Schweigen ist Silber
Frau Merkel ist nicht mächtig! Die öffentliche Darstellung einer Macht ist kaum zu begründen. Sie hat nämlich nur ein Mandat auf Zeit, das an den Willen der Bundestagsabgeordneten und der wiederum gebunden an die Wahlentscheidung der Bürger gebunden ist. Mit einer neuen Wahl wird neu gemischt.
- Sie werden als Nichtwählerpartei verunglimpft, obwohl es ja offensichtlich ist, dass sie weder als Partei antreten noch wie Parteigänger verrechnet werden wollen.
- Sie werden als Politikverdrossenheit gebrandmarkt, obwohl sie vielfach nur die Konsequenz aus der Bürgerverdrossenheit der Politiker ziehen.
- Sie werden als Verweigerer grundlegender Bürgerpflichten stigmatisiert, obwohl sie sich einwandfrei im Raum des Wahlrechts bewegen, das auch zulässt, dass man nicht wählt.
- Sie werden als weniger intellektueller Bodensatz der Gesellschaft, der vielleicht an ihre individuellen Freuden, aber nicht an das gesellschaftliche Wohlergehen denkt, mitgeschleppt, obwohl sie trotz gegenteiliger Beteuerungen systematisch aus den s fern gehalten werden.
Am Spendenwesen genesen?
Im Eiswasserwettbewerb #Icebucketchallenge geht es aktuell um eine lockere, sich bereits wieder lösende Verbindung von Dingen, die eigentlich nichts miteinander zu tun haben. Das scheinbar archaisch-masochistische Selbstübergießen mit Eiswasser wird über eine Geschäftsidee an eine Spendenaktion für Menschen gekoppelt, die unter einer bestimmten, schlimmen Krankheit leiden. Während der Sinn des Spendens nicht zur Debatte steht, ist das in Videofilmen exhibitionierte Event mit dem Eiswasser in dieser Zeit immer wieder einmal gern gesehen. Es wundert nicht, dass die Aktion immer spitzfindiger inszeniert wird, weil man unter den zunehmend vielen Akteuren ja schließlich auch beachtet werden will.
Jeder bevorzugt seine eigene Art der Selbstdarstellung.
Gegen die Follower im Eiswasserhype ist nichts vorzubringen, auch wenn sie bald sicherlich auch Erdbeerbowle, Weißbier und Kölschs durchs Dekolleté schwämmen werden, um unter den vielen andren noch beachtet zu werden.
Aber wie sieht es mit dem Spenden aus? Der amerikanische Spendenempfänger – die ALS Association – soll ja angeblich sinnlose Tierversuche finanzieren und seine Kosten für nichtforschendes Personal, Öffentlichkeitsarbeit usw. soll den Großteil der Gelder auffressen. Das berichten beispielsweise die Ärzte gegen Tierversuche e.V. und der Stern. Ein Nebeneffekt ist, dass nun andere Akteure der ALS-Forschung dem designierten Spendenempfänger auch noch das Wasser abgraben und zu ihren Gunsten den Hype befeuern.
Dass das Spenden per es gut ist, wird trotzdem fast nie angezweifelt.
Ich zweifle es jetzt aber einmal daran:
Es ist bei den Spenden, wie bei den Lebensmitten: Wenn du keinen unmittelbaren Zugang zur Herstellung des Produkts hast, bist du auf Vertrauen angewiesen. Dieses Vertrauen rechtfertigt aber selten ein Gesicht, das bestenfalls als Modelface angeboten wird. Gütesiegel schöpfen deshalb die Vertrauensbereitschaft ab und gewährleisten Geldströme auf Spendenkonten oder in Unternehmertaschen. Gütesiegel nehmen uns schleichend die Aufgabe ab, selbst zu bestimmen und das, was wir bestimmen, auch noch zu begründen.
Durch Spenden werden angeblich dringend notwendige Sachen finanziert. Es fällt nie schwer, etwas als dringend notwendig zu markieren. Dabei ist das demokratisch verfasste Gemeinwesen so ausgerichtet, dass es mit Prioritätensetzung über Einnahmen und Ausgaben in öffentlichen Haushalten befindet. Das entspricht auf der Einnahmenseite und auf der Ausgabenseite dem Prinzip der sozialen Gerechtigkeit, auch wenn sie stets nachzubessern und nie zufriedenstellend ist.
