Wo kommen die Wähler her?

Die sozialen Milieus, in denen herkömmliche Parteien ihre Wähler rekrutieren, lösen sich auf. Das kann man nicht bedauern, wenn man die Entwicklung der Gesellschaft gut findet.

Wenn solche Parteien sich neu erfinden, ist das eine grundlegende Anpassungsleistung an den Wandel der Gesellschaft und eigentlich eine Neugründung mit Mitnahmeeffekt. Man nimmt die Wählerstimmen der Traditionalisten die der Partei treu gefolgt waren noch für eine Weile mit. Die SED hat das nach der Wiedervereinigung so gemacht. Deren alten Kader sind mittlerweile dahingeschmolzen und neuerdings sogar zu rechtssortierten Parteien übergelaufen, weil sie dort geachtet werden, wenn sie die alte doktrinäre Parteilichkeit behalten.

Vor allem die alte SPD und dann bald auch die CDU kommen an der Neugründung wohl nicht vorbei. Allerdings werden Parteien glaubwürdiger in Erscheinung treten, weil sie ohne den Mitnahmeeffekt auskommen. Sie sind stets das Original. Sie nehmen keine alten Parteikader mit, keine Infrastruktur zur Parteiverwaltung und auch keine Parteiressourcen, nicht einmal bekannte, vertrauenswürdige Gesichter. Sie entwickeln ihre Themen und deren politische Bewältigung aus einem politischen Selbstverständnis und erwarten dafür eine Zustimmung. Bisher hatten solche Parteien es schwer, wie zum Beispiel die Grünen oder die Piraten. Die Auflösung der sozialen Parteimilieus wird es ihnen zukünftig aber leichter machen und die Parteienlandschaft blühen lassen. Wer sich im sichern Besitz der richtigen Politik wähnt, wird sich darauf nicht mehr ausruhen können. Die Bürgerverdrossenheit der Parteien, die sich  mit deren Institutionalisierung irgendwann einstellt, wird der Bürger verantwortungsvoll mit einer geänderten Wahlentscheidung quittieren.

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