Mein Grundsatz

Ich würde letztens gefragt, was Grundsätze sind. Da überlege ich mal kurz:

Grundsätze sind eben nur einige wenige Sätze, die die Gestaltung der Welt betreffen, aber in der Pauschalität versinken, weil sie die Vielfalt der Möglichkeiten in der Kürze nicht abbilden. Grundsätze sind also letztlich Denkversuche, die idealerweise verworfen werden. 

Es ist im Grunde so wie mit den Vorsätzen und den speziell ichbezogenen Grundsätzen.

Mein ichbezogener Grundsatz lautet bekanntlich:
Ich bin ein humanistischer Anarchist.
Aber auch damit ist das letzte Wort wohl kaum gesprochen.

Der Purzel

Die Hundeversteher werden mir unheimlich. Ich überlege immer, was so ein Hund in einer bestimmten, von Menschen dominierten Situation denken mag. Mir fällt dazu nichts ein. Dass der Hund menschengewollte, oft sogar menschenähniche Attitüden an den Tag legt, ist allein verhaltenspsychologisch zu erklären und damit einleuchtend wie verstörend. Die Nummer mit den Leckerlies macht mir den Hund wohl noch unzugänglicher als er ohnehin schon ist.

Wenn jetzt der mir weitgehend unbekannte Purzel in menschlicher Gesellschaft ganz allein mit einer Halstüte ausgerüstet ist, weil er sonst den Verband an seiner Pfote aufknabbert, weiß ich beim besten Willen nicht, wie seine Ausgewogenheit zwischen ertragen und befreien zustande kommt und ob er mich nicht viel lieber fressen würde.

Das ist Purzel nicht …

Jetzt habe ich mir einmal im Selbstversuch so eine Halstüte auferlegt. Es ist sehr schwitzig und ich traue mich nicht in die Öffentlichkeit. Ob es noch mehr zu berichten geben wird, das kann ich im Moment auf meinem Weg zum echten Hundeversteher noch nicht abschätzen.

Einzelhandel um 19 Uhr

Letztens bin ich kurz vor 19 Uhr in einer Regenpause einkaufen gegangen. Es waren nicht mehr sehr viele Leute unterwegs. Bei Aldi war es allerdings so, dass auch das Personal nicht mehr so reichlich vorhanden war, wie es tagsüber der Fall ist. Die wenigen Kunden stauten sich deshalb trotz Kundenflaute gewaltig an der einzigen geöffneten Kasse 1. In der Schlange hatte ich sehr viel Zeit, über das Leben aller Schlangesteherinnen angemessen nachzudenken.

Das Fazit ist: Wenn ich sehr laut rufen würde: „Liebe Kunden! Wir öffnen jetzt Kasse 6 für sie!“ ist zweierlei nicht ganz auszuschließen. Einerseits ist es möglich, dass sich die Schlange blitzschnell und erheblich verkürzt. Andererseits könnte es sein, dass die finstersten Gesellen dieses Landes heftig auf mich einschlagen und die Gesellinnen mit ihren eigenen Waffen mir das Leben zur Hölle machen. Als ich das Szenario fast zu Ende entwickelt hatte, musste ich meinen Einkauf bereits aufs Band legen. 

Ich zweifle nicht daran, dass einer der Leserinnen in so einer Situation doch etwas eher zu einem praktischen Ergebnis kommt und dass ich dann aus seinen Erfahrungen lernen kann. Jede Nachdenkung lässt sich ja stets neu performen.

Ich glaube, die Kassiererin hat etwas von meiner Denkarbeit geahnt. Sie hat mir einen guten Abend gewünscht. Der langweilige und langwierige Ablauf an der Kasse täuscht ein wenig.

Kugelei

In den vergangenen Tagen hatte ich ein unverhofftes Gespräch mit Menschen im Rentenalter. Das Gespräch war insgesamt nicht so auffällig, dass ich sagen würde: „Typisch Rentner!“ Allerdings gab es einen Beitrag, der mich so sehr aufhorchen ließ, dass ich ihn für die Nachwelt erhalten will:

K. hatte nicht so viel Zeit, weil er noch am gleichen Abend zum Kegeln musste. Er kegelt an Terminen, die für ihn und die Mitkegler seit Jahrzehnten unveränderlich sind. Die jährliche Kegeltour gehört dazu. Schon sehr lange kegeln sie eigentlich gar nicht mehr, gehen aber trotzdem – so sagt sie es alle innerhalb und außerhalb der Kegelgemeinschaft – zum Kegeln. Dort, wo sie nun jetzt auch schon seit längerer Zeit kegeln, gibt es auch überhaupt keine Kegelbahn mehr. Wie in jedem Kegelklub gibt es in diesem Klub bisweilen ernste und heftigste Streitereien über Gott und die Welt, die zu Zerwürfnissen führen, die das weitere Klubleben in Frage stellen. Beim nächsten Kegeln sind dann alle wieder vollzählig dabei. Das ist sicher! Das softwarebasierte Kegeln war wohl auch einmal eine als besonders gesund registrierte Episode, hat sich dort aber wohl nicht durchgesetzt, obwohl damit Manipulationen möglich waren, jedem zu ermöglichen, das Sportgerät ohne große Anstrengung fachgerechter zu bewegen als es seiner durchschnittlichen Kegelleistung entsprach.

Ich sage das jetzt hier alles auch deshalb, weil ich seit langer Zeit Skat spiele – jetzt auch schon länger nicht mehr.