Es hört sich besser an als es ist

Ich sehe gerade im TV, wie eine von Napoleon unterzeichnete Begnadigungsurkunde für 5000€ verkauft wird.

Der Hintergrund ist, dass seinerzeit ein Häftling die Wahl hatte, seine Haftstrafe vollständig abzusitzen oder aber für Napoleon 8 Jahre in den Krieg zu ziehen, letzteres ohne große Aussicht auf ein langes glückliches Leben.

In Rußland hat man in der heutigen Zeit diese napoleonische Strategie übernommen. Es ist nicht ausgeschlossen, dass der Hunger nach Soldaten auch heutzutage weltweit verankert ist, zunimmt und aus dem Begnadigungsverfahren eine probate Tradition macht. – Recht vor Gnade ist mit gutem Grund besser.

Die Grabpflege

Die Grabpflege ist eine ursprünglich unbestrittene Aufgabe der Hinterbliebenen. Die Gräber waren für sie meist bodenständig und über Jahrhunderte gut zu erreichen. Das ist vorbei. Alle Bundesländer versuchen die gesetzliche Lage rund um die Friedhöfe und die Sorge der Hinterbliebenen an den Zeitgeist und auch an den Markt anzupassen. Die Schweiz und die Niederlande machen es vor, wie man heutzutage beerdigt und auch noch Geld daran verdient. Ohne Rechtsgrundlage, aber klammheimlich toleriert, werden die Friedhöfe zu Parks, während die Hinterbliebenen, die Asche des Verstorbenen mit genauer Ortsangabe auf Schweizer Almwiesen ausstreuen lassen und einen Erinnerungsschrein zu Hause pflegen. Die Grabgebühren und die Grabpflege werden gerade wegrationalisiert. Die Kommunen und die Friedhofsgärtner wollen sich freilich nicht aus dem Markt drängen lassen und suchen den politischen Einfluss als Lobby in den Länderparlamenten. Die Bestatter sind da eher in einer günstigen Position. Sie haben den angesichts eines verstorbenen Menschen verpflichtenden Leichenwagen und unterhalten grenzüberschreitende Kontakte, um die abenteuerlichsten Beerdigungen zu ermöglichen. In sofern sind sie Trendsetter zur Realisierung jedes letzen Willens. Derweil sind die Gräber auf den Friedhöfen Relikte, die sich durch eine neue Beerdigungskultur nicht mehr einfangen lassen. Man sieht vermehrt Gräber, die das ganze Dilemma gut dokumentieren. Offenbar sind Angehörigen immer noch gut in der Lage, eine würdige Beerdigung zu inszenieren. Der gute Wille, über viele Jahre sich um jemanden zu kümmern, der bereits verstorben ist, wird aber gern vom schnöden Alltag der Überlebenden ausgebremst. Dem Leben zugewandt, überlässt man gern das Grab im Laufe der Jahreszeiten dem maroden Charme des Vergänglichen. Die mobile Welt versprengt die lebensfrohen Angehörigen in alle möglichen Gegenden der Welt. Zum Grab kommen sie nur selten. Noch vor wenigen Jahrzehnten waren die Friedhöfe an Allerheiligen zugeparkt, weil es auch alle Angehörigen mit längeren Anfahrten auf den Friedhof drängte. Das ist vorbei. Die Parkplätze bleiben zum Totengedenken ziemlich leer.

Hier habe ich einmal willkürlich unter vielen ein Grab fotografiert, das die Relikte der Zuwendung zu einem einmal geliebten Menschen zeigt, das aber nach und nach mit dem Willen der Natur zugedeckt und eingeebnet wird. Nur der Name überdauert, bis die Friedhofsverwaltung auch die überdauernd bearbeiteten Grabsteine wegräumt.

Sie werden im besten Fall Rohmaterial für Steinmetze, meist aber für den Straßenbau geschottert.

