Lebenslauflüge als Marketinginstrument

Es ist ja mittlerweile bekannt, dass die akademischen Titel von Politikern mehr als allgemein üblich plagiiert oder mit extrem dünner Nadel an weitgehend unbedeutenden Hochschulen im Ausland gestrickt worden sind. Der Grund ist ein unbegrenzter Ehrgeiz zur Selbstvermarktung, gepaart mit sozialer Rücksichtslosigkeit und einer Positionierung außerhalb der Rechtsnormen. Erst einmal entlarvt, mutiert so ein geachteter Politiker zur bemitleidenswerten Wurst. Man weiß danach auch, dass ein akademisches Label kein zuverlässiger Indikator für Integrität und Qualifikation ist.

Wie wir jetzt sehen, geht es aber noch viel einfacher: Die Bundestagsabgeordnete der SPD Petra Hinz (aus meinem Heimatstadtteil in Essen) hat einfach nur ihren Lebenslauf mit einem erfundenen Abitur, einem dazu erfundenen Jurastudium und zwei juristischen Staatsexamen aufgehübscht.

Sie war stets im Stillen so fleißig – wie man so sagt –   dass man kaum etwas von ihr hörte, ohne ihre politische Arbeit anzweifeln zu können.

Es wurde erst anders, als unlängst ehemalige Mitarbeiter in Berlin ihr einen menschenverachtenden Führungsstil vorwarfen. Darauf diagnostizierte sie eilig, dass hier anonym eine ehrabschneidende Diffamierung auch zum Schaden der SPD wirksam sei.

Ob nun die neuerliche Enthüllung auch eine Folge des notdürftig begrabenen Aufbegehrens ihrer Mitarbeiter ist, ist unbekannt. Es dürfte aber nicht wundern.

Jedenfalls erweist sich der Lebenslauf immer schon großer Beliebtheit, um sich besser darzustellen als man ist. Und die Grenzen sind fließend. Früher war es durchaus üblich, in die Dramaturgie des Lebenslaufes noch die Berufe der Eltern aufzunehmen oder eben wegzulassen, wenn das dem Zweck des Lebenslaufs dienlich war. Man möchte gar nicht wissen, wie viele LKW-Fahrer als Spediteure ausgewiesen wurden. Jedenfalls ist es im isolierten Lebenslauf selbst besonders einfach, Fälschungen unterzubringen. Man muss nur etwas behaupten. Und das ist es auch schon. Wenn alles glatt läuft, fragt niemand nach Belegen.

Faszinierend ist bei den Plagiateuren und Fälschern im Fall der Entlarvung der plötzliche und unvermittelte Durchstich in ein bescheidenes Seelenleben. Manche Menschen ergründet man ja nie. Plagiateure und Fälscher in eigener Sache sind mit der Entlarvung unmittelbar auch ergründet.

Frau Hinz lässt nun anwaltlich vortragen, sie wisse selbst nicht, warum sie das Abitur und dann auch noch den Rest erfunden hat. Sie wehrt sich also noch ein bißchen gegen die öffentlich vollzogene Ergründung ihres Seelenlebens. Dabei weiß alle Welt, dass sie – siehe oben – einen unbegrenzten Ehrgeiz zur Selbstvermarktung, gepaart mit sozialer Rücksichtslosigkeit und einer Positionierung außerhalb der Rechtsnormen lebt.

In dieser Art hätte sie also zumindest in der Politik nie gemocht werden dürfen.

Vielleicht gibt es ja eine unausgesprochene Aufforderung in Parteien, sich alles so zu Recht zu biegen, wie es ins Konzept passt. So etwas wie der ehrliche Arbeiter kommt darin ja nicht vor. Das würde auch erklären, dass der Blick in die defizitäre Persönlichkeitsstruktur ausgespart und Kleingeister in Parteien nicht gern entlarvt werden. Es könnte von der Politik ablenken und viele treffen.

Wie schön, dass es autonome journalistische Ansprüche gibt, so etwas aufzuklären! Die Zeitungen sind gerade voll davon! Allen voran das Informer Magazine …

„Busted flat in Baton Rouge“

„Busted flat in Baton Rouge“

Die Gewalt geht von Volk aus und wird dem Staat im Namen aller zur Verfügung gestellt.

Der neuzeitliche Rechtsstaat weiß bisher nicht, wie er die Gewalt besser regeln soll.

