Über Kinderarbeit in der Caremaschine

Es gibt ein Missverständnis.

Bisweilen wird die von Pädagogen konzeptionierte Arbeit mit und für Kinder als Kinderarbeit bezeichnet. Kinderarbeit ist aber auch die Ausbeutung von Kindern in Armut durch meist sehr schlecht entlohnte Erwerbsarbeit an der Grenze zur Zwangsarbeit.

In diesen Tagen stehen 330000 Sternsinger dazwischen.

Sie werden mit dem Jahresbeginn als die Heiligen drei Könige von Haustür zu Haustür geschickt, um Geld zu sammeln. Das Geld fließt in tausende von Projekten überall in der Welt. Dabei werden auch stets Projekte gegen die Kinderarbeit genannt. Das Geldsammeln wird als eine Tradition angeboten, die öffentlichkeitswirksam inszeniert wird. Diese Tradition geht auf das 16. Jahrhundert zurück. Die Sternsinger besuchen medienwirksam die Bundeskanzlerin, Bürgermeister landauf und landab und Gott weiß noch wen.

Der glorifizierte Auftritt und der traditionelle Anspruch mindern die Bereitschaft, danach zu fragen, was die Sternsinger da wirklich tun.

Bei genauer Betrachtung ist das Sternsingen eine Kinderarbeit. Das Betteln folgt keinem pädagogischen Anspruch. Vielmehr werden die Kinder verpflichtet, in einem vorgegebenen und für sie undurchschaubaren Kontext für andere Geld zusammen. Gefragt, sagen sie das, was nahezu alle Kinder sagen, die illegal zur Arbeit herangezogen werden: Sie machen das – wenn auch aus unterschiedlichen Gründen – gern. Ihnen und ihrem Umfeld bleibt die biblische Geschichte zur Rechtfertigung und die gute Tat, weil das abgezogene Geld angeblich Bedürftigen zugute kommt. Nach dem Jugendarbeitsschutzgesetz gäbe es zwar die Möglichkeit, in speziellen Situationen und im Einzelfall die Kinderarbeit zu erlauben. Es gibt aber im dafür zuständigen Jugendamt bestimmt große Zweifel, dass eine solche Situation bei dem Sternsinger vorliegt. Zudem wird es wohl so sein, dass man nicht geneigt ist, eine jahrhundertealte Tradition für eine aktuelle Überprüfung anzubieten. Bisher ist nicht bekannt, dass das Jugendamt irgendwo eingebunden ist.

Der Weg zur Einordnung der guten Tat bleibt den sternsingenden  Kindern entwicklungsbedingt weitgehend verschlossen. Das Geld wird einfach nur zentral abgesaugt. In diesem Jahr sagt man, das Geld gehe vom Sternsingermissionswerk nach Bolivien. Es ist aber Jahr für Jahr das Gleiche. Das Geld wird an katholische Missionseinrichtungen in anderer katholischer Trägerschaft weltweit einfach nur weitergeleitet. Ein Land wird symbolisch in den Vordergrund gestellt. Die Geldströme werden also nicht punktuell dort hin geleitet. Es kann sein, dass im Land Bolivien beispielsweise der Träger einer katholischen Schule mit dem Geld unterstützt wird. Die staatliche Schule nebenan, geht dann bei aller Armut leer aus. Letztlich wird mit der Sternsingeraktion eine Einnahmequelle der katholischen Kirche gepflegt. Die Caremaschine läuft! Die Betriebskosten werden hoch gehalten (7,6% sagt man) und mit dem Rest des Geldes verankert sich die Katholische Kirche in fremden Lebenswelten. Das heißt aber auch, dass die Werbung am Ort des Projekts als Aufklärungsarbeit oder sonstwie ausgewiesen ist und rechnerisch nicht mehr in Erscheinung tritt.

Man kann bei diesen Abläufen geteilter Meinung sein. Dem arbeitenden Sternsingern ist das aber so wie so nicht zu vermitteln. Der Zweck ist für Kinder auch dann ungeeignet, wenn die Katholische Kirche daraus einen weltmissionarischen Sinn schöpft.

Nun ist es so, dass der eine oder andere Minister und der eine oder andere Bürger das aufdringliche Sternsingerwesen mißachten. Es ist nun nicht damit getan, sie als kinderfeindlich und traditionsignorant zu brandmarken. Hier und da wächst die Erkenntnis, dass Sternsingen jedenfalls eine nicht zu rechtfertigende Kinderarbeit ist.

Es gab einmal eine Tradition, dass Kinder armer Familien für sich selbst als Sternsinger agieren durften. Vielleicht sollten wir den Überbau crashen und uns darauf zurück besinnen. Das wäre auch den Sternsingern und anderen Kindern zu vermitteln.

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