Obscure Wahl

Zur Demokratie gehört auch die Abstimmung der Interessen durch das eine oder andere Wahlverfahren.
Jetzt habe ich Unterlagen bekommen, um in meiner Stadt meine Stimme für einen Seniorenrat abzugeben.

Unabhängig von dem unseligen Gefühl, jetzt auf die Schiene der alten Leute geschoben zu werde, mangelt es mir in der lokalen Szene der Belange alter Menschen an einer Erörterungslage, auf die man zurückgreifen kann. Ich könnte zwar wohl möglich Aktenordner aus der Arbeit so eines Gremiums wälzen. Aber das ist ebenso lebensfremd, um sachkundig zu werden, wie die Milliarden von Zeilen durchzugehen, die die Bundespolitik produziert. Man nähert sich solchen Themen eigentlich über die ständige Arbeit an den politischen Kontroversen, die aktuell öffentlich diskutiert werden, verfolgt dazu die Presse und redet hie und mit. Was die alten Leute betrifft, das weiß ich auch nur etwas generell und nicht auf meinen Wohnort bezogen. Ich vermute sogar, dass es die gleichen Themen sind, die alle Altersgruppen angehen. Nimmt man als Thema zum Beispiel die künftige Finanzierung der Renten – das ist allerdings ein Bundesthema – dann sind ja alle Altersgruppen daran beteiligt. Allein überreiche Egomanen werden das Thema meiden. Allerdings würde ein kommunaler Rat der überreichen Egomanen aufdecken können, was wir politisch nicht wollen sollten. Bei einem Blick in die Wahlunterlagen, zur allein zugelassenen Briefwahl, sticht die Liste der wählbaren Personen hervor. Dreiunddreißig Namen mit einem wahrscheinlich nicht ausgeübtem Beruf, einem Geburtstag und einer Postleitzahl des Wohnortes gehen aus der Liste hervor. Ich kenne die alle nicht und habe auch kein Kriterium, jemanden von denen zu wählen oder nicht zu wählen. Es ist vorgeschrieben, dass ich davon auch nur eine Person gültig wählen kann. Ich will diese Leute auch nicht kennenlernen, nur weil sie eher alt als jung sind. Mit einem QR-Code kann man sich in die dokumentierte Arbeit des amtierenden Seniorenrats einklinken und erfährt dann etwas über die Beschäftigung des Seniorenrats mit sich selbst und über Allerweltsthemen, die kostenlose Referenten einmal altenspezifisch zugerichtet haben.

Man kann nun eine ganze Menge tun für Menschen der Stadt, für ihr Auskommen, ihre Kultur, ihre Infrastruktur und ihre Teilnahme am öffentlichen Leben. Mir bleibt verschlossen, was so ein Rat, der alte Menschen zu Senioren hochstilisiert, dazu beitragen kann. Noch weniger weiß ich, warum es überhaupt eine Möglichkeit der Wahl gibt, die überhaupt keine Möglichkeit eröffnet und zudem als Briefwahl ihre Macken hat. Dass sie geheim ist, das kann möglich sein, sicher ist es aber nicht. Wenn man die Stimme abgibt, dann ist sie eben weg. Sonst passiert nichts! Eine Wahl ist also nicht per se gut. Diese Wahl ist eine Aushöhlung eines demokratischen Standards. – Da erzähle ich doch lieber meinen Enkeln, was die Welt bewegt und wie man sie selbst bewegen kann.

Über die Sicherheit

Immer, wenn ich die Nachrichten höre, sagt als erstes ein Experte, manchmal auch eine Expertin einer politischen Partei, dass es keine absolute Sicherheit geben kann. Das entspricht auch meiner Erkenntnis. Es darf aber doch nicht sein, dass von Tag zu Tag, jahrein und jahraus, immer wieder diese Weisheit so eindringlich vorgetragen wird, als ob es für den Zuhörer nun völlig überraschend neu wäre. Dann sage ich es noch einmal: Ich weiß, dass es keine absolute Sicherheit gibt und auch nicht geben wird! Ich zweifle auch keine Sekunde daran. Ich vermute, dass ich mit der Erkenntnis auch in guter Gesellschaft bin. 

