Mein Brief an einen Oberbürgermeister

Guten Tag Herr Heinrichs,
Ich habe heute an der Hermann-Gmeiner-Grundschule ein Schild gesehen, das ausdrücklich in ihrem Namen dort steht und das mir Sorge bereitet.

Ich schicke voraus, dass meine Kinder auf dieser Schule waren und dass ich sehr oft auch mit meinen Enkelkindern den Spielplatz der Schule genutzt habe.

Als erstes bereitet mir das Schild sorge, weil damit Gestaltungsfreiräume ohne Grund eingegrenzt werden. Nahezu alle Kommunen nutzen außerhalb der Unterrichtszeiten die Spielplätze öffentlich und inklusiv, anstatt sie zwischendurch ungenutzt zu lassen. Das ist wirtschaftlich und kommt vor allem den Kindern zu Gute, die in verdichteten Lebensräumen andere Spielplätze kaum selbst erreichen können. Sollte es aber tatsächlich einen Grund für die Sperrung geben,  würde er gleichermaßen auf sämtlichen Spielplätzen der Welt gelten und in sofern lebensfremd sein.

Als zweites besorgt mich die bekanntermaßen falsche juristische Klausel, dass Eltern für ihre Kinder haften. Nach deutschem Recht haftet niemand für einen anderen und erst recht nicht Eltern für ihre Kinder. Es könnte wohl so sein, dass Eltern ihrer Aufsichtspflicht nicht nachkommen, was übrigens niemals sehr einfach zu entscheiden ist. In dem Fall würden dann die Eltern für das haften, was sie selbst getan oder eben unterlassen haben. Kinder sind nicht einmal deliktfähig (bis 7 Jahren) oder nur eingeschränkt deliktfähig (bis 18 Jahren).

Würde man korrekt schreiben „Liebe Eltern, passen sie bitte auf ihre Kinder auf!“, wäre das ganze Schild ziemlich entbureaukratisiert und menschenfreundlich.

Mein Rat ist es trotzdem, das Schild einfach nur abzuhängen.

Mit freundlichem Gruß und Glückwunsch zur Wiederwahl
NO

Es ist absehbar, dass es hier einen Nachtrag geben wird.

„Haste n Schaden?“

Zwei kleine Kinder haben in einem Haus einen Schaden von mutmaßlich 15000€ angerichtet. Und schon zitieren alle Kommentatoren das Baustellenschild: „Eltern haften für ihre Kinder!“ – „Das weiß doch jeder!“

Dabei ist es nach deutschem Recht stets so, dass jeder Mensch nur für das haftet, was er selbst angestellt hat. Irgendeine Sippenhaftung spukt trotzdem seit ewigen Zeiten durch die Köpfe. Richtig daran ist nur, dass die Angehörigen meist betroffen sind und Verantwortung fühlen, wenn ein einzelnes Familienmitglied etwas angestellt hat. Man ist dann meist gemeinsam bemüht, den Schaden aus der Welt zu schaffen und dem Geschädigten die Sache wieder gut zu machen, bevor etwa ein Rechtsanwalt das Szenario betritt. Das ist auch gut so.

Rechtsstaatlich ist lediglich die Verletzung der Aufsichtspflicht ein Thema, denn sie ist strafbar (§ 171 StGB) und hat eventuell auch noch zivilrechtliche Konsequenzen. So eine Verletzung zu belegen ist häufig nicht sehr einfach. Mit zunehmendem Alter der Kinder werden Eltern und Kinder entwicklungsnotwendig öfter einmal auch getrennte Wege gehen. Es kann also in einem Fall unbeanstandet bleiben, wenn Kinder etwas anstellen und die Eltern nicht dabei sind.

Den zivilrechtliche Schaden eines anderen – wenn das Kind also etwas kaputt macht oder klaut – hat das Kind grundsätzlich selbst zu begleichen. Dazu muss es aber deliktfähig sein. Unter 7 Jahren ist das aber, gesetzlich geregelt, nicht der Fall. Über 7 Jahren kommt es auf die geistige Entwicklung des Kindes an. Im Einzelfall kann es dabei ebenfalls recht schwierig sein, eine Einsichtsfähigkeit und damit eine Deliktfähigkeit zu belegen. Sind die Kinder volljährig, dann sind sie im Prinzip auch deliktfähig. Aber auch davon kann es Ausnahmen geben, wenn der Verstand irgendwie getrübt ist. Auch das ist oft nur schwer zu belegen.

Wird aber eine Verletzung der Aufsichtspflicht in einem Gerichtsurteil festgestellt, dann kann sich daraus auch ein zivilrechtlicher Anspruch auf Schadensersatz ergeben, aber nicht dann, wenn der Schaden auch dann entstanden wäre, wenn die Eltern ihrer Aufsichtspflicht genügt hätten.
Wenn also die Eltern tatsächlich haften, dann jedenfalls niemals für ihre Kinder.

Wenn nun die kleinen Kinder auf den Porsche klettern, um einen Apfel zu pflücken, dann ist es sehr wahrscheinlich, dass auch der Porscheeigentümer auf dem Schaden sitzen bleibt. – Es ist ja gut, dass der Gesetzgeber vor allem kindergerecht agiert und nicht jeden privaten Schaden auffängt.

Es gibt wohl Haftpflichtversicherungen, die außerhalb der Rechtslage kulanterweise zur Kundenpflege bis zu 5000€ zahlen, wenn die Kinder, die etwas anstellen, ausdrücklich deliktunfähig sind. Verständnis habe ich dafür nicht.

Eltern haften

Immer wieder lese ich, dass Eltern für ihre Kinder haften.

Elternhafta

Das ist falsch!

Dieser Fall, dass jemand von Gesetzes wegen für jemanden anderen haftet, ist in Deutschland nirgendwo vorgesehen.

Es ist stets so, dass man lediglich für das haftet, was man selbst anstellt.

So haben die Eltern beispielsweise den Kindern gegenüber eine Aufsichtspflicht. Wenn sie also ihre Kinder nicht sorgfältig beaufsichtigen – das kann von Situation zu Situation und von Kind zu Kind höchst unterschiedlich sein – dann haften sie dafür, aber eben nicht für die Kinder.