Über die Wege des Reichtums

Der Weltstar Billie Eilish lässt immer aufhorchen und rät in diesen Tagen sogar wirklich reichen Leuten, ihre Millionen und Milliarden denen zu geben, die arm sind.

Wenn man sich nicht gerade darin versucht, ein egozentrischer Weltgestalter zu sein, dann liegt einem die Idee der Gerechtigkeit, gar die Gleichverteilung nicht erarbeitbarer Großvermögen am Herzen.

So ein Lastenausgleich ist die Sache jedes einzelnen, aber auch die Sache des Gemeinwesens. Dem Gemeinwesen ist man ja auch nur zugehörig im Vertrauen darauf, dass es im Staat gerecht, friedlich und ressourceschonend zugeht.

In den USA gibt es eine hoch bewertete Tradition, dass man vor allem das besitzt, was man auch verteidigen kann. Diese Idee stammt aus der Zeit, als der Staat im sozialen Leben eines gerade zu besiedelnden Landes nur auf dem Papier stand. In der Praxis musste man einfach nur stark sein oder in kleinen Enklaven die Tugenden der Nächstenliebe und der damit verbundenen Gerechtigkeit leben.

Zwischen Macht und Nächstenliebe entwickelte sich nicht so sehr der soziale Rechtsstaat, sondern der sich selbst zur Wohlfahrt verpflichtende reiche Mann.

So ist es bis heute so, dass in den USA die Armen, denen der gepriesene Weg des Selfmademans meist verschlossen bleibt, arm bleiben, bis sich ein Reicher findet, der ihm etwas abgibt. Das ganze System der sozialen Hilfen und passenden Forschungsclustern basiert in den USA auf Stiftungen und Projekten reicher Leute, die sich den Armen widmen und dafür auch gern einmal ihre Gattinnen einspannen. Unter dem Strich sind solche Stiftungen auch lukrative Unternehmen und tragen sich selbst, ohne das beanspruchte Vermögen zu beschädigen. Der ganze Kulturbereich der USA vertraut auf das gleiche Prinzip. Theater, Museen, wegweisende Entwicklungen tragen meist den Namen ihres Founders.

Nun wundert erst also nicht, dass Billie Eilish mit gutem Grund die Reichen im Land auffordert, ebenfalls etwas Gutes zu tun.

Wenn man es näher betrachtet, funktioniert diese US-amerikanische Wohlfahrt nicht so richtig. Es gibt hie und da großzügige Hilfen, hie und da aber auch schon mal nichts. Der Rechtsstatus der Armen ist extrem eingeschränkt und sie agieren ohne große Widerworte abhängig.

Ob Herr Hoeneß oder Herr Trump oder die Tec Bros aus den Silikon Volleys der Welt, sie profitieren von ihre Freude am sozialen Engagement durch ein Wohlgefühl, ein gutes Image und vergleichsweise geringe Investitionen, die häufig in Gewinne umschlagen.

Ich mag Billie Eilish und höre gern ihre Musik. Ich rate ihr aber trotzdem, sich den sozialen Rechtsstaat europäischer Art einmal näher anzugucken und dann für eine Gesetzgebung zu sprachen, die soziale Rechte und die damit verbundene Finanzierung absichert und aus Bittstellern Bürger macht.

Die Weltherrschaft der milliardenschweren Egomanen schwappt gerade nach Europa. Europas kleine Milliardäre und ihre Lobby arbeiten fleißig daran, das Existenzminimum und die Gastfreundschaft in einer vielfältigen Welt zu schleifen und sogar Wind und Wetter am Spiel der Großverdiener auszurichten und auch noch deren Steuerlast zu minimieren.

Dass Billie Eilish da nicht so recht aus ihrer Haut heraus findet, das ist verständlich wie verzeihlich. – Trotzdem ist die verbesserte Welt schon an vielen Stellen zu erleben. Dort treffen wir uns in Vielfalt und sozialer Gerechtigkeit.

Joan Beaz – Queen of Folk und Bürgerrechtlerin – hat, wie man gerade liest, sogar den Tec Bros persönlich zugerufen, sie mögen ihren Reichtum spenden. Selbst das führt zum Erstaunen, zu mehr aber auch nicht. Der Hashtag #taxtherich geht auch in den USA schon verwegen einen Schritt weiter. Das werden die Jungs aus dem Valley mit Milliarden dagegen ballern – das folgt jedenfalls der Tradition ihres Bildes von Gott und den Menschen.

Nepal ist überall

Nichts funktioniert so gut, wie die Spendensammlung im Katastrophenfall.

Die Hilfsorganisationen bitten schon um zweckungebundene Spenden, weil sie das Geld anderenfalls nicht sinnvoll verwerten können. Die Nothilfe ist nun auch in Nepal gesichert. Langfristige Hilfen – in Nepal beispielsweise für die Infrastruktur und sichere Gebäude – funktionieren dagegen nicht. Es wäre schon gut, Fischern nicht ihre Fanggründe leerzufischen, mit unseren abgelegte Textilien und Schlachtabfällen nicht ferne Märkte zu verstopfen und über private Rechte an Saatgut die Landwirtschaft zu erschweren …

Ganz nebenbei wäre damit der Umzug übers Mittelmeer nicht mehr die letzte Chance zur Menschenwürde.