Deshalb schlage ich vor, dass die Experten nach dem Vortrag in den Medien ein freies Feld aufsuchen, und sich dort ohne Gefährdung anderer in der Monty-Python-Manier in die Luft sprengen. – Und dann kommen die Nachrichten …

Wie das Messer den Schrecken verliert

Das Messer ist ein Universalwerkzeug und selbst vollkommen unschuldig.

Als damals – vor 50 Jahren – die verheerende Wirkung der Medien diskutiert wurde, hatten die ersten Medienpädagogen die Idee zur Entzauberung derartiger Gefahren: Wir können Entwicklung weder zurückdrängen noch vermeiden. Wir können aber lernen, mit Gewinn fernzusehen. Für das Messer gilt nicht anderes. Es ist in der Welt und man kann vorzüglich lernen, ein Messer mit Gewinn zu nutzen und für nützliche Fälle vorzuhalten.

Bevor ich in die Schule kam, war ich bereits in der Verwendung von Messern geübt – beim Essen, beim Basteln und Reparieren und beim Kinderspiel. Ich habe gelernt, wie ich damit umzugehen habe und habe traditionell ein Messer bei mir, dass mir meine Kinder zu einer Zeit geschenkt haben, als der Messerhändler zunächst noch den Kindern den Kauf verweigerte.

In meiner Welt gibt es also kein Problem mit Messern und Messer gibt es in Hülle und Fülle. Kollateralschäden mit Blut waren unbedeutend aber auch lehrreich.

Ich sehe nun aber auch, dass meine Geschichte mit dem Messer längst nicht universell gilt, obwohl das Messer universell verfügbar ist.

Es wäre nach aller Erfahrung aber ein probater Weg, das Messer nicht auszurotten. Es würde auch gar nicht funktionieren. Aber warum sollten wir nicht global lernen, Messer mit Gewinn einzusetzen? Zivilisationsinseln, auf denen das schon funktioniert, gibt es bereits reichlich. Es ist ja im Grund so, wie mit dem Frieden ohne Waffe. Da konnte man in den 80er Jahren nahezu weltweit lernen, Waffen für den Frieden vorzuhalten, und schließlich zum Wohl aller durch nützlichere Ding zu ersetzen. Die damals bereits verbreiteten hochspezialisierten und komplexen Waffen waren allerdings nicht so einfach umzunutzen wie ein Messer. Sie mussten deshalb ersetzt werden – „Schwerter zu Flugscharen“.

Es war ein langer Prozess der Erziehung und Bildung,  um einen Frieden ohne Waffen zu schaffen. Das Messer kann man wegen seiner Universalität allerdings nicht ausrotten, bestenfalls in Verstecken unsichtbar machen und damit seine sinnvolle Nutzung mangels Verfügbarkeit erschweren. Wer nicht gelernt hat, mit einem Messer mit Gewinn umzugehen, bleibt in der Gefahr, damit Schaden anzurichten.

Ich möchte nicht darauf verzichten in der Pizzeria mit den notorisch stumpfen Messern meine eigene Klinge zu ziehen und das Schneiden der Pizza in den Genuss einzubinden. 

Ich fordere die erlernte Freiheit für alle Messer.

Höckes „für Deutschland“ oder das „Wunder von Bernd“

„Alles für Deutschland“ soll dieser verpeilte Herr Höcke gesagt haben. Das soll auch einmal ein Motto der SA gewesen sein, der paramilitärischen „Sturmabteilung“ der Nazipartei NSDAP. Nun ist dieses Motto derart inhaltsleer, dass es für alles und nichts zu gebrauchen ist. Wenn ein Nazi das sagt, wird es wahrscheinlich auch nationalsozialistisch aufgeladen. Dieses Motto hat also eine derart geringe Schöpfungshöhe, dass es dafür beim besten Willen keine Urheberschaft geben kann, die zudem auch noch in jedem Fall toxisch aufgeladenes Unheil anrichtet. 

