Das Wunder von Basel und ein taktisches Fakenarrativ

Das Fußballeuropameisterschaftsviertelfinale zwischen der französischen und den deutschen Frauen im Sommer 2025 wird mir als Wunder von Basel in Erinnerung bleiben nachdem ich im Alter von sieben Jahren das Wunder von Bern im Fernsehen verfolgen durfte und ebenso beeindruckt war.

Als Kathrin Hendrich in der 13. Minute im Verteidigungskampf einen gegnerischen Zopf instrumentalisierte, wurde es verhängnisvoll. Es hatte einen Platzverweis und einen Elfmeter für die Gegnerinnen zur Folge, der prompt zum Tor führt. Die Schiedsrichterin hatte es zunächst nicht gesehen. Der Video Assistant Referee (VAR) – ein Experte, der alle aufgezeichneten Daten in alle denkbaren Stückelungen ausbreiten und bewerten kann – hat dann aus dem Off die entscheidende Szene fachgerecht aufgearbeitet. Dem hat sich dann auch die Schiedsrichterin angeschlossen. Die Kommentatorin sagte dann auch, dass das Ziehen am Zopf wie ein tätlicher Angriff gewertet wird und unweigerlich zum Platzverweis führt.

Nach einer geschlafenen Nacht – lese ich, dass die DFB-Sportdirektorin Nia Künzer aus einem Gespräch mit der vom Feld verwiesenen Ballkünstlerin es besser weiß: Bei dem Versuch, einen standardmäßig engen körperlichen Kontakt zur Gegenspielerin aufzubauen, habe sich lediglich die Hand im Zopf verfangen. So gesehen wäre ja der Vorfall geradezu unabsichtlich und harmlos, wenn man ausschließt, dass der Zopf geradezu provokant angeboten wurde, um den Gegner zu schwächen.

Mir fallen schon lange im internationalen Fußball Frauen mir provozierend langen Haaren auf. Eine hatte unlängst sogar überdimensionierte Haarteile extra für ein Spiel eingebaut. Selbst der Fernsehzuschauer konnte weder Name noch Nummer aus dem Trikot lesen. Mein Insiderwissen erlaubt mir trotzdem sagen zu können, dass es die eigentlich von mir geschätzte Sveindís Jónsdóttir aus Island war. Ich habe ja schon als Kind gelernt, dass man Mädchen nicht an den Zöpfen ziehen darf. Im Leistungssport thematisiert sich so etwas ja nur, wenn jemand mit einem Zopf heimlich nebenher läuft und ihn zur Übergriffigkeit anbietet. Ich schlage also vor, dass im Fußball alle Frauen einheitliche Kurzhaarperücken tragen müssen, um fußballfremde Faktoren aus dem Spiel zu eliminieren.

Um es kurz zu machen: Mit ungeahnten Kräften hat sich die deutsche Mannschaft nach drei Stunden im Elfmeterschießen den Sieg erarbeitet. Das Spiel war an Leidenschaft und Dramatik nicht zu überbieten.

Tage danach hat der Fußballverband in seiner Zuständigkeit entschieden, dass die rote Karte für ein Spiel und nicht für zwei Spiele gilt. Es ist also offenbar ein bei aller Verwerflichkeit doch minderwertiges Zopfziehen gewesen. Man munkelt, die Stellungnahme des Deutschen Fußballverbandes habe zu diesem Ergebnis beigetragen und die Jury gnädig gestimmt. Ich bin gespannt, wann auch von deutscher Seite davon Abstand genommen wird, dass sich die Spielerin im Zopf verfangen hat. Ich rechne fest damit, dass das Verheddern im Zopf als Fakenarrativ entlarvt wird. Es wird aber wohl noch dauern, wie es bei allen weltbewegenden Ereignissen so ist.

Gleich ist übrigens das Endspiel der Europameisterschaft 2025: Spanien gegen England.