Es verwischt nur die Fronten für ein gutes Gefühl, wenn man aus seinem Überfluss spendet. Es ist obendrein ungerecht, weil die eher ärmeren Leute zum Spendenaufkommen überproportional beitragen, während dieser reicheren Menschen ihr aktives Spenden auch wirtschaftlich nutzen.
Zu raten ist, eine Entscheidung dafür zu treffen, keine Märkte auszubeuten und historische Ausbeutungen weitestmögliche auszugleichen. Daran kann jeder allein schon durch bedachte Kaufentscheidungen mitarbeiten.

siehe auch

Am Spendenwesen genesen?

Im Eiswasserwettbewerb #Icebucketchallenge geht es aktuell um eine lockere, sich bereits wieder lösende Verbindung von Dingen, die eigentlich nichts miteinander zu tun haben. Das scheinbar archaisch-masochistische Selbstübergießen mit Eiswasser wird über eine Geschäftsidee an eine Spendenaktion für Menschen gekoppelt, die unter einer bestimmten, schlimmen Krankheit leiden. Während der Sinn des Spendens nicht zur Debatte steht, ist das in Videofilmen exhibitionierte Event mit dem Eiswasser in dieser Zeit immer wieder einmal gern gesehen. Es wundert nicht, dass die Aktion immer spitzfindiger inszeniert wird, weil man unter den zunehmend vielen Akteuren ja schließlich auch beachtet werden will.
Jeder bevorzugt seine eigene Art der Selbstdarstellung.
Gegen die Follower im Eiswasserhype ist nichts vorzubringen, auch wenn sie bald sicherlich auch Erdbeerbowle, Weißbier und Kölschs durchs Dekolleté schwämmen werden, um unter den vielen andren noch beachtet zu werden.

Aber wie sieht es mit dem Spenden aus? Der amerikanische Spendenempfänger – die ALS Association – soll ja angeblich sinnlose Tierversuche finanzieren und seine Kosten für nichtforschendes Personal, Öffentlichkeitsarbeit usw. soll den Großteil der Gelder auffressen. Das berichten beispielsweise die Ärzte gegen Tierversuche e.V.  und der Stern. Ein Nebeneffekt ist, dass nun andere Akteure der ALS-Forschung dem designierten Spendenempfänger auch noch das Wasser abgraben und zu ihren Gunsten den Hype befeuern.

Dass das Spenden per es gut ist, wird trotzdem fast nie angezweifelt.

Ich zweifle es jetzt aber einmal daran:

Es ist bei den Spenden, wie bei den Lebensmitten: Wenn du keinen unmittelbaren Zugang zur Herstellung des Produkts hast, bist du auf Vertrauen angewiesen. Dieses Vertrauen rechtfertigt aber selten ein Gesicht, das bestenfalls als Modelface angeboten wird. Gütesiegel schöpfen deshalb die Vertrauensbereitschaft ab und gewährleisten Geldströme auf Spendenkonten oder in Unternehmertaschen. Gütesiegel nehmen uns schleichend die Aufgabe ab, selbst zu bestimmen und das, was wir bestimmen, auch noch zu begründen.
Durch Spenden werden angeblich dringend notwendige Sachen finanziert. Es fällt nie schwer, etwas als dringend notwendig zu markieren. Dabei ist das demokratisch verfasste Gemeinwesen so ausgerichtet, dass es mit Prioritätensetzung über Einnahmen und Ausgaben in öffentlichen Haushalten befindet. Das entspricht auf der Einnahmenseite und auf der Ausgabenseite dem Prinzip der sozialen Gerechtigkeit, auch wenn sie stets nachzubessern und nie zufriedenstellend ist.
Wenn nun Spenden oder gar Lotterien ins Spiel kommen, dann führt das dazu, dass die Schwerpunkte bei den öffentlichen Ausgaben verschoben werden. Man gibt also dort weniger aus, wo gespendet wird.
Die Herkunft der Spenden ist aber ungleich verteilt und die Spenden sind für die Spender selbst unterschiedlich nützlich. Bei allen Spendenaktionen sind die weniger wohlhabenden Leute überproportional vertreten, weil deren kleine Einzelspenden in der Summe stets erheblich viel mehr ausmachen, als die Großspenden. Die Großspender nutzen die Spendenquittung sehr effektiv zur Steuerersparnis und steigern ihre öffentliche Beachtung über die Präsenz in Spendenaktionen erheblich.
Sehr viel vernünftiger wäre es, wir würden ein rundum aktives und vertrauenswürdiges Gemeinwesen betreiben und die wichtigen sozialen Aufgaben über Steuern finanzieren. Bisherige Spenden könnten dann als Steuerhöhungen gehandelt werden.
Das ist so gerecht wie möglich!

Siehe auch!