Wenn nun Spenden oder gar Lotterien ins Spiel kommen, dann führt das dazu, dass die Schwerpunkte bei den öffentlichen Ausgaben verschoben werden. Man gibt also dort weniger aus, wo gespendet wird.
Die Herkunft der Spenden ist aber ungleich verteilt und die Spenden sind für die Spender selbst unterschiedlich nützlich. Bei allen Spendenaktionen sind die weniger wohlhabenden Leute überproportional vertreten, weil deren kleine Einzelspenden in der Summe stets erheblich viel mehr ausmachen, als die Großspenden. Die Großspender nutzen die Spendenquittung sehr effektiv zur Steuerersparnis und steigern ihre öffentliche Beachtung über die Präsenz in Spendenaktionen erheblich.
Sehr viel vernünftiger wäre es, wir würden ein rundum aktives und vertrauenswürdiges Gemeinwesen betreiben und die wichtigen sozialen Aufgaben über Steuern finanzieren. Bisherige Spenden könnten dann als Steuerhöhungen gehandelt werden.
Das ist so gerecht wie möglich!
Über die Leihmutter: Ich will ein Kind von dir!
Die Idee der Leihmutterschaft ist so alt wie die Menschheit. Dabei kommt die Leihmutter neuerdings dann ins Spiel, wenn es unerträglich erlebt wird, das weitere Leben ohne Kind zu gestalten. Dabei gehört eigentlich die Kinderlosigkeit durchaus zum normalen Leben dazu. Es gibt eben keinen unbedingt einlösbaren Anspruch auf eigene Kinder. Viele Menschen arrangieren sich damit ohne Probleme. Die Unerträglichkeit der Kinderlosigkeit tritt vor allem dann auf, wenn im Wohlstand Dynastien erhalten werden sollen. Früher war das beim Adel, heutzutage sind es immer mehr Leute, denen der Wohlstand die Fantasie erlaubt, dass sich alles kaufen lässt, auch ein Kind.
Der Wunsch eines eigenen Kindes hat über die Jahrtausende merkwürdige Wege hervor gebracht. Es gibt untergeschobene Kinder, Adoptionen und den Wechsel des Geschlechtspartners. Die Leihmutter gibt es als Folge der medizintechnische Erfindung, den biologischen Zusammenhang von Zeugung und Geburt aufzulösen, erst seit 40 Jahren, hat sich aber erst in jüngster Zeit auf einem internationalen Markt ausdifferenziert. Meist arme Frauen in anderen Ländern vermieten dabei gegen Geld ihre Gebärmutter. Es ist unmittelbar klar, dass allein diese Möglichkeit materielle, medizinische, soziale, emotionale und rechtliche Folgen hat die unüberschaubare und unregelbare Probleme hervor bringen. Die Fortpflanzungsmedizin eröffnet auch die Option, dass gleichgeschlechtliche Paare, alte Menschen und viel andere, die traditionell kinderlos bleiben, einen Kinderwunsch ausarbeiten können. Die Leihmutterschaft in vielen Ländern grundsätzlich strafbar, meistens für die Reproduktionsmediziner, die technologisch assistieren.
In der weltweiten Verflechtung von Märkten wird allerdings die Leihmutterschaft zum Geschäft. Sowohl die meist hilflosen Leihmütter als auch die wohlständigen Menschen mit ungebändigtem Kinderwunsch bieten sich an, von Vermittlerorganisationen zwischen den Kulturen und Rechtssystemen gezielt angeworben und ausgebeutet zu werden. Diese Organisationen stellen sich in der Öffentlichkeit allerdings so dar, als würden sie zum Wohl aller Beteiligten eine Situation herstellen, in der alle gewinnen und glücklich werden. Am liebsten arbeiten sie jedoch ganz ohne Öffentlichkeit und nutzen die weltweiten Preisunterschiede.
Wenn nun – wie es heute in allen Zeitungen steht – ein wohlständiges Ehepaar das bestellte Kind abholt, nicht jedoch das behindert geborene Zwillingskind, dann wird deutlich, dass der Markt der Möglichkeiten aus dem Ruder läuft, wenn die Vielfalt der Natur die präzise Bestellung aushebelt.
In dieser Situation ist es einfach, die Besteller als Unmenschen zu brandmarken, nur weil sie das wollen, was sie bestellt haben. Die Zeitungen und die Leserkommentare sind voll davon.
