Ohren in Zeitabständen reinigen lassen. Offenbar ist jedes Ohr derart autonom, dass sich Reinigungsroutinen nicht empfehlen. Es bleibt nur die Frage, ob ein einziges Ohr abgerechnet wird oder auch noch ein anderes – wenn man gerade schon mal nah dran ist. Nach zwei Stunden war ich draußen. Leider war die freie Parkzeit von 90 Minuten abgelaufen. Ich habe zum Abschied den Automaten noch mal schnell mit zwei Euro gefüttert.

Jetzt wird zu Hause das Frühstück gefuttert …

In aller Freundschaft

Nachdem nun Deutschland und England einen „Freundschaftsvertrag“  geschlossen haben, wurde mir die Frage gestellt, was da wohl drin steht.

— Ich vermute, auf Seite drei steht :
„In allen vier Ecken soll Liebe drin stecken.“

Das ziemliche Brötchen

Das wirtschaftliche Handeln  ist eine Herausforderung, die ich als geiziger Mensch nicht oft bewältigen kann.

Heute wollte ich mir 4 Brötchen kaufen, die ich sehr mag und die dann auch etwas teurer sind (0,85€ das Stück). Nun greift aber das Sommerprogramm des ausgewählten Bäckers. Er bietet vorübergehend bei allen Brötchensorten ein kostenfreies Brötchen zusätzlich, wenn man 5 Brötchen einer Sorte kauft. Ich habe dann spontan 5 Brötchen gekauft und ausdrücklich 6 Brötchen bekommen. Soll ich jetzt die für meine Planung überzähligen Brötchen einfrieren, die geplante warme Mahlzeit heute durch ein Belegte-Brötchen-Buffet ersetzen oder merkwürdige Mitmenschen mit einem frischen Brötchen überraschen? Und: Wie ist das alles nun wirtschaftlicher zu werten?

Nachtrag:
Nach guter Beratung  habe dann 3 Brötchen eingefroren. Heute habe ich eines davon mit Toastergewalt aufgetaut und mir zur Geschmacksprobe dazu ein Tellerchen hergerichtet. Das Brötchen hat meine Prüfung bestanden und ich hatte eine fast vollständige schnelle  Mahlzeit.  Es ist ja immer gut, wenn man für alle Fälle Vorratshaltung betreibt. Im Moment  bin ich als Testesser sehr gefragt.

Aus dem Zyklus „Unübersehbar im urbanen Leben“

Heute: Der Scooter

Die Klöckner von notre Parlament

Die neu gewählte Bundestagspräsidentin Julia Klöckner mag es gern aufgeräumt und erklärt deshalb die Zuständigkeit von Religionsgemeinschaften allgemeinverbindlich: Sie sollen sich um das Religiöse kümmern! – Was immer das sein mag.

Frau Klöckner möchte sich also eine Welt basteln, wie sie ihr in ihrer neuen politischen Aufgabe gefällt. Deshalb weist sie gesellschaftlichen Institutionen eine von ihr gewünschte Aufgabe zu – und macht daraus eine Reglementierung. Damit begrenzt sie in ihren diesbezüglichen Sprüchen die Vielfalt, die wir zum Leben brauchen und mischt sich in die Autonomie anderer ungefragt ein. Ich finde das ideologisch verwegen und hinderlich für die auch menschenrechtlich abgesicherten Freiheitsmöglichkeiten. Eine theologische Dimension hat das schon deshalb nicht, weil man jeder Institution sagen könnte, was sie machen oder bleiben lassen soll.

In der öffentlichen Diskussion nehmen die Institutionen des Religiösen allerdings trotzdem eine religiöse Dimension im Klöcknerschen Statement zum Anlass einer Gegenrede, wehren sich gegen die angedachte Verortung und sagen einmal mehr, was sie selbst in der Welt bewegen sollen, wollen und werden.

Eine diesbezügliche Meinungsäußerung ist zwar grundsätzlich positiv denkwürdig, aber nicht, wenn sie mit einer ordnungspolitischen Attitüde regierungsnaher Kräfte vorgetragen wird.

Wovon so ein Minister oder eine Ministerin Ahnung haben muss

Wenn neue Regierungen gebildet werden – wie in diesen Tagen das Kabinett Merz – liest man in den Medien immer wieder, es wäre besser, wenn diese Ministerin und jener Minister eine Fachexpertise hätten. Wie ein Echo wird das verstärkt durch unzählige Bürgermeinungen in sozialen Medien. 

Ich halte das für überaus naiv. Wenn so eine Fachexpertise wirklich erforderlich wäre, müsste man aus dem Kreis der erfahrenen und höchstqualifizierten Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern des jeweiligen Ministeriums auch die Ministerin oder den Minister rekrutieren. Es ist kaum vorstellbar, dass ein gewählter Volksvertreter oder eine Volksvertreterin mit Fachexpertise glänzen könnte. Unter ihnen gibt es zwar mancherlei Expertinnen und Experten für alle politisch relevanten Wechselfälle des Lebens, aber beileibe keine, die die vielfältigen Tätigkeiten in so einem Ministerium abbilden. 

Die Aufgabe als Minister oder Ministerin schafft keine zusätzliche Expertise, sondern verbindet die gegebene Fachperspektive mit dem politisch in der Regierung ausgefeilten politischen Willen und den Willensbekundungen aller anderen politischen Kräften. Daus ergeben sich Aufgabenverschiebungen im Ministerium und eine sich immer wieder wandelnde politische Diskussion im Parlament. Es ist unter demokratischen Verhältnissen ein Risiko Abgeordnete oder Abgeordneter zu sein. Bei jedem Minister ist das Risiko aber weitaus größer. Ihre Zeit in der Politik ist nach jeder Wahl immer wieder begrenzt.

Die BÄRLAUCHsaison …

Sie  ist fast vorbei. Die Blätter welken schon  sehr. Aber die Fruchtstände haben ihren Höhepunkt. Sie schmecken sehr intensiv. Man kann damit fast alles würzen. Die kleinen Kügelchen – pro Blüte 3 – kann man beispielsweise im Salatdressing verwenden. Wer nicht darauf beißen mag, kann sie kurz mörsern. Man kann sie auch gut konservieren als Pesto oder eingelegt in Öl oder Essig.

Geile Klamotten

Cannes steht jährlich im Fokus der Cineasten. Wie bei vielen, aber beileibe nicht allen Festivals dieser Art, ist es eingekleidet in ein Showlaufen auf rotem Teppich, auf dem dann sogenannte Stars der Filmszene sich so aufregend zurecht machen, dass sogar auch die Yellow Press anrückt. Es wird auf allen Kanälen berichtet, wer für welches Outfit läuft und sich dann auch noch pudelwohl fühlt.

In diesem Jahr ist es anders. Es wurde mit einem Schwerpunkt für Frauen eine Kleidervorschrift erlassen. Es soll ob sofort sehr wenig Haut gezeigt werden, es soll keine Kleider geben, die viele Raummeter bedecken und die High Heels sind durch Schuhe mit flachen Absätzen zu ersetzen.

Es scheint so, dass die Betroffenen das die Vorschrift sehr begrüßen.

Mich entsetzen solche Vorschriften und würde mich ihnen niemals beugen. Es gibt ja keinen Grund, für Festivalbesucher die Freiheitsrechte einzuschränken. Dass man dort nicht unbedingt in unbequemer Kleidung auftritt, dann sehr vernünftig sein. Aber das kann jeder selbst regeln. Dazu braucht sie keine Vorschriften. Die Chance zur Vielfalt regiert von jeher die Kultur. Und deshalb falle ich auch immer ganz besonders auf!