Die Pizza ist so eine Sache, die auch ohne Rezept oft zu schmackhaften Ergebnissen führt. Sie bietet sich geradezu für Innovationen an.
Mit einem autoritären Charakter ausgestattet, sucht man trotzdem unweigerlich nach einem „Original“. Das fängt schon damit an, dass man vorträgt, die Pizza würde im Plural Pizze heißen. Da die Pizza seit der Mitte des letzten Jahrhunderts weltweit eingebürgert wurde, gibt es eine unüberschaubare Vielfalt, die sich nicht nur auf den Belag beschränkt. Trotzdem ist die italienische Pizza die Referenzpizza für alle Abweichungen. Das liegt vor allem an den traditionell bodenständig wie weltläufigen Italienern, die nahezu weltweit Filialen für italian Food eingerichtet haben. Wohl deshalb wird auch die Geschichte weitergereicht, die italienische Grammatik würde auch den Plural von Pizza festlegen. Das ist aber nicht so. Jede Sprache hat ihre eigene Grammatik, die immer auch für die Einbindung ausgeliehener Wörter gilt. Gerade gebildete Menschen mit autoritärem Charakter lassen das nicht gern gelten. Ihnen sind mehrere richtige Grammatiken suspekt und sie verlieren damit auch ihr Selbstverständnis, polyglott zu sein. Genauso wenig mögen sie alle Abweichungen von der „original italienischen Pizza“, die selbst in Italien bereits regionale Besonderheiten aufweist.
Ich verfolge gerade die deutsche Debatte darüber, ob die Pizza Chicago Style, eine umgedrehte Abfolge der Beläge der italienischen Pizza etabliert. Dazu muss man wissen, dass die deutsche Pizza von Deutschen in der Regel für eine Pizza gehalten wird, die mit der italienischen identisch oder sogar besser ist. Dabei ist es so, dass in Italien der Käse in der Regel direkt auf die Tomaten kommt. Das bietet sich auch an! Denn anderenfalls würden die weiteren Zutaten abgeriegelt im Käse kochen, anstatt obenauf zu garen, Geschmack und eine angenehme Textur zu entwickeln. Der Deutsche neigt dagegen dazu, in einer Überbacken-Hysterie, den Käse obenauf zu platzieren – oft doppelt. Ich nenne das mal, wegen der großen Verbreitung in deutschen Haushalten, die deutsche Pizza. Ich mag die ja nicht. So gesehen ist die Pizza Chicago Style eigentlich eine Umkehr der deutschen Pizza: Der am Rand hochgezogene Boden wird üppig mit Käse gefüllt. Darauf kommen Tomaten und dann weitere Zutaten. – So vielfältig ist die Pizza. Man wird sie nicht in allen Varianten mögen.
Was ich auf keinen Fall mag, ist die unaufhaltsam gehandelte Auftaupizza und die Fastfoodpizza, die mit einem Aufpreis von 1 € pro Zutat auch eine weitere Schicht von einem Zentimeter hervor bringt. Weniger ist mehr Geschmack und bessere Konsistenz – wenn Oregano dabei ist.