Offenbar ist es erforderlich, die internationale Regeln und passende Gesetze für eine Leihmutterschaft international zu entwickeln und abzustimmen.
Es ist eigentlich klar, dass die Möglichkeiten der Reproduktion rechtlich flankierender Regelungen und einer dazu passenden Ethik bedarf. Es wird höchste Zeit, eine solche Regelung nicht nur national, sondern auch international auf den Weg zu geben. Eine entsprechende Konvention würde erreichen, dass fast wieder alles beim alten wäre. Fast – denn es ist so, dass Erfindungen, auch wenn sie unnütz sind, grundsätzlich nicht rückgängig gemacht werden können. Es wird also begleitend eine Ethik zu entwickeln und zu verbreiten sein, die die immer mal versteckt mögliche Leihmutterschaft am besten an der Stelle der medizintechnischen Schwangerschaftsassistenz ächtet.
Israeli und Palästinenser
Israeli und Palästinenser haben sehr viel miteinander zutun:
Sie teilen nicht nur in kultureller Nähe eine Vorliebe für Falafel und viele andere Speisen und Getränke. Sie teilen auch das Land. Sie teilen sogar ihre Geschichte seit Sem, einem Sohn des Urvaters Noah, wie die jüdischen, islamischen und auch christlichen verbindlichen Texte es darstellen. Wenn man so will, sind Juden und Moslems also allesamt Semiten. Insofern wäre der immer wieder aggressiv polarisierend diskutierte Antisemitismus als ein Angriff auf Israeli wie auch auf Palästinenser zu verstehen.
Der Staat Israel ist aus einer langen Sehnsucht der Juden nach ihrem eigenen Land auf historischem Boden entstanden, dann aber schließlich aus der Not anlässlich des Holocaust in Deutschland auch eingerichtet worden. Die ursprünglich entspannte Situation zwischen den Völkern in Palästina zum Beginn des 20. Jahrhunderts findet man auch heute noch in vielen nachbarschaftlichen Begegnungen. In Jugendbegegnungen und Kulturprojekten wachsen Freundschaften.
Die Situation hat sich trotzdem zugespitzt in einem Kampf um Ressourcen. Der verfasste jüdische Staat Israel hatte dabei die wirksamen Mittel, das Leben der Juden im eigenen Staat mit Ressourcen auszustatten und zu etablieren. Die soziale Lage war schließlich der Anlass, mit Widerstand für die Rechte und den Wohlstand der Palästinenser zu sorgen. Erfolgreich war dieser Widerstand eigentlich trotz aller Radikalisierungen nie. Die Strategie Israels war es immer, mit unmittelbarer Vergeltung das an sich doch sehr kleine Staatsgebiet zu sichern und in gewaltreduzierten Zeiten und Gebieten die Infrastruktur so herzurichten, dass eine autonome Entwicklung eines palästinensischen Gemeinwesens nicht möglich war. Wenn also – um es an einem Beispiel deutlich zu manchen – ein Palästinenser Gemüse für den europäischen Markt anbaut, braucht lediglich sein Weg zum Flughafen aus vermeintlich übergeordneten Interessen blockiert werden, damit er nach sehr hohen Investitionen kurzfristig in der Insolvenz endet.
Die israelische Politik hat auf internationalen Druck Zugeständnisse in der Autonomie gemacht, aber stets die Infrastruktur so kontrolliert, dass sich autarke palästinensischen Gemeinwesen nicht entwickeln konnten. Irgendwann wurde dann die militärisch-politische Palästinenservertretung Fatah nach einer Wendung zur Friedfertigkeit zum akzeptablen Gesprächspartner, dies aber freilich nicht unter Aufgabe der israelischen Militärdoktrin und der wirtschaftlichen Infrastrukturkontrolle. Hamas füllte das Vakuum und setzte den grundlegenden Widerstand der Fatah fort, während sich die politische Spitze der Fatah irgendwie mehr oder weniger wohlständig etablierte, ohne allerdings die Mehrzahl der Palästinenser auf diesem Weg mitzunehmen. Das Konkurrenzverhältnis von Fatah und Hamas entwickelte sich immer extremer. Es verbirgt sich allerdings häufig hinter einer gemeinsamen Feindschaft gegenüber Israel, die mittlerweile als kleinster Nenner aller Moslems der Region gilt. Die Konkurrenz ist so extrem, dass sich die Parteien sogar die für Palästinenser reservierten Autonomiegebiete teilen. Auf diese Weise wurde Hamas zur herrschenden Kraft im Gazastreifen, einem sehr kleinen und völlig überbevölkerten Landstrich. Eine Gemeinsamkeit der beiden Bewegungen zur Ausgestaltung Palästinas zum Staat findet trotz vieler Versuch bisher nicht statt. Im Gazastreifen geht es nicht demokratisch zu, weil eine Vielfalt politischer Meinungen und Parteien bisher nicht entwickelt ist und sich wohl auch nicht entwickeln kann, wenn Hamas die Szene militärisch beherrscht und das militärische Handeln zudem allein schon räumlich unmittelbar mit dem Leben der Menschen verbunden ist.