Besser wäre eine Welt ohne Gewalt, die gibt es aber nur als denkbare Zielvorstellung.. Der Rechtsstaat muss also mit der Gewalt umgehen können, wenn sie irgendwo in Erscheinung tritt und er muss Gewalt ausüben können, wenn es kein anderes Mittel gibt, die grundlegenden Dinge des States zu regeln.

Die Polizei, die Steuerbehörden und der Justizvollzug sind also beispielsweise im Rechtsstaat unverzichtbar, allerdings am Volk, also an Gesetzen, auszurichten und zu überprüfen.

Die ganze Sache ist so gedacht, dass der Einzelne sich darauf verlässt, dass der Staat ihn vor Ungerechtigkeiten, insbesondere vor Gewalttätigkeiten, schützt und er deshalb selbst auf eine Gewaltausübung verzichtet.

In den USA ist das im Prinzip nicht anders als in Deutschland. Der Unterschied ist aber, dass in Deutschland der Waffengebrauch strenger reglementiert ist und in den USA dagegen, aus der Tradition des wehrhaften Cowboys, jedermann sehr viel einfacher selbst das Recht für sich beansprucht, mit einer Waffe durch den Tag zu gehen.

Sinn der Waffe ist und bleibt ihr Einsatz. Man weiß aus der Erfahrung und aus der Friedensforschung, dass allein die Verbreitung von Waffen zu einem stark erhöhten Risiko führt, auch an den staatlichen Regeln vorbei die Waffen einzusetzen. Das macht der arrogante Rechthaber dann ebenso, wie der Loser im Alltagsgeschehen und der ideologiegesteuerte Outlaw, die sich mit der Waffe ganz kurz und ohne Verstand ins Recht setzen und lediglich Unheil anrichten. In den USA passiert das offenbar sehr viel häufiger als in Deutschland. Allgemeine Ungerechtigkeiten, meistens zwischen arm und reich, bieten immer wieder Anlässe zum Waffengebrauch. Der Weg zur Gewaltlosigkeit führt also über die Herstellung sozialer Gerechtigkeit und den faktischen Verzicht auf Waffenproduktion, Waffenhandel und Waffenbesitz.

Wenn nun in den USA immer mal wieder weiße Polizisten schwarze unbescholtene Bürger erschießen, dann stellt sich also die Frage nach der sozialen Gerechtigkeit. Der Rassismus, als Folgeerscheinung der Sklavenhaltung thematisiert die soziale Gerechtigkeit in einem bemerkenswerten Anwendungsfeld. Und es stellt die Frage nach einem rechtsstaatlich befriedeten und geregelten Waffenbesitz.

„Freedom’s just another word for nothin‘ left to lose“

Körpervergrößerung

Vielen hat ihr Körper einfach zu viel Oberfläche. Das ist manchmal äußerst hinderlich.

Als körperbewusst gelten aber jene, die ihren Körper nicht nur in den Proportionen so stylen, dass er unverwechselbar ihr eigens Werk ist, ohne dass irgendwelche zufälligen oder gar natürlichen Abweichungen vom eigenen Bild geduldet würden.

Zur eigenwilligen Bodymodification haben sich im Laufe der Zeit Piercings und Tattoos hinzu gesellt. Sie machen deinen Körper für dich und andere zum einmaligen, also unverwechselbaren Erlebnis. Am Ende der Entwicklung könnte allerdings stehen, dass der nichtmodifizierte Körper ganz besonders auffällig ist. Das wäre kein schöner Effekt für jene, die sich gern unauffällig einpassen.

Der Zeitgeist weht allerdings über Tattoos hinweg, während Piercings mit der Zeit häufig in der Schreibtischschublade landen oder getauscht werden. Es ist eigentlich schade, dass der Zeitgeist stets neue Tattoomotive und auch Techniken zu ihrer Herstellung liefert, der Körper aber nach wie vor nur bedingt als Leinwand taugt, die man überstreichen oder notfalls auswechseln oder gar neu bespielen kann. Manch einer ist in Not, weil die letzte hautfarbene Stelle bereits verschwindend klein geworden ist, aber auch froh, weil Rassisten bei ihm die Orientierung an der Hautfarbe verlieren.

Da bleibt nur der Weg, eben doch mit einem Körper zu arbeiten, der einfach zu viel gefühlte Oberfläche hat, oder aber mit medizinischer Unterstützung die Oberfläche kontrolliert zu vergrößern. So ließen sich tellergroße Ohrläppchen formen oder aber zwischen den Armen und dem Körper Hautsegel montieren, die allerlei Schönheit aufdecken und verstecken könnten.

