Ich mag Pfifferlinge

Ich esse für mein Leben gern Pfifferlinge. Das fing in meiner Schulzeit während der Sommerferien an, die ich stets in einem Dorf in Frankreich verbrachte. Die Pilze wuchsen im Wald hinter dem Garten, kamen nur kurz in die Pfanne und wurden dann mit etwas Salz bestreut. Wir sammelten und aßen sie täglich. Außerhalb der Ferien waren Pfifferlinge in meiner Lebenswelt nahezu unbekannt und jedenfalls unbezahlbar und meistens auch von schlechter Qualität. Im Erwachsenenalter bekam ich Pfifferlinge nur in Düsseldorf auf dem Markt am Karlsplatz. Preiswert waren die auch dort nicht, aber von guter Qualität. Nun sehe ich beim üblichen Einkauf am Ende das Sommers stets Pfifferlinge, die mir kaum essbar erscheinen, zu Preisen, die ich niemals zahlen werde, zumal beim engagierten Putzen der überwiegende Teil vor dem Zubereiten der Mahlzeit aussortiert wird.

Gestern habe ich Pfifferlinge im Laden gesehen, die etwas besser aussahen. Nach reichlicher Überlegung habe ich sie gekauft – 200 Gramm für 5,69 €. Sie kamen aus „Belarus“, auf deutsch Weißrussland. Ich habe dann zu Hause im Pilzkonglomerat zunächst nach Drohnen und geheimen Botschaften von Flüchtlingen aus den weißrussischen Wäldern gesucht. Ich habe aber nichts gefunden und hätte mich gefreut, wenn die beigepackten Kiefernadeln und Grashalme hätten sprechen könnten. Die Pfifferlinge selbst wirkten gottverlassen und hatten mit ihrem Leben vor Tagen schon sichtbar abgeschossen. 

Ich habe eine kleine und klein zerteilte Schalotte im Butterschmalz angebraten und dann die des Essens würdigen Pfifferlinge dazu gegeben und etwas Salz und etwas Sahne, weil die Sahne auch den Nudeln als Beilage zugute kommt. Es war lecker, wenn auch nicht gut aussehend. Man kann das mal machen. Aber Preis und Aufwand  sorgen dafür, dass es sich letztlich nicht lohnt.

Wie ich heute weiß: Als Kind in den Sommerferien war ich in jeder Beziehung ein wirklich reicher Mann. 

Dieses und jenes Brot

Das recycelte Brot ist jetzt der heiße Scheiß im Bäckereigewerbe. Der handwerkliche Bäcker, der auch immer schon altes Brot im neuen Brot verarbeitet hat, bleibt meist außerhalb der Betrachtung, weil er schon fast ausgestorben ist, wenn er sich nicht rechtzeitig den Weg in die industrielle Produktion gebahnt hat. Der industrielle Bäcker hat sehr viele Verkaufsläden und nutzt die künstliche Intelligenz, um einerseits im Laufe des Jahres die Kundenwünsche punktgenau zu bedienen und anderseits keine Lebensmittel zu verschwenden. Er nutzt die komplexen Algorithmen, damit fast nichts übrig bleibt und trotzdem jeder kaufen kann, was er will. So weiß er etwa ganz genau, welche Backwaren am Silvestertag von wem bevorzugt von welchem Kunden gekauft werden. Wenn es um Lebensmittel geht, überlagert eben die Aufgabe des kostengünstigen Wirtschaftens die Aufgabe der gerechten Nutzung von Ressourcen. Also sagt der Industriebäcker gern, dass man zum Wohl der Menschen nichts verschwendet und meint damit vor allem, dass er mehr verdient, wenn er keinen Bioabfall produziert. Dass er auch noch seine Backstube als Fabrik hergerichtet hat und der großen Palette der Lebensmittelchemie täglich die Tür öffnet, versteckt er hinter seinem Verkaufsbooster namens Oma Trudes Streuselkuchen, der immer mit so einem Sepiabildchen von Oma Trude hinter der Theke liegt. – Noch schmecken wir, dass Oma Trude ihre Hand überhaupt nicht im Spiel hat. Schon bald brauchen wir aber den Lebensmittelchemiker um zu erfahren, was wir denn da überhaupt essen.

Das ist ein Symbolbild für BROT