In der zugespitzten aktuellen Situation erfährt Israel deutlich, dass die Doktrin der durchgreifenden Kampfhandelns bei Angriffen die Verhältnisse nicht zum Besseren wendet. Hamas kann nach alledem auch nicht überrascht sein, dass Israel mit aller Kraft zurückschlägt. Hamas erzwingt die Toleranz und Zustimmung der Bevölkerung, die einfach nur den menschenwürdigen Frieden haben will, aber ausweglos gebunden und ausgeliefert ist. Hamas sollte sich allererst für ein vielfältiges Gemeinwesen mit politischer Willensbildung stark machen und damit eine Selbstbestimmung der Palästinenser auf den Weg geben. Angesichts des beidseitig zu verantwortenden Massensterbens bleibt es allerdings fragwürdig, ob sich die Hamas – vielleicht nach dem Vorbild der Fatah – wandeln kann und will, zumal sie hauptsächlich ideologisch und materiell durch die Moslembrüder aus Ägypten und die Herrscher Katars belebt wird und ihre Existenz bereits durch Friedfertigkeitsversuche aufs Spiel setzen würde.
im Gegensatz zum Gazastreifen verfügt Israel über eine demokratische Willensbildung, die allerdings in ständiger Angst und mit einer bestimmten Geschichte auch nicht so einfach mit friedfertigeren Impulsen fortgeschrieben werden kann. Jeder Israeli kennt persönlich Menschen, die zu Opfern von Attentaten wurden. Angesichts eines nicht endenden Raketenbeschusses und wildester Tunnelgraberei unter der Grenze neigt auch der wohlwollende Israeli dazu, damit mit allen Mitteln ein für alle mal Schluss machen zu wollen. Weil die Hamas unendlich nachgerüstet wird, ist so ein Erfolg aber wohl unrealistisch.
Aktuelle Proteste in anderen Ländern weisen zurecht darf hin, dass es so nicht weitergehen kann. Einseitige Stellungnahmen, die offenbar überwiegen, die also einen der Kontrahenten verurteilen und den andern loben, sprechen eigentlich für die Gewalt, die zum Problem geworden ist. Das Szenario wirkt in diesen Tagen insgesamt wie eine fast weltumspannende Kampagne gegen „die Juden“. Der Einsatz von Kindern bei diesen Protesten zeigt, dass für eine weltweite Stimmungsmache jedes Mittel Recht ist. Die Kinder werden instrumentalisiert, wie offenbar auch mit mehr oder weniger Druck zahlreiche Exilpalästinenser und Moslems unterschiedlicher Herkunft. Mit dieser Art des Protestes werden die Bürgerrechte extensiv ausgenutzt. Es wird nicht nur dazu aufgerufen, im Namen der Menschenrechte die Menschenrechte des eingerichteten Feindes zu unterbinden, es werden eben auch die Rechte der eigenen Kinder derart unterlaufen, dass es an einen Missbrauch des Sorgerechts grenzt, wenn Eltern ihre Kinder für so einen Protest auflaufen lassen.
Der Protest meiner Wahl wäre die öffentlich exponierte Präsentation einer Nähe zwischen Juden und Palästinensern als Semiten, wie ich sie selbst aus Israel und Palästina kenne und wie es sie vielerorts auf der Welt gibt.
Macht das doch einfach mal!
Inklusion
Mein liebes Stiefmütterchen!