Okay – das muss erst einmal reichen. Eigentlich möchte ich nicht, dass mir dazu noch mehr einfällt.

Die Fahne flattert

Fahnen stiften Identität und die Identität bringt verbindende Symbole hervor, vor allem die Fahne. Als Flagge verlässt sie das Einzeldasein und wird zur unendlich reproduzierbaren Massenware.

Länderwettbewerbe im Sport sind die Stunde der Flaggen, aber auch Ereignisse, in denen dem Nationalen eine hervorragende Bedeutung zugesprochen wird. Wenn beispielsweise nach einem politischen Attentat an irgendeiner Stelle behauptet wird: „Ganz Frankreich trauert!“, dann wird dazu automatisch als Bild die französische Flagge angeboten. Weil die Trauer ja allgemein ein individuelles Gefühl ist, das sich nicht kollektiv einstellt und im Idealfall auch auf einer persönlichen Verbindung von Opfer und Trauerndem basiert, sind kollektive Emotionen mit Flaggenbeiwerk kritisch zu betrachten. Sie sind in der Regel lediglich die bewusst überhöht inszenierte Darstellung eines einfachen Sachverhalts, dem eine hohe Bedeutung zugesprochen wird.

Deutschland

Immer dann, wenn eine Identität in Frage gestellt wird, wird gern die dazugehörige Flagge (re-) aktiviert. In einer globalisierten Welt, die die Vielfalt gern einebnet, haben vor allem kleine Kulturen und Nationen einen Nachteil in der Beachtung, manchmal sogar in der Bestandssicherung. Ein erhöht Nationalismus und die Darbietung der Flagge und Ihrer Farben ist die Folge. Große Nationen hätten das nicht so sehr nötig, zeigen aber auch Flagge, wenn es drauf ankommt, im Sport. Sie zeigen aber auch  im gesellschaftlichen Leben Flagge, wenn die kulturelle Vielfalt zur Debatte steht und die kulturelle Einfalt der Nation dagegen gesetzt wird. Über all dort, wo Minderheiten um ihre Anerkennung besorgt sind, sehen sie sich mit nationalen Überhöhungen konfrontiert, sie unter der gegebenen Fahne nicht vereint haben zu wollen.

siehe auch: Ausgeflaggt

 

Brückenbeziehung

Brücken müssen auch künftigen Anforderungen genügen.

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Die sogenannten Liebesschlösser an den Brückengeländern machen dabei eine besonders vorausschauende Planung erforderlich. Vor allem vorübergehende Beziehungen, die mit überproportional großen und aufwändig gestalteten Schlössern gefestigt werden sollen, verursachen schon längst eine erhebliche Kostensteigerung im Brückenbau.

Die Luftschlossinitiative verspricht Entlastung:
Es sei nicht einzusehen, dass eine Beziehung freier Menschen mit einem Symbol der Unfreiheit Brücken zum Einsturz bringt. Es ist bisher auch noch zu selten, dass einer Beziehung mit dem Bolzenschneider sachgerecht beendet wird.

Ist Nagy Notsch?

Wenn man in einer bestimmten Sprache spricht, dann sind Namen, die ihren Ursprung in anderen Sprachen haben, oft ein Hindernis. Bei den Namen der Länder und vieler größerer Städte muss man meist nicht auf die Ausgangssprache zurück greifen. Man sagt Frankreich und nicht France und Nimwegen und nicht Nijmegen. Bei Namen von Menschen wird es aber brenzlig. Man würde ja den englischen Mr. Miller nicht Herrn Müller nennen und Guiseppe nicht Josef. Wir sind also in solchen Fällen gehalten, das Original beizubehalten und es phonetisch so weit wie möglich nachzubilden. Das führt nicht selten dazu, dass der eine oder andere mangels einschlägiger Fremdsprachkenntnisse sozial auffällig damit umgeht. So machen die Sportjournalisten im ZDF gern aus dem belgischen Weltklassespieler Hazard einen „Hasart“ anstatt einen „Asaar“. Das lässt sich ja verschmerzen, weil nicht im Unklaren bleibt, um wen es da eigentlich geht. Wenn aber nun der ungarische Spieler Nagy „Notsch“ genannt wird, dann verliert man gern den bezeichneten Spieler aus dem Blick. Ich habe recherchiert, dass der Ungar den Namen Nagy tatsächlich „Notsch“ ausspricht. Da hat das Journalistenteam wohl gute Arbeit geleistet. Allerdings ist der Sinn des Journalismus, dem Rezipienten zu einem besseren Verständnis zu verhelfen, dabei auf der Strecke geblieben. Der Modaldeutsche wird wohl Notsch (gehört) und Nagy (gelesen) weiterhin für zwei Personen halten. Vermutlich gibt es noch viele andere sprachliche Missverständnisse dieser Art. Missverständnisse machen uns menschlich. Das Missverständnis ist ja auch der Normalfall der Kommunikation. Ich plädiere trotzdem dafür, in diesem Fall Nagy zu sagen. Ich könnte allerdings auch meinen Hamster Nagy nennen.