Im Naherholungsgebiet Friedhof, der immer noch mit einem Zaun und einem Regelwerk eingefriedet ist, zeigen sich aber bereits Lücken. Das Tor für Leichenwagen und Arbeitsfahrzeuge für Gärtner steht eigentlich immer offen. Es hat sich eingebürgert, dass nun Grabbesucher häufig direkt an den Gräbern parken. Im Nebeneffekt wirkt das sehr behindertenfreundlich. Aber Behinderte parken dort meist nicht, andere doch manchmal mehrere  Autos an einem Grab. Radfahrer, die ja auch schon die Bürgersteige erobert haben, nutzen den weitläufigen Friedhof ebenfalls als genehme Abkürzung und klingeln auch gern einmal Fußgänger beiseite, für die der Friedhofsbesuch eigentlich vorgesehen ist. Aber es gibt auf dem Friedhof hier einiges zu sehen. Es gibt beispielsweise eine groß Grabstätte für die Fans eines weltbekannten Fußballvereins der Stadt. Sie ist mit den Symbolen und Farben des Vereins ausgestattet und verfügt über zahlreiche urnengängige Fächer für die verstorbenen Fans. An einer anderen Stelle des Friedhofs wurde und wird weiterhin eine sehr große Siedlung mit meist begehbaren aber mit einem Schloss gesicherten Häusern gebaut, die als Gräber Verstorbener Roma, Kalderasch, Manuouches, Kalé, Sinti, Gitanos, Ashkali und andere dienen. Da wird betoniert und mit gediegenem Marmor verkleidet, verglast, geklempnert und gereinigt. Es wirkt irgendwie bombastisch fremd und gehört aber trotzdem in die Vielfalt, die einen Friedhof ausmacht.

[Spoiler: Ich habe interessengeleitet auf meinem Referenzfriedhof fotografiert und stelle das Ergebnis bei Interesse gern als PDF oder ePub zur Verfügung.]

Friedhöfe sind also lebhafter als man denkt und ein Ende ist nicht abzusehen. Sie haben einen Ewigkeitswert, obwohl gesellschaftliche Entwicklungen saisonal rücksichtslos veranstaltet werden. 

Die Kriegsgräber sind an einer weiteren besonderen Stelle einheitlich angelegt und werden von der Friedhofsverwaltung gepflegt. Die Grabsteine sind kyrillisch beschriftet und mit Geburtstag- und Sterbedaten versehen und man hat unmittelbar eine Ahnung davon, was zwischen Leben und Tod so alles möglich ist.

Man kann den Ewigkeitswert von Grabstätten gut an jüdischen Friedhöfen ablesen, die in Jahrhunderten gedacht, immer mal wieder eingeebnet werden. Die Natur wird und darf unvermeidlich an Friedhöfen arbeiten. Die Aufgabe der Menschen bleibt es, die Erinnerungen zu pflegen und zu bedenken, wo wir her kommen. Die Namen auf den Grabsteinen sollten nach alter jüdisch-christlichen Tradition ein Ankerpunkt sein, die Geschichte(n) wach zu halten und aus Erfahrungen zu lernen. Die Lesbarkeit der Namen hat einen hohen Stellenwert.

Yellow Press

Eilmeldung: Andrew Albert Christian Edward Mountbatten Windsor will sich jetzt nach Köln absetzen und dort die Möglichkeit wahrnehmen, ganz legal als Prinz Karriere zu machen. Was ihm offenbar in seiner englischen Heimat verboten ist, wäre damit überwunden. Allein in Köln gibt es massenweise wohlgelittene und hofierte Prinzen mit allem drüm un dran unter dem Schutz von Recht und Gesetz.

Tod mit 93 Jahren

Heute ist die ehemalige Traumkönigin Sirikit in Thailand gestorben. Als ich erstaunt und ungläubig Sirikit in die Hausöffentlichkeit rief, meldete sich ohne zu zögern mein Appleimperium, allen voran Siri, die das Kit dominiert wie kaum etwas anderes. Wo bin ich nur zu Hause?

Im Wandel der Zeit

Gerade in den 60er Jahren habe ich durch zugucken und zuhören viel gelernt. Unter anderem habe ich gelernt, dass es skandalös ist, wenn sich zwei Frauen begegnen, die ihre Kleidung – meist unabsichtlich – so gewählt haben, dass die Kleidungsstücke sich in Farbe oder Form so sehr ähneln, dass die eine weiß, wo die andere das Kleidungsstück gekauft hat. Ich habe diesen Skandal in Serie nie verstanden.

Am heutigen Tag beobachtete ich so eine Begegnung, wenn auch medial vermittelt, aber total öffentlich im WDR-TV-Regionalprogramm.  Ich erwartete, dass sich unmittelbar so ein Skandal in voller Tiefe zeigen würde. Die vermeintlichen Kontrahentinnen neigten nun aber nicht dazu, sich die Augen auszukratzen oder wenigstens sehr schnell aus dem Weg zu gehen, obwohl sie sofort merkten, dass da was nicht stimmte. Aber sie lachten darüber, sogar ohne den heutzutage so beliebten Hass. Verrückt! Geistesgegenwärtig machte ich schnell ein Foto.

The times they are a changing!