Da hat uns die Behindertenrechtskonvention der UNO unverhofft die Inklusion in den Diskurs gespült, weil sie geltendes Recht ist. Insbesondere Freunde und Feinde von Minderheiten sehen sich nun veranlasst, von der Integration vergangener Zeiten Abschied zu nehmen. Sie reden nun alle von der Inklusion. Sie erwischen sich aber sehr schnell dabei – nicht selbst, sondern gegenseitig – die ganze Sache so umzudeuten, dass alles beim Alten bleibt: Ihnen erscheint dann die Inklusion als das, was ihnen die Integration immer sein sollte. Dabei beinhalten die Inklusion, ganz anders als die Integration, eine Denkbewegung und keine Beschreibung von Vorgängen, um einen Endzustand zu erreichen. Es geht in der Inklusion auch nicht allein um Behinderte, sondern um das Verhältnis von Durchschnittsbürger und Außenseiter.
Ich will das einmal an deinem Beispiel deutlich machen.

Auf diesem Bild – aufgenommen am Rathaus Oberhausen-Osterfeld – siehst du eine Gesamtheit von Lebewesen. Sie erscheinen zunächst ziemlich gleich. In Wirklichkeit sind aber alle ganz unterschiedlich. Das ist auf den ersten Blick nur selten zu sehen. Augenscheinlich ist, dass ein Lebewesen doch deutlich farbloser ist, als die anderen. Es ist eher randständig. Zur Integration ist es aufgefordert, etwas mehr Farbe anzunehmen. Wohlwollend wäre es, aber auch integrierend, würden alle Anderen ein bisschen vornehme Blässe aufnehmen. Irgendwann trifft man sich dann – so oder so – in einer gemeinsamen Farbe und die Integration ist erfolgreich abgeschlossen.
Bei der Inklusion ist es ganz anders: Alle entdecken neugierig eine Vielfalt und erleben sie als Bereicherung. Die blasse Farbe des einen trifft auf die Sprachlosigkeit des andern, die Musikalität eines noch anderen auf unzählig vielfältige Talente und Begrenzungen aller anderen, die man möglicherweise gar nicht sieht. Man hilft sich gegenseitig, lernt voneinander und geht ständig neue interessante Verbindungen ein. Alle profitieren von der Vielfalt und alles blüht. Ach ja: Sie sind mitten in der Inklusion angekommen und deren Ende ist nicht abzusehen. —
Mach´s gut!
Generalbundesanwalt
Der Generalbundesanwalt ist ein politischer Beamter. Er ist in Deutschland der oberste Strafverfolger aber auch an Weisungen der Regierung gebunden. Beide Aufgaben lassen sich nicht vernünftig verbinden: In Ernstfällen leidet die Loyalität oder die Ausrichtung an Recht und Gesetz.
Ein typisches Beispiel dafür erleben wir gerade: Der GBA hat bei dem unzweifelhaft bestehenden Anfangsverdacht gegen den us-amerikanischen Geheimdienst NSA zu ermitteln. Dieser Geheimdienst hat nachweislich quer durch die Republik gelauscht und Daten auf die Seite gebracht. Das ist strafbar. Das Ermittlungsergebnis ist dann die Grundlage, eine Anklage zu erheben oder zu verwerfen. Aber soweit ist der GBA noch nicht. Er zögert seit nunmehr einem Jahr die Ermittlungen heraus und sagt dann, dass die Ermittlung zu keinem Ergebnis führen wird. Aber das kann er doch gar nicht wissen, wenn er erst gar nicht ermittelt hat. Auf öffentlichen Druck legt er nun nach, dass die Ermittlungsbehörden gar kein Werkzeug haben, die Ermittlungen zu führen. Das entspricht der Logik der Bundesregierung, dass Freunde sich nicht bespitzeln, weil eine Bespitzelung mit einem Freundschaftsverhältnis unvereinbar wäre, und dass man deshalb den USA ohne Weiteres die Freundschaftsversicherung und die damit verbundene Behauptung abnehme, dass derart fiese Sachen nicht stattfinden. Die Bundesregierung ist aber mittlerweile etwas weiter in der Argumentation als der GBA es wahrhaben will. Man kommt nämlich nicht daran vorbei, dass der Freundschaftsstatus fragwürdig ist, weil tatsächlich abgehört wurde. Jetzt muss der GBA also schnell aufnehmen, dass der Ermittlung lediglich das fehlende Werkzeug im Weg steht. Also werden die Ermittlungsbehörden nun eine fundamental neue Fachlichkeit zur Ermittlung von Geheimdienstaktivitäten entwickeln und dann doch ermitteln. Bis dahin wird offenbar auch für den GBA die Erkenntnis reifen, dass die Ausspähung von Bürgerdaten noch sehr viel verwerflicher ist, als die Ausspähung seiner Dienstherrin, der Bundeskanzlerin. Denn der Souverän ist nun mal dass Volk. Es bleibt trotzdem eine höchst ungleiche Ausgangsposition für Räuber und Gendarm. Die unglückliche Figur zwischen seinen beiden Aufträgen wird der GBA wohl nicht ablegen können.
