Zur Unsterblichkeit der politischen Parteien

An so einer Partei hängen Heimatgefühle und Herzblut, manchmal sogar Familientraditionen. Es ist für den Einzelnen kaum auszudenken, dass gerade seine Partei zwecklos geworden ist.

Dabei leben Parteien so, dass sie zunächst einem drängenden Anliegen in der Gesellschaft folgen und damit ihren Zuspruch erfahren. Nun gibt es Anliegen, bei denen es schon eine Weile dauert, bis man sie zum besten gewendet hat. Für diese Zeit beansprucht so eine Partei dann auch den Zuspruch. Danach gäbe es eigentlich keinen besonderen Grund, eine Partei fortzuführen, zumal ihr mit der Erreichung des Ziels auch der Zuspruch abhanden kommt.

Es gibt mehrere Lösungen für dieses Problem, obwohl man vernünftigerweise raten würde, die Partei aufzulösen. Irgendwann bei Bedarf könnte man ja eine neue gründen. Beliebter sind aber andere Lösungen. Man kann so tun, als sei das Ziel noch nicht oder unzureichend erreicht oder man müsse jetzt das erreichte Ziel noch irgendwie für die Dauer festigen. Am beliebtesten ist es aber, der Partei ihren Zweck ganz wegzunehmen und sie zur überdauernden Institution zu erklären, die ihren Zweck also in der eigenen Existenz hat. So eine Partei hat von der Konstruktion her einen Ewigkeitswert, wie ihn auch Religionsgemeinschaften beanspruchen. Man sagt dann parteiintern gern, dass die gesellschaftlichen Errungenschaften ihre Ursachen und ihre Zukunft ausschließlich in dieser Partei haben. Die Partei bildet übermäßig irgendwelche Symbole aus, die sie unverwechselbar machen und kümmern sich mit ihrem spezifischen Geist um nahezu alle gesellschaftlichen Aufgaben. Solche Parteien sind dann auch die  Erfinder der Volkspartei, die intern eine Plattform anbieten, Interessengegensätze ausgleicht und im Ergebnis niemanden davon ausschließt, genau diese Partei zu wählen. Die Wechselfälle des Lebens und der Politik spülen immer neue Themen in die Partei, die stets kompetent auftritt.

Das Problem ist allerdings, dass Parteien auf den Weg in die Unsterblichkeit des Institutionellen abgleiten und die Bewältigung konkreter Politiklagen gern auf die lange Bank der Willensbildung verschieben.

Der Bürger will allerdings keinen politischen Fossilzoo, sondern schnelles und wirksames Handeln mit einem transparenten und guten Preis-Leistungs-Verhältnis.

Die Verdinglichung der Parteien zu Marken führt langsam aber direkt zur Ablehnung durch den Bürger, insbesondere wenn er merkt, dass die Verfassungsversprechen Wohlstand, Gesundheit, Gerechtigkeit und Kalkulierbarkeit in der herrschenden politischen Kultur nur noch rhetorisch vorkommen.

Die Parteienlandschaft wird sich wohl oder übel auf Parteien einlassen müssen, die in alter Tradition etwas ganz bestimmtes erreichen wollen, aber auch nicht mehr. Sie sollten ihre Zeit bekommen.

Die unbeweglichen Volksparteien werden an Bedeutung verlieren. Wenn sie es erkennen, lösen sie sich vernünftigerweise sofort auf. Sie wären ein gutes Beispiel für  Verbände, wie zum Beispiel im Sport, die, weil sie nicht sterben wollen, die Fehlentwicklungen ihres Managements bis hin zur Korruption bis in alle Zukunft verschleppen.

Die SPD, als überdauernde Partei der Arbeiterklasse, überzeugt beispielsweise den Arbeiter, sofern es ihn überhaupt noch gibt, nicht mehr wirklich. Das Geschäftsmodell ist aus der Zeit gefallen. Es ist höchste Zeit, sich ohne Wehmut als Partei aufzugeben, bevor der Wähler ganz undankbar das Kommando für andere freigibt, ohne dass das ein Ende der Politik bedeutet. Die SPD wäre ein Vorbild für einige andere Parteien.

Der immerwährende Aufstieg und den kurzen tödlichen Kollaps der Democrazia Cristiana 1993 in Italien zeigt beispielhaft, wie es im Extremfall gehen kann.

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