Trinkgeldsitten AD 2025

In dieser Zeit ist das Trinkgeld umkämpft und deshalb umstritten, vor allem in der Gastronomie. Anlass ist wohl die schlechte wirtschaftliche Lage in einigen Bereichen der Gastronomie. Hinzu kommt, dass das zunehmend bargeldlose Zahlen eine Auswirkung auf die Trinkgelder hat, weil traditionelle Abläufe – „stimmt so …“ – durchbrochen werde.

Das Argument der Gastronomen und ihrer Verbände ist, dass das Trinkgeld als Betriebseinkommen voll eingepreist und damit in alter Höhe unverzichtbar ist. Die niedrigen Löhne der Branche würden mit Trinkgeldern aufgestockt und damit Arbeitsplätze und der Betrieb an sich gesichert. Bei zurückgehender Wirtschaftskraft und steigenden Preise sind Restaurantbesuch sehr viel seltener geworden. Da nutzt es nichts, wenn man die Bereitschaft hat, gutes Essen auch gut zu bezahlen. Das Geld ist meist einfach nicht da. Und wenn Restaurants in der Krise mit Convenienceprodukten eine sehr schlanke Küche riskieren, dann ist der Konsument ohnehin gut beraten, das gute Essen in die eigenen vier Wände zu verlegen und Freunde selbst zu bekochen, anstatt einen kostspieligen Restaurantbesuch zu riskieren. Damit ist dann die Hochzeit der Restaurantkultur vorbei und die Szene wird derart exklusiv, dass man sie nur noch selten belebt oder aber kleine Nischen der Fastfoodküche aufsucht, die stoisch gute Qualität zu kleinem Preis anbieten und damit auch noch überleben können.

Was als Kombination aus Verarmung breiter Schichten und normaler Entwicklung gedeutet werden kann, deuten Verbandsvertreter der Gastronomen ganz anders: Sie  wollen einen Ausfallentschädigung vom Staat, der ihr Überleben sichern soll und sie reklamieren einen Anspruch auf ein Trinkgeld, über das sie den Kunden fast nicht mehr allein entscheiden lassen wollen. Sie setzen auch dauerhaft auf einen reduzierten Mehrwertsteuersatz, der ihnen in der Coronakrise eigentlich nur vorübergehend zugestanden worden war. Dass der Gastronom vor allem dem Geld nachjagd, das kann man im Einzelfall verstehen, wird und soll aber auch nicht das Zurechtschrumpfen der aufgeblasenen auswärtigen Speisekultur verhindern.

Das Trinkgeld ist schon vor langer Zeit in Ungnade gefallen, nämlich seitdem es betriebswirtschaftlich verwurstet wurde. Damit wurde die Gastronomie so gewinnanfällig, dass der Kellner mit allen Höflichkeiten auf das Trinkgeld angesetzt wurde, das im günstigen Fall den Mitarbeitern zugute kommt, dem Gewinn des Unternehmers oder aber dem Einkauf des Küchenchefs. Man weiß es nie so genau.

Ursprünglich war das Trinkgeld eine voll und ganz vom Kunden abhängige Wertschätzung der Bedienung. Dass das Trinkgeld in Kanäle geleitet wird und fest eingepreist wird, dass es mit Höflichkeitsregeln – mindestens 10% – ausgestattet wird und zum Siegeszug auch durch branchenfremde Unternehmen geleitet wird, war niemals so gewollt. Es gibt kaum noch ein Ladengeschäft in dem nicht ein originelles Geldbehältnis aufgestellt ist, um für den Service auch dann etwas zu geben, wenn erst überhaupt keinen Service gibt.

Was bleibt ist – wenn man drüber nachdenkt – dass die Geldbörse des Kunden weiterhin in dessen Besitz ist und dass er uneingeschränkt auch darüber verfügt. Was auch bleibt, ist der Vertrag, ein bestimmtes Essen ohne wenn und aber zu einem ausgewiesenen Betrag zu zu liefern. So gesehen ist der Kunde frei und sein Trinkgeld ist wieder eine Freundlichkeit außerhalb der Geschäftsbeziehung. Wenn er irgendwie seltsam gemustert wird, weil er kein Trinkgeld gibt, dann wird er sinnvollerweise demnächst woanders essen. Er darf auch wirksam dem Kellner sagen, dass das Trinkgeld nur für ihn persönlich ist.

