Heidelbeeren

Am guten Geschmack meiner Kindheit hat die Heidelbeere einen großen Anteil. Dann ist es plötzlich ziemlich dunkel um dieses leckere und gesunde Obst geworden. Jahrzehnte später bin ich in den estnischen Wäldern noch einmal auf Heidelbeeren gestoßen, die ich aus meiner Kindheit kenne. 

Jetzt werdet ihr sagen: Kaufe dir doch welche in einem beliebigen Supermarkt.

Das habe ich zunächst auch gedacht. Aber man hat die Heidelbeere im Handel vollständig durch die amerikanische Zuchtheidelbeere ersetzt. Deren Aufzucht ist ökologisch höchst bedenklich. Sie hat gefühlt nur eine kleine genetische Übereinstimmung mit der wild wachsenden Heidelbeere und den gleichen Namen. Darüber hinaus sind beide Sorten  grundverschieden.

Die Kultursorte ist viel einfacher verfügbar, ist sehr groß und prall, übersteht lange Transporte und kann mit ihrem Namen große Teile der Heidelbeerfreunde abholen. Wenn also die Oma in guter Absicht damit die Enkel füttert, entartet das zur einer Entwicklung, in der der Ersatz das Vorbild nur vergessen macht. Diese Kulturheidelbeere ist im Gegensatz zur Urform anstatt süß und weich nur hart, bitter und etwas sauer. Das alte Spiel, nach dem Genuss von Blaubeeren eine stark blau gefärbte Zunge raus zu strecken, lässt sich damit nicht reproduzieren. Der blaue Saft ist weggezüchtet. Lediglich die lederne Hülle wirkt noch deutlich blau. Das Innenleben wurde durch die Zucht vollständig ausgetauscht. Und so kommt es nun dazu, dass die einzig verfügbare Heidelbeere nur ihren Namen beibehalten hat – sonst nichts. Man kann mit der Kulturheidelbeere sicherlich auch den ehemals beliebten Blaubeerpfannkuchen backen. Aber es ist nicht annähernd dasselbe. 

Schweren Herzens spreche ich mich dafür aus, der Kulturvariante der Heidelbeere den Namen zu entziehen, um die Heidelbeere wenigstens in guter Erinnerung behalten zu können. Es geht ihr so wie dem Safran, der im Welthandel den Namen als sehr teures Gewürz beibehalten hat, aber zum überwiegenden Teil aus Kurkuma oder sonst was billigem und rotem, besteht und auch bei klassischer Optik ganz anders schmeckt . – 

Da mache ich nicht mehr mit. Die Bauern in Peru, denen zu Gunsten der Kulturheidelbeere das Wasser abgegraben wird, stehen auf verlorenem Posten, so lange wir uns auf das Teufelsspiel einlassen.

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