That’s it: Brexit!

Der Wille des Volkes gilt den Demokraten als der Kern jeder Politik.

Volksabstimmungen, wie jetzt in Großbritannien, deuten wir deshalb gern als der Weisheit letzter Schluss. Die praktische Annäherung an den Volkswillen hat dagegen auch andere Spielarten der Demokratie hervorgebracht, allen voran den für den Einzelnen repräsentativen Parlamentarismus. Es ist ja an Beispielen schnell klar, dass das Mittel der Volksbefragung schnell in die Irre führt. Gefragt, ob man Steuern zahlen will, sagen alle gleich nein. Und bei der Bestimmung des Fernsehprogramms per Abfrage wäre das Ergebnis gleich den Einschaltquoten. Sport und seichte Unterhaltungen kicken Kultur und mit ihr die ganze Vielfalt in politischen Magazinen, Kleinkunst und alle Themen von und über Minderheiten ins Off. Filme mit Tieren gehen natürlich auch immer.
In der Schweiz, die sich auch aus Gründen der Überschaubarkeit einen Rest direkter Demokratie traditionell erhält, sieht man in der letzten Zeit das Gleiche wie jetzt in Großbritannien: Nationalistische Gruppierungen mit festem Feindbild sorgen für Stimmung gegen Minderheiten und suchen damit die Volksabstimmung. Von den Grundrechten bleiben ihnen nur noch die groteske Überhöhung der abgefragten Selbstbestimmung, in der Rassismus, Minderheiten und die Verantwortung für das große Ganze als Themen keine Rolle spielen. Man will einfach nur — und denkt an den Verfassungen und Menschenrechten dieser Welt vorbei.
In Großbritannien ist es nun so, dass man sich auf einen Parlamentarismus geeinigt hat, an dem der Bürger vor allem über Wahlen und die Teilhabe an der Politikgestaltung von Parteien, Verbänden usw. beteiligt ist. Das parlamentarische System hat den Vorteil, dass im Kräfteverhältnis der Wahlergebnisse sehr viel mehr Sachverstand und Meinungsbildung die Chance auf eine gute und verantwortbare Politik erhöht. Es ist allerdings nicht zwangsläufig so. Es gibt ganze Kabarettprogramme darüber, wie der Profipolitiker den Kontakt zum Volk verliert und es zum Opfer seiner Entscheidungen macht. Das funktioniert nicht nur am Beispiel des EU-Parlaments. Menschenwerk ist fehlbar und überall der Kritik auszusetzen. Gleichwohl gilt der Parlamentarismus als eine gut bewährte Form der Demokratie, aber eben nicht als der Weisheit letzter Schluss.
Das Konzept der Rätedemokratie zeigt sich zwar noch weit demokratischer, hat sich aber trotz einiger Versuche bisher nirgendwo etabliert. Es setzt auf den mündigen Bürger, der allerorts sein politische Position prüft und zielgerichtet und aktiv einbringt. Bürger im lustig chilligen Rückzug oder Bürger, die bereits anderweitig ausgelastet sind, wären mit einem Rätesystem per se überfordert und würden eines Tages bestimmt randständige beklagen, dass alles anders läuft als als sie eigentlich wollen würden.