Sozialarbeit und Schule
In Nordrhein-Westfalen hatte die obskure Idee der Bundesministerin von der Leyen, im Jahr 2011 „Bildungs- und Teilhabepakete“ über den Kommunen abzuwerfen, ganz abenteuerliche Konsequenzen. Hauptsächlich wurden Leistungen, die es immer schon gab, mit bureaukratischem Aufwand umfinanziert, um das unerwartete Geldgeschenk dann auch zu verbrauchen. Das Geld hätte ursprünglich – wie vom Bundesverfassungsgericht verlangt – den armen Menschen zugute kommen sollen. Nach Ansicht der damaligen Regierung, wären die damit mutmaßlich aber nicht vernünftig genug umgegangen.
Vor allem die armen Kommunen im Ruhrgebiet hatten eine tolle, aber eben auch unvernünftige Idee, mit dem Geld nämlich weitere Mitarbeiter zu beschäftigen. Weil die armen Kommunen Neueinstellungen eigentlich ausgeschlossen hatten und bei manchen sogar die Finanzaufsicht des Regierungspräsidenten Neueinstellungen untersagte, machte man aus den Personalkosten, einfach Sachkosten. Das ging nach bewährtem Muster so, dass Träger der Jugendhilfe für die Sachaufgabe „Schulsozialarbeit“ Geld bekamen und dann ihrerseits dieses Geld als Personalkosten einsetzten. Das war förmlich nicht zu beanstanden.
Nebenbei stellt sich aber die Frage, ob nicht bei diesem Konstrukt die Teilhabe der Armen ohnehin auf der Strecke bleibt.
Immerhin wurde dieses Verfahren zum Anschub akzeptiert mit der Maßgabe, dass die „Schulsozialarbeit“ absehbar, also schon bald, anders finanziert werden soll. Damit war die aktuelle Diskussion über den „Kahlschlag“ bei anstehender kommunalen Institutionalisierung des Systems vorprogrammiert, zumal es Ideen für eine dauerhafte Finanzierung nicht gab und diese im Finanzierungswettbewerb auch schädlich gewesen wären. Öffentliches und solidarisches Wehklagen bei auslaufender Finanzierung hat nämlich schon oft geholfen, das unvermeidliche Ende zu verzögern und Geldgeber zu erweichen.
Man hat stets den rekrutierten Sozialarbeitern versichert, dass ihre befristeten Verträge irgendwie weitergeführt werden, notfalls, wenn eben alle Betroffen solidarisch trommeln!
So betrachtet, geht es jetzt weniger um den Tod der Sozialarbeit an Schulen, sondern um ein unverantwortlich blauäugiges und noch junges Großprojekt, über das man sich eher beschweren sollte, als über sein Ende.
Obendrein ist es so – allen, meist naiv vorgetragenen, Erfolgsgeschichten in der Presse zum Trotz – dass es für die „Schulsozialarbeit“ gar kein fachlich tragfähiges Konzept gibt, wenn man einmal von den Gesamtschulen in NRW absieht, die von Anfang an Sozialarbeiter mit eigener fachlicher Autonomie eingesetzt haben und diese in Dauerarbeitsverträgen auch zukunftsträchtig beschäftigen. Es gibt auch noch ähnliche aber sehr kleine Nischen, in denen Sozialarbeit an Schulen vertretbar gut eingerichtet ist.