Dass der Trend zum bargeldlosen Zahlen zunächst oft keine Lücke für ein Trinkgeld hatte, wurde mittlerweile aufgearbeitet. Wenn man speziell für das Trinkgeld nicht auf Bargeld zurückgreift, das sich im persönlichen Kontakt mit dem kassierenden Kellner übermitteln lässt, dann ist es an einer Zentralkasse schon ungleich hürdiger, ein Trinkgeld als Anerkenntnis für den Kellner zu übermitteln. Man wird aber mittlerweile gefragt, ob und gegebenenfalls wie viel Trinkgeld man geben möchte. Es wird dann mit der Rechnung abgezogen und verschwindet im Bankensystem. Das ist für den Kunden dann doch ziemlich unangenehm. Noch unangenehmer ist es, wenn über das Trinkgeld in Prozenten vom Rechnungsbetrag entschieden wird. Und noch unangenehmer ist es, wenn mehrere Prozentsätze zur Auswahl gestellt werden. Dann riecht der Kunde nur noch den Angriff auf seine Geldbörse im Raum und neigt final dazu solchen Ansprüchen einfach nur auszuweichen. Ein Überfall ist es geradezu dann, wenn es – wie in vielen Schnellrestaurants – niemanden gibt, der einen Service leistet und trotzdem ein Trinkgeld über das Kassensystem abgefragt wird.

Also meine Hemmungen sinken, bei schlechtem Service oder bei maschinengestütztem Abkassieren eines Trinkgelds überhaupt nichts zu geben. Ich bleibe dann ganz cool, ohne besonders arm oder geizig in Erscheinung zu treten. Ich gehe nur sinnvoll und überlegt mit meinem höchst eigenen Geld um.

Das Essen für die Armen

In diesen Tagen wollen die Gastronomen  und ihre Verbände Geld vom Staat, um die Einnahmen soweit zu erhöhen, dass die Pleiten gastronomischer Betriebe erheblich reduziert werden können. 

Wie wäre es denn, stattdessen Löhne und Renten und das Bürgergeld so weit zu erhöhen, dass man sich ganz allgemein so einen Restaurantbesuch wirklich leisten kann?

Meins und deins

Vom Prozess des Jahres ist die Rede, wenn es um den Fall Block geht. Den unbedarfte Bürger schaudert dieser Reallivekrimi um die Entführung von Kindern in einer geschiedenen Ehe.

Ich sehe nur einen gewissen Reichtum, der es Menschen erlaubt, jegliche bürgerliche Bodenhaftung aufzugeben und sich darin zu gefallen, mit der Gewalt der Reichen geltendes Recht auszuschalten und rücksichtslos menschliches Leid zu verbreiten. Dass auch noch ein bekannter Sportreporter als Sidekick rumtrotteln darf, das passt ins Szenario.

Vielleicht wird das ja noch was mit der Reichensteuer für eine gerechtere Welt.

Das ziemliche Brötchen

Das wirtschaftliche Handeln  ist eine Herausforderung, die ich als geiziger Mensch nicht oft bewältigen kann.

Heute wollte ich mir 4 Brötchen kaufen, die ich sehr mag und die dann auch etwas teurer sind (0,85€ das Stück). Nun greift aber das Sommerprogramm des ausgewählten Bäckers. Er bietet vorübergehend bei allen Brötchensorten ein kostenfreies Brötchen zusätzlich, wenn man 5 Brötchen einer Sorte kauft. Ich habe dann spontan 5 Brötchen gekauft und ausdrücklich 6 Brötchen bekommen. Soll ich jetzt die für meine Planung überzähligen Brötchen einfrieren, die geplante warme Mahlzeit heute durch ein Belegte-Brötchen-Buffet ersetzen oder merkwürdige Mitmenschen mit einem frischen Brötchen überraschen? Und: Wie ist das alles nun wirtschaftlicher zu werten?

Nachtrag:
Nach guter Beratung  habe dann 3 Brötchen eingefroren. Heute habe ich eines davon mit Toastergewalt aufgetaut und mir zur Geschmacksprobe dazu ein Tellerchen hergerichtet. Das Brötchen hat meine Prüfung bestanden und ich hatte eine fast vollständige schnelle  Mahlzeit.  Es ist ja immer gut, wenn man für alle Fälle Vorratshaltung betreibt. Im Moment  bin ich als Testesser sehr gefragt.

Edelmetalle

Als ich gerade dabei war, mich dem Text auf diesem Schild verständnisvoll zu nähern, ergriff jemand meine goldene Panzerkette von hinten, würgte mich, bis meine über alles geliebte Kette riss und verschwand damit im Kleinstadtgewühl. Jetzt habe ich den Text verstanden. Meine Goldzähne werde ich verblenden lassen.

Das doppelte Schippchen

Vor ein paar Tagen habe ich an Aldi-Süd geschrieben:

„Guten Tag! • Ich habe vor ein paar Tagen eine kleine Schaufel für die Gartenarbeit gekauft. Wie sie dem beigefügten Kassenzettel entnehmen, wurden mir aber zwei Schaufeln berechnet. Ich unterstelle da jetzt auch keine Absicht. So eine Doppelbuchung kann ja mal passieren. Ich habe den Fehler erst zu Hause gemerkt. Am nächsten Tag habe dann mit dem Kassenzettel bei Aldi das Gespräch gesucht, um die Fehlbuchung zu korrigieren. Es folgte mitten im Kassenbetrieb eine eingeübte abweisende Antwort, dass es eben keine Beweismittel dafür gibt, dass es so ist, wie ich es sage. Gleichermassen könnte ich allerdings sagen, dass der freundliche Mann an der Kasse, die Quittung nach dem Ausdruck noch einmal selbst hätte prüfen müssen. Das wäre natürlich so lebensfremd, wie der Hinweis, dass ich im Kassenbereich zunächst einmal den ganzen Kassenzettel durcharbeiten soll.

