Zur Arroganz der Antinazis

Wir wollen uns nichts vormachen, die Ansichten des Nationalsozialismus kommen in letzter Zeit an die Oberfläche. Rassistisch ausgerichtete Angriffe auf Menschen und Kulturen haben Konjunktur.

Der Nationalsozialismus und seine diversen Erscheinungsformen wurden für lange Zeit und in der Folge der Erfahrungen mit ihm, gerade in Deutschland geächtet. Diese Zeit scheint nun vorbei zu sein. Politiker zaudern in der Flüchtlingspolitik, schieben notleidende Menschen in verschiedene Kategorien, schieben sie ab aber sehen untätig zu, wie sie sich über Meere und Grenzen quälen. Sie suggerieren den offenen und versteckten Rassisten, sie kämen Volkswillen immer näher und könnten ihn auch bald übernehmen.
Die offenen Rassisten waren immer schon ein Problem. Sie wurden aber wenig beachtet und konnten deshalb äußerst wirksam Anschläge verüben. Die versteckten Rassisten waren dagegen derart im Mainstream eingewickelt, dass sie farblos in Erscheinung traten. Erst jetzt treten sie massenweise in Erscheinung und eröffnen ihre Position bekanntlich mit dem Satz: „Ich habe ja nichts gegen Ausländer, aber …“ – und schließen eine Relativierung an, die in ihrer Einschränkung rassistisch ist.
Ob nun diese oder jene Rassisten Intelligent, dumm oder nur schlau sind, ist damit noch nicht gesagt.
Diejenigen, die der rassistischen Position widersprechen, zeigen in der letzten Zeit sehr viel Einsilbigkeit. Offenbar sind sie überrascht und noch ungeübt. Es etabliert sich so ein Muster, nach dem Rassisten alle dumm sein sollen, deshalb zum Schweigen aufgefordert werden und nicht länger als Gesprächspartner geduldet werden. Solche Gesprächspartner sind in den sozialen Netzen seltsamerweise Freunde (Facebook) oder sonstwas. Nun ist es aber so, dass gerade der Nationalsozialismus traditionell davon lebt, das abgehängte Proletariat um sich zu scharen. Die mögen zwar pauschal ungebildet sein und ohne angemessene Intelligenzförderung groß geworden sein, sie als dumm auszusortieren und vollends ins Prekariat zu schieben, ist allerdings eine arrogante Lösung, die Bedingungsfaktoren unbeachtet lässt und an eine Hilfe nicht denken will. Bei der Gruppe der bisher verdeckten Rassisten ist die Situation nicht viel anders. Sie sind zwar soweit gebildet, dass sie sich an gesellschaftlichen Themen beteiligen, pflegen aber den urkonservativen Ansatz, jede Innovation außen vor zu lassen, um die Harmonie auf dem Traumschiff nicht in Unordnung zu bringen. Ihnen fehlen viele Voraussetzungen, um neuen Situationen begegnen zu können, haben es aber bisher nie merken können. Bei ihren Fernreisen war ihnen der ziemlich dunkelhäutige Mensch nie gefährlich. Es ist auch diesen bisher versteckten Rassisten gegenüber arrogant, sie als dumm zu deklarieren, obwohl sie ja bei guter Anlage so sehr mainstreamdumm sind, dass sich nach politischen und wirtschaftlichen Ansprüchen bisher mühelos steuern ließe. Wenn solche Leute sich nun im Bekanntenkreis als Rassisten outen, oder Wutbürger nennen, dann stellt sich zuerst die Frage, warum wir das nicht früher gemerkt haben. Die richtigen Fragen hätten das bestimmt ans Tageslicht gebracht. Diese Menschen jetzt mit allen Varianten zu entfreunden ist ebenfalls arrogant und scheinheilig dazu.
Für einen gesellschaftlichen Dialog, auch zu den Themen Nationalsozialismus und Rassismus, ist es nicht hilfreich, dass nur diejenigen zum Gespräch übrig bleiben, die eh eine Meinung teilen. Sie haben ja nichts mehr zu besprechen. Man muss also auch das Gespräch mit denen pflegen, die ziemlich weit von uns weg sind. Wie soll der Dialog mit Flüchtlingen denn gelingen, die Frau Merkel über alles verehren und für unsere Vorgesetzte halten, wenn wir dem bisher gut gelittenen Nachbarn die kalte Schulter zeigen, weil er angst vor Flüchtlingen hat.
Zudem ist es gerade beliebt, dass sich Institutionen „gegen dumme Nazis“ bereitfinden, eine Werbekampagne in eigener Sache aufzuziehen und damit diesen ganzen Hype viel mehr für sich instrumentalisieren, als es uns allen liebe sein kann.

Ohne Aufsehen an einem Ort mit Rassisten und am anderen Ort mit Flüchtlingen zu sprechen ist das, was bestimmt helfen würde.

Ach ja, die Arroganz ist an sich eine gute Eigenschaft, wenn sie sich nicht zur Unangreifbarkeit versteigt.

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