Ich kenne eine Grundschule, die erst konsequent gar keinen Schulsozialarbeiter haben wollte, weil es nicht vorgesehen war, dass der Schulleiter ihn als Lückenfüller für kranke Lehrer einsetzt. Ich kenne aber sehr viel Schulen, die pragmatisch immer ja sagen, wenn etwas umsonst ist und sich das Personal dann selbst mit der Zeit dienlich herrichten. Der Sozialarbeiter mit dem Zeitvertrag ist in der Regel fest an der Schule und dort ziemlich allein. Er muss sich einfügen, um die Chance auf eine Weiterbeschäftigung zu erhalten. In der Schule steht mittlerweile selbstverständlich der Unterricht im Vordergrund. Fast alle anderen Aufgaben der Schule können ausgelagert werden und werden daran gemessen, ob sie unterrichtsdienlich sind. Der einsame Sozialarbeiter ist mit seiner spezifischen Fachlichkeit dabei nicht gefragt. Er ist aber gefragt als ein Zuarbeiter, der den Lehrern die Konzentration auf das Kerngeschäft ermöglicht. Die derart outgesourcte Schule ist betriebswirtschaftlich gut ausgerichtet, weil sie mit weniger Lehrern auskommt und das persönlicher Gespräch, den Umgang mit den Eltern, Festivitäten und Stadtteilgespräche, die Störenfriede und vieles andere den Sozialarbeitern überlässt. Eine Verarmung der traditionell ganzheitlich ausgerichtete Lehrerrolle ist die Folge. Und der einstimmige Ruf erschallt: Ohne Sozialarbeiter ist diese Schule nicht mehr denkbar! Auch die Anstellungsträger der Sozialarbeiter stützen diesen Ruf aus der Ferne kritiklos. Sie leben von den eingerechneten Overheadkosten und bieten meistens nicht mehr als eine auf Deibel-komm-raus stabilisierende Supervision und lassen ihren Sozialarbeiter im Konfliktfall allein. Der Sozialarbeiter selbst bleibt auf der Strecke, weil ihm eine sozialarbeiterische und institutionelle Heimat fehlt, in der er Werkzeuge, Kollegialität und Rückhalt hat, echte Sozialarbeit zu betreiben. Gerechterweise muss man allerdings sagen, dass es an Schulen manchmal humane Grundkonstellationen gibt, die dem Sozialarbeiter eine erträgliche Nische gewährleisten. Professionell ist das aber auch nicht.
Vor der, wie gesagt, finanziell begründeten Schwemme von Sozialarbeitern an Schulen, war die Sachen noch klar: Sie wären, wenn denn finanzierbar, dezentral im Jugendamt angesiedelt worden, mit guten Kapazitäten, um nicht nur, sondern auch, mit Schulen und in Schulen zu arbeiten, mit direkten Zugang zu den Grundlagen und dem Werkzeug der Sozialarbeit und der Lebenswelt im Sozialraum. Eine diversive und inkludierte Öffentlichkeit mit Schule, Jugendamt und vielen anderen wäre möglich … gewesen.
Wenn ich jetzt lese, dass unzählige Sozialarbeiter, die sich auf ihre Teilhabe an dem unseriös aufgezogenen Geschäft „Schulsozialarbeit“ eingelassen haben, nun ihren Job retten wollen und dazu auch jedes denkbare Argument nutzen, so haben sie meine uneingeschränkte Solidarität! Aber eine „Schulsozialarbeit“, die brauchen wir – im Gegensatz zu einer Sozialarbeit in der Kooperation mit Schulen – nicht!
Die Kreatur als Ware
China ist ja weit weg und der Chinese geht ja bekanntlich rabiat mit seinen Tieren um und isst sie beinahe alle auf.
Da passt es gut ins Bild, dass jetzt in China Schlüsselanhänger mit lebenden kleinen Echsen und Schildkröten und sonst was auftauchen: Die Tiere sollen sogar post mortem in ihrer Brühe genießbar sein. Zumindest wird im Internet an allen Ecken darüber berichtet.
Verfolgt man die Berichterstattung, sieht man allerdings immer die gleichen angeblichen Fotobeweise und findet bereits Jahre überdauernde Hinweise, die sich wortidentisch durch das ganze Internet plagiieren. Ernsthafte Belege gibt es nicht, wie zum Beispiel eine Jutta, die sich so ein Ding mal mitgebracht hat.
Wer Lebewesen kennt, dem ist auch schnell klar, dass das Überleben im verschweißten Plastikbeutel in Minuten zu kalkulieren ist. In den Berichten steht aber entweder, dass sie in der nahrhaft-sauerstoffreichen Suppe einige Monate leben, oder dass sie eben nur wenige Tage überleben. Bei beiden Varianten ist die Entrüstung heftig und die kulturelle Offenheit für das chinesische Tierverständnis wird vorsorglich geblockt.
