Die Entwicklung von Verpackungen haben mit Blick auf eine unbelastete Lebenswelt zur Unverpackung geführt. Es gibt Läden, in denen alle Waren unverpackt sind. Man sollte dorthin sinnvollerweise die Verpackung mitbringen, die weitgehend universell sind und dies und jenes aufnehmen können. Man ist dann aber nicht nur verpackungsarm, was der Umwelt dient, man ist aber auch dem Produkt mit allen Sinnen sehr nahe und frei, die gewünschte Menge zu wählen.
Ein gegenläufiger Trend ist die Weiterentwicklung der Umverpackung. Eine Umverpackung konkurriert im Material, in der Ästhetik und Passform und oft sogar im Preis mit der Ware, die darin verpackt ist. Erfahrungen im Marketing belegen, dass häufig für die Kaufentscheidung Umverpackungen einen großen Wert haben. Es gibt gar Umverpackungen, die auch ohne Inhalt vermarktet, gehandelt und genutzt werden. Wer ein neues Handy kauft, betrachtet die Verpackung nicht als Müll und erfreut sich an den funktionalen Designerteilen und bewahrt einen hohen Wiederverkaufswert seines Handys, wenn die Umverpackung dabei ist.
Gleich wohl ist die Umverpackung nur eine wertsteigernde Verpackung, die entbehrlich wäre, wenn man die Umwelt höher bewertet als die haptische Anmutung.
Einfach nur Verpackung zu sagen, das wäre angemessen. Stattdessen macht sich aber ein Unboxingkult breit. Es gibt sogar Auspackfilme, in denen der Käufer mit feuchten und bebenden Händen den eingekauften heißen Scheiß langsam aus der Verpackung löst, nicht ohne das Schlüsselwort unboxing in seine Sprache und seine Tags eingebaut zu haben.
Beim Verpacken von Geschenken scheiden sich ja die Geister. Gerade habe ich gelesen, dass da jemand eine Leidenschaft zum Verpacken zur Profession gemacht hat und seine Phantasie in das Anwendungsfeld der Geschenkverpackung umleitet. Ich sehe auch ein, dass eine Kaufware erst zur Geschenkware hergerichtet werden muss. Es kann aber auch sein, dass einmal ein Geschenk angesichts der Verpackung zur Nebensache wird, weil die Verpackung alles überstrahlt und sich anbietet separat archiviert zu werden, weil sie eher Kulturfragment als Sondermüll ist. Das Gegenteil ist der nach Art des Origami gefaltete Geldschein, der nur ohne Verpackung etwas ausstrahlt, aber im engeren Sinn gar kein Geschenk ist und nur eine multisinnlichere Form der Geldüberweisung.
Als Kind hatte ich zu allen Gelegenheiten für den Vater Zigaretten und für die Mutter irgendein Parfüm aus der gleichen Preisklasse als Geschenk. Das war im Rückblick extrem einfallslos, fast schon bösartig. Aber das habe ich erst sehr viel später gemerkt. Jedenfalls war das ja alles bereits schön verpackt und ein weiters Papier darum erschien mir unnötig.
In späteren Jahren hatte ich überzählige Tapetenrollen mit einem quadratischen Muster. Die ließen sich entlang des Musters gut für Geschenke zuschneiden. Ich habe dann das sperrige Papier über dem Geschenk zusammengetackert und mit dicken Filzstiften alles noch ordentlich aufgepimpt. Über Jahre bestand in meinem sozialen Netz Gewissheit, wie meine Geschenke verpackt waren.
Kommen wir zur Philosophie: Es hat sich rumgesprochen, dass ich niemals verschenken würde, was sich jemand wünscht und auch niemals etwas verschenken würde, was mir selbst nicht überaus gut gefallen würde. Gängige Geschenkphilosophien lehne ich ab, aber ich schenke auf der Basis meines Verständnisses vom Schenken sehr gern.
Als dann meine Standardtapete aufgebraucht war, habe ich die Doubletten in meiner Hundekottütensammlung als Geschenkverpackung entdeckt. Mir ist bekannt, dass etliche Kommunen planen, ihre Hundkottütenspender wieder abzubauen, weil die Tüten häufig zweckentfremdet werden. Der planerische Viersatz, „Kack, Sack, Pack, Zack“, hat wohl mit vielen intervenierenden Variablen zu kämpfen und wird nicht so ganz von den Hundehaltern angenommen. Das alles muss mich aber nicht treffen, weil die Kunst ja frei ist und allein in Deutschland jährlich 500 Millionen solcher Tüten der Anwendung harren. Meine Geschenke finden jedenfalls vergleichsweise eine hohe Beachtung und eine komplexe Verpackungstechnologie ist mit diesen Tüten nicht einmal erforderlich. Die schlichte Eleganz und die bestechende Funktionalität im Bauhausstil sind nicht zu übersehen. Geschenke in Luftballons habe ich auch schon gesehen. Das sind für mich nur Glitzerfürze zur Vermüllung der Weltmeere. Das müssen die erst einmal verpacken.