Aus dem Gewürzregal: Das Bohnenkraut

Wer sich naiv der Kochkunst nähert, der meint fast schon zwangsläufig, dass das Bohnenkraut irgendwie mit Bohnen verschweißt ist. Oft wird es gar als Sakrileg eingestuft, wenn man ein Bohnengericht ohne Bohnenkraut zubereitet. Aus dieser Denkwelt musste ich mich auch erst mal befreien.

Ich finde Bohnenkraut sehr aromatisch, was ja für die meisten Küchenkräuter gilt. Und man riecht und schmeckt nicht das Aroma oder gar die Konsistenz von Bohnen. Man sollte alle Kräuter in Reinform probieren und für einen Moment den eingebürgerten Namen beiseite schieben. Dann schmeckt man auch die Besonderheiten und entwickelt Geschmacksbilder für denkbare Gerichte. Die so beliebten Kräuter- und  Gewürzmischungen mit speziell ausgedachten und vermarkteten Namen führen da meist in die Irre. Man muss schon wirklich einen hoch trainierten Geschmack haben, um den Ursprung von Kräutermischungen wieder zu finden. Das Curry wurde stellten sich für den Normalverbraucher erst nach Jahrzehnten des Einsatzes als eine Gewürzmischung heraus und eröffnete für den Markt damit eine große Palette unterschiedlicher Currys, die man dann zu brauchen glaubt, während sie auf der heimischen Curryhalde so langsam den Geschmack verlieren. Mittlerweile hat der Gewürzhandel ja mehr Mischungen, die bestimmten Zwecken zugeordnet sind als ursprüngliche Gewürze. Solche Mischungen machen die heimische Küche nur zur kostspieligen Risikoküche. 

Besonders hilfreich sind Gewürze aus dem eigenen Garten. Sie sind im Sommer frisch und lassen sich meist für den Rest des Jahres gut konservieren. Dort löst sich dann automatisch das Bohnenkraut von der Bohne und wandert in alle möglichen Gerichte, vom Salat bis zum Gemüse. Man macht instinktiv alles richtig und streut beispielsweise nicht die besonders scharfen Sachen eßlöffelweise in die Soßen, während man zum Beispiel Petersilie – unbedingt die ungekläuselte verwenden – auch mal in rauen Mengen zufügen kann.

Das Bohnenkraut ist neben Oregano  und Estragon eines meiner Lieblingsgewürze. Alle drei wachsen problemlos, oft ohne Unterlass im Garten. Und in der Küchenpraxis werden sie nach Lust, Laune und Geschmack immer wieder eingesetzt. Feste Rezepte habe ich nie, lediglich eine geschmackliche Grundorientierung. Da kann es sein, dass ich unbemerkt auch mal etwas koche, was fast so schmeckt wie beim letzten mal. Abweichend von der Profikocherei mag ich gern Sachen, die ziemlich trocken sind. Und vor allem bin ich der Meinung, dass ein Salat ohne Knackrigkeit sehr hervorragend sein kann – selbstverständlich mit Bohnenkraut (Satureja), von dem es 38 Arten gibt …

Verbrechereien

Die größten Verbrecher sind selten doof. Sie passen sich unauffällig ins Stadtbild ein. Bei kleinen Verbrechern ist es aber auch nicht anders.

Ich sage das nur, weil der Kanzler Merz das deutsche Stadtbild letztens negativ konnotiert hatte. Und wem das nicht so ganz klar sei, den hat er aufgefordert, mit der eigenen Tochter darüber zu sprechen.

Obscure Wahl

Zur Demokratie gehört auch die Abstimmung der Interessen durch das eine oder andere Wahlverfahren.
Jetzt habe ich Unterlagen bekommen, um in meiner Stadt meine Stimme für einen Seniorenrat abzugeben.