Ein Hoch auf die Eburonen

Der Sportreporter nennt anlässlich der Fußballeuropameisterschaft die spanischen Fußballspielerinnen im Spiel gegen die Belgierinnen Ibererinnen. Das hat mich doch etwas verwirrt. 

Ich möchte nach reiflicher Überlegung darauf aufmerksam machen, dass ich ein waschechter Eburone bin und schließe nicht einmal aus, dass die eine oder andere Eburonin jetzt für Belgien spielt.

Den Sportreporter nehme ich trotzdem gern in Schutz. Er spricht ja weitgehend frei, also ohne einen vorbereiteten Text. Das ist ja selten und zudem ganz schön schwer, wenn man verstanden werden will und oft auch noch  mit dem bewegten Bild konkurriert.

Ich sage es täglich – ausnahmsweise auch mal wöchentlich

Ich lese „Faschismus“ fast immer als Verharmlosung des „Nationalsozialismus“.

Ich weiß warum das so ist:

Man hatte einmal gemeint, dass das Nationale und das Soziale

an sich ja nicht so schlecht sind.

Das stimmt ja auch.

Aber Nationalsozialismus ist als Begriff ganz anders geprägt

und zeigt historische Zusammenhänge,

die den Faschismus (aus Italien) in den Schatten stellen.

Das Zollspiel – für Kinder, denen alle anderen gleichgültig sind

Wir haben das Jahr 2025

und der amerikanische Präsident Trump

treibt weltweit alle Zölle in die Höhe.

Es bleibt für jedermann unverständlich.

Stelle dir nur einmal vor, dass ich einfach mit dir sprechen möchte.
Dann setze ich nur die Zölle rauf, die du zu meinen Gunsten zu zahlen hast. Da guckste aber blöd und kommst sofort angeschissen. –
Oder?

Wulle Bulle

„Wooly Bully“ steht irgendwo auf einer uralten Raupe im Freilichtmuseum Kommern. Die Raupe muss also Mitte der 60er Jahre im Zeitgeist ihre Runden gedreht habe. Sie ziert jetzt den historischen Jahrmarkt, der dort jährlich einmal aufgebaut wird.

Durch die Fliehkraft wird man auf der Raupe unweigerlich nach außen auf den Mitfahrer oder die Mitfahrerin gedrückt und wenn  – meist gegen Ende der Fahrt – die grüne Plane die einzelnen Wagen zur Raupe verdeckte, war die Gelegenheit zum unbeobachtbaren Kuss, während die Lautsprecheranlage unter anderem „Wulle Bulle“ (phonetisch) durch das Fahrgeschäft blies, ein einprägsames Stück aus den Charts mit einen Text, den noch nie jemand in seiner Bedeutung verstanden hat. Das hat aber wohl auch noch nie jemanden gestört.

Irgendwo am Anfang des Liedes hört man auch: „Walter, mach die Tür zu!“ – wirklich wahr! – Wer es nicht glaubt, sollte nach dem Lied suchen – alle anderen auch.

Die Rheydter Hauptpost

Die Rheydter Post ist ein imposantes Baudenkmal der wilhelminischen Neorenaissance uns seit weit über 100 Jahren auch heute wirklich noch eine Post. Ihre Renovierung von vor zehn Jahren ist längst vergessene Geschichte. Allerdings benötigt die Post heutzutage nur noch einen verhältnismäßig kleinen Bereich des Gebäudes. Der Rest des Gebäudes wurde in den letzten Jahren wohl umgenutzt und erscheint mittlerweile ungenutzt. Das Haus ist äußerlich so wenig gepflegt, dass man schon gar nicht wissen will, wie es innen aussieht. Der Postbetrieb ist aus dem Standardgestaltungspaket des Postkonzerns hergerichtet und wirkt im Postgebäude insgesamt als Fremdkörper. An der Hauswand machten sich büschelweise offenbar ungewünschte Wildkräuter breit. Neben den Radständern Marke Felgenbrecher steht ein Kinderwagen voller sehr merkwürdiger Müllteile. Ein Regenrohr wurde teilweise behelfsmäßig durch eine Plastikschlauchfolie ersetzt. Dazu hat man dann pragmatisch den Blitzableiter, der wohl mit dem Rohr verbunden war, außer Funktion gesetzt  und zur Wand hin weggebogen.

Die Post hat obendauf ein wunderschönes Türmchen, wahrscheinlich mit einem spektakulären Turmzimmer. Da würde man gern mal bei Kaffee und Kuchen einen Nachmittag verbringen.

Es ist zu befürchten, dass dereinst der Blitz einschlägt und das Gebäude anschließend von der Denkmalliste gestrichen wird.