Jetzt gibt es dazu wohl ein Strafverfahren.
Ich wusste bisher überhaupt nicht, dass das Motto nationalsozialistisch verankert ist. Es wurde wahrscheinlich vor und nach dem Leben mit der SA in vielen alltäglichen Zusammenhängen genutzt, die mit Sicherheit meist gar nicht im Zusammenhang mit dem Nationalsozialismus stehen. Es wird im Grunde mitten aus dem Sprachgebrauch heraus eine bestimmte Wortkombinationen für unbrauchbar erklärt. In der Folge müsste sich ja jeder abbremsen, der einen schnellen Gesprächsbeitrag leisten will und in der Geschichte nachforschen, wer denn dieses oder jenes schon einmal gesagt hat. War es ein Nazi schweigt er, war es kein Nazi, dann muss er das als Zitat kennzeichnen. Erst wenn das erarbeitet ist, wird er reden können, obwohl die Sprechsituation sich bis dahin so geändert hat, dass sein Beitrag nicht mehr passt.

Ich halte den Höcke ja für einen sehr üblen Zeitgenossen und zweifle auch kaum daran, dass er da eine Nazianleihe ins Feld führt.

Die Worte allein ähnelt ja sehr auch stark der ersten Strophe der deutschen Nationalhymne, die zwar nicht gesungen wird, die aber vom Deutungshorizont ebenso nichts sagend und vielfältig aufladbar ist – eine Hülse eben.

Ich würde die Kirche im Dorf lassen und den Sprachgebrauch in diesem Fall nicht beklagen. Es wirkt gerade so, als ob einem da nichts besseres einfallen mag bei einem Typen, der eben ideologisch verpeilt ist und deshalb auch kritisiert werden muss. An Ansatzpunkte mangelt es da doch wohl nicht.

Das Familienfoto im Laufe der Zeit (ohne Foto)

Es gibt ein Foto der Familie meiner Oma. Sie war die Jüngste von ziemlich vielen Kindern. Das Foto ist noch im 19. Jahrhundert entstanden. Ich habe das Foto nicht, es ist aber fest in der Erinnerung gespeichert.

Alle Familienmitglieder sind auf dem Foto außergewöhnlich adrett angezogen. Die Mädels sind fein frisiert. Einige der Jungen haben Tennisschläger in der Hand. Auf meine Frage, ob die denn Tennis gespielt haben, sagte mir meine Oma, dass das nicht so war.

Vielmehr gehörte es zur Ausstattung aller Fotografen zu jener Zeit, Accessoires der gehobenen Freizeitaktivitäten vorzuhalten und auf solchen Fotos zu platzieren und damit zu inszenieren. Dabei wurde wohl nicht gefragt, ob die Dekorierten das haben wollten oder damit etwas anzufangen wussten. 

Von Familie zu Familie ist mit solchen Fotos kaum zu entscheiden, welchen sozialen Status eine Familie einnimmt. Alle sind in ihrem Status stark angehoben, ziemlich ernst und irgendwie wohlsituiert.

Für die Babys hatte der Fotograf selbstverständlich als Unterlage auch ein Bärenfell dabei.

Ich habe einmal ein vergleichbares Foto der damaligen Familie des deutschen Kaisers gesehen. Das war kaum anders. Selbst die Tennisschläger waren im Einsatz. Aber im Vordergrund lagen vier Tennisbälle wie zufällig herum. Es gibt die Geschichte, dass bei Kaisers damals tatsächlich Tennis gespielt wurde. Das Bild selbst taugt aber als Beleg nicht.

Als ich letztes beim Chinesen war … Ach, lassen wir das!

Der herkömmliche Chinese würde zum amtierenden deutschen Verteidigungsminister unweigerlich Pistolius sagen – ungeachtet meiner liebsten Vorschrift, dass man über Namen keine Witze machen darf, wenn man sie nicht selbst ausgesucht hat.