Über das Verbieten

Der erwachsene Mensch lässt sich nichts verbieten und sieht grundsätzlich auch keinen Sinn in Verboten. Lediglich die im Strafrecht traditionell aufgelisteten Verbote sind eine Ausnahme, obwohl auch sie einem Wandel unterliegen: Man reagiert zunehmend durch Einsicht und weniger aus Angst vor Strafe.

Nun hat es sich aber in der Vielfalt der bürgeroffenen Kommunikationskanäle über die Jahre eingebürgert, dass man seiner Meinungsposition nicht in der Analyse des Sachverhaltes schärft, bevor man sie loslässt. Man sagt einfach irgendwas. Und es ist ja meist auch niemand von Angesicht zu Angesicht in der Lage Paroli zu bieten. Die sozialen Netze zerplatzen mittlerweile in einer stattlichen Welle ungefragter Meinungen. Stellungnahmen zu geäußerten Meinungen sind selten. Meinungen, die Shitstorms auslösen, sind auch selten, finden aber wenigstens Beachtung. Die Vielzahl der unbeachteten Meinungsäußernden fühlt sich daraufhin gern als eine Randgruppe, die systematisch übergangen wird.

Wenn sie zufällig Bauer sind, fahren sie plötzlich nicht mehr mit dem Traktor über den Acker, sondern durch die große Stadt und prahlen mit ihrer Meinung auf Papptafeln, die den Traktor zum Hingucker werden lassen.

Sie sind damit in einer Kehrtwende angekommen und deuten die ursprüngliche Nichtbeachtung als Verbot, das ihnen zuversichtlich schon bald nichts mehr anhaben wird. Wenn wir von der repräsentativen Demokratie absehen oder sie geringschätzen, nennen wir alle gern dazu mächtige Landmaschinen ins Feld zu führen und damit unsere Meinung durchzusetzen. Es ist dann gleichgültig, was wir einmal gewählt haben. Und schließlich haben die Volksvertreter ihre Diäten wohl auch nicht verdient, weil wir jetzt wieder alles fein selbst machen.

Der Petent –  Kummerkasten under Fire

Dieser flapsige Umgang mit dem Petitionsrecht stiftet lediglich Verwirrung und ist Petenten gegenüber mißachtend und unwürdig.

Das Petitionrecht ist in Artikel 17 Grundgesetz und in den Länderverfassungen geregelt. Es steht jedem Bürger offen. Viele Unterschriften und Klicks braucht man dazu nicht, sondern eine Beschwernis, die sich weder juristisch noch administrativ bewältigen lässt. Dass das globale Altruismusgewebe für jedes beliebige Thema  Klickmaschinen bereitstellt und das alles „Petition“ nennt, ist nicht das, was der Gesetzgeber gewollt hat. Dass man Onlinemöglichkeiten eröffnet, das ist okay, dass aber Konzerne ihre Marktmacht damit festigen, ist eine Entgleisung. Ich kenne Petenten, die ganz allein mit einer Petition und gutem Grund und der Unterstützung eines Petitionausschusses (das ist ein Parlamentsausschuss) kirchliche Einrichtungen in die Knie gezwungen haben. Das ist eine Erfolgsgeschichte, die bis heute sogar ganz ohne Klickbaiting auskommt. Es hat ja nicht derjenige ein berechtigtes Anliegen, der viele hinter sich versammelt, sondern der, der ins Abseits gestellt wird, obwohl man ihm nichts vorwerfen kann.

Dass man eine Betroffenheit mitfühlt, das sagt man schnell daher. Eine wirkliche Betroffenheit ist etwas anderes.

Über das Aufpicken

Kleine Hilfestellung zur Entzauberung  von „PickUp Seminaren“
Es ist ja nicht neu: Mit allen möglichen Methoden versuchen die Männer die Frauen gefügig zu machen, aber viele Frauen drehen den Spieß auch um und angeln sich Männer oder schlagen sie in die Flucht. Das begleitet die ganze Menschheitsgeschichte. Die einzelnen Verfahrensweisen im Umgang der Geschlechter wurden allerdings immer mehr kultiviert. Aus der abgeschiedenen Zweisamkeit gehen allerdings stets sehr spärliche Beweise hervor, wenn Gewalt im Spiel ist.
Nun macht ein Mann von sich reden, der in Lehrveranstaltungen mutmaßlich vermittelt, die man Frauen gefügig macht. Das hat erst eimal keine neue Qualität und ist auch nur ein „Bildungsangebot“ unter vielen, die ebenfalls ziemlich unsinnig sind. Es gehört nun aber zu einer offenen und demokratischen Gesellschaft, dass nicht jeder alle Ecken der Vielfalt gut finden muss. Es ist zudem beim aufgeklärten Bürger so, dass er sich sehr mutmaßlich schnell abwendet, wenn er mit aggressiven Eroberungstaktiken eingedeckt wird.
Wenn die Erziehung und Bildung in vielen Bevölkerungsgruppen derart defizitär ist, dass solche PickUp- Seminare zum Erfolgsmodell werden, dann sollte man ja vielleicht mal wieder etwas in die Erziehung und Bildung investieren.
Wenn nun die private Petitionsspielerei in Networkunternehmen mit sozial-kommunikativer und gesellschaftspolitischer Ausrichtung dafür sorgen wollen, solche PickUp-Seminare zu unterbinden und damit Aufsehen zu erregen und Geld zu verdienen, so passiert Folgendes:
Die PickUp-Seminare erhalten eine grandiose Werbung.
Die „Petitionen“ bewirken nichts, weil diese Seminare nicht einmal strafbar sind, geschweige denn unsere Verfassung außer kraft setzen wollen.
Wenn in diesen Seminaren zur Gewalt aufgerufen wird, dann wird das ohnehin strafrechtlich verfolgt.
Das Vertrauen darauf, dass ein soziales Gemeinwesen und seine Menschen in ihren Diskursen für den mitverantwortlichen Umgang sorgen, erscheint gestört. Irgendetwas „von oben“ verbessert unsere Welt nicht!
„Ey – ich cruise gerade hier mit meinem Panamera rum! – Soll ich dich aufpicken?“

Potentielle Petenten

Die Inflation der „Petitionen“, in denen jeder mal schnell Zustimmung für einen vermeintlich guten Zweck einsammeln kann, ist zu einer Industrie geworden.
Der Artikel 17 des Grundgesetzes, der das eigentliche Petitionsrecht gewährleistet, wird damit unterlaufen und es wird vermittelt, das eine habe das andere im Zeitalter der schnellen Klicks nur abgelöst und zum bequemen Instantvoting verkürzt. Das stimmt aber nicht! Das, was webweit tagtäglich als Petition angeboten wird, taugt nur noch zum preiswerten Schmieröl der internationalen „Caremaschinen“.
Und der Bürger gibt seine Stimme ab, wie eine Geldspende: Er kauft sich frei und leidet fortan nicht mehr so sehr unter der Ungerechtigkeit und dem Elend in der Welt.