Ich würde ja – und so schlau ist aber auch der Chinese – Weichplastiktiere nehmen, die wirtschaftlicher und extrem langlebig und sauber einzuschweißen sind. Und der Rohstoff kann nicht wegkrabbeln. Für ein Massenprodukt gibt es keine andere praktikable Lösung als schön bunt designtes Weichplastik!
Wenn uns keine andere Freude bleibt, als uns solidarisch an die Seite der geschundenen Kreatur zu stellen, dann sind wir besonders anfällig für Geschichten, die es offenbar nicht gibt. Als vor Jahren unter dem Schlüsselbegriff Bonsaikitten in einer Kunstaktion gezeigt wurde, dass zur Freude der Menschen Katzen in Flaschen gezüchtet werden, war das Geschrei ebenso groß wie jetzt mit den tierischen Schlüsselanhängern. Obwohl man es auf Bilder sehen konnte, gab es doch keine Katzen in der Flasche.
Ich bin dafür, dass wir die abenteuerliche Engagement für eine Chimäre umleiten und uns wieder verstärkt um die Lebewesen kümmern, denen wir auch tatsächlich begegnen.
Über diverse Clowns
Der deutsche Kanzlerkandidat Peer Steinbrück hat unter der Vorgabe, Klartext zu reden, die italienischen Spitzenkandidaten Berlusconi und Grillo als Clowns bezeichnet und wurde umgehend vom italienischen Staatspräsidenten Napolitano, einem Kommunisten, zurückgewiesen – am 27.2.2013. Ein geplantes gemeinsames Abendessen fand nicht statt.
Wer sich der Welt der Gaukler und Clowns nähert, merkt allerdings schnell, dass der soziale Status des Clowns deshalb sehr hoch ist, weil er zum Zweck der Erkenntnisse Tabus bricht und Grenzen überschreitet. Gaukler und Narren waren nicht selten die letzten verbleibenden Ratgeber einsamer Herrscher bei Hof. Die Musikerin Sophie Hunger brachte das noch kurz vor der neuen Clowndebatte im NDR-Talk „3 nach 9“ sinngemäß auf den Punkt. Sie habe schon früh in der Familie gelernt, dass der Clown in der sozialen Bedeutung doch sehr viel höher einzuschätzen sei als der Bänker. (Man hört das in ihren Liedern.)
Beppe Grillo, verwachsen mit der Commedia dell’arte, wird nichts Schlimmes daran finden, als Clown verstanden zu werden. Im Gegenteil! Silvio Berlusconi ist dagegen ja nur bekannt für sexuelle Übergriffigkeiten, unangemessene Nazivergleiche und Vetternwirtschaft. Er ist also kein Clown. Seine platte Selbstinszenierung ist der Zweck, den er anstrebt. Da wendet sich nichts zum Besseren. Das Zeug zum Clown hat er leider nicht!
Es bleibt, dass Herr Steinbrück einen reformbedürftigen Clown-Begriff hat, wenn er Grillo und Berlusconi gleich setzt. Angesichts des Elends und anderer Probleme in der Welt, erscheint mir das allerdings wenig bedeutungsvoll. Okay – man kann darüber sprechen.
Dass nun mancher Italiener den Beleidigten spielt, erinnert doch etwas an den Nationalstolz vergangener Jahrhunderte und die historischen Projektion, der jeweils andere wolle nur Böses und man möge sich zum kriegsvorbreitenden, nationalistischen Säbelrasseln zusammenfinden. Auch das jetzt vorgetragene Argument, die eigenen Angelegenheit der Italiener dürfe erst gar kein externes Thema sein, entstammt längst überwundenen Zeiten. Zuletzt mit der weltumspannenden Blockbildung in der Zeit des kalten Kriegs wurde eine Nichteinmischung als Doktrin gebraucht.
Zum Glück sind heute viele Grenzen offen und man spricht beiderseits über die gleichen Themen. Es ist doch nicht einzusehen, dass diese Freiheiten für Politiker nicht gelten, zumal sie ja bereits grenzenlos Verelendung über Haushaltsdisziplin und Bankenrettung betreiben.
Grillo ist ein Clown, Berlusconi ein gnadenloser Showman und Peer Steinbrück hoffentlich auf einem guten Weg, ein wirklich guter Clown zu sein.
In Italien wird der Clown übrigens für wegweisende Entscheidungen offen bleiben. So ist er definiert!

