Über die Freundschaft: Klick und weg

Wenn es um Freundschaften geht, dann hat die Onlinewelt ein einfaches Mittel parat: Klick und weg. Man kann sich der Freundschaften noch schneller entledigen als der Notdurft. Für die, die das nicht wahrhaben wollen, gibt es in der letzten Zeit viele Beiträge, online und sogar auch auf Papier, die Mut machen, es auch so zu tun.

Sie unterscheiden dabei wenig zwischen diesen und jenen Freundschaften, sondern predigen den Mut, einfach mal jemanden rauszuklicken, der einem auf die Nerven geht.

Mir ist schon klar, dass sich vor allem in sozialen Netzen die Freundschaft abweichend von der Freundschaft definiert, die wir vielleicht noch aus den Kindertagen kennen. Im Kern sind sie jedoch bis heute gleich.

Ich verzichte deshalb bis heute darauf, mir den Freundeskreis lediglich selbst zusammenzusuchen und mir eine gewisse Einsamkeit in homogenen Denkkreisen zu gestalten. Jeder kann also mit mir in sozialen Netzen und auch sonst befreundet sein, wenn er das will. Das führt nach aller Erfahrung mit der Zeit dazu, dass bestimmte Kontakte intensiver werden und andere bis in die Bedeutungslosigkeit abtauchen. Unter meinen Facebookfreunden befinden sich beispielsweise sehr viele sozial abgehängte Menschen, die gern Naziparolen vervielfältigen. Politisch habe ich mit ihnen nichts gemein. Der Ratschlag, sie nun einfach mal rauszuklicken halte ich nicht für besonders hilfreich!

Es trennt mich von ihnen zwar sehr viel. Ich kenne aber auch ihr Leben und ihre Sorgen und bin dann und wann gefragt, bei dem einen oder anderen Problem eine Lösung zu moderieren. Dass sie mit Defiziten durchs Leben gehen, haben sie mit allen anderen Menschen gemeinsam, auch wenn ihre Defizite manchmal beim ungeübten Betrachter dazu führen, dass er die Augen verdreht. Defizite erfordern eine Hilfe, das Defizit auszugleichen. Das gilt insbesondere für Defizite in der Intelligenz und im Sozialverhalten. Es ist nicht damit getan, Mindestansprüche zu markieren und diejenigen auszugrenzen, die sie nicht erfüllen.

Mir gehen gewaltig diese besserwissenden Bürger auf den Keks, die den rassistischen Wutbürgern mit gutem Grund entgegenstehen, sie dann aber mit elitärer Arroganz lächerlich machen und mit einer Socialmediashow „entfreunden“! Die Ressourcen des Menschen sind normalverteilt. Deshalb gibt es keinen politischen und auch keinen humanen Grund, überhaupt irgendjemanden auszugrenzen. Der Widerspruch bleibt das zu bevorzugende Mittel, mit denen umzugehen, die nicht geneigt sind, uns zu folgen. Also üben wir, zu widersprechen. Alles andere schneidet den letzten Faden zu den Abgehängten auf Dauer durch.

In aller Facebookfreundschaft!

Es wird ja gern so gehandhabt, dass man solchen Leuten, wie praktizierenden Bildzeitungslesern, die Freundschaft aufkündigt und seinen Teil dazu beiträgt, sie von der Meinungsvielfalt auszusperren.
Es ist manchmal unangenehm und ich will es auch niemandem ersparen:
Die Bildzeitung gehört in das Spektrum der freien Meinungsäußerung. Auch dumme Menschen gehören dazu. Dazu gehören auch üble Rechthaber, versprengte Exoten und Allesegalisten, also hauptsächlich Menschen, die sich von dir und mir heftig unterscheiden.
Die Möglichkeit des Entfreundens erlaubt Toleranz, wenn man sie nicht nutzt. Wenn Freunde die eigene Meinung nicht mehr kreuzen würden, würden wir in der Einfalt der Bequemlichkeit versinken.
Sicherlich hat auch die Toleranz Grenzen. Allein mit einem Klick lassen Sie sich allerdings keine Grenzen ziehen.
Ich kündige diese Facebookfreundschaften also grundsätzlich nicht! Wenn Sie mir allerdings angetragen worden sind, ohne dass ich die Person gekannt habe und ich danach mit Verschwörungstheorien der übelsten Sorte oder ständig wiederholender Werbung so stark eingedeckt werde, dass ich der Gegenrede überdrüssig werde, dann lasse ich trotzdem gern mit einem Klick die Lebenswelten getrennte Wege gehen. – Das habe ich bisher tatsächlich zweimal gemacht.
Das Löschen behält sich in seiner anmaßenden Allmacht ohnehin Facebook vor.