Bisher ist bei mir Aldi immer als äußerst kulant in Erscheinung getreten. Ich rechne damit, dass das auch weiterhin zu bleibt und bitte um die Erstattung des Betrags von 4,99 €.

Mit freundlichem Gruß …“

Und heute bekam ich einen kulanten Gutschein über 5€ und eine freundlichen Antwort, die nicht nur Textbausteine hat. – Da kann ich nicht meckern. Aber was mache ich mit dem einen Cent?

Die Zweitwäsche

Ich habe ja schon lange den Verdacht, dass Autowaschanlagen so programmiert sind, dass die Autos nach der ersten Wäsche noch nicht so richtig sauber sind.

Es liegt wohl zwischen Großzügigkeit und Raffgierigkeit, wenn man am Abend zum halben Preis noch ein zweites mal durchfahren darf.

Tupper insolvent

Die Firma Tupper stirbt und ich hüpfe vor Freude.

Seit meiner Kindheit verfolgt mich die Sekte der Tupperiander. Sie dringen seit meiner Kindheit in fremde Wohnungen ein und hinterlassen stets überhöhte Rechnungen und glänzende Augen bei Menschen, die zuvor vollkommen normal waren. Sie glauben an die hermetische Abriegelung aller Essensreste und sonstiger Lebensmitteln. Das Imperium bunter Erdölprodukte eroberte meist mehrere Küchenschränke in allen Wohnungen mit Bereitschaftsbehältnissen, die man vermutlich irgendwann einmal brauchen würde. Man wurde von ihnen erschlagen, wenn man einfach nur die Schranktür öffnete. Kritische Gegner wurden mit nudelsalatbefüllter Tupperware, dem Giveaway der Partykultur, schamlos angefixt. Es folgten zig Mahnungen, die gespülten Teile gefälligst wieder zurück zu bringen. Die Sekte lässt einfach nicht locker. Das religiöse der Bewegung mit freiberuflichen Zwischenhändlern im Direktvertrieb als Bischöfen offenbart sich vor allem im Preis der Produkte. Konkurrenzprodukte sind preiswert bis kostenlos und wirklich nicht schlechter – wenn man so etwas überhaupt braucht. Also wird der Preis bis heute mit der Behauptung hochgehalten, Tupperware sei stets in allen Vergleichspunkten überlegen und obendrein mit einer Garantie für die Ewigkeit ausgestattet. 

Jetzt ist das Spuk vorbei und ich kann unbehelligt mein tupperfreies Leben führen. Der Markt hat’s geregelt. Es wäre auch anders möglich gewesen. In der aufgeklärten Gesellschaft scheitern seltsamerweise alle Religionen mit ihrem typischen Ewigkeitsanspruch schließlich an so einer simplen Sache wie einem Markt. Das ist erstaunlich!

Ich sage das alles jetzt hier nur, weil ich immer mal wieder mit einer riesigen Glasschüssel voller Nudelsalat durch die belebten Straßen der Stadt laufe, um den Eindruck zu erwecken, ich hätte Freunde und wäre zu einer Party eingeladen.

Die Bewertung

Vor allem in der Onlinewelt ist das Bewertungensammeln zum Konkurrenzsport geworden. Kein Produktanbieter kann auf Likes verzichten. Als Sternchen sind sie sogar abgestuft zu vergeben und oft sogar zu begründen. Wer sich also die Zeit nimmt, kann das jeweilige Produkt in den Himmel loben oder vernichten – oder halt irgendwas dazwischen. Es ist klar, dass die Nichten und Neffen des Produktanbieters Tante oder Onkel als erstes die begehrten Likes verschaffen und sich die Zeit nehmen, alles mit Super zu bewerten.

Dass die Stellungnahmen unseriös sind und vielfach aus dunklen Ecken kommen, ist bekannt. Man kann sich ohne viel Aufwand auch selbst ein paar Kritiken fertigen. Obwohl die Fachwelt darüber schmunzelt und sich darüber ärgert, dass den Stellungnahmen eine Bedeutung beigemessen wird, die sie gar nicht haben, ist es doch so, dass sie von Anbietern und Konsumenten trotzdem hoch geschätzt und beachtet werden.

Jetzt hat mich meine Bank – eine Genossenschaftsbank, also aus dem vergleichsweise seriösen Sektor, auch zu einer Bewertung aufgefordert. Ich werde das nicht tun! 

Jede Bank ist schonungslos auf Gewinnmaximierung ausgerichtet. Dabei sind die blödsinnigen Bewertungen ebenso wichtig, wie die Rüstungsaktien in Kriegszeiten.