Großbritannien hat mit der Volksbefragung gegen den Verbleib des Landes in der Europäischen Union eigentlich noch gar keine Entscheidung getroffen, sondern lediglich des Volkes Stimme auf den Punkt gebracht. Damit hat man eine moralisch verbindliche Position organisiert, die die zweifelhafte Qualität aller Entscheidungsargumente und Entscheidungsmotive schnell vergessen lässt. Im Parlament ist also jeder Abgeordnete frei, sich auch gegen die Stimme des Volkes zu positionieren. Es ist also besonders spannend und entscheidend, wie nun das Parlament abstimmen wird. So, wie die Dinge liegen, wird das Parlament ohnehin zu 48% gegen die Vorgaben des Volkes sein, das ja, wenn es jünger wäre mit Sicherheit die gegenteilige Entscheidung getroffen hätte. Das belegen die Wahldaten.
Es ist also beileibe nicht so, wie es auf den ersten Blick den Anschein hat, dass das Parlament das Votum des Volkes nur verwaltet und in diesem Fall einmal dem Volk zu folgen hat. Die Parlamentarier haben nämlich „im Namen des Volkes“ selbst ein Mandat, das eigentlich auch korrigierend wahrgenommen werden kann. Parlamentarismus und direkte Demokratie können im Widerspruch stehen und zu unterschiedlichen Ergebnissen kommen. In diesem Fall ist aber der Widerspruch nach der Verfassung, also in diesem Fall parlamentarisch zu bewältigen. Bei der nächsten Wahl kann dann der Bürger wieder in das Geschehen eingreifen.

Wenn man nun bedenkt, dass vor der Volksbefragung der Briten, also in der Wahlwerbung, mit geradezu irrsinnigen Argumenten und gegen die Faktenlage die EU zum Feindbild stilisiert wurde und der kulturfremde Flüchtling als Angreifer auf die gute britische Tradition gebrandmarkt wurde, dann könnte man das alles als eine Inszenierung mit dem willfährigen Bürger begreifen: Man will von den Unzulänglichkeiten in parlamentarischen Entscheidungsfindungen ablenken und den Weg wertkonservativer und rücksichtsloser Rassisten gehen. Die ebenfalls rücksichtslose und hochgerechnete Einzelmeinung zur traditionsfesten Abwehr von Feinden wird als Entscheidung durchgesetzt.
Wer die Tür zuschlägt, ohne den Schlüssel bei sich zu haben, hat ein Problem. Wenn es allerdings alle so machen, dann wird es trotzdem lustig.

Rousseaus unterschied vorausschauend schon im 18. Jahrhundert zwischen dem Willen aller Einzelnen und dem Gemeinwillen. Das sind eben zwei völlig,unterschiedliche Dinge, obwohl sie sich zum Verwechseln ähnlich sehen.

Ampel für Handynutzer

Allein der Feldversuch in Köln ist sehr umstritten, speziell für Handynutzer die Fußgängerampel in den Gehweg einzubauen.

Zur Rettung der Vernunft helfen auch diesmal Hausinschriften.

Vorwärts

All-Rheydt?

Rheydt war bis zur kommunalen Neugliederung 1975 eine Stadt, die mit 100.000 Einwohnern so groß wie Mönchengladbach war und trotzdem ganz anders. Allein der Name hat Charakter, der Mönchengladbach weit hinter sich lässt. Dass beide Städte direkt aneinander grenzten, war der Anlass, Rheydt zum Stadtteil mit seinerseits eigenen Stadtteilen zu machen. So lebe ich hier in Mönchengladbach-Rheydt-Pongs. Es ist klar, dass die allgemeine Liberalisierung der Verwendung von Autokennzeichen auch die Rheydter ermutigt, nostalgisch bis autonom das alte Kennzeichen wieder nutzen zu wollen. Der Gesetzgeber sieht angesichts der heutzutage einfachen und optimierten Datenverwaltung kein Hemmnis mehr, neue Domains zuzulassen und alte zu reaktivieren und sie bei einem Umzug auch weiterzuführen.
Eine Ratsentscheidung in Mönchengladbach folgt dem nicht. Die Rheydter sind in der Minderheit und ein Minderheitenschutz kommt dort niemandem in den Sinn.
Wenn Vielfalt per se gut ist, dann gibt es doch gar kein Argument, dagegen zu sein. Parlamente sollten ermöglichen anstatt zu verhindern. Aus der Ratsdebatte gibt es dann auch nur das Ersatzargument, dass man wichtigeres zu entscheiden habe, garniert mit etwas Polemik.
Na gut, man muss mit seinem MG-Kennzeichen ja nicht immer zwanghaft erklären, dass man in Wahrheit aus Rheydt kommt. Man kann damit auch ganz locker fahren. Man kann aber gelebte Vielfalt als ein Symbol setzen für eine offene Stadt, die stets dezentral eigenwillig ist.
Gegen die kommunale Zuständigkeit habe ich nichts. Ich würde auch verhindern wollen, dass der geliebte Enkel OMA als Hauptdomain beansprucht. Der Fokus von Ratsentscheidungen sollte allerdings sein, Möglichkeiten zu fördern anstatt sie zu verhindern. Weil so ein Rat das offenbar nicht selbst merkt und selbstgefällig entscheidet, sollte der Gesetzgeber der freien Entscheidung Grenzen setzen.
Mönchengladbach wird mir immer hässlicher. Aber im Karneval werden Rheydt und Mönchengladbach noch getrennt regiert. Dem Allerwelts-„Halt Pohl“ setzen die Rheydter ein „All Rheydt“ entgegen. Das erfreut auch den Nichtkarnevalisten immer mehr. Wie wäre es vorübergehend mit einem passenden Aufkleber für das Auto?

Die Presse und die Brücke sind wieder mal nicht perfekt!

Ich habe dafür ein Beispiel.

Gestern berichteten Medien über einen tödlichen Unfall bei dem Bau einer Autobahnbrücke. Manche Medien berichten, das Baugerüst sei abgestürzt und andere berichten, die Brücke selbst sei in einem Segment abgestürzt. Die Bilder zeigen jedenfalls, dass wohl auch das Brückensegment selbst abgestürzt ist und das Gerüst dann wohl mitgezogen hat. Nun ist es aber so, dass eine bereits fertige Brücke so einfach gar nicht abstürzen kann. Deshalb habe ich die Vermutung, dass die Verschalung, in die der Beton gegossen wird fehlerhaft war und dem Druck des Betons nicht standgehalten hat. Dadurch sind dann wohl die Verschalung, das noch nicht ausgehärtete Brückensegment und die Gerüstteile in die Tiefe gestürzt.

Letzteres ist nur eine plausible Vermutung, denn ich habe darüber nichts gelesen. Die Presse könnte bei einer Recherche mehr heraus bekommen und auch Experten befragen. Das tut sie aber nicht. Überall liest man nun unfertige und lückenhafte Mutmaßungen über den Unfall, denen bereits die erste die Plausibilität fehlt.

Jaja, so ist das mit der Presse, sie ist nie perfekt, sondern so fehlerhaft wie der Mensch. Es wäre beiden zu wünschen, dass sie etwas mehr Selbstoptimierung betreiben.

Und doch ist die Presse ganz gut. Einzelne Presseberichte vermitteln immer nur einen perspektivischen Zugang, weder die Wahrheit noch die Unwahrheit. Das, was es zu übernehmen oder abzulehnen gilt, entsteht erst im Kopf des Medienkonsumenten. Alles zu glauben wäre naiv. Alles als Lüge oder sonst etwas zu etikettieren, würde gleichbedeutend sein mit der Verweigerung, am Leben teilzunehmen.

Der Erkenntnisgewinn geht eher dialektische Wege. Man reimt sich eine möglicherweise richtige Theorie zusammen, wenn man mehrere falsche ausgewertet hat. Das zeigt das Beispiel vom Brückeneinsturz deutlich. Das dialektische Denken ist unter dummen Menschen nicht weit verbreitet. Ich betone aber ausdrücklich, dass ich dumme Menschen nicht verurteile. Die Menschen in Ihrer Gesamtheit sind mit der Dummheit normalverteilt ausgestattet. Es gibt also viele, die nur ein bisschen dumm sind, aber eher wenige, die sehr dumm oder eben überhaupt nicht dumm sind. Die dummen haben aber gern einmal die Tendenz, sich monokausal ausgestalteten Weltdeutungen anzuschließen, die immer nur zwischen richtig und falsch oder Lüge und Wahrheit unterscheiden und es aussparen, den Graubereichen dazwischen  – also dem Leben – auf der Spur zu bleiben.

Wer also direkt mehrere unterschiedliche Medien liest und hört und dabei prinzipiell nichts ausgrenzt, kommt der Wahrheit auf die Spur. Wer die Zeitung der Wahrheit sucht hat es aus der Hand gegeben, sich ein realitätsgerechtes Bild zu machen. Eine Lügenpresse gibt es also nicht.