Es ist ja bekannt, dass sich Sprachen weiterentwickeln so lange sie genutzt werden. Sprachen sind zur überdauernden Sicherheit aller Sprechenden sowohl beständig als auch innovativ. Es geht dabei um gegenläufige Bewegungen, die trotzdem unmittelbar zusammengehören. Manche Menschen halten – je nachdem, wo sie sich in der Gesellschaft verorten – das eine oder das andere trotzdem für einen Graus.
In der Welt des errechneten Durchschnittsbürgers, wird in der Kultur ganz besonders die Sprache bewahrt und zu diesem Zweck sehr vieles als richtig und falsch markiert. Der errechnete Außenseiter hat dagegen eine bevorzugte Freude an Neuerfindungen im Sprachgebrauch.
Ich nenne einmal einige unbedeutende Beispiele: Ein Neffe, ein „waschechter“ (?!) Deutscher, ist durch eine Fügung in den Niederlanden groß geworden. Er war bereits als Kind ein Autofan und gleichzeitig ein doppelter Nativspeaker mit notgedrungen reduziertem deutschen Wortschatz. Das merkte man im Alltag aber nur sehr selten. Eines Tages erzählte er mir etwas von Bändern. Er meinte damit die Autoreifen, die auf niederländisch Banden heißen. Als Freizeitgrenzgänger vom Niederrhein konnte ich damit etwas anfangen. Es war aber im Mittelpunkt des deutschen Sprachgebrauchs wohl ziemlich unverständlich und unbrauchbar. Gestern sagte in den deutschen Medien ein deutscher Däne völlig akzentfrei „in der Beginnung“ und ich dachte für einen Moment, es müsste „am Anfang“ heißen, bis ich mich damit anfreundete. Oft sind auch Kinder in der Zeit ihres frühen Spracherwerbs die innovativen Außenseiter der Sprache. So hat eine enge Verwandte von mir in der Grundschulzeit ihre selbstverfassten Textstücke lange Zeit als eine Literaturgattung namens „Nachdenkung“ überschrieben. Für mich sind das alles Geschenke, die ich hin und wieder in meinen Sprachgebrauch übernehme, sofern ich denke, dass ich trotz aller Widerstände verstanden werden kann. Ich spreche also niemals ausschließlich allgemeinverständlich. Das Sprachprinzip Fuzzylogic nimmt nicht nur den Sprechenden, sondern auch jeden Zuhörer in die Pflicht. Verstanden werden und verstehen gehören also zusammen. – Sprache funktioniert schließlich nur mit Missverständnissen und ohne sprachpolizeilichen Allüren richtig. Das ist doch eine gute Aussicht – auch gegen alle cancelkultürlichen Bestrebungen.
Gerade lese ich, dass Busfahrende in Berlin sehr wenig verdienen. Vielleicht sollte ich auch öfter mal Bus fahren. Schüler sind dort aber wohl auch Busfahrende im Nebenjob.