Unabhängig von dem unseligen Gefühl, jetzt auf die Schiene der alten Leute geschoben zu werde, mangelt es mir in der lokalen Szene der Belange alter Menschen an einer Erörterungslage, auf die man zurückgreifen kann. Ich könnte zwar wohl möglich Aktenordner aus der Arbeit so eines Gremiums wälzen. Aber das ist ebenso lebensfremd, um sachkundig zu werden, wie die Milliarden von Zeilen durchzugehen, die die Bundespolitik produziert. Man nähert sich solchen Themen eigentlich über die ständige Arbeit an den politischen Kontroversen, die aktuell öffentlich diskutiert werden, verfolgt dazu die Presse und redet hie und mit. Was die alten Leute betrifft, das weiß ich auch nur etwas generell und nicht auf meinen Wohnort bezogen. Ich vermute sogar, dass es die gleichen Themen sind, die alle Altersgruppen angehen. Nimmt man als Thema zum Beispiel die künftige Finanzierung der Renten – das ist allerdings ein Bundesthema – dann sind ja alle Altersgruppen daran beteiligt. Allein überreiche Egomanen werden das Thema meiden. Allerdings würde ein kommunaler Rat der überreichen Egomanen aufdecken können, was wir politisch nicht wollen sollten. Bei einem Blick in die Wahlunterlagen, zur allein zugelassenen Briefwahl, sticht die Liste der wählbaren Personen hervor. Dreiunddreißig Namen mit einem wahrscheinlich nicht ausgeübtem Beruf, einem Geburtstag und einer Postleitzahl des Wohnortes gehen aus der Liste hervor. Ich kenne die alle nicht und habe auch kein Kriterium, jemanden von denen zu wählen oder nicht zu wählen. Es ist vorgeschrieben, dass ich davon auch nur eine Person gültig wählen kann. Ich will diese Leute auch nicht kennenlernen, nur weil sie eher alt als jung sind. Mit einem QR-Code kann man sich in die dokumentierte Arbeit des amtierenden Seniorenrats einklinken und erfährt dann etwas über die Beschäftigung des Seniorenrats mit sich selbst und über Allerweltsthemen, die kostenlose Referenten einmal altenspezifisch zugerichtet haben.

Man kann nun eine ganze Menge tun für Menschen der Stadt, für ihr Auskommen, ihre Kultur, ihre Infrastruktur und ihre Teilnahme am öffentlichen Leben. Mir bleibt verschlossen, was so ein Rat, der alte Menschen zu Senioren hochstilisiert, dazu beitragen kann. Noch weniger weiß ich, warum es überhaupt eine Möglichkeit der Wahl gibt, die überhaupt keine Möglichkeit eröffnet und zudem als Briefwahl ihre Macken hat. Dass sie geheim ist, das kann möglich sein, sicher ist es aber nicht. Wenn man die Stimme abgibt, dann ist sie eben weg. Sonst passiert nichts! Eine Wahl ist also nicht per se gut. Diese Wahl ist eine Aushöhlung eines demokratischen Standards. – Da erzähle ich doch lieber meinen Enkeln, was die Welt bewegt und wie man sie selbst bewegen kann.

Aus Partnerschftsbeziehungen

Wenn man seine Partnerschaft in den Medien als heile Sache vorführt:
„Wir ergänzen uns Bombe. Ich esse die Mitte der Pizza und er den Rand.“

Jede Harmonie hat ihre Verlierer.

Über die Sicherheit

Immer, wenn ich die Nachrichten höre, sagt als erstes ein Experte, manchmal auch eine Expertin einer politischen Partei, dass es keine absolute Sicherheit geben kann. Das entspricht auch meiner Erkenntnis. Es darf aber doch nicht sein, dass von Tag zu Tag, jahrein und jahraus, immer wieder diese Weisheit so eindringlich vorgetragen wird, als ob es für den Zuhörer nun völlig überraschend neu wäre. Dann sage ich es noch einmal: Ich weiß, dass es keine absolute Sicherheit gibt und auch nicht geben wird! Ich zweifle auch keine Sekunde daran. Ich vermute, dass ich mit der Erkenntnis auch in guter Gesellschaft bin. 

Deshalb schlage ich vor, dass die Experten nach dem Vortrag in den Medien ein freies Feld aufsuchen, und sich dort ohne Gefährdung anderer in der Monty-Python-Manier in die Luft sprengen. – Und dann kommen die Nachrichten …

Infiniter Regress in der Fußballberichterstattung: 

„Ein herrlicher Treffer zählt nicht, weil die Fahne hoch geht.“

Die Fahne geht hoch, weil… aha!

Das ist ja der Gipfel!

Eine der größten Verschandelungen der Natur sind die Gipfelkreuze. Sie haben zudem auch keine Tradition, weil der Weg zum Gipfel traditionell schwer zu gehen und auch kein lohnendes Ziel ist. Gipfel gewinnen ihre Bedeutung erst aus dem Wettbewerb, sie zu erreichen. Religiös aufgeladenen Wegmarkierungen zeichnen zwar Landschaften aus, aber nur dort, wo es Wege gibt. Ein Gipfel ist selbst schon markant genug.

In diesen Tagen wird übrigens das Gipfelkreuz – 4,88 Meter hoch und 300 Kilo schwer – der Zugspitze per Hubschrauber abgeholt und nicht von Wanderern oder Bergsteigern. Das ginge ja auch gar nicht. Wenn die Spuren der Touristen – vor allem kiloweise Aufkleber – vom Kreuz entfernt sind, wird es neu vergoldet und dann kommt wieder der Hubschrauber.

Und auf der Zugspitze gibt es zudem die Besonderheit, dass das Gipfelkreuz auf merkwürdige Art an anderer Stelle bereits erneuert wurde, um die Abstürze der Besucher am eigentlichen Gipfel zu unterbinden. Wenn der Gipfel wirklich als der höchste Punkt definiert ist – und alles spricht dafür – dann kann man Gipfelkreuze überhaupt nicht versetzen. Das Kreuz zwei soll die klebenden Touristen vom Kreuz eins nun auch ablenken – Viel Freude im Urlaub!

Ich liefere gern prompt einen geschmackvollen  dreieckigen Aufkleber (Modell Gipfel) mit dem Text: „Ob Regen, Schnee und HitzeDas Gipfelkreuz ist Spitze!“ Die Liste mit gestaffelten Preisen übersende ich auf Anfrage gern.

Es ist immer etwas Sterben dabei

„Die Dame in die Mitte – sieht doch besser aus – oder?“
(Johannes B. Kerner, Der Quiz-Champion 8.11.25)

Zur Entspannung gucke ich gern ab und zu ausgewählte Quizsendungen, weil es für den Zuschauer eine willkommene Herausforderung ist, sich an den zu lösenden Aufgaben zu beteiligen. Man hat dabei so einen inneren Rückkanal als heimlicher Mitquizer, ohne irgendwie anrufen zu müssen.

Da gucke ich auch schon mal die Sendung Quiz-Champion mit Johannes B. Kerner, das stets als so eine Art Elitequiz vorgestellt wird. Ich bin gerade kurz davor mich zu schämen – aber okay – es geht noch.

Da sitzen in einer Runde ausgewiesene Fachexperten aus dem Reservoir der Fernsehschaffenden. Dann treten einzeln gecastete Kandidaten an, die über ein zweifelsfrei hervorragendes Allgemeinwissen verfügen. Eine falsche Antwort kann schon mal das Aus bedeuten. Wer alle Experten besiegt, gewinnt 100000 € oder spielt darum in einem Stechen.

Nun hat das Fragenniveau von Sendung zu Sendung abgenommen. Dies nicht etwa, weil die Kandidaten zu dumm sind, sondern weil sonst die Experte mit den Kandidaten nicht mehr mithalten können. Manchmal merkt man deutlich, dass diese Prommis altersbedingt oder mangels Grundqualifikation aus dem Expertenstatus herausfallen. Das ist irgendwie peinlich und die Zahl meiner richtigen Antworten steigt wie wild. – Das ist mir einfach zu langweilig. Für die Fernsehschaffenden ist so ein Expertenauftritt eine gute Promotion. Aber sie übertünchen die Wirklichkeit nur bunt: Richtige Experten arbeiten meist dort, wo sie dem Fernsehen absichtlich verborgen bleiben. Mit tun vor allem die opaesk schillernden Altstars leid, die mit einem hilflosen Lächeln überspielen müssen, dass sie trotz einfacher Quizfragen keine Chance haben, während der Moderator immer wieder mit vermeintlichen und gut vorbereiteten Bildungsschnipseln vorführt, dass er auch irgendwie dazu gehören will.

Über die Wege des Reichtums

Der Weltstar Billie Eilish lässt immer aufhorchen und rät in diesen Tagen sogar wirklich reichen Leuten, ihre Millionen und Milliarden denen zu geben, die arm sind.

Wenn man sich nicht gerade darin versucht, ein egozentrischer Weltgestalter zu sein, dann liegt einem die Idee der Gerechtigkeit, gar die Gleichverteilung nicht erarbeitbarer Großvermögen am Herzen.

So ein Lastenausgleich ist die Sache jedes einzelnen, aber auch die Sache des Gemeinwesens. Dem Gemeinwesen ist man ja auch nur zugehörig im Vertrauen darauf, dass es im Staat gerecht, friedlich und ressourceschonend zugeht.

In den USA gibt es eine hoch bewertete Tradition, dass man vor allem das besitzt, was man auch verteidigen kann. Diese Idee stammt aus der Zeit, als der Staat im sozialen Leben eines gerade zu besiedelnden Landes nur auf dem Papier stand. In der Praxis musste man einfach nur stark sein oder in kleinen Enklaven die Tugenden der Nächstenliebe und der damit verbundenen Gerechtigkeit leben.

Zwischen Macht und Nächstenliebe entwickelte sich nicht so sehr der soziale Rechtsstaat, sondern der sich selbst zur Wohlfahrt verpflichtende reiche Mann.

So ist es bis heute so, dass in den USA die Armen, denen der gepriesene Weg des Selfmademans meist verschlossen bleibt, arm bleiben, bis sich ein Reicher findet, der ihm etwas abgibt. Das ganze System der sozialen Hilfen und passenden Forschungsclustern basiert in den USA auf Stiftungen und Projekten reicher Leute, die sich den Armen widmen und dafür auch gern einmal ihre Gattinnen einspannen. Unter dem Strich sind solche Stiftungen auch lukrative Unternehmen und tragen sich selbst, ohne das beanspruchte Vermögen zu beschädigen. Der ganze Kulturbereich der USA vertraut auf das gleiche Prinzip. Theater, Museen, wegweisende Entwicklungen tragen meist den Namen ihres Founders.

Nun wundert erst also nicht, dass Billie Eilish mit gutem Grund die Reichen im Land auffordert, ebenfalls etwas Gutes zu tun.

Wenn man es näher betrachtet, funktioniert diese US-amerikanische Wohlfahrt nicht so richtig. Es gibt hie und da großzügige Hilfen, hie und da aber auch schon mal nichts. Der Rechtsstatus der Armen ist extrem eingeschränkt und sie agieren ohne große Widerworte abhängig.

Ob Herr Hoeneß oder Herr Trump oder die Tec Bros aus den Silikon Volleys der Welt, sie profitieren von ihre Freude am sozialen Engagement durch ein Wohlgefühl, ein gutes Image und vergleichsweise geringe Investitionen, die häufig in Gewinne umschlagen.

Ich mag Billie Eilish und höre gern ihre Musik. Ich rate ihr aber trotzdem, sich den sozialen Rechtsstaat europäischer Art einmal näher anzugucken und dann für eine Gesetzgebung zu sprachen, die soziale Rechte und die damit verbundene Finanzierung absichert und aus Bittstellern Bürger macht.

Die Weltherrschaft der milliardenschweren Egomanen schwappt gerade nach Europa. Europas kleine Milliardäre und ihre Lobby arbeiten fleißig daran, das Existenzminimum und die Gastfreundschaft in einer vielfältigen Welt zu schleifen und sogar Wind und Wetter am Spiel der Großverdiener auszurichten und auch noch deren Steuerlast zu minimieren.

Dass Billie Eilish da nicht so recht aus ihrer Haut heraus findet, das ist verständlich wie verzeihlich. – Trotzdem ist die verbesserte Welt schon an vielen Stellen zu erleben. Dort treffen wir uns in Vielfalt und sozialer Gerechtigkeit.

Joan Beaz – Queen of Folk und Bürgerrechtlerin – hat, wie man gerade liest, sogar den Tec Bros persönlich zugerufen, sie mögen ihren Reichtum spenden. Selbst das führt zum Erstaunen, zu mehr aber auch nicht. Der Hashtag #taxtherich geht auch in den USA schon verwegen einen Schritt weiter. Das werden die Jungs aus dem Valley mit Milliarden dagegen ballern – das folgt jedenfalls der Tradition ihres Bildes von Gott und den Menschen.

Nur ein Hobby oder große Kunst

Es mutet schon etwas seltsam an, wenn der erwachsene Mensch ernsthaft ein Steckenpferd reitet und nach und nach sich auch alle Rituale der Reitpferdekultur mir ernsthaftem Engagement aneignet. Da gibt es nichts zu lachen und die errittenen Pokale zieren das Wohnzimmer. Man könnte argumentieren, dass man zum Glück einen dankbaren Ersatz für das im Reitsport geschundene Pferd gefunden hat. Man könnte aber auch argumentieren, dass es ein große Kunst ist, in der Lebenswelt Dinge und Ideen zu platzieren, die uns unsere verbastelte Lebenswelt spiegeln: „Hobbyhorsing“ (Fachterminus) als tiefsinnige Kritik des Reitsports.

Aber das ist ja auch noch nicht alles: Das „Hobbydogging“ ist nun der nächste ernsthaft lächerliche Versuch, die Kreatur aus der Dominanz des Menschen zu befreien und einen künstlerisch gesteuerten Ersatz für den abhängigen Menschen zu liefern: Da treffen sich auf der traditionellen Gassitour der Großstadt Menschen mit Hundeleinen, an deren Ende nichts als ein poliertes Hundegeschirr blinkt, wählend diese Menschen in der zweiten Hand ganz brav die obligatorische Hundetüte tragen. Der Hund ist davon vollkommen ausgeschlossen. Der Zwang zur Leine führt im urbanen Raum den Leinenzwang ad absurdum.

Die Kunst gehört ja dort hin, wo die Menschen leben.

Unbedacht macht sich die Angst breit, es seien nur noch Wahnsinnige unterwegs. Aber das ist in der Kunst ja nicht neu. – Erfreuen wir uns, bevor die Kommerzialisierung zuschnappt und sich der Hundetrainer ohne Hund